Nutzung einer forstwirtschaftlichen Besitzung als Mülldeponie führt zu dauerhaften Verlust der Hofeszugehörigkeit
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Dokumentnummer: 10w11_10
letzte Aktualisierung: 17.12.2010
OLG Hamm, 22.7.2010 - 10 W 11/10
Nutzung einer forstwirtschaftlichen Besitzung als Mülldeponie führt zu dauerhaften
Verlust der Hofeszugehörigkeit
Auf die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 2. a) bis d) und 3. wird der am 28.
Januar 2010 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht –
Lennestadt vom 28.01.2010 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1., I2, Hoferbe nach der am 12. März 2008
verstorbenen Erblasserin I3 betreffend der im Grundbuch des Amtsgerichts Olpe von G2
Blatt 248 eingetragenen Grundstücke geworden ist, ausgenommen jedoch der dort
verzeichneten Grundstücke, Gemarkung G2 Flur 24 Flurstücke 74, 75, 76, 77, 81, 82, 83,
84, 91, 92, 93, 94, 95, 103, 104, 105 und Flur 25 Flurstücke 4, 28, 61, 67, 69, 101, 102,
103, 104, 111, 112 und 113, welche nicht hofeszugehörig sind.
Tenor: Die weitergehenden Anträge des Beteiligten zu 1. werden zurückgewiesen.
Die weitergehenden Beschwerden der Beteiligten zu 2. a) bis d) und 3. werden ebenfalls
zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten tragen der Beteiligte zu 1. und die Beteiligte zu 3. zu je 1/3 und die
Beteiligten zu 2. a) bis d) zu je 1/12.
Außergerichtliche Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 90.191,88 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der am 14.10.1951 geborene Beteiligte zu 1. begehrt die Hofnachfolge nach seiner Mutter, der
am 12.03.2008 verstorbenen I3. Diese war Eigentümerin einer forstwirtschaftlichen Besitzung
mit einer Gesamtgröße von rund 126 Hektar, eingetragen im Grundbuch von G2, Bl. 248, für
welche auf Veranlassung der Erblasserin seit dem 10.10.1979 ein Hofvermerk im Grundbuch
eingetragen ist. Daneben war sie Eigentümerin eines im Grundbuch von G3, Bl. 47,
eingetragenen Grundbesitzes mit einer Gesamtgröße von 6.540 qm, welches dem Hof
grundbuchrechtlich nicht zugeschrieben worden ist.
Am 12.12.1988 schloss die Erblasserin mit dem Kreis Z1 einen Vertrag, durch den letzterem für
die Dauer von 50 Jahren ein Erbbaurecht an 15 Hektar der Besitzung in G2 eingeräumt wurde
gegen die Zahlung eines wertgesicherten jährlichen Erbbauzinses von 135.000,- DM. Diese
Grundstücke nutzt die Stadt Z1 seitdem als Mülldeponie. Die Stadt Z1 verpflichtete sich, das
Grundstück nach Ablauf der Vertragszeit wieder zu rekultivieren. Wegen der weiter getroffenen
Vereinbarungen wird auf den notariellen Vertrag vom 12.12.1988 Bezug genommen (Bl. 234 –
245 d. A. ). Zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin betrug der jährliche Erbbauzins 94.600,- €,
seit Juli 2008 beläuft er sich auf 104.681,- €.
Die Erblasserin hinterließ keine letztwillige Verfügung. Ihr Ehemann war bereits 1973
vorverstorben. Neben dem am 14.10.1951 geborenen Beteiligten zu 1. hatte die Erlassserin noch
zwei Töchter, die am 20.08.1954 geborene und am 02.08.2008 verstorbene T, die von den
Beteiligten zu 2. a) bis d) beerbt worden ist, sowie die am 04.01.1959 geborene Beteiligte zu 3.
Am 01.08.2008 hat der Beteiligte zu 1. vor dem Landwirtschaftsgericht Lennestadt – AZ : 11 Lw
10/08 - die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses beantragt mit der Begründung, dass er bis zum
beratend zur Seite gestanden habe. Diesem Antrag haben seine beiden Schwestern
widersprochen und sich darauf berufen, dass es sich bei der Besitzung ihrer Mutter um keinen
Hof mehr gehandelt habe. Auch haben sie die Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten zu 1.
angezweifelt.
