BFH 25. August 1999
X R 38/95
EStG § 10 Abs. 1 Nr 1a, 12

Instandhaltungsaufwendung bei Wohnrecht als dauernde Last

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Dokumentnummer: 10r3895
letzte Aktualisierung: 23. Januar 2000
10r3895
BFH
X R 38/95
25.08.1999
EStG § 10 Abs. 1 Nr 1a, 12


Hat ein Anteilsberechtigter sich an den Räumen einer zum übertragenen
Vermögen gehörenden Wohnung ein Wohnungsrecht vorbehalten, kann die Verpflichtung
des Übernehmers, die Wohnung instand zu halten, bei diesem eine dauernde Last (§ 10
Abs. 1 Nr. 1a EStG) begründen. Insow eit als Versorgungsleistungen abziehbar sind jedoch
nur Aufw endungen, die der Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsgemäßen
Zustandes der Wohnung dienen (Fortführung des BFH-Urteils vom 25.3.92 X R 196/87,
BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012)
G r ü n d e
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1989 zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt wurden. Mit Vertrag vom 31. März 1988 übertrug der Vater des Klägers im Wege der vorweggenommenen
Erbfolge diesem das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück. Der Kläger übernahm die im Grundbuch
eingetragenen Belastungen. Die Vertragsbeteiligten bewilligten und beantragten gleichzeitig "die Eintragung eines ungehinderten Altenteilsrechts auf Lebenszeit zugunsten des Übergebers11 und dessen Ehefrau mit folgendem Inhalt:
Die Eltern erhielten ein Wohnungsrecht an näher bezeichneten zwei Räumen des im übrigen von den Klägern selbst
bewohnten Wohnhauses sowie das Zugangs- und Mitbenutzungsrecht zu allen gemeinschaftlichen Räumlichkeiten
des Anwesens. Weiter heißt es:
"Der Erschienene zu 3. (der Kläger) hat die Wohnung innen und außen Instand zu halten. Der Erschienene zu 3.
übernimmt die Kosten für Strom, Wasser und Abwasser sowie für die Müllabfuhr. Das Wohnungsrecht steht nach
dem Tod des Erstversterbenden dem Überlebenden bis zu dessen Tod uneingeschränkt weiter
ZU. Der Jahreswert beläuft sich auf 3.600.-- DM.'Zusätzlich verpflichtete sich der Kläger, die Eltern in gesunden und kranken Tagen soweit möglich in den
Altenteilsräumen zu pflegen. Die Kosten einer durch ärztliche Anordnung veranlaßten Unterbringung in einem Heim
brauchte er jedoch nicht zu übernehmen.
Im Rahmen der Dorferneuerung ließ der Kläger im Streitjahr 1989 die Fenster des gesamten Hauses ersetzen. Seine
Aufwendungen hierfür betrugen nach Abzug eines Zuschusses insgesamt 13 963,04 DM. Die Hälfte hiervon (6 982
DM) machte er in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 als Sonderausgaben gemäß 5 10 Abs. 1 Nr.
1 a des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (dauernde Last) geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat --insoweit in Übereinstimmung mit dem Kläger-- die
Auffassung, diese aufgrund der Vermögensübergabe im Wege vorweggenommener Erbfolge geltend gemachten
Aufwendungen seien zwar dem Grunde nach "dauernde Lasten"; deren Berücksichtigung scheitere jedoch daran, daß
diese Sachleistungen keinem Berechtigten zuflössen; das eingebaute Material werde Eigentum des Klägers, der die
Eltern im übrigen nicht von einer Verpflichtung, selbst Reparaturen durchführen zu lassen, befreie, da das Wohnrecht
ausdrücklich unter Ausschluß der Verpflichtung nach 5 1041 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vereinbart
worden sei.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt.Es führte aus:
Die Aufwendungen gehörten zu den mit dem Übergabevertrag vereinbarten Versorgungsleistungen, die nach
ständiger Rechtsprechung als dauernde Last (S 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abziehbar seien; denn unter den Begriff
Versorgungsleistungen fielen sämtliche Zuwendungen zur Existenzsicherung, durch welche die Grundbedürfnisse


