BayObLG 18. November 1981
BReg. 2 Z 75/81
BGB § 1416; GBO §§ 19, 20

Erwerb und Belastung von Grundbesitz durch in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten

Am 19:12.1980 erteilte gegenüber dem Urkundsnotar der Inhaber der
Beteiligten zu 1) namens dieser seine schriftliche Zustimmung sowohl zur Übertragung des Hälfteanteils an dem Erbbaurecht auf den
Beteiligten zu 3) als auch zur Wohnungserbbaurechtsbegründung. In
Ziff. IV. dieser Erklärung heißt es: „Herr Stadtpfarrer M. beantragt die
stiftungs- und kirchenaufsichtliche Genehmigung und ersucht den
Notar, diese bei der Bischöflichen Finanzkammer zu erholen." Der
Urkundsnotar beantragte dies.
Am 26.1.1981 beantragte der Urkundsnotar beim Grundbuchamt gemäß § 15 GBO den Vollzug der Urkunde vom 17.10.1980. Eine aufsichtliche Genehmigung der Bischöflichen Finanzkammer legte er nicht
vor.
Am 10.2.1981 erließ der Rechtspfleger beim Amtsgericht — Grundbuchamt — folgende Zwischenverfügung:
„1. Die stiftungs- und kirchenaufsichtliche Genehmigung liegt nicht
vor.
2. Punkt XVI der Urkunde ist unklar gefaßt. Die Beteiligten wurden
nicht darauf hingewiesen, daß die Zustimmung zur Veräußerung gem.
§ 12 Abs. 2 WEG nur aus wichtigem Grunde versagt werden kann."
Dagegen legte der Urkundsnotar Erinnerung bzw. Beschwerde ein.
Grundbuchrechtspfleger und -richter halfen der Erinnerung nicht ab.
Letzterer legte sie daher der Beschwerdekammer als Beschwerde
vor.
Aus den Gründen:
Zu Ziffer 1):
1. Katholische Pfründestiftungen wie die Beteiligte zu 1)
sind Stiftungen des öffentlichen Rechts (Art. 36, 38, 39 Bayerisches Stiftungsgesetz vom 26. November 1954 (GVBl. 1954,
S. 301 ff.) [= StiftG]). Sie werden in Pfarr-, Kuratie-,
Benefiziums-Pfründstiftungen sowie Kaplaneistiftungen unterschieden (Art. 5 Abs. 1 Ordnung für kirchliche Stiftungen
vom 1.10.1959 [KMBl. 1959] [= KiStiftO]). Gesetzlicher
Vertreter der Pfründestiftung ist ihr Inhaber (Art. 9 Abs. 2
KiStiftO), das heißt der Pfarrer, Kurat, Benefiziat oder
Kaplan, dem die Pfründe rechtmäßig verliehen worden ist. In
welchem Umfang Rechtsgeschäfte solcher Pfründestiftungen genehmigungspflichtig sind, bestimmt Art. 14 KiStiftO*.
Diese Bestimmung ist sehr weit gefaßt. Der Begriff „wesentliche Interessen" in Absatz (1) Satz 1 kann zwar noch als unbestimmter Rechtsbegriff angesehen werden. In Verbindung
mit Satz 2 wird er jedoch nahezu zum Ermessensbegriff. Es
dürfte daher in der Praxis kaum einen Fall geben, bei dem
von vornherein klar beurteilt werden kann, ob er der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht. Der Notar und das
Grundbuchamt kommen daher nicht umhin, in jedem Einzelfall bei der kirchlichen Stiftungsaufsichtsbehörde nach der
Genehmigungspflicht anzufragen und sich gegebenenfalls
über eine Art „Negativ-Attest" haftungsrechtlich abzusichern. Die Erteilung einer lediglich — unverbindlichen —
Auskunft der Aufsichtsbehörde dürfte im Hinblick auf den
Ermessenscharakter dieser Vorschrift nicht genügen. Im
Hinblick auf die Regelbeispiele des Absatz 2 ist die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift („Bestimmtheitsgrundsatz") noch als gegeben anzusehen. Insgesamt gesehen ergibt sich danach, daß jedenfalls alle Rechtsgeschäfte der
Pfründestiftungen, die in Bayern der notariellen Beurkundung bedürfen, auch genehmigungspflichtig sein können
und daher eine Anfrage auf verbindliche Auskunft notwendig ist. Die weitergehende Ansicht von Lederer (MittBayNot