Mit Schriftsatz vom 14.07.2008 hat der Beteiligte zu 1. im Rahmen des vorliegenden Verfahrens
beantragt festzustellen, dass er Hoferbe der im Grundbuch von G2 Blatt 248 eingetragene
Besitzung geworden sei und auch das Grundstück der Erblasserin in G3 Bestandteil des Hofes
sei. Im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ist das Verfahren - Amtsgericht Lennestadt; 11
Lw 10/08 – nicht weiter betrieben worden.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Lennestadt vom 27.08.2008 – AZ: 2 VI 210/08 - ist über den
Nachlass der Erblasserin die Nachlasspflegschaft angeordnet und Rechtsanwalt U zum
Nachlasspfleger bestellt worden.
Der Beteiligte zu 1. hat den Beruf des Elektrikers erlernt und auch ausgeübt. Seit einer
schwerwiegenden Krebserkrankung im Jahr 2000 ist er verrentet. Er hat vorgetragen, den
forstwirtschaftlichen Hof seiner Mutter in der Vergangenheit stets mitverwaltet und mitbetrieben
zu haben. Anfallende Arbeiten seien zwar meist durch Lohnunternehmer durchgeführt worden.
Verhandlungen mit den Revierförstern und den Forstunternehmen habe aber er geführt und auch
die Holzverkäufe organisiert. Bereits im Jahre 1986 sei er in die Nähe der Besitzung gezogen.
Seine Erkrankung im Jahre 2000 habe er inzwischen überwunden. Im Übrigen sei er weiterhin in
der Lage, die von ihm beauftragten Hilfskräfte zu beaufsichtigen. Weiter hat der Beteiligte zu 1.
gemeint, das Grundstück in G3 gehöre zum Hof, weil es regelmäßig von dort mitbewirtschaftet
werde. Die notwendigen forstwirtschaftlichen Maschinen befänden sich in einem Jagdhaus auf
der Gemarkung G2, Flur 25, Flurstück 104. Das verpachtete Deponiegelände umfasse mit seinen
15 Hektar nur ca. 12 % des Besitzes und sei weiterhin noch hofeszugehörig.
Die Beteiligten zu 2. haben vorgetragen, dass eine Forstwirtschaft seit Jahren nicht mehr
betrieben worden sei und sich die Bewirtschaftung hauptsächlich auf die Mieteinnahmen aus der
Deponie beziehe. Das Grundstück in G3 würde lediglich als Garten genutzt.
Die Beteiligte zu 3. hat vortragen, dass die Erblasserin die Besitzung selbst verwaltet habe.
Insoweit habe der Beteiligte zu 1. allenfalls Hilfsarbeiten für sie erledigt. Die Jagdhütte sei nur
ein Wohnhaus und die zeitweise dort befindlichen Gerätschaften würde auch jeder Eigentümer
eines größeren Gartens besitzen.
Das Landwirtschaftsgericht hat Beweis erhoben über die Fragen, ob zum Zeitpunkt des Todes
der Erblasserin noch ein Hof vorlag und ob der Beteiligte zu 1. wirtschaftsfähig ist, durch
Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme
wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. P vom 18.09.2009 ( Bl. 191 - 209
d. A. ) sowie seine ergänzende Anhörung im Termin vor dem Landwirtschaftsgericht am
07.01.2010 ( Bl. 231- 232 a d. A. ) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend
auf die Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Beschluss (Bl. 255 -257 d. A.) verwiesen.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Anträgen des Beteiligten zu 1. in vollem Umfang
stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beteiligte zu 1. sei gem. §§ 5 Nr. 1, 6 I Nr.3 HöfeO Hoferbe sämtlicher im Grundbuch von
Besitzung stelle einen Hof i.S.v.
einem größeren Forstbetrieb nicht erforderlich. Auch habe die Erblasserin diese Flächen bis zu
ihrem Tod selbst bewirtschaftet. Die Tatsache, dass der Betrieb über einige Jahre nicht rentabel
bewirtschaftet worden sei, führe nicht zum Verlust der Hofeigenschaft. Der Beteiligte zu 1) sei
auch als wirtschaftsfähig gem.
