OLG Braunschweig 17. Februar 2025
8 U 29/24
BGB a. F. § 632a Abs. 2; BGB §§ 305, 305c, 640, 641, 650m Abs. 2; MaBV §§ 3 Abs. 1 u. 2, 7

Kaufpreiszahlung beim Bauträgervertrag; Unwirksamkeit des Ratenplans; Wirksamkeit der Abnahme; Zusammenhang zwischen unwirksamer Abnahmeklausel und Wirksamkeit der Abnahme

letzte Aktualisierung: 14.8.2025
OLG Braunschweig, Beschl. v. 17.2.2025 – 8 U 29/24

BGB a. F. § 632a Abs. 2; BGB §§ 305, 305c, 640, 641, 650m Abs. 2; MaBV §§ 3 Abs. 1 u. 2, 7
Kaufpreiszahlung beim Bauträgervertrag; Unwirksamkeit des Ratenplans; Wirksamkeit der
Abnahme; Zusammenhang zwischen unwirksamer Abnahmeklausel und Wirksamkeit der
Abnahme

1. Eine vertragliche Zahlungsvereinbarung, die eine vollständige „Kaufpreiszahlung“ bereits dann
vorsieht, wenn die Außenanlagen und das Gemeinschaftseigentum noch nicht (vollständig)
fertiggestellt sind, den Erwerber – bei Vollstreckungsunterwerfung – aber gleichwohl zur Abnahme
verpflichtet, ist unwirksam.
2. Eine erklärte Abnahme bleibt wirksam, auch wenn der Erwerber keine Überprüfung vorgenommen
hat oder sich hierzu nicht in der Lage sah. Das gilt auch bei fehlender Abnahmereife.
3. Nicht jede unwirksame Abnahmeklausel führt zur Unwirksamkeit der Abnahme selbst.
4. Mit der Abnahme wird die Fertigstellungsrate von 3,5 % auch dann fällig, wenn noch wesentliche
Restleistungen oder Mängel vorhanden sind.
5. Bei (hier: Wohnungs-)Abnahmeprotokollen handelt es sich nicht um Vertragsbedingungen, sondern
um Willenserklärungen bzw. geschäftsähnliche Handlungen, die keine vertragsgestaltende
Wirkung haben.
6. Der erwerbende Verbraucher kann nach Abnahme keine Vertragserfüllungssicherheit mehr verlangen.
Sofern er keine Vertragserfüllungssicherheit erhalten und auch keinen Einbehalt
vorgenommen hat, hat er gegen den Bauträger keinen Rückzahlungsanspruch.

Gründe

A.
Die Kläger nehmen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Rückzahlung der geleisteten
Schlussrate aus einem Bauträgervertrag über drei Eigentumswohnungen in der
Eigentumswohnanlage ### in Anspruch. Sie verlangen darüber hinaus die (nachträgliche)
Stellung einer Sicherheit nach Wahl der Beklagten für die Fertigstellung der
Eigentumswohnanlage "ohne wesentliche Mängel" sowie die Feststellung, dass sie das
Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen hätten. Die Vertragspreise wurden von den Klägern
vollständig gezahlt. Die Kläger sind in den Wohnungsgrundbüchern als Eigentümer eingetragen.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie der dort gestellten Anträge wird auf
den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (LGU, Seiten 2 bis 4, Bd. III, Bl. 21 bis 23 d.A.)
Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 09.05.2022 - Az. 8
O 96/21 - abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil sei zulässig. Er habe den Prozess in die Lage vor
Eintritt der Säumnis der Beklagten zurückversetzt. Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen
Klageantrags zu 1., der auf Zahlung von 1.735,02 EUR an die Kläger als Gesamtgläubiger
gerichtet war, sei durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien erloschen.
Die weitergehende Klage sei unbegründet. Ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten
Schlussrate in Höhe von 26.243,00 EUR gemäß §§ 817 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB stehe den
Klägern nicht zu. Die Annahme des Kaufpreises durch die Beklagte zu 1. sei nicht nach § 817
Satz 1 BGB unwirksam gewesen. Zwar sei die in § 6 Ziffer 6.2 des notariell beurkundeten
Wohnungskaufvertrages vom 04.12.2012 getroffene Zahlungsregelung gemäß § 12 MaBV in
Verbindung mit § 134 BGB nichtig, weil sie von den Vorgaben der §§ 3 Abs. 2, 7 MaBV
abweiche. Die Makler- und Bauträgerverordnung sei grundsätzlich anwendbar, weil die Kläger
den Bauträgervertrag als Verbraucher mit der Beklagten zu 1. als Unternehmerin abgeschlossen
hätten. Die in § 6 Ziffer 6.2 vereinbarte Kaufpreiszahlung weiche von den Schutzbestimmungen
der §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 1 MaBV zum Nachteil der Kläger ab, weil nach der Makler- und
Bauträgerverordnung eine vollständige Zahlung des Kaufpreises erst dann verlangt werden
könne, wenn das Werk "vollständig fertiggestellt" worden sei. Hinter diese Anforderungen trete
§ 6 Ziffer 6.2 des Bauträgervertrages zurück.

Danach sei den Klägern (lediglich) die Befugnis eingeräumt worden, einen Betrag in Höhe von
5.000,00 EUR bis zur Fertigstellung der Außenanlagen zurückzubehalten. Bei einem Vertrag,
welcher die Eigentumsübertragung an einem Grundstück zum Gegenstand habe, ergebe sich
bezogen auf die volle Vertragssumme von 749.800,00 EUR eine Fertigstellungsrate von 3,5 %
entsprechend 26.243,00 EUR. Eine hinter die Anforderungen der Makler- und
Bauträgerverordnung (MaBV) zurücktretende Zahlungsvereinbarung führe zur Nichtigkeit der
Vertragsklausel.