des Bezugsberechtigten (Vermögensübergebers) wie Wohnung, Ernährung und der sonstige Lebensbedarf
abgedeckt würden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Zur Begründung führt es aus, übernommene Instandhaltungsaufwendungen seien nur dann als
"Versorgungsleistungen11 abziehbar, wenn es sich um Aufwendungen handele, die üblicherweise vom
Nutzungsberechtigten zu tragen seien. Außergewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen, die üblicherweise nicht der
Inhaber des Nutzungsrechtes, sondern der Eigentümer tragen müsse, seien nicht als dauernde Last abziehbar.
Im übrigen stehe nicht fest, in welchem Umfang die Aufwendungen von insgesamt 13 963 DM tatsächlich auf die
"Einsitzwohnung" entfielen. Aufwendungen könnten aber nur insoweit berücksichtigt werden, als sie anteilig auf die
wohnrechtsbelasteten Räume entfielen oder diese allein beträfen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das FG
zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie treten dem FG-Urteil bei und tragen außerdem vor:
Einer Zurückverweisung bedürfe es nicht, denn die Wohnung der Altenteilsberechtigten im Erdgeschoß und die der
Kläger im Obergeschoß seien gleich groß.
II.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (5 126 Abs. 3
Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--)- Die Aufwendungen des Klägers sind weder als Werbungskosten noch als
Sonderausgaben gemäß 5 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar;
1. Die Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der von der Mutter bewohnten Wohnung sind keine
Werbungskosten, da der Kläger insoweit nicht den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung erfüllt.
2. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und
dauernden Lasten die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben
(S 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG). Dauernde Lasten sind in vollem Umfang abziehbar (S 10 Abs..1 Nr. 1 a Satz 1 EStG).
Leibrenten können --nach näherer Maßgabe - des S 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG-- nur mit dem Ertragsanteil
abgezogen werden, der sich aus der in 5 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG aufgeführten Ertragswerttabelle ergibt.
a) Handelt es sich steuerrechtlich um eine dem Vertragstypus des "Versorgungsvertrages"/"Altenteilsvertrages"
vergleichbare Vereinbarung, sind die --grundsätzlich schon aufgrund der Rechtsnatur des Vertrages abänderbaren
wiederkehrenden Leistungen in der Regel als "dauernde Last" abziehbar (ausführlich hierzu Beschluß des Großen
Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, 328, BStB1 11 1990, 847;
zusammenfassend z.B. Senatsurteil vom 27. August 1997 X R 54/94, BFHE 184, 337, 3StB1 11 1997, 813, mit
weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
b) Der Rechtsbegriff "Versorgungsleistungen11 umfaßt grundsätzlich solche Zuwendungen zur Existenzsicherung,
durch welche die Grundbedürfnisse des Bezugsberechtigten wie Wohnen und Ernährung und der sonstige
Lebensbedarf abgedeckt werden. Hierzu gehören auch Aufwendungen für die Instandhaltung der vom Übergeber zu
eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in dem bei Übergabe vertragsgemäßen Zustand (BFH-Urteil vom 25.
März 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStB1 11 1992, 1012). Im Umfang ihrer Abziehbarkeit fließen sie dem
Übergeber als wiederkehrende Sachleistungen zu. Entgegen der Auffassung des FA fehlt es nicht deshalb an einer
wirtschaftlichen Belastung, weil die Sachaufwendungen des Verpflichteten auf das ihm gehörende Grundstück in sein
Eigentum übergehen (BFH-Urteile vom 30. Oktober 1984 IX R 2/84, BFHE 143, 317, BStB1 11 1985, 610; in BFHE
167, 408, BStB1 11 1992, 1012; vom 24. November 1993 X R 123/90, BFH/NV 1994, 704).
aa) Aufwendungen zur Instandhaltung der Altenteilerwohnung gehören zwar typischerweise zum Inbegriff der Sach-,