Sachverständigen sei er mit sämtlichen auf dem Hof anfallenden Arbeiten sowie mit der
Besitzung selbst gut vertraut. Auch gehörten die Grundstücke, die zur Zeit vom Kreis Z1 genutzt
würden, noch zum Hof, da sie lediglich vorübergehend als Mülldeponie benutzt würden. Damit
habe eine endgültige Ausgliederung dieser Grundstücke aus dem Forstbetrieb noch nicht
stattgefunden. Schließlich gehöre auch das Waldflächengrundstück in G3 zum Hof, weil dieses
zusammen mit den anderen Grundstücken von der Erblasserin bewirtschaftet worden sei. Wegen
der weiteren Einzelheiten der ergangenen Entscheidung wird auf den Beschluss des
Landwirtschaftsgerichts vom 28.01.2010 (Bl. 253 -265 d.A.) Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 2. und 3. form- und fristgerecht sofortige
Beschwerden eingelegt, mit denen sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgen.
Die Beteiligten zu 2. meinen, dass der Beteiligte zu 1. schon nicht wirtschaftsfähig sei. Er sei
bewusst von der Erblasserin nicht in die Führung des Hofes eingebunden worden, vielmehr seien
sämtliche wirtschaftliche Abstimmungen allein mit der Beteiligten zu 3. erfolgt. Im übrigen
behaupten sie, der Beteiligte zu 1. sei weiterhin schwer krank. Sie vertreten die Auffassung, das
als Deponie genutzte Grundstück gehöre nicht mehr zum Hof. Das Grundstück in G3 sei von der
Erblasserin bewusst nicht dem Hof zugeschrieben worden.
Die Beteiligte zu 3. meint weiterhin, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls kein Hof mehr bestanden
habe. Die als Deponie genutzten Flächen könnten nicht mehr als hofeszugehörig angesehen
werden. Deshalb fließe der hieraus erzielte Erbbauszins in das hofesfreie Vermögen. Zudem
fehle es an einer Hofstelle. Das Jagdhaus sei in hohem Maße sanierungsbedürftig. Von hieraus
könne keine Bewirtschaftung erfolgen. Mit den vorhandenen Alltagsgerätschaften könne der
Betrieb nicht technisch ordnungsgemäß bewirtschaftet werden. Auch fehle es dem Betrieb an der
notwendigen Leistungsfähigkeit. Ohne die Deponieflächen könne nur ein Verlust erwirtschaftet
werden. Schließlich meint auch die Beteiligte zu 3, dass der Beteiligte zu 1. nicht
wirtschaftsfähig sei. Auch gehöre das Grundstück in G3 nicht zum Betrieb. Hierfür reiche allein
der Umstand, dass es sich um ein Waldgrundstück handele, nicht aus. Im Übrigen wird
ausdrücklich bestritten, dass dieses Grundstück stets vom Hof mitbewirtschaftet worden sei.
Die Beteiligten zu 2. und die Beteiligte zu 3. beantragen,
den ergangenen Beschluss abzuändern und die Anträge des
Antragstellers zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
die gegnerischen Beschwerden zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1. verteidigt die ergangene Entscheidung und trägt ergänzend vor, betriebliche
Entscheidungen würden im Jagdhaus getroffen, in dessen Remise sich auch die
forstwirtschaftlichen Gerätschaften befänden. Der forstwirtschaftliche Betrieb sei bis zum
Erbfall und darüber hinaus aktiv bewirtschaftet worden. Forstwirtschaftliches Inventar sei
genügend vorhanden. Auf eine Leistungsfähigkeit des Betriebes komme es nicht entscheidend
vereinbarte Wiederaufforstungsverpflichtung sei für die Erblasserin elementar wichtig gewesen.
Eine dauerhafte Ausgliederung dieser Grundstücke aus dem Betrieb sei von ihr nie beabsichtigt
gewesen. Auch wäre zuvor eine Enteignung dieser Flächen durch den Kreis Z1 angedroht
worden. Der Beteiligte zu 1. beabsichtige, den Großteil der Forstfächen als Hochwald, Teile als
Weihnachtsbaumkulturen, sogenannte Kurzumtriebsplantagen und im Schnittgrünbereich zu
bewirtschaften. Er sei auch als einziger Hofprätendent wirtschaftsfähig. Schließlich sei er
inzwischen auch von seiner im Jahr 2000 aufgetretenen Krebserkrankung geheilt. Das
Waldgrundstück der Erblasserin in G3 sei stets vom Hof aus mitbewirtschaftet worden und
deshalb als hofeszugehörig anzusehen.
Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts Lennestadt, 4 LwH 4 /86, 11 Lw 10/08, 2 IV 87/08,
und des Amtsgerichts Olpe, Grundakten von G2, Blatt 248, und von G3, Blatt 47, beigezogen.
Im Termin am 22.07.2010 hat der Senat den Beteiligten zu 1. sowie den Nachlasspfleger,
Rechtsanwalt U, angehört. Wegen des Inhalts der Anhörung wird auf den
Berichterstattervermerk vom 22.07.2010 (Bl. 404 – 405 d.A.) verwiesen.
II.
Die gem. §§ 1 Nr. 6, 9, 22 LwVG; 11 HöfeVfO zulässigen sofortigen Beschwerden der
Beteiligten zu 2. a) bis d) und 3. haben in der Sache zum Teil Erfolg und führen zu der aus dem
Tenor ersichtlichen, teilweisen Zurückweisung der Anträge des Beteiligten zu 1.
1.
Dem Antrag des Beteiligten zu 1. auf Feststellung der Hoferbschaft nach seiner am 12.03.2008
verstorbenen Mutter betreffend den im Grundbuch des Amtsgerichts Olpe von G2, Blatt 248,
eingetragenen Grundbesitz war stattzugeben, jedoch mit der Einschränkung, dass die im Tenor
bezeichneten, vom Kreis Z1 als Mülldeponie genutzten Grundstücke, nicht hofeszugehörig sind
und damit nicht von der Hoferbschaft erfasst werden.
a)
Der im Grundbuch des Amtsgerichts Olpe von G2 Blatt 248 eingetragene Grundbesitz stellt
einen Hof im Sinne der Höfeordnung dar.
Die formalen Kriterien für einen Hof gem.
unter Bl. 248 eingetragene Besitzung umfasst eine Fläche von ca. 126 Hektar, von denen 111
Hektar zum Zeitpunkt des Erbfalls Waldflächen darstellten.
Der Wirtschaftswert für die Besitzung wurde vom Finanzamt mit 30.624,- DM (= 15.657 € )
angesetzt. Seit dem 10.10.1979 ist für den gesamten Grundbesitz ein Hofvermerk im Grundbuch
eingetragen.
Ein im Grundbuch eingetragener Hofvermerk begründet gem.
Vermutung für die Hofeigenschaft. Diese Vermutung kann widerlegt werden, sofern ein Wegfall
der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs festzustellen ist. Dies kann unabhängig von der
Löschung eines Hofvermerks eintreten, wenn keine landwirtschaftliche Besitzung mehr
vorhanden ist (BGH
353; 2004,27/28;OLG Celle
– die hier unproblematisch zu bejahen ist – eine wirtschaftliche Betriebseinheit voraus, bei der
die Grundstücke nebst Hofstelle durch die organisierende Tätigkeit eines Betriebsleiters
zusammengefasst sind und zu der in der Regel auch eine Hofstelle hinzukommen muss ( BGH,
a.a.O.). Diese Betriebseinheit darf vom Hofeigentümer nicht dauerhaft aufgelöst worden sein.
Als Indizien für eine solche dauerhafte Auflösung gelten die Aufgabe der Bewirtschaftung durch
den Erblasser, das Fehlen einer für den land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb geeigneten
Hofstelle, der schlechte Zustand der Wirtschaftsgebäude, das Fehlen von lebenden und totem
Inventar, eine langfristige parzellierte Verpachtung von Flächen sowie die Vermietung von
Gebäuden zu nicht land- bzw. forstwirtschaftlichen Zwecken ( OLG Hamm AgrarR 1999,179;
RdL 2004,27).