An die Stelle der unwirksamen Klausel trete die gesetzliche Regelung des § 641 BGB. Dies habe
zur Folge, dass sich die Fälligkeit der Gesamtkaufpreiszahlung nach der Abnahme des
Bauvorhabens richte. Eine solche Abnahme hätten die Kläger vorliegend wirksam erklärt. Die
Abnahmeprotokolle für die Wohnungen Nr. 4, 5 und 6 bezögen sich ausweislich ihres
eindeutigen Wortlautes auf das Gemeinschafts-, Teil- und Sondereigentum. Die Zuständigkeit
für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums habe in Ermangelung einer abweichenden
vertraglichen Vereinbarung bei den Klägern als Erwerbern gelegen. Mit der Unterzeichnung der
als "Wohnungsabnahmeprotokolle" bezeichneten Dokumente hätten die Kläger die Abnahme
wirksam erklärt. Dass zum Zeitpunkt der Abnahme noch offene Restarbeiten zu verrichten
gewesen seien, hindere die Abgabe der rechtsgeschäftlichen Abnahmeerklärung(en) nicht. Dem
Besteller stehe es frei, die Abnahme bereits zu einem Zeitpunkt zu erklären, zu dem noch
Arbeiten offen seien. Zwar fehle es für die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung an der gemäß § 6
Ziffer 6.2 des Kaufvertrages geforderten Bestätigung der vertragsgemäßen Fertigstellung (der
Bauleistung) durch den zuständigen Architekten. Darauf komme es infolge der Nichtigkeit der
Vertragsklausel jedoch nicht an.

Auch ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 26.243,00 EUR stehe den Klägern nicht zu. Ein
Schadenersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 3 Abs. 2, 12 MaBV
scheitere bereits daran, dass die Beklagte zu 1. zur Entgegennahme der letzten
Fertigstellungsrate aufgrund der Abnahme befugt gewesen sei. Ein Gesetzesverstoß liege
insoweit nicht vor.

Den Klägern stehe gegen die Beklagten auch kein Anspruch auf eine Sicherheitsleistung gemäß §
632a Abs. 3 BGB a.F. in Höhe von 37.490,00 EUR für die Fertigstellung der
Eigentumswohnanlage zu. Der gemäß § 632a Abs. 3 BGB a.F. erforderliche Sicherungszweck
sei aufgrund der Abnahme des Sonder-, Teil- und Gemeinschaftseigentums entfallen. Die
Herstellungssicherheit gemäß § 632a Abs. 3 BGB a.F. sichere allein das Erfüllungsinteresse des
Bestellers, nicht hingegen etwaige Gewährleistungsansprüche und sonstige vertragliche
Ansprüche. Mit der Abnahme des Sonder-, Teil- und Gemeinschaftseigentums hätten die Kläger
die Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel gebilligt, so dass das Erfüllungsinteresse
keiner Sicherung mehr bedürfe.

Aus den genannten Gründen komme auch eine Haftung des Beklagten zu 2. nicht in Betracht.
Ein Zinsanspruch bestehe mangels Begründetheit des Hauptanspruches ebenfalls nicht.
Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 15.01.2024 (Bd. III, Bl. 35 R. d.A.) zugestellte
Urteil haben die Kläger mit Schriftsatz vom 08.02.2024, bei dem Oberlandesgericht
Braunschweig eingegangen am selben Tage (Bl. 4 eAkte Berufung), Berufung eingelegt und diese
mit Schriftsatz vom 06.03.2024 (Bl. 20 ff. e-Akte Berufung), eingegangen am 08.03.2024 (Bl. 34
e-Akte Berufung), begründet.