1971, 388) berücksichtigt den Ermessensspielraum der Aufsichtsbehörde zu wenig.
2. Hier handelt es sich nicht um einen notariellen Vertrag
zwischen der Pfarrpfründestiftung und einem Dritten. In
Frage steht die Zustimmung zu einem von dritten Beteiligten vorgenommenen Verfügungsgeschäft, nämlich der Über* vgl. Handbuch für das Notariat Nr. 440
tragung eines Hälfteanteils an einem Erbbaurecht söwie
einer Wohnungserbbaurechtsbegründung. Der Wert ist
nicht unerheblich und dürfte beietwa DM 200000,— liegen.
Wegen der Zahlung des Erbbauzinses ist der Eigentümerin
auch die Person des Erbbauberechtigten nicht gleich. Demgemäß wurde im Erbbaurechtsbestellungsvertrag vom
2.4.1960 auch vereinbart, daß die Erbbauberechtigten u.a.
zur Veräußerung des Erbbaurechtes der Zustimmung der
Grundstückseigentümerin bedürfen. Nach alledem läßt sich
jedenfalls auch hier nicht ausschließen, daß „wesentliche
Interessen" im Sinne des Art. 14 Abs. 1 KiStiftO berührt werden können. Deshalb ist auf jeden Fall eine stiftungsaufsichtliche Genehmigung bzw. ein „Negativ-Attest" vorzulegen.
Zu Ziffer 2):
Die Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG ist als Inhalt des Sondereigentums gedacht, was bedeutet, daß sie
gemäß § 10 Abs. 2 WEG in das Grundbuch eingetragen werden muß (vgl. OLG Hamm, Beschluß vom 2.7.1979, 15 W
3/78). Sie unterliegt daher auch dem das Grundbuchrecht beherrschenden Bestimmtheits- bzw. Bestimmbarkeitsgrundsatz. Notwendig ist demnach, daß Gegenstand und Inhalt
der Veräußerungsbeschränkung sowie deren genaue Bedingungen und Befristungen festgelegt sind. Ziffer XVI der
notariellen Urkunde vom 17.10.1980 entspricht entgegen der
Ansicht des Grundbuchamts diesen Anforderungen. Durch
den am Ende dieser Ziffer erfolgten Hinweis auf „§ 12 WEG"
wird die Rechtsgrundlage und deren kraft Gesetzes bestehende Einschränkung (§ ,12 Abs. 2 WEG) sogar näher dargestellt. Eine solche Vereinbarung auf ihre Zweckmäßigkeit zu
überprüfen, ist nicht Aufgabe des Grundbuchamts. Anhaltspunkte dafür, daß die Beteiligten vom Notar nicht auf § 12
Abs. 2 WEG hingewiesen wurden, sind nicht ersichtlich; der
Notar ist dem auch entgegengetreten. Es kann daher offenbleiben, inwieweit das Grundbuchamt überhaupt befugt ist,
die Einhaltung von Belehrungspflichten des Notars zu überprüfen.
Demgemäß erfolgte die Beanstandung in Ziffer 2) der Zwischenverfügung zu Unrecht.
15. BGB § 1416; GBO §§ 19, 20 (Erwerb und Belastung von
Grundbesitz durch in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten)
1. In Gütergemeinschaft lebende Ehegatten können ein
Grundstück zum Miteigentum nach Bruchteilen, erwerben, wenn die Bruchteile Vorbehaltsgut werden. Die ehevertragliche Erklärung zu Vorbehaltsgut kann dabei der
Auflassung und Eintragung auch nachfolgen. Einer
Löschung der bereits als Miteigentümer zu Bruchteilen
eingetragenen Ehegatten und ihrer sofortigen Wiedereintragung bedarf es in diesem Fall nicht.
2.Für die Bewilligung einer Grundschuld durch Ehegatten
als Grundstückseigentümer ist es unerheblich, in welchem Gemeinschaftsverhältnis sie Miteigentümer sind.
mitgeteilt von Dr. Martin Pfeuffer, Richter am BayObLG, und
von Notar Dr. Ludwig Röll, Günzburg
Aus dem Tatbestand:
1. Die Beteiligten zu 1) leben auf Grund Ehevertrags vom 23.1.1964 in'
Gütergemeinschaft. Vorbehaltsgut ist in dieser Urkunde nicht vereinbart.
252 MittBayNot 1981 Heft 6


