Ehehindernis wegen bestehender Ehe; begründete Zweifel
letzte Aktualisierung: 15.9.2022
OLG Hamm, Beschl. v. 1.2.2022 – 15 W 142/21
Ehehindernis wegen bestehender Ehe; begründete Zweifel
1. Von einem Ehehindernis nach
Zweifel daran bestehen, dass der beabsichtigten Eheschließung noch eine bestehende Ehe mit einer
anderen Person entgegensteht.
2. Auch eine nach nigerianischem Stammesrecht geschlossene Ehe zwischen einem deutschen
Staatsangehörigen und einer nigerianischen Staatsangehörigen kann als wirksam anzusehen sein und
daher ein Ehehindernis im Sinne von
Staatsangehörigen durch die Nichtanerkennung substanzielles Unrecht geschehen würde.
Gründe:
I.
Am 00.11.2017 beabsichtigten die Beteiligten zu 1) und 2), die beide deutsche
Staatsangehörige sind, ihre Eheschließung beim Standesamt E (Beteiligte zu 3)
anzumelden. Im Rahmen der Belehrung durch die Standesbeamtin erklärte der Beteiligte
zu 1), dass er vor Jahren in Nigeria geheiratet habe, er diese Heirat aufgrund rechtlicher
Beratung durch einen Anwalt aber für ungültig halte.
Die Standesbeamtin hatte daraufhin die Anmeldung zur Eheschließung abgelehnt.
Die Bemühungen des Standesamts, den Sachverhalt um die Heirat des Beteiligten zu 1)
aufzuklären, scheiterten an dessen unzureichender Mitwirkung. Der Beteiligte zu 1)
erklärte gegenüber dem Standesamt zunächst, er habe im Jahre 2004 vor einem
Bezirksstandesamt in Lagos geheiratet, verfüge aber über keinerlei Unterlagen.
Gegenüber der Standesbeamtin erklärte er zunächst auch, er habe an die Frau bzw. deren
Familie Geld überwiesen, damit die Scheidung erfolgen könne. Auch dazu habe er keine
Unterlagen. Im weiteren Verlauf behauptete der Beteiligte zu 1) dann, er habe die
nigerianische Staatsangehörige, von der er nur den Vornamen B in Erinnerung habe, im
Rahmen einer Stammeshochzeit geheiratet. Als einziges Dokument hat er einen
Einlieferungsschein über einen am 01.07.2004 von einer Frau B F (sic) aus Nigeria an ihn
versandten Brief vorlegen können.
Die Bemühungen des Standesamtes über die Deutsche Botschaft eine Klärung
herbeizuführen, scheiterten an den fehlenden bzw. zu vagen Angaben des Beteiligten zu
1) zu Ort und Zeit der Eheschließung und zum vorehelichen Familiennamen der Frau B F.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) richtete eine Anfrage an die Deutsche
Botschaft in Lagos / Nigeria, ob von dort Urkunden über die Heirat oder Scheidung seines
Mandanten beschafft werden könnten. Die Deutsche Botschaft verwies in ihrer Antwort auf
eine Liste nigerianischer Anwälte, die insoweit behilflich sein könnten.
Über den Beteiligten zu 4) hat das Standesamt mit Schreiben vom 31.03.2020 dem
Amtsgericht im Wege der Zweifelsvorlage nach
es entgegen seiner Rechtsauffassung zur Beurkundung der Anmeldung der
Eheschließung verpflichtet sei.
Mit Beschluss vom 17.12.2020 hat das Amtsgericht, das Standesamt angewiesen, die
Anmeldung zur Eheschließung zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) abzulehnen. Gegen
diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 21.01.2021, der
das Amtsgericht mit Beschluss vom 1.04.2021 nicht abgeholfen und die es dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt hat.
Mit Verfügung des Senats vom 15.04.2021 ist der Beteiligte zu 1) aufgefordert worden,
seinen Vortrag zur Heirat in Nigeria und deren nähere Umstände klar zu stellen und zu
substantiieren. Er ist weiter aufgefordert worden, die von ihm behauptete Anforderung
einer Negativbescheinigung des Heiratsregisteramtes X/Lagos vorzulegen. Der Beteiligte
zu 1) hat daraufhin den Ablauf seiner Reise nach Nigeria, in deren Verlauf es zur Heirat mit
Frau B F gekommen war, geschildert. Anstelle der vom Senat geforderten Anfrage beim
Heiratsregisteramt legte der Beteiligte zu 1) seine fruchtlos verlaufene Korrespondenz mit
einem nigerianischen Anwalt vor, die er erst während des laufenden
Beschwerdeverfahrens aufgenommen hat (Schreiben vom 14.02.2021 und 18.05.2021).
Mit Verfügung vom 8.06.2021 wiederholte der Senat seine Aufforderung, eine
Negativbescheinigung des Heiratsregisteramtes X/Lagos vorzulegen. Daraufhin wandte
sich der Beteiligte zu 1) an die nigerianischen Behörden mit der Anfrage, ob dort eine
traditionelle Heirat von ihm mit einer Frau B F aus dem Jahr 2004 dokumentiert sei. Das
Heiratsregisteramt teilte dem Beteiligten zu 1) daraufhin mit, dass traditionelle Hochzeiten
dort nicht registriert werden.