Die Kläger rügen eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das erstinstanzliche Gericht. Zudem
liege eine Gehörsverletzung vor. Die Beklagte zu 1. sei zur Entgegennahme von Teilen des
Kaufpreises nicht befugt gewesen. § 3 Abs. 1 Nr. 1 MaBV erlaube dem Bauträger erst dann die
Entgegennahme von Teilen des Kaufpreises, wenn ihm keine vertraglichen Rücktrittsrechte
eingeräumt seien. Ein vertragliches Rücktrittsrecht für die Beklagte zu 1. sei aber in Ziffer 7 des
notariellen Vertrages (Anlage A 1, Anlagenband) vereinbart worden. Der Umgang mit diesem
Rücktrittsrecht sei in § 6 Ziffer 6.2 nicht geregelt. Bereits aus diesem Grunde hätten die
Beklagten den Vertragspreis nicht entgegennehmen dürfen. Der streitgegenständliche
Bauträgervertrag verstoße im Übrigen gegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 - letzter Spiegelstrich - MaBV.
Danach dürfe der Bauträger 3,5 % des Vertragspreises erst nach vollständiger Fertigstellung
entgegennehmen. Vollständige Fertigstellung bedeute jedenfalls die abnahmereife Fertigstellung
des Gemeinschaftseigentums. Diese liege hier nicht vor. Der Bundesgerichtshof habe
entschieden, dass die Fertigstellungsrate jedenfalls dann nicht fällig sei, wenn die Parteien bereits
seit Jahren über das Vorhandensein und die Beseitigung dieser Mängel stritten (unter Hinweis
auf BGH, Urteil vom 27.10.2011 - VII ZR 84/09 - und BGH, Urteil vom 30.04.1998 - VII ZR
47/97 -). Bisher seien das Gemeinschaftseigentum und die Außenanlagen von der Beklagten zu
1. nicht vollständig fertiggestellt worden. Gleichwohl habe die Beklagte zu 1. die
Fertigstellungsrate bereits eingefordert und entgegengenommen. Sie habe sich dabei des
Druckmittels der Zwangsvollstreckungsunterwerfung und der Einräumung eines vertraglichen
Rücktrittsrechts für die nicht vertragsgemäße Zahlung einschließlich der Löschung der
Auflassungsvormerkung bedient. Die Beklagte zu 1. habe die Abnahme einzig und allein an die
"Zumutbarkeit" der Abnahme der Wohnung geknüpft. Da der Bauträgervertrag vorsehe, dass
mit Bezugsfertigkeit der Wohnungen - also lange vor Fertigstellung des
Gemeinschaftseigentums - mindestens 99,33 % des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von
749.800,00 EUR - minus 5.000,00 EUR -, also über 80 % der Fertigstellungsrate von 3,5 % der
Vertragssumme zu zahlen seien, verstoße diese Regelung gegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 - letzter
Spiegelstrich - MaBV. Darüber hinaus habe die Beklagte zu 1. gegen § 632 Abs. 3 BGB a.F.
verstoßen. Nach dieser Vorschrift schulde der Bauträger bei der ersten Abschlagszahlung die
Stellung einer Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel.
Die Sicherheit betrage 5/100 des Vergütungsanspruches. Sicherungszweck sei neben der
Einhaltung des Fertigstellungstermins auch die Herstellung aller Bauleistungen ohne wesentliche
Mängel. Die Sicherheit sei jedenfalls bis zur Abnahme und Fertigstellung des
Gemeinschaftseigentums ohne wesentliche Mängel zu leisten (unter Hinweis auf OLG
Schleswig, Urteil vom 02.10.2019 - 12 U 10/18 ). Zwar habe das erstinstanzliche Gericht
zutreffend entschieden, dass die Makler- und Bauträgerverordnung auf den Streitfall anwendbar
sei. Auch habe es noch zutreffend erkannt, dass die vereinbarte Zahlung des Vertragspreises
zum Nachteil der Kläger von den Schutzbestimmungen der §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 1 MaBV
abweiche und dies zur Nichtigkeit der Vertragsklausel führe. Fehlerhaft sei jedoch die Annahme,
dass an die Stelle der unwirksamen Vertragsklausel die gesetzliche Regelung des § 641 BGB trete
mit der Folge, dass der Vertragspreis nach der - wie auch immer gearteten - Abnahme des
Bauvorhabens fällig werde. Diese Annahme widerspreche § 3 Abs. 2 Nr. 2 - letzter Spiegelstrich
- MaBV. Der Bauträger dürfe die letzten 3,5 % des Vertragspreises erst entgegennehmen, wenn
das Bauvorhaben fertiggestellt sei. Dies betreffe sowohl das Sondereigentum als auch das
Gemeinschaftseigentum. Die - so bezeichneten - Wohnungsabnahmeprotokolle beträfen
ausschließlich das Sondereigentum. Die Anlage A 4 enthalte eine sogenannte "offene-Posten-
Liste", aus der sich ergebe, dass ausschließlich das Sondereigentum Gegenstand der
Besichtigungen durch die Kläger gewesen sei. Das Gemeinschaftseigentum sei bis zum heutigen
Tage nicht abnahmereif fertiggestellt worden. Die auf Bl. 71 bis 85 der Gerichtsakte
dokumentierten Mängel am Gemeinschaftseigentum seien - abgesehen von kleineren
kosmetischen Maßnahmen - bis heute vorhanden, obwohl sich die Beklagte zu 1. verpflichtet
gehabt habe, die Mängel bis zum 31.07.2022 zu beseitigen. Die gerügten Mängel seien auch
wesentlich. Insoweit werde auf den Sachvortrag der Kläger in ihrem Schriftsatz vom 15.12.2022
(Bd. II, Bl. 114 bis 125 d.A.) Bezug genommen. Darüber hinaus berufen sich die Kläger auf die
Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Annahme des Landgerichts, die Kläger hätten auch das Gemeinschaftseigentum
abgenommen, sei rechtsfehlerhaft. Es sei unstreitig, dass das Gemeinschaftseigentum zum
Zeitpunkt der Fertigung der Abnahmeprotokolle (Anlagen A2, A3 und A4) weder fertiggestellt
noch abnahmereif gewesen sei.

Bezüglich der Abnahme des Gemeinschaftseigentums gebe es keine wirksame Regelung im
Bauträgervertrag. Vielmehr habe sich die Beklagte zu 1. sogenannter "dirty tricks" bedient, um
die Abnahme des Gemeinschaftseigentums vorzuverlagern. Bereits das OLG München habe
entschieden, dass es an einer Abnahme auch dann fehlen könne, wenn ein vom Erwerber
unterschriebenes Abnahmeprotokoll vorliege (OLG München, Urteil vom 18.03.2019 - 28 U
3311/18 Bau -). So liege der Fall auch hier. Das erstinstanzliche Gericht habe völlig außer
Betracht gelassen, dass die Kläger aufgrund der vertraglichen Formulierungen darüber im
Unklaren gelassen worden seien, dass das gesamte Werk erst dann abnahmereif sei, wenn auch
das Gemeinschaftseigentum fertiggestellt ist. Das Gemeinschaftseigentum sei aber niemals frei
von wesentlichen Mängeln gewesen. Insoweit sei auch der Sicherungszweck gemäß § 632 a Abs.
3 BGB a.F. weiterhin gegeben. Da es sich bei §§ 3 Abs. 2, 7 MaBV um Schutzgesetze im Sinne
des § 823 Abs. 2 BGB handele, hafte auch der Beklagte zu 2. Dieser habe die verletzende
Gestaltung des Bauträgervertrages in Auftrag gegeben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei
der Beklagte zu 2. mindestens zehn Jahre als Bauträger tätig gewesen (Beweis: eidliche
Parteivernehmung). Die Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung seien ihm daher
geläufig gewesen. Dem Beklagten zu 2. habe es einleuchten müssen, dass er nicht berechtigt
gewesen sei, die vollen Kaufpreise vor vollständiger Fertigstellung der Bauleistung ohne
wesentliche Mängel entgegenzunehmen. In Kenntnis des Verstoßes gegen die MaBV habe er die
Zahlung des vollen Vertragspreises gleichwohl eingefordert.

Der Beklagte zu 2. hafte daher gesamtverbindlich mit der Beklagten zu 1.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 12.01.2024 - 8 O 96/21 - abzuändern und

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Klägern als Gesamtgläubigern
26.243,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem
04.11.2014 zu zahlen;

2. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Kläger zu 1. und 2. als Gesamt 37.490,00 EUR zu
leisten, nach Wahl der Beklagten durch

- Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren
- Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch
eingetragen sind,
- Verpfändung beweglicher Sachen
- Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen
Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,
- Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken
- Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück
besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen
Grundstücken
- durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses
Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers, oder
- durch Zahlung.