Natural-, Dienst- und Geldleistungen des zivilrechtlichen Altenteilsvertrages (vgl. z.B. Art. 9 Abs. 1 des Hessischen
Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch -AGBGB Hessen--, Hessisches Gesetz und Verordnungsblatt
--GVB1-- 1 1984, 344; Art. 12 Abs. 1 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch -AGBGB
Bayern--, Bayerisches GVB1 1 1982, 803; vgl. bereits BFH-Urteile in BFHE 167, 408, BStB1 11 1992, 1012; in
BFH/NV 1994, 704; BFH-Beschluß vom 1. April 1998 X B 198/97, BFH/NV 1998, 1467). Die zu Art. 96 des
Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) erlassenen landesrechtlichen Ausführungsgesetze
beschreiben die typische Interessenlage des Altenteilsvertrages in allen wesentlichen Aspekten exemplarisch und
richtungsweisend, vor allem auch hinsichtlich Inhalt und Grenze der dem Verpflichteten/Vermögensübernehmer
gegenüber dem Berechtigten/Vermögensübergeber obliegenden Leistungsverpflichtungen. Hiernach (z.B. 5 9 Abs. 1
AGBGB Hessen) hat --wenn nach dem Übergabevertrag auch Wohnung zu gewähren ist-- der Verpflichtete dem
während der Dauer in diesem Zustand zu erhalten. Zur Übernahme größerer Reparaturen am Gebäude ist der
Übernehmer jedoch nach der dispositiven gesetzlichen Regelung des Altenteilsvertrages dem Übergeber gegenüber
nicht verpflichtet. Maßstab der Erhaltungspflicht ist (lediglich) der geschuldete vertragsmäßige Gebrauch, der im
Regelfall durch den baulichen Zustand der Altenteilerwohnung im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung konkretisiert
wird. Zu den Erhaltungsmaßnahmen, die zur Beseitigung von Mängeln notwendig werden, gehören insbesondere die
regelmäßige Wartung, Pflege oder Ausbesserung zur Verhinderung oder Beseitigung von Schäden und zum Schutz
vor natürlicher Alterung oder Abnutzung (vgl. zur vergleichbaren Instandhaltungspflicht des Vermieters
Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl. 1999, 5 541a BGB Rdnr. 2). Im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen
stehen Maßnahmen zur Verbesserung (vgl. 5 541b des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Aufwendungen für
Baumaßnahmen, die über die Erhaltung des bei Übergabe als vertragsgemäß akzeptierten Zustandes hinausgehen,
sind hiernach nicht Teil der durch die Übertragung typischerweise notwendig werdenden Versorgungsleistungen an
den Übergeber.
bb) Zwar ist der steuerrechtliche Begriff der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nicht an die
tatbestandlichen Voraussetzungen eines zivilrechtlichen Altenteilsvertrages geknüpft (vgl. Beschluß des Großen
Senats des BFH in BFHE 161, 317, 328, BStB1 11 1990, 847; z.B. BFH-Urteil in BFHE 167, 408, BStB1 11 1992,
1012). Mit dem den Anwendungsbereich des 5 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abgrenzenden steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmal der Vermögensübergabe ist jedoch ein Vertragstypus umschrieben, der sich grundsätzlich an dem
zivilrechtlichen Typus der Hof- und Betriebsübergabe orientiert (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 31.
August 1994 X R 44/93, BFHE 176, 19, BStB1 11 1996, 676; vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87,
BStB1 11 1996, 687; in BFHE 184, 337, BStB1 II 1997, 813, m.w.N.). Der Vergleich mit dem Typus der Hof- und
Betriebsübergabe bestimmt deshalb auch die Grenze der als "Versorgungsleistungen" abziehbaren Aufwendungen.
Gehören Aufwendungen nicht zum Kernbestand des bürgerlich-rechtlichen Altenteils-/Leibgedingsvertrages, sind sie
auch nicht nach 5 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehbar (vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 167, 408, BStB1 11 1992, 1012,
unter 2. c, bb; Beschluß in BFH/NV 1998, 1467). Insoweit gelten 5 12 EStG und die allgemeinen Regeln des
Einkommensteuerrechts uneingeschränkt; d.h. Aufwendungen dürfen nur berücksichtigt werden, wenn sie entweder