Mit Kaufvertrag vom 25.5.1979 kauften sie das im Grundbuch des
Amtsgerichts G. von G. vorgetragene Grundstück Flst.Nr. 34 „als Miteigentümer zu gleichen Teilen"; die Beteiligten zu 1) sind in der Urkunde als „nach Angabe im gesetzlichen Güterstand lebend" bezeichnet. Die Kaufvertragsparteien erklärten die Auflassung. Auf
Grund dessen wurden die Beteiligten zu 1) am 12.9.1979 als Eigentümer des genannten Grundstücks je ;,zu 1/2 Miteigentumsanteil" im
Grundbuch eingetragen.
2. a) Zu notarieller Urkunde vom 23.3.1981 bestellten die Beteiligten
zu 1) der Beteiligten zu 2) an dem genannten Grundstück eine Buchgrundschuld und bewilligten und beantragten deren Eintragung im
Grundbuch. In der Urkunde heißt es ferner, die Beteiligten zu 1) lebten
nach dem eingangs der Urkunde bezeichneten Ehevertrag in Gütergemeinschaft. Berichtigung des Grundbuchs werde hierwegen beantragt.
Nachdem das Grundbuchamt G. gegen den Vollzug der Urkunde Bedenken geäußert hatte, schlossen die Beteiligten zu 1) mit notarieller
Urkunde vom 11.5.1981 einen Ehevertrag, in dem sie vereinbarten, der
eine Hälfte-Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flst.Nr. 34 solle
Vorbehaltsgut des Ehemanns und der andere HälfteMiteigentumsanteil Vorbehaltsgut der Ehefrau sein. In einer notariell
beglaubigten,Erklärung vom gleichen Tage bewilligten und beantragten die Beteiligten zu 1) erneut die Grundschuld bei dem genannten
Grundstück einzutragen.
b) Diese Anträge beanstandete der Grundbuchrechtspfleger mit Zwischenverfügung vom 5.6.1981.
Gegen diese Zwischenverfügung richtete sich die vom Notar eingelegte Erinnerung.
Grundbuchrechtspfleger und Grundbuchrichter halfen der Erinnerung nicht ab. Nach Vorlage wies das Landgericht die Beschwerde
als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten eingelegte weitere Beschwerde
vom 15.9.1981.
gemeinschaft vereinbart worden ist, enthalten sein (Staudinger § 1418 Rdnr. 14; Gernhuber Familienrecht 3. Aufl. § 38
V 2 m. Nachw. in FN 1; Dölle § 67 IV 1 a aa; vgl. auch KG
OLGE 12, 3101311).
Auch in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten können
daher einen Gegenstand gemeinschaftlich zum Miteigentum nach Bruchteilen erwerben, sofern die Bruchteile zum
Vorbehaltsgut der Ehegatten werden (Soergel § 1416
Rdnr. 10; Ertl Rpfleger 1980, 41150; Kuntze/Ertl/Herrmann/
Eickmann Grundbuchrecht 2. Aufl. § 20 Rdnr. 100). Dabei ist
es,unerheblich, ob die Erklärung zu Vorbehaltsgut (in der
Form des § 1410. BGB) der Auflassung des Grundstücks an
die Ehegatten und derEintragung vorangeht oder - wie hier
= nachfolgt. Die Ehegatten können die Voraussetzungen
für einen — der erklärten Auflassung entsprechenden —
Eigentumserwerb (hier durch Erklärung zum Vorbehaltsgut)
auch nachträglich — auch nach der Eintragung (vgl. Palandt
§ 873 Anm. 4) — schaffen. Mit der nachträglichen Erklärung
zu Vorbehaltsgut erwerben sodann die Ehegatten das Eigentum an dem aufgelassenen Grundstück zu den angegebenen Bruchteilen, auch wenn im Jahre 1979 ein Rechtserwerb
in der im Grundbuch eingetragenen Weise infolge der zwingenden Bestimmung des § 1416 Abs. 1 BGB nicht möglich
war; denn die Auflassung ist jedenfalls nicht schon deswegen materiell-rechtlich unwirksam, weil in ihr hinsichtlich
des Eigentums ein unzutreffendes Gemeinschaftsverhältnis
angegeben worden ist (Es besteht insoweit freilich ein Eintragungshindernis). Wird die Angabe des GemeinschaftsverAus den Gründen:
hältnisses infolge einer nachträglichen Rechtsänderung —
Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet.
hier infolge der Vereinbarung von Vorbehaltsgut — richtig,