Klageerweiternd beantragen die Kläger,
festzustellen, dass sie das Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnanlage ### nicht
abgenommen haben.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten haben eine Berufungserwiderung nicht eingereicht.
Mit Beschluss vom 17.02.2025 (Bl. 56 bis 66 der e-Akte Berufung) hat der Senat die Kläger
darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts
Göttingen vom 12.01.2024 - 8 O 96/21 - gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen
Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe (§ 522 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis
Nr. 4 ZPO vorlägen. Die Kläger hatten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab
Zustellung dieses Beschlusses. Der Hinweisbeschluss ist den Prozessbevollmächtigten der
Kläger am 24.02.2025 (Bl. 71 e-Akte Berufung) zugestellt worden.

Mit Schriftsätzen vom 13.03.2025 (Bl. 73 ff. e-Akte Berufung), 31.03.2025 (Bl. 88 f. e-Akte
Berufung), 08.04.2025 (Bl. 94 e-Akte Berufung) und 22.05.2025 (Bl. 105 f. e-Akte Berufung)
haben die Kläger zum Hinweisbeschluss des Senates Stellung genommen.

Die Kläger vertreten weiterhin die Auffassung, dass sie das Gemeinschaftseigentum nicht
(wirksam) abgenommen hätten. Ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein könne ihnen nicht
unterstellt werden. Sie hätten das Gemeinschaftseigentum vor Unterzeichnung der
Wohnungsabnahmeprotokolle nicht in Augenschein genommen. Auch seien sie nicht darüber
informiert gewesen, dass sie einen Anspruch auf mangelfreie Herstellung des gesamten
Gemeinschaftseigentums hätten. Die Wohnungsabnahmeprotokolle vom 30.01.2014 (Anlagen
A2 und A3, Anlagenband) und vom 18.02.2014 nebst "offene Posten-Liste" (Anlagenkonvolut
A4, Anlagenband) bezögen sich ausschließlich auf die Abnahme der im Sondereigentum
stehenden Wohnungen Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 nebst den dazugehörigen Kellerräumen. Dazu im
Widerspruch stehe die von den Beklagten vorformulierte Erklärung, dass neben den
Sondereigentumen auch das Gemeinschaftseigentum abgenommen werde. Wäre das
Gemeinschaftseigentum von den Klägern bereits am 30.01.2014 abgenommen worden, hätte es
einer nochmaligen Abnahmeerklärung am 18.02.2014 nicht bedurft. Da es sich um
vorformulierte Protokolle handele, sei die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB gerechtfertigt.
Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Abnahme in die Form einer vertraglichen
Vereinbarung kleiden wollen. Das Vertragswerk habe den Klägern suggeriert, dass sich die
Herstellungsverpflichtung des Bauträgers allein auf die Sondereigentume (und die Außenanlage)
erstrecke. Dementsprechend seien auch die Abnahmeprotokolle formuliert. Da der Wortlaut der
Protokolle zweifelhaft sei, müssten sich diese Zweifel zu Lasten der Beklagten zu 1. als
Klauselverwenderin auswirken. Die vollständige Fertigstellung setze die Beseitigung aller
Protokollmängel voraus. Eine vollständige Fertigstellung im Sinne von § 3 Abs. 2 MaBV könne
aber nur dann angenommen werden, wenn alle Arbeiten erbracht und sämtliche noch
vorhandenen Mängel - auch solche am Gemeinschaftseigentum - beseitigt worden seien. Die
Fälligkeit der Fertigstellungsrate von 3,5 % trete grundsätzlich nicht ein, so lange noch Mängel
feststellbar seien (unter Hinweis auf OLG Celle, Urteil vom 30.10.2014 - 16 U 90/14 -). Würden
auch unwesentliche Mängel in das Protokoll aufgenommen, so sei durch schlüssige
Parteivereinbarung deren Beseitigung für die vollständige Fertigstellung Voraussetzung (unter
Hinweis auf OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2002 - 21 U 16/02 -). Dies führe zu einem
Rückforderungsanspruch der Kläger in Bezug auf die Schlussrate in Höhe von 26.243,00 EUR
und zu einem Anspruch auf Stellung einer Erfüllungssicherheit. Der streitgegenständliche
Vertrag befinde sich noch in der Erfüllungsphase. § 632a Abs. 3 BGB a.F. sei hier einschlägig,
da die Kläger mangels Abnahme keine Gewährleistungssicherheit begehrten. Das gesamte
Vertragswerk sei auf eine Umgehung des § 3 Abs. 2 MaBV und des § 632a Abs. 3 BGB a.F.
ausgerichtet. Beide Bestimmungen seien zwingend. Die beabsichtigte Zurückweisung der
Berufung als unbegründet verstoße zudem gegen die EG-Richtlinie 93/13 vom 05.04.1993
(sogenannte Klauselrichtlinie). Danach sei zu prüfen, ob eine Vertragspartei Verbraucher sei und
ob eine Klausel missbräuchlich sei. Das Vertragswerk und die vorformulierten
Abnahmeprotokolle hätten einzig den Zweck verfolgt, die Verbraucher zu nicht gerechtfertigten
Vorleistungen zu "überreden". Liege eine unwirksame Vertragsbedingung betreffend die
Abnahme des Gemeinschaftseigentums vor, so handele der Erwerber bei Unterzeichnung des
Abnahmeprotokolls nicht in dem Erklärungsbewusstsein, auch das Gemeinschaftseigentum
abnehmen zu wollen. Bereits das OLG München habe entschieden, dass auch bei
Unterzeichnung eines Abnahmeprotokolls durch den Erwerber nicht zwingend eine Abnahme
vorliegen müsse (unter Hinweis auf OLG München, Urteil vom 08.01.2024 - 9 U 1803/23 Bau
-). Der Bauträger sei unabhängig von der Fälligkeit der Vergütungsforderung bei Abnahme erst
dann berechtigt, die Vergütung entgegenzunehmen, wenn die zwingenden öffentlich-rechtlichen
Vorgaben des § 3 MaBV erfüllt seien (unter Hinweis auf Thode in: Messerschmidt/Voit,
Privates Baurecht, 4. Aufl., § 650v BGB Rdn. 8). Von einer wirksamen Abnahme könne auch
dann nicht ausgegangen werden, wenn der Erwerber eine Prüfung der Bauleistung auf
Abnahmereife gar nicht habe vornehmen können (unter Hinweis auf Koeble, Kompendium des
Baurechts, 6. Aufl., 10. Teil, Rdn. 350). Vom Vorliegen eines solchen Sachverhaltes sei im
Streitfall auszugehen. Der Kläger zu 2. sei Ingenieur für die technischen Gewerke. Hätte er das
Wärmedämmverbundsystem, die Dachterrassen und Balkone, die entsprechenden
Abdichtungen nebst Entwässerung, die Dichtungsanschlüsse, das Dach, die Entwässerung im
Außenbereich und die Geländer im Treppenhaus in Augenschein genommen, so wären diese
auch in den Abnahmeprotokollen erwähnt worden (Beweis: Parteivernehmung der Kläger und
des Beklagten zu 2.). Die Beklagten hätten im Rahmen ihrer Klageerwiderung nicht einmal
bestritten, dass das Gemeinschaftseigentum nicht abgenommen worden sei. Gegenteiliges habe
der Beklagte zu 2. lediglich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht behauptet.
Diese Behauptung sei schlicht falsch.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 13.03.2025,
31.03.2025, 08.04.2025 und vom 22.05.2025 Bezug genommen.