Mit Verfügung vom 29.07.2021 machte der Senat noch einmal deutlich, dass es um die
Vorlage einer Negativbescheinigung über eine vor einem nigerianischen Standesamt
geschlossene Ehe gehe. Der Beteiligte zu 1) hat diese weder in der gesetzten Frist noch
bis zur Entscheidung des Senats vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist in der Sache nicht begründet.
Das Amtsgericht hat im Rahmen der Zweifelsvorlage zutreffend festgestellt, dass das
Standesamt nicht verpflichtet ist, eine erneute Anmeldung der Eheschließung zwischen
den Beteiligten zu 1) und 2) entgegen zu nehmen. Das Standesamt ist bei seiner Prüfung
im Rahmen der Anmeldung vom 23.11.2017 zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen,
dass bei dem Beteiligten zu 1) ein Ehehindernis (
1) ist es weder vor dem Amtsgericht noch vor dem Beschwerdesenat gelungen, die
begründeten Zweifel am Bestehen einer Doppelehe auszuräumen.
Nach
Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe
besteht.
Von einem Ehehindernis nach
Zweifel daran bestehen, dass der beabsichtigten Eheschließung das Ehehindernis einer
noch bestehenden Ehe mit einer anderen Frau entgegensteht.
Der Beteiligte zu 1) hat im vorliegenden Verfahren selbst angegeben, dass er im Jahr 2004
in Nigeria eine nigerianische Staatsangehörige geheiratet hat. Dabei hat er zunächst von
einer Heirat vor einem Bezirksstandesamt in Lagos gesprochen. Erst im Laufe des
Verfahrens hat er seinen Vortrag dahingehend abgeändert, dass es sich nur um eine sog.
Traditionelle Heirat gehandelt haben soll, der nach seiner Auffassung keine
Rechtswirkungen zukommen sollen. Diese letzte Angabe steht aber im Widerspruch zu
seinen Ausführungen im standesamtlichen Verfahren, dass er sich bei der Familie seiner
nigerianischen Ehefrau um eine Scheidung bemüht und Geld überwiesen habe. Auch die
Tatsache, dass seine Ehefrau bei der Einlieferung einer Postsendung in Nigeria am
01.07.2004 ihren Namen mit B F angegeben hat, spricht deutlich dafür, dass der Beteiligte
zu 1) mit der nigerianischen Staatsangehörigen B eine formelle Ehe (statutory marriage)
eingegangen ist. Die dadurch begründeten Zweifel hat der Beteiligte zu 1) nicht
ansatzweise ausgeräumt. Die vom Senat angeforderte Bescheinigung über das
Nichtvorliegen einer formellen Ehe hat der Beteiligte zu 1) weder innerhalb der gesetzten
Fristen noch bis zum Tag der Entscheidung vorgelegt.
Angesichts der widersprüchlichen und sehr lückenhaften Angaben des Beteiligten zu 1)
bestehen für den Senat auch keine Ansatzpunkte für amtswegige Ermittlungen, durch die
das Nichtbestehen einer Ehe nachgewiesen werden könnte. Der Beteiligte zu 1) kann
weder den genauen Ort noch das genaue Datum seiner Hochzeit angeben. Der Beteiligte
zu 1) kann darüber hinaus nicht einmal angeben, welchen Namen seine Ehefrau vor der
Eheschließung geführt hat.
Abschließend sei der Beteiligte zu 1) darauf hingewiesen, dass selbst eine nur traditionell
zwischen ihm und der nigerianischen Staatsangehörigen B geschlossene Ehe (customary
marriage) ein Ehehindernis darstellen kann. Auch eine solche Ehe kann als wirksam
anzusehen sein, wenn einem der beiden Ehepartner durch die Nichtanerkennung
substantielles Unrecht zugefügt würde (OLG München
dazu, ob der nigerianischen Staatsangehörigen B durch die Nichtanerkennung der Ehe mit
dem Beteiligten zu 1) substantielles Unrecht zugefügt wird oder nicht, kann der Senat aber
nicht treffen. Der aktuelle Name und die aktuelle Adresse sind unbekannt. Da dem
Beteiligten zu 1) nur der Vorname seiner Ehefrau bekannt ist, versprechen
Nachforschungen keinen Erfolg.
Nach alledem kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beteiligte zu 1) mit der
beabsichtigten Eheschließung mit der Beteiligten zu 2) eine unzulässige Doppelehe
eingehen würde.
Die Kostenentscheidung bezüglich der Gerichtskosten folgt aus
Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten
entspricht nicht billigem Ermessen.
Die Wertfestsetzung beruht auf den § 36 Abs. 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 61
GNotKG.
Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:01.02.2022
Aktenzeichen:15 W 142/21
Rechtsgebiete:
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
PStG § 13; BGB § 1306