Werbungskosten oder Betriebsausgaben oder sonst ausdrücklich gesetzlich zum Abzug zugelassen sind (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 184, 337, BStB1 11 1997, 813; vom 14. Dezember 1994 X R 1-2/90,
BFHE 177, 36, BStB1 11 1996, 680; in BFHE 176, 19, BStB1 11 1996, 676, jeweils m.w.N.).
cc) Dieses Ergebnis bestätigt auch folgende Überlegung: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Beschluß
vom 17. Dezember 1992 1 BvR 4/87 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 264; Deutsches
Steuerrecht 1993, 315) hervorgehoben, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei die Sonderstellung der
"Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" -'d.h. der Ausschluß der ansonsten gebotenen
Wertverrechnung mit einer Gegenleistung--- wegen der besonderen Interessenlage des Altenteilsvertrages. Nicht nur
die Abziehbarkeit beim Übernehmer, sondern materiell-rechtlich damit korrespondierend--- auch die
uneingeschränkte Besteuerung von Aufwendungen des Übernehmers als wiederkehrende Bezüge beim Empfänger
beruht allein auf dem Gesichtspunkt, daß sich typischerweise die Eltern zur Sicherstellung ihrer nach Übertragung
des Vermögens notwendig gewordenen Versorgung einen bestimmten Betrag ihres Vermögens vorbehalten. Die
Zurechnung von Aufwendungen des Übernehmers als Einkünfte des Übergebers ist deshalb nur gerechtfertigt, soweit
diese den bei einem Altenteilsvertag typischen Umfang nicht überschreiten. Materiell-rechtlich hiermit
korrespondierend dürfen solche Aufwendungen, die ihrer Art nach --wie Aufwendungen zur Modernisierung' der
Altenteilerwohnung-- nicht zu den typischerweise aus einem Altenteilsvertrag resultierenden Versorgungsleistungen
gehören, nicht als dauernde Last (S 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abgezogen werden.
3. Dem Sonderausgabenabzug der im Streitfall geltend gemachten Aufwendungen steht. bereits entgegen, daß deren
Übernahme durch den Kläger nicht in der rechtlich gebotenen Weise hinreichend klar und eindeutig vereinbart
worden ist.
a) Ein Übergabevertrag muß steuerrechtlich anzuerkennen sein.
Dies setzt unter nahen Angehörigen voraus, daß die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Übergabevertrag klar und
eindeutig vereinbart sind (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 28. April 1987 IX R 40/81, BFH/NV 1987, 712; in
BFH/NV 1994, 704; in BFH/NV 1998, 1467). Der rechtliche Mindestbestand, der den Vertragstypus prägenden
Rechtsfolgen muß klar festgelegt sein. Die klaren und ernsthaft gewollten Vereinbarungen müssen zu Beginn des
maßgeblichen Rechtsverhältnisses oder --bei einer Änderung der Verhältnisse--- für die Zukunft getroffen werden.
Die geschuldeten Leistungen müssen vereinbarungsgemäß erbracht werden (z.B. BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 X R
54/91, BFHE 172, 324, BStB1 11 1994, 19). Auch können die Vertragsbeteiligten das Versorgungsrisiko begrenzen,
indem sie die Art der zu erbringenden Leistungen einzeln bezeichnen. Insoweit besteht eine Vermutung dafür, daß
die Partner eines Übergabevertrages ihre beiderseitigen Rechte umfassend und abschließend umschrieben haben.
Altenteilswohnung betreffen-- nicht zuletzt wegen des offenkundigen Interesses des Eigentümers an
Modernisierungsmaßnahmen als dauernde Last nur abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im
Übergabevertrag eindeutig und klar gegenüber dem Übergeber verpflichtet hat. Diese Voraussetzungen liegen im
Streitfall hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen nicht vor.
4. Das FG geht, ohne sich mit dem Inhalt des Vertrages näher zu befassen, zu Unrecht davon aus, die Verpflichtung
des Klägers umfasse auch außergewöhnliche Verbesserungsmaßnahmen.
a) In der Revisionsinstanz ist die Auslegung von Verträgen durch das FG auch daraufhin zu prüfen, ob die
gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet wurden; weiterhin kann das