B.

I.
Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1 ZPO).

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch
rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513
Abs. 1 ZPO). Zur Begründung wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die
Ausführungen in dem Hinweisbeschluss des Senates vom 17.02.2025 (Bl. 56 bis 66 der e-Akte
Berufung) Bezug genommen.

Die Einwendungen der Kläger in ihren Schriftsätzen vom 13.03.2025, 31.03.2025, 08.04.2025
und vom 22.05.2025 bieten keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung der Sach- und
Rechtslage.

1. Die Rechtsauffassung der Kläger, sie hätten durch Unterzeichnung der Abnahmeprotokolle
vom 30.01.2014 (Anlagen A2 und A3) und vom 18.02.2014 (Anlagenkonvolut A4) eine
Abnahme des Gemeinschaftseigentums schon deshalb nicht erklärt, weil sie die zum
Gemeinschaftseigentum gehörenden Bauleistungen vor Unterzeichnung der Protokolle nicht
besichtigt hätten, ist unzutreffend. Die vorherige Besichtigung der Bauleistung ist keine
Wirksamkeitsvoraussetzung der Abnahme. Es gehört zum Wesen des Werkvertrages, dass der
Auftraggeber Leistungen beauftragt, die erst noch hergestellt werden müssen. Daher sieht das
Werkvertragsrecht vor, dass der Auftraggeber das Recht haben muss, die Leistungen des
Auftragnehmers zu überprüfen (§ 640 BGB, § 12 VOB/B). Hierin liegt der Sinn der Abnahme.
Es steht dem Auftraggeber frei, auf sein Prüfungsrecht zu verzichten. Das Recht auf
Überprüfung der Leistungen ist verzichtbar. Es besteht ein Überprüfungsrecht, aber keine
Überprüfungspflicht (vgl. Bröker in: Beck'scher VOB-Kommentar, Teil B, 4. Aufl. 2023, § 12
VOB/B Rdn. 45; Havers in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 9. Aufl. 2025, § 12 Rdn. 30).
Die Abnahme setzt nicht voraus, dass der Auftraggeber von seinem Recht auf Prüfung
Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1969 - VII ZR 177/67 -; Bröker in:
Beck'scher VOB-Kommentar, Teil B, 4. Aufl. 2023, § 12 VOB/B Rdn. 45). Es steht ihm frei,
die Leistung ungeprüft und damit quasi blind abzunehmen (vgl. Bröker, a.a.O., Rdn. 45). Dann
hat der Auftraggeber allerdings die hieraus resultierenden Konsequenzen zu tragen.
Insbesondere kann der Auftraggeber den Eintritt der Abnahmewirkungen später nicht mit dem
Argument beseitigen, dass er die Sache nicht habe prüfen können. Unerheblich ist auch, ob der
Auftraggeber die Qualität der Leistung fachlich-qualitativ beurteilen kann. Die Abnahme
braucht nicht mit einer Prüfung verbunden zu sein, denn sie erfordert keine Überprüfung des
Werkes auf Mängel und auch keine sofortige Prüfungsmöglichkeit. Prüfung und
Prüfungsmöglichkeit in Bezug auf Mängel sind keine Voraussetzung der Abnahme (vgl. BGH,
Urteil vom 24.11.1969 - VII ZR 177/67 -, und Bröker, a.a.O. Rdn. 45). Eine erklärte Abnahme
bleibt wirksam, auch wenn der Auftraggeber keine Überprüfung vorgenommen hat oder sich
hierzu nicht in der Lage sah (vgl. Bröker, a.a.O., Rdn. 45). Auch das nicht abnahmefähig
hergestellte (Bau-)Werk kann der Besteller gegenüber dem Unternehmer abnehmen und damit
die Erfüllungswirkungen aus dem abgeschlossenen Werk-/Bauvertrag herbeiführen (vgl.
Messerschmidt in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Aufl. 2022, § 640 Rdn. 61). Soweit
Koeble (in: Kompendium des Baurechts, 6. Aufl. 2025, 10. Teil, Rdn. 350) die Auffassung
vertritt, dass bei Abnahmeregelungen in Übergabeprotokollen zu prüfen sei, ob die
Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit gegeben seien und von einer wirksamen Abnahme
nicht ausgegangen werden könne, wenn der Erwerber eine Prüfung auf Abnahmereife gar nicht
vornehmen konnte, handelt es sich - soweit ersichtlich - um eine Mindermeinung. Diese bezieht
sich auf eine Entscheidung der OLG Karlsruhe vom 27.09.2011 - 8 U 106/11 -. Im dort zu
entscheidenden Fall war die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen
Sachverständigen erklärt worden. Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass angesichts des
eindeutigen Wortlautes der Erklärung, wonach das Gemeinschaftseigentum bereits morgens von
einem Sachverständigen abgenommen worden sei, dem späteren Verhalten der Erwerber nicht
der Erklärungswert beigemessen werden könne, sie hätten das Gemeinschaftseigentum
abgenommen. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier nicht. Die Kläger selbst haben
die Abnahme erklärt. Sie hatten die Möglichkeit, auf einer vorherigen Überprüfung des
Gemeinschaftseigentums zu bestehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ihnen eine solche
Überprüfung von den Beklagten verweigert worden wäre. Die Kläger haben die Abnahme des
Gemeinschaftseigentums auch ausdrücklich und nicht lediglich konkludent erklärt. Die als
"Wohnungsabnahmeprotokoll" überschriebenen Erklärungen lauteten wie folgt:
"Hiermit erklären (...), dass das Gemeinschafts, Teil - und Sondereigentum Wohnung Nummer
(...) sowie Stellplatz Nr. (...) des Aufteilungsplanes im Neubauprojekt ### im vertragsgemäßen
Zustand laut Urkundenrolle Nummer ###/2012 vom 04.12.2012 nebst Ergänzung Urkundenrolle
Nummer ###/2013 vom 16.07.2013 des Notars ### nebst Teilungserklärung und
Baubeschreibung am heutigen Tage übergeben und von ### dem Käufer abgenommen wurde.