1. Die beantragte Eintragung der Grundschuld zugunsten tritt damit die (volle) materiellrechtliche Wirksamkeit der
der Beteiligten zu 2) setzt nach § 19 GBO die Bewilligung Auflassung ein.
des betroffenen Grundstückseigentümers voraus. Die Betei- 2. Damit liegt die für die Eintragung erforderliche Bewilliligten zu 1) haben in der notariellen Urkunde vom 23.3.1981
gung der Betroffenen (§ 19 GBO) vor. Für die Eintragung der
diese Eintragungsbewilligung erklärt. Die Beteiligten zu 1) Grundschuld kommt es nur hierauf an und nicht auch darsind jedenfalls derzeit auch Eigentümer des zu belastenden auf, in welchem Gemeinschaftsverhältnis die Beteiligten zu
Grundstücks.
1) Miteigentümer des zu belastenden Grundstücks sind.
a) Die Beteiligten zu 1) sind auf Grund der in der Urkunde Denn die Belastung eines Grundstücks, das in einem Gevom 25.5.1979 erklärten Auflassung entweder bereits mit meinschaftsverhältnis stehenden Eigentümern gehört, ist
der Eintragung im Jahre 1979 Eigentümer des fraglichen
hinsichtlich dieser kein Fall der Eintragung eines gemeinGrundstücks (in Gütergemeinschaft; vgl. § 1416 Abs. 1
Satz 2, Abs. 2 BGB) geworden. Dies wäre dann der Fall, wenn
der Auffassung zu folgen wäre, nach der Ehegatten, die in
Gütergemeinschaft leben und nach der Auflassung Miteigentum zu Bruchteilen erwerben sollen, auch dann ein
Grundstück — nach einer „logischen Sekunde" des Durchgangserwerbs — zum Gesamtgut erwerben (so OLG Köln
MittRhNotK 1981, 187; LG Bonn MittRhNotK 1981, 66; Rehle
DNotZ 1979, 196; Tiedtke FamRZ 1979, 370; anders die auch
vom Senat -- zuletzt BayObLGZ 1978, 335 = DNotZ 1979,
216 — vertretene, in der Rechtsprechung überwiegende Ansicht; vgl. OLG Düsseldorf DNotZ 1979, 219; OLG Zweibrücken OLGZ 1981, 171 = MittBayNot 1981, 73, je
m.weit. Nachw.).
b) Ist dies nicht zu bejahen, so sind die Beteiligten zu 1)
jedenfalls durch die ehevertragliche Vereinbarung vom
11.5.1981 Miteigentümer des Grundstücks (zu Bruchteilen)
geworden (vgl. § 185 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative BGB). Vom
Gesamtgut der in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten
ist nämlich das Vorbehaltsgut ausgenommen (§ 1418 Abs. 1
BGB). Vorbehaltsgut sind unter anderem die Gegenstände,
die durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten erklärt sind (§ 1418 Abs. 2 Nr.1 BGB; vgl. hierzu auch BGHZ 65,
79182 f.). Dieser Ehevertrag muß nicht bereits in dem ursprünglichen Vertrag, in dem die. Begründung der GüterMittBayNot 1981 Heft 6
schaftlichen Rechts i.S. des § 47 GBO.
Anmerkung der Schriftleitung:
Zur Frage der Grunderwerbsteuerpflicht bei Erwerb eines
Grundstücks aus dem Gesamtgut einer Gütergemeinschaft
durch einen der Ehegatten vgl. auch das Urteil des BFH vom
29. 7.1981, MittBayNot 1981, 260 (in diesem Heft).
16. BGB §§ 1747 Abs. 2, 1750, 1751; BeurkG § 47 (Zugang der
formgebundenen Einwilligung zur Annahme als Kind)
1. Die Einwilligung der Mutter eines nichtehelichen Kindes zu dessen Annahme wird erst mit dem Zugang beim
Vormundschaftsgericht wirksam und unwiderruflich. Der
spätestens gleichzeitig mit der Einwilligung einzureichende Widerruf bedarf nicht der für die Erklärung vorgeschriebenen Form.
2. Es muß dem Vormundschaftsgericht eine Ausfertigung
der notariellen Einwitligungsurkunde zugehen; der Zu- gang einer beglaubigten Abschrift genügt nicht.
OLG Hamm, Beschluß vom 15.10.1981 —15W 196/81 — mitgeteilt von Dr. Joachim Kuntze, Vors. Richter am QLG

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

18.11.1981

Aktenzeichen:

BReg. 2 Z 75/81

Erschienen in:

MittBayNot 1981, 252-253
MittRhNotK 1982, 14-15

Normen in Titel:

BGB § 1416; GBO §§ 19, 20