Beginn der Beschwerdefrist bei Zustellung an den Notar
letzte Aktualisierung: 15.2.2024
KG, Beschl. v. 19.9.2023 – 22 W 31/23
FamFG §§ 15, 63;
Beginn der Beschwerdefrist bei Zustellung an den Notar
Ein Notar, der die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung beglaubigt, ist als Einreicher
grundsätzlich auch als Verfahrensbevollmächtigter anzusehen. Die Zustellung der die Eintragung
ablehnenden Entscheidung an ihn, setzt deshalb den Lauf der Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1
FamFG in Gang.
Gründe
I.
Bei dem Beteiligten handelt es sich um einen in Gründung befindlichen Verein. Mit notariell
beglaubigter Erklärung vom 18. Juni 2021 zur UR-Nr. des Notars Dr. B meldeten die gewählten
Vorstandsmitglieder den Beteiligten zur Eintragung in das Vereinsregister an. In der Anmeldung
bevollmächtigten die unterzeichnenden Vorstandsmitglieder die Angestellten des
beglaubigenden Notars, Erklärungen, Bewilligungen und Anträge zur Ergänzung oder Änderung
der Anmeldung abzugeben, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher
Beanstandungen zweckdienlich sind. Sie beauftragten und bevollmächtigten den Notar zudem,
den Vollzug der Anmeldung im Vereinsregister zu bewirken und alle hierzu erforderlichen und
sinnvollen Erklärungen abzugeben und Maßnahmen zu treffen. Die Eintragungsnachricht wurde
auch an den Notar erbeten. Der Anmeldung waren die Gründungssatzung und das Protokoll der
Gründungsversammlung beigefügt.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2021 erbat das Amtsgericht einen Nachweis für die
Gemeinnützigkeit des Vereins und beanstandete, dass gemäß § 4 Abs. 4 der Vereinssatzung
Ehrenmitglieder nicht zur Teilnahme an Mitgliederversammlungen berechtigt seien. Es bat um
Einreichung des satzungsändernden Beschlusses sowie eines vollständigen und vom Vorstand
unterschriebenen Exemplars der aktualisierten Satzung.
Nach Beantragung einer Fristverlängerung übersandte der Notar am 05. November 2021 auf die
Zwischenverfügung den satzungsändernden Beschluss, eine aktualisierte Satzung sowie eine
Erklärung des Vorstands über die Finanzierung des Vereins.
Mit weiterer Zwischenverfügung vom 14. Januar 2022 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der
Wortlaut des § 7 Abs. 1 der eingereichten, aktualisierten Satzung nicht mit dem Wortlaut der
Gründungssatzung übereinstimme und eine entsprechende Änderung nicht beschlossen worden
sei. Nachdem der Notar zunächst Fristverlängerung beantragt hatte, reagierte er auf weitere
Erinnerungen des Amtsgerichts nicht.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 31. Januar 2023 den Antrag des Beteiligten vom 18.
Juni 2021 auf Eintragung in das Vereinsregister zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Notar
ausweislich des von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 07. Februar 2023
zugestellt worden. Die an den Beteiligten übersandte Ausfertigung des Beschlusses konnte
zunächst nicht zugestellt werden, da der Empfänger nicht zu ermitteln war. Der Inhalt des
Rückbriefes ist dem Beteiligten sodann mit Schreiben vom 09. Februar 2023 an die Anschrift
des 1. Vorsitzenden übersandt worden.
Mit Schriftsatz vom 09. März 2023 - eingegangen beim Amtsgericht am 10. März 2023 - hat der
Beteiligte über seinen (damaligen) Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde gegen den Beschluss
des Amtsgerichts vom 31. Januar 2023 eingelegt und mit Schreiben des (jetzigen)
Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Mai 2023 eine weitere durch den 1. Vorsitzenden
unterzeichnete Satzung eingereicht.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht mit
einem Beschluss vom 08. Juni 2023 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die Beschwerde ist bereits unzulässig. Die nach
Beschwerde ist nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach
eingelegt worden.
a) Nach
des Beschlusses an die Beteiligten. Für die Bewirkung der schriftlichen Bekanntgabe durch
Zustellung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 FamFG beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der
formrichtigen Zustellung nach den
Verfahrensbevollmächtigter tätig, so ist entsprechend
FamFG die schriftliche Bekanntgabe an diesen ausschlaggebend; bei mehreren
Verfahrensbevollmächtigten läuft die Frist mit der ersten schriftlichen Bekanntgabe an einen der
Bevollmächtigten (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 08. März 2004 – II ZB 21/03 –, Rn. 6, juris;
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. November 2011 – 2 UF 227/11 –, Rn. 12, juris).
Damit begann die Beschwerdefrist, über die in dem angefochtenen Beschluss zutreffend belehrt
worden ist, mit der Zustellung bei dem die Anmeldung einreichenden Notar am 07. Februar
2023 und endete mit Ablauf des 07. März 2023 (
ging hingegen erst am 10. März 2023 ein und war daher nicht mehr fristwahrend.
b) Der Lauf der Beschwerdefrist wurde mit der Zustellung bei dem Notar in Lauf gesetzt, da er
Verfahrensbevollmächtigter i.S.d.
zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, gilt
dieser nach
Eintragung zu beantragen. Zur Begründung dieser sogenannten Vollmachtsvermutung genügt
die Vorlage der von dem Notar beurkundeten oder beglaubigten Erklärung (vgl. Eickelberg in:
Sternal, 21. Auflage, 2023,
Bevollmächtigter i.S.d.
(vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. April 2011 – 12 W 631/11 –, Rn. 26, juris; Krafka,
Registerrecht, 11. Auflage, 2019, Rn. 126). Die Vertretungsmacht erstreckt sich dabei auf alle
Verfahrenshandlungen, die zur Registereintragung erforderlich sind, und umfasst auch die
Entgegennahme von Zustellungen, insbesondere von Ablehnungsbeschlüssen (vgl. KG,
Beschluss vom 7. Februar 2012 – 25 W 4/12 –, Rn. 7, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht in
Bremen, Beschluss vom 29. April 2014 – 5 UF 16/14 –, Rn. 7, juris; Eickelberg in: Sternal, 21.
Auflage, 2023,
FamFG, Rn. 17-19).
c) Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Notar die Registeranmeldung lediglich als Bote
übermittelt hätte, wobei der Notar grundsätzlich deutlich zum Ausdruck bringen sollte, in
welcher Funktion er die Anmeldung einreicht (vgl. Eickelberg in: Sternal, 21. Auflage, 2023,
FamFG, Rn. 3-6). Der Notar hat hier keine Erklärung abgegeben; insbesondere hat er nicht
angegeben, dass er lediglich als Bote tätig wird. Vielmehr enthält die Registeranmeldung den
Auftrag und die Bevollmächtigung des Notars, den Vollzug der Anmeldung im Vereinsregister
zu bewirken und alle hierzu erforderlichen oder sinnvollen Erklärungen abzugeben und
Maßnahmen zu treffen. Darüber hinaus werden die Angestellten des Notars bevollmächtigt,
Erklärungen, Bewilligungen und Anträge zur Ergänzung oder Änderung der Anmeldung
abzugeben, soweit diese zur Behebung behördlicher oder gerichtlicher Beanstandungen
zweckdienlich sind. Der Notar war mithin nach dem Inhalt der Anmeldung berechtigt,
Erklärungen abzugeben und Änderungen vorzunehmen, um den Vollzug der Anmeldung zu
gewährleisten. Dies spricht aber dafür, dass er als Vertreter des Beteiligten tätig werden sollte.
Darüber hinaus ist der Notar auf die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 30. Juni 2021
zunächst durch die Beantragung einer Fristverlängerung und sodann durch eine (Teil-)
Erledigung der Zwischenverfügung auch tatsächlich tätig geworden, ohne dass er es beanstandet
hätte, dass die Zwischenverfügung an ihn gerichtet und übersandt worden ist. Auf die weitere
Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 14. Januar 2022, deren Nichterledigung schließlich
zu der angegriffenen Zurückweisung der Eintragung geführt hat, reagierte der Notar ebenfalls
zunächst mit der Beantragung einer Fristverlängerung und kündigte später auf telefonische
Nachfrage das Einreichen einer ergänzten Satzung ein. Nicht nur der Inhalt der
Registeranmeldung, sondern auch das Verhalten des Notars macht somit deutlich, dass dieser als
Vertreter und Bevollmächtigter des Beteiligten tätig werden sollte und tätig geworden ist.
Soweit in der Beschwerdebegründung darauf verwiesen wird, dass in der Anmeldung die
Eintragungsnachricht „auch“ an den beglaubigenden Notar erbeten worden ist, folgt hieraus
nichts anderes. Wenn der Notar die Anmeldung als Vertreter eingereicht hat, so ist die
Eintragung regelmäßig sowohl ihm als auch den Beteiligten bekannt zu machen (vgl. Eickelberg
in: Sternal, 21. Auflage, 2023,
geschlossen werden, dass der Notar lediglich als Bote tätig werden sollte.
2. Die Beschwerde ist darüber hinaus auch unbegründet. Die mit der Anmeldung eingereichte
Gründungssatzung regelt in § 7 Abs. 1, dass „durch Beschluss der Mitgliederversammlung [...]
der Vorstand um bis zu ein (1) weiteres Vorstandsmitglied auf insgesamt fünf (5)
Vorstandsmitglieder erweitert werden“ kann. Die auf die Zwischenverfügung vom 30. Juni 2021
eingereichte aktualisierte Satzung regelt hingegen in § 7 Abs. 1, dass „durch Beschluss der
Mitgliederversammlung [...] der Vorstand um bis zu zwei (2) weitere Vorstandsmitglieder
erweitert werden“ kann, ohne dass ersichtlich geworden wäre, dass eine entsprechende
Änderung beschlossen worden ist. Mit der Beschwerdebegründung ist nunmehr eine weitere
Version der Satzung eingereicht worden, deren § 7 Abs. 1 vorsieht, dass „durch Beschluss der
Mitgliederversammlung [...] der Vorstand um bis zu ein (1) weiteres Vorstandsmitglied erweitert
werden“ kann. Es liegt somit weiterhin bzw. erneut eine Abweichung zur Gründungssatzung
vor, ohne dass eine satzungsändernde Beschlussfassung ersichtlich wäre.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Verpflichtung, die Gerichtskosten zu
tragen, ergibt sich aus dem Gesetz, vgl.
die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten vorzusehen, sieht der Senat nicht.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, weil es an den Voraussetzungen des § 70
Abs. 2 FamFG fehlt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:19.09.2023
Aktenzeichen:22 W 31/23
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
FamFG §§ 15, 63; ZPO § 172