(...)
Folgende Arbeiten werden von der Verkäuferin bis Ende 2014 ausgeführt:

- Fertigstellung der Gartenanlage
- Stellplätze werden in geschuldeter Breite markiert

Unabhängig von den o.g. Restarbeiten erklären die Vertragsparteien, dass die Wohnung
bezugsfertig ist und diese Voraussetzung zur vertragsgemäßen Kaufpreiszahlung erfüllt ist.
Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten soll vertragsgemäß am heutigen Tage erfolgen."
(Wohnungsabnahmeprotokoll vom 30.01.2014, Anlage A3, Anlagenband).

Die ausdrückliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Kläger ist eindeutig und
nicht auslegungsbedürftig. Sie lässt auch einen Abnahmewillen erkennen. Die Kläger haben
erklärt, dass die Leistungen gemäß Kaufvertrag und Baubeschreibung von ihnen abgenommen
werden und dass mit der Abnahme Besitz, Nutzungen und Lasten auf sie übergehen, während
sie andererseits zur Kaufpreiszahlung verpflichtet seien. Ihnen war daher bewusst, dass ihre
Erklärungen rechtliche Folgen haben. Dass die Kläger bei Abgabe der Erklärungen
möglicherweise davon ausgingen, das Gemeinschaftseigentum abnehmen zu müssen, steht der
Annahme eines Erklärungsbewusstseins nicht entgegen. Es handelt sich allenfalls um einen
unbeachtlichen Motiv- oder Rechtsirrtum. Die Behauptung der Kläger, dass das
Gemeinschaftseigentum zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Wohnungsabnahmeprotokolle
nicht vollständig fertiggestellt und mit wesentlichen Mängeln behaftet gewesen sei, berührt die
Wirksamkeit der Abnahme ebenfalls nicht. Es stand den Klägern frei, einen Vorbehalt
hinsichtlich der Abnahme des Gemeinschaftseigentums in die Protokolle aufzunehmen oder die
Voraussetzungen der Abnahme gerichtlich klären zu lassen, gegebenenfalls im Rahmen einer
Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO.

Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums wurde vorliegend auch nicht aufgrund einer
unwirksamen Abnahmeklausel im Bauträgervertrag von einem Dritten erklärt (vgl. dazu OLG
Stuttgart, Urteil vom 02.04.2024 - 10 U 13/23 -, BauR 2024, 1230), sondern von den Klägern
selbst. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass jede unwirksame Abnahmeklausel zur Unwirksamkeit
der Abnahme selbst führt, hat das OLG Stuttgart nicht aufgestellt.

Vielmehr hat es in der genannten Entscheidung (a.a.O.) ausgeführt:

"Aufgrund der Unwirksamkeit der Abnahmeklausel wirken diese Abnahmeerklärungen allenfalls
für die drei Erwerber, die die Abnahme erklärten, weshalb im Hinblick auf die übrigen Erwerber
keine wirksame Abnahmeerklärung vorliegt. Denn wenn die Klausel in § 5 Nr. 4 der
Erwerbsverträge unwirksam ist, führt dies dazu, dass die durch diese Klausel begründete
Vertretungsmacht nicht besteht. Die drei Erwerber, die die Abnahmeerklärungen abgaben,
handelten daher ohne Vertretungsmacht. (...)"

Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Unwirksamkeit der vertraglichen Zahlungsund
Abnahmeklauseln gemäß §§ 3 Abs. 2, 7 MaBV allein führt nicht zur Unwirksamkeit der von
den Klägern erklärten Abnahmen des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums.

2. Bei den von den Beklagten vorformulierten Abnahmeprotokollen handelt es sich auch nicht
um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB. Allgemeine
Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten
Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei
Abschluss des Vertrages stellt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei den in den Wohnungsabnahmeprotokollen
A2 bis A4 enthaltenen Erklärungen der Kläger handelt es sich nicht um
Vertragsbedingungen, sondern um Willenserklärungen bzw. geschäftsähnliche Handlungen (zur
Rechtsnatur von Abnahmeerklärungen vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 08.12.2010 - 4 U 67/10 -
Rdn. 70, NJW-RR 2011, 669 und Wagner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl. 2023,
Rdn. 1750). Vertragsbedingungen sind Regelungen, die den Vertragsinhalt gestalten sollen (vgl.
Grüneberg in Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 305 Rdn. 4). Einen solchen Gestaltungswillen
hatten die Kläger nicht. Durch die Abnahmeerklärung bringt der Besteller lediglich zum
Ausdruck, dass er die Werkleistung als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung anerkennt
(vgl. Wagner in: Werner/Pastor, a.a.O.). Eine vertragsgestaltende Wirkung kommt einer solchen
Erklärung im Regelfall - wie auch hier - nicht zu.