Revisionsgericht nachprüfen, ob die Vorinstanz die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände
erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat (z.B. BFH-Urteil vom 11. Februar 1981 1 R 13/77, BFHE 133, 3,
BStB1 11 1981, 475, m.w.N.). Hat das FG eine (präzise) Auslegung eines entscheidungserheblichen Vertrages
unterlassen, so kann sie das Revisionsgericht auf der Grundlage der dafür ausreichenden Tatsachenfeststellungen
selbst vornehmen (BFH-Urteile vom 28. November 1990 X R -109/89, BFHE 163, 264, BStB1 11 1991, 327; vom 30.
Juli 1991 IX R 43/89, BFHE 165, 245, BStB1 11 1991, 918; vom 19. Juni 1997 IV R 26/96, BFHE 183, 488, BStB1 11
1997, 652; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, 5 118 Rz. 17, m.w.N.).
b) Nach S 133 BGB ist bei Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem
buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Außerdem sind nach 5 157 BGB Verträge so auszulegen, wie Treu
und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Verboten ist damit die Buchstabeninterpretation;
geboten die Berücksichtigung u.a. des sprachlichen Zusammenhangs der abgegebenen Willenserklärungen, die
Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und sämtliche
Begleitumstände.
c) Im Streitfall ergibt sich weder aus dem erklärten Vertragsinhalt (aa) noch aus der Rechtsnatur des
Altenteilsvertrages (bb) eine Verpflichtung zur Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen.
aa) Im Vertrag vom 31. März 1988 haben die Beteiligten ein Wohnungsrecht "gem. 5 1093 BGB" vereinbart. Nach der
ausdrücklich in Bezug genommenen gesetzlichen Regelung obliegen --durch die Verweisung in 5 1093 BGB auf S
1041 BGB-- dem Wohnungsberechtigten "Ausbesserungen und Erneuerungen... insoweit ... 11 als sie zu der
gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören; zu außergewöhnlichen Verbesserungsmaßnahmen ist der
Wohnungsberechtigte nicht verpflichtet; vom Eigentümer kann er sie nur bei ausdrücklicher schuldrechtlicher
Verpflichtung verlangen (z.B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl., 5 1041 Rz. 2, m.w.N.). Im inhaltlichen
Zusammenhang mit der Einräumung des Wohnungsrechts unter Hinweis auf 5 1093 BGB steht im Vertrag vom 31.
März 1988 die Vereinbarung, daß der Kläger (und nicht die Wohnungsberechtigten) die Kosten für einzeln
aufgezählte Nebenkosten --die typischerweise mit der Ausübung des Wohnungsrechts verbunden sind, wie für Müll,
Wasser und Abwasser etc. trägt und die "Wohnung innen und außen instand zu halten" hat. Für die Annahme, daß
damit nicht nur die der Erhaltung des bei Übergabe vertragsgemäßen Zustandes dienenden Instandhaltungsaufwendungen dem Kläger obliegen, sondern dieser den Wohnungsberechtigten gegenüber zur Vornahme
außergewöhnlicher Verbesserungsmaßnahmen verpflichtet sein solle, mit der Folge, daß diese selbst gegen den
Willen des Klägers deren Durchführung auf Kosten des Klägers verlangen könnten, fehlt nach dem Erklärungsinhalt
des Vertrages jeder Anhaltspunkt; dagegen spricht nicht zuletzt, daß die Vertragsbeteiligten selbst den Jahreswert
des Wohnungsrechts einschließlich der damit zusammenhängenden Aufwendungen mit nur 3 600 DM beziffert
haben. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus Rechtsnatur eines Altenteilsvertrages (vgl 2.
b).vorstehend und da es hiernach im Streitfall bereits an einer eindeutigen Verpflichtung zu über die bloße Erhaltung
des vertragsgemäßen der Altenteilsräume hinausgehenden Leistungen des Zustandes Klägers fehlt, sind die
Aufwendungen schon aus diesem Grund nicht als Sonderausgaben (dauernde Last) nach 5 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG
abziehbar. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BFH

Erscheinungsdatum:

25.08.1999

Aktenzeichen:

X R 38/95

Erschienen in:

MittBayNot 2000, 147-149
NJW 2000, 975-976
ZEV 2000, 114-116

Normen in Titel:

EStG § 10 Abs. 1 Nr 1a, 12