Die Abnahmeerklärungen der Kläger waren auch nicht im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB unklar.
Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Zweifel am Inhalt und der Bedeutung der
Erklärungen liegen hier nicht vor. Die vorformulierten Abnahmeprotokolle A2 bis A4 waren
weder mehrdeutig noch unklar. Dass sich die Kläger nach ihrem eigenen Sachvortrag über die
Voraussetzungen der Abnahme geirrt haben, macht die Erklärungen nicht uneindeutig. Ob
bestimmte Erklärungen oder Handlungen des Bestellers auf eine Abnahme schließen lassen,
kann lediglich im Rahmen der konkludenten Abnahme zu prüfen sein. Die Unterzeichnung
eines Übergabeprotokolls stellt dann keine Abnahme dar, wenn der Besteller aufgrund der
vertraglichen Gestaltung und der Umstände davon ausgeht und ausgehen muss, dass die
Abnahme des Gemeinschaftseigentums bereits durch einen Dritten wirksam erklärt wurde und
auch der Bauträger selbst die Übergabeprotokolle nicht als Abnahme des Gemeinschaftseigentums
verstanden hat (so im Fall des OLG München, Urteil vom 15.11.2023 - 9 U 1803/23
Bau -, IBRRS 2025, 0851). In der genannten Entscheidung hat das OLG München (a.a.O.,
Gründe, Abschnitt II. 5.) ausgeführt:

"Wenn die Abnahme vermeintlich wirksam erfolgt, dies jedoch nicht der Fall ist, liegt eine
konkludente Abnahme im Regelfall nicht vor. Da der Erwerber aufgrund der Vertragsklauseln
davon ausgeht, dass eine Abnahme bereits stattgefunden hat, fehlt es - auch für den Bauträger
erkennbar - an einem Bewusstsein, konkludent eine Abnahme zu erklären (...)"

Ob sich die Abnahme auch auf das Gemeinschaftseigentum beziehen sollte, war im Fall des
OLG München aufgrund der dort gewählten Formulierungen unklar. Vorliegend handelt es sich
hingegen um eine ausdrückliche Abnahmeerklärung, die sich ihrem Wortlaut nach ausdrücklich
auf das Gemeinschaftseigentum bezog. Die Erklärung wurde von den Klägern selbst abgegeben.

3. Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass die Fälligkeit der Fertigstellungsrate von 3,5 %
grundsätzlich nicht eintrete, so lange noch Mängel feststellbar seien, und sich dafür auf das
Urteil des OLG Celle vom 30.10.2014 - 16 U 90/14 - berufen, betraf dieses einen anderen, mit
dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt. Im dort zu entscheidenden Fall hatte
lediglich der bauleitende Architekt, also ein Dritter, bestätigt, dass die Bauleistung (Renovierung)
durch den Bauträger vollständig fertiggestellt sei. Diese Erklärung des Architekten mussten die
dortigen Erwerber nicht gegen sich gelten lassen. Eine eigene - ausdrückliche oder konkludente -
Abnahmeerklärung hatten sie nicht abgegeben. Der dortige Vertrag befand sich daher noch im
Erfüllungsstadium. Lediglich dann, wenn noch keine wirksame Abnahme erfolgt ist, kommt es
darauf an, ob noch (wesentliche) Mängel der Bauleistung oder (nicht unerhebliche) Restarbeiten
vorhanden sind. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Abnahme und damit auch die Zahlung der
restlichen Vergütung verweigert werden. Mit der Abnahme durch den Erwerber wird die
Vergütung hingegen fällig (§ 641 BGB). Dies gilt auch dann, wenn noch wesentliche
Restleistungen oder Mängel vorhanden sind.

4. Ob die Bestimmungen des Bauträgervertrages vom 04.12.2012 - UR-Nr. 238/2012 des Notars
### in ### - (Anlage A1, Anlagenband) gegen die Richtlinie 93/13/EWG vom 05.04.1993
verstoßen, ist unerheblich, da die beanstandeten Klauseln bereits wegen Verstoßes gegen die
Makler- und Bauträgerverordnung nichtig sind. Die EG-Richtlinie bezweckt den Schutz von
Verbrauchern vor der missbräuchlichen Verwendung von Klauseln in Verbraucherverträgen
durch Gewerbetreibende. Gemäß Art. 3 der Richtlinie 93/13/EWG bezieht sich die Richtlinie
auf den Schutz des Verbrauchers vor nicht im einzelnen ausgehandelten Vertragsklauseln in
vorformulierten Verträgen. Die Abnahmeprotokolle enthalten keine Vertragsklauseln.

5. Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 1. auch keinen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit
in Höhe von 37.490,00 EUR nach Wahl der Beklagten gemäß § 632 a Abs. 2 BGB a.F.

a) Es ist bereits streitig, ob § 632a Abs. 2 BGB a.F. (jetzt: § 650m Abs. 2 BGB) dem
Verbraucher überhaupt einen einklagbaren Anspruch auf eine Sicherheit gibt oder ob es sich nur
um ein Leistungsverweigerungsrecht handelt (zum Meinungsstand vgl. die Nachweise bei
Wellensiek in: BeckOK Bauvertragsrecht, 28. Edition, Stand: 15.02.2025, § 650 m Rdn. 23 und
23 a, wobei Wellensiek die Auffassung für vorzugswürdig hält, dass § 650 m Abs. 2 BGB n.F.
und § 632 a BGB a.F. keinen einklagbaren Anspruch auf Stellung einer Sicherheit begründen,
ebenso Busche in: MK-BGB, 9. Aufl. 2023, § 650 m Rdn. 7). Dieser Meinungsstreit ist im
vorliegenden Fall aber nicht entscheidungserheblich, da die Kläger das Gemeinschaftseigentum
und das Sondereigentum abgenommen haben, so dass sich der Vertrag nicht mehr im
Erfüllungsstadium befindet.

b) Der Sicherungszweck umfasst nur das Erfüllungsinteresse des Verbrauchers (vgl. Wellensiek
in: BeckOK Bauvertragsrecht, 28. Edition, Stand: 15.02.2025, zum inhaltsgleichen § 650m BGB
Rdn. 30 und Voit in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 5. Aufl. 2022, § 650m Rdn. 14). Die
Beschreibung des Sicherungszwecks ("Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werks
ohne wesentliche Mängel") bedeutet, dass Mängelansprüche nur für den Zeitraum bis zur
Abnahme abgesichert sind, nicht jedoch für den Zeitraum nach der Abnahme (vgl. Wellensiek
in: BeckOK Bauvertragsrecht, 28. Edition, Stand: 15.02.2025, zum inhaltsgleichen § 650m BGB
Rdn. 32). Gewährleistungsansprüche werden mithin nicht abgesichert. Dies ergibt sich bereits
aus der Gesetzesbegründung zu § 632 a Abs. 3 BGB a.F. (BT-Drucksache 16/511, Seite 15):
"Absatz 3, der auch Bauträgerverträge erfasst, dient dem Verbraucherschutz. In beiden Fällen,
sowohl beim Bauträgervertrag als auch beim Generalübernehmervertrag, hat sich in der Praxis
die Frage ergeben, ob und in welchem Umfang dem Besteller eine Absicherung für seinen
Erfüllungsanspruch zu verschaffen ist. Ein tatsächliches Bedürfnis, den Erfüllungsanspruch in
gleicher Weise abzusichern, besteht. (...) Deshalb bestimmt Absatz 3, dass der Besteller eine
Sicherheitsleistung für seinen Erfüllungsanspruch in Höhe von 5 Prozent der Vergütung
beanspruchen kann. (...) Die Bürgschaft als Vertragserfüllungsbürgschaft sichert die bis zur
Abnahme entstandenen Ansprüche. Nach der Abnahme ist die Bürgschaft zurückzugeben, es sei
denn, die bei Abnahme vorbehaltenen Mängel sind noch nicht beseitigt (vgl. OLG Düsseldorf,
BauR 1998, 554). Ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf Gewährleistungsansprüche soll
nicht bestehen. Die Vereinbarung einer Gewährleistungsbürgschaft soll der individuellen
Vertragsgestaltung überlassen bleiben. (...)"

Danach ist klargestellt, dass es sich bei der Sicherheit gemäß § 632a Abs. 3 BGB a.F. lediglich
um eine Erfüllungssicherheit, nicht um eine Gewährleistungssicherheit handelt.

Gewährleistungsansprüche in diesem Sinne sind Mängelansprüche, die sich der Besteller bei der
Abnahme nicht vorbehalten hat (vgl. Mundt in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand:
01.04.2025, § 650m BGB Rdn. 49). Sofern der Verbraucher keine Sicherheit erhalten und auch
keinen Einbehalt vorgenommen hat, hat er gegen den Unternehmer keinen
Rückzahlungsanspruch (vgl. Wellensiek in: BeckOK Bauvertragsrecht, 28. Edition, Stand
15.02.2025, § 650m BGB Rdn. 28a, anders: OLG Schleswig, Urteil vom 02.10.2019 - 12 U
10/18 -, allerdings für einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt ohne
ausdrückliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums, Rdn. 75 und 77).

Die Kläger haben sich Ansprüche wegen des Gemeinschaftseigentums bei der Abnahme nicht
vorbehalten. Soweit einzelne Mängelvorbehalte erfolgt sind, betreffen diese lediglich das
Sondereigentum an den streitgegenständlichen Wohnungen. Dieses war Gegenstand des
ursprünglichen Klageantrags zu 1., den die Parteien nach einem Zwischenvergleich in der
Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Kläger beanspruchen die Sicherheit
seitdem nur noch für die Absicherung von Ansprüchen wegen Mängeln des
Gemeinschaftseigentums. Darauf haben sie keinen Anspruch. Sie haben die Abnahme des
Gemeinschaftseigentums erklärt.

6. Auch ein Schadenersatzanspruch der Kläger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 3, 7 MaBV
scheidet vorliegend aus.

Ein Schaden des Verbrauchers besteht dann nicht mehr, wenn dieser ohnehin verpflichtet wäre,
eine gemäß § 632a Abs. 3 BGB a.F. geleistete Sicherheit an den Unternehmer zurückzugeben.
Dies ist der Fall bei erfolgter Abnahme oder abnahmereifer Herstellung des Werkes (vgl. OLG
Schleswig, Urteil vom 07.04.2021 - 12 U 147/20 -, BauR 2022, 773 m.w.N.). Die Kläger haben
das Sondereigentum und auch das Gemeinschaftseigentum wirksam abgenommen. Mit der
Abnahme endet das Erfüllungsstadium des Vertrages. Ein Anspruch auf eine
Erfüllungssicherheit gemäß § 632 a Abs. 3 BGB a.F. besteht danach nicht mehr.

II.
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO liegen vor.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts oder die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Frage, ob die
Kläger die Abnahme des Gemeinschaftseigentums (wirksam) erklärt haben, ist aufgrund der
Umstände des Einzelfalles zu beantworten und hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch ein
Fall der Divergenz liegt nicht vor. Die von den Klägern zitierten Entscheidungen betreffen
andere Vertragskonstellationen, die mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar sind.

C.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Berufungsstreitwertes gründet sich auf §§ 3 und 5 ZPO in Verbindung mit
§§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG. Der Antrag der Kläger auf Leistung einer Sicherheit in
Höhe von 37.490,00 EUR ist aufgrund seines vorläufigen Charakters lediglich mit einem Drittel
(entsprechend 12.496,67 EUR) zu bewerten (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 3
Rdn. 16.154).

Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren hat nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes
geführt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Braunschweig

Erscheinungsdatum:

17.02.2025

Aktenzeichen:

8 U 29/24

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB a. F. § 632a Abs. 2; BGB §§ 305, 305c, 640, 641, 650m Abs. 2; MaBV §§ 3 Abs. 1 u. 2, 7