Als Hofstelle reicht bei einem rein forstwirtschaftlich genutzten Betrieb eine Jagdhütte aus, da
weitere Wirtschaftsgebäude für einen solchen Betrieb nicht notwendig sind (vgl. dazu
Fassbender/Hötzel/v.Jeinsen/Pikalo
einem guten baulichen Zustand befinden. Erst ein dauernder Verfall bzw. eine Zerstörung steht
ihrer Geeignetheit als Hofstelle entgegen (vgl. Wöhrmann
Diese Vorgaben werden von der auf dem Grundstück Gemarkung G2, Flur 25, Flurstück 104,
befindlichen Jagdhütte erfüllt. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Nachlasspflegers
Rechtsanwalt U im Senatstermin am 22.07.2010 ( vgl. Berichterstattervermerk vom 22.07.2010,
Bl. 404 d.A.) hat der Kreis Z1 nach Errichtung der Deponie zu Gunsten der Erblasserin eine
neues Haus, ein massiv gebautes 1 ½- geschossiges Wohngebäude, errichtet, welches seitdem als
Jagdhütte genutzt wird. So verfügt es über genügend Gerätschaften zur Waldpflege, über Waffen
für die Jagd sowie eine große Kühltruhe für das erlegte Wild.
Ob die dort gelagerten Gerätschaften zur Betreibung einer Forstwirtschaft vollständig und
zeitgemäß sind, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Denn bei einem Betrieb in der hier
gegebenen Größenordnung ist es üblich, dass die anfallenden Forstarbeiten von
Lohnunternehmer durchgeführt werden, so dass der Besitz sämtlicher für diese Arbeiten
notwendigen Geräte nicht gefordert werden kann.
Daneben sind weitere Umstände, die eine Aufgabe des Betriebes durch die Erblasserin nahe
legen, nicht ersichtlich.
Vielmehr ist festzustellen, dass die Erblasserin bis zu ihrem Tod den Forstbetrieb unter teilweise
Mithilfe des Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 3. weitergeführt hat. So hat sie nach Abgabe
der Deponieflächen an den Kreis Z1 die verbliebenen 111 Hektar Waldflächen dauerhaft
bewirtschaftet. Dies wird bereits aus dem vorgelegten Forstbetriebswerk des Forstplanungsbüros
C ersichtlich, der für den Zeitraum 01.10.1998 bis 30.09.2008 aufgestellt worden ist und aus dem
sich zweifelsfrei ergibt, dass in der Vergangenheit auf dem Grundbesitz Forstwirtschaft
betrieben wurde. So sind danach die auf den Waldflächen größtenteils vorhandenen Fichten im
"Kahlschlagverfahren" bewirtschaftet worden (vgl. Forstbetriebswerk des Büros C, S. 21, 23).
Zudem wird die forstwirtschaftliche Bewirtschaftung der Waldflächen durch die Feststellungen
des Sachverständigen P belegt, der in seinem schriftlichen Gutachten vom 18.09.2009 die aus
"Forst und Jagd" erzielten Umsätze für die Jahre 2003 bis 2008 genau aufgelistet hat (vgl. Bl.
195 d. A.). Schließlich hat auch der im Senatstermin befragte Nachlasspfleger Rechtsanwalt U
eine dauerhafte forstwirtschaftliche Bewirtschaftung der Waldflächen in G2 bestätigt. Danach
befand sich der Waldbesitz bei seiner Übernahme in einem guten und gepflegten Zustand. Bis
auf die 15 Hektar des Deponiegeländes hatte die Erblasserin auch keine Waldflächen verpachtet
und keine Gerätschaften für die Forstwirtschaft verkauft (vgl. dazu Berichterstattervermerk vom
auch von der Beteiligte zu 3. zugestanden, indem sie vorträgt, dass anfallende Holzverkäufe
zunächst über das Forstamt und dann bis zum Tod der Erblasserin über die Firma K abgewickelt
worden sind (so Vortrag der Beteiligten zu 3. auf Bl. 64 d.A.).
Die Beteiligte zu 3. meint allerdings, dass der Forstbetrieb ohne Einrechnung der Einnahmen aus
der Mülldeponie nicht rentabel gewesen sei. Dieser Einwand ist aber unerheblich. Nach der
Rechtsprechung des Senats kommt es bei der Frage, ob noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung
vorliegt, nicht entscheidend darauf an, ob der Betrieb dauerhaft Gewinne erwirtschaftet. Denn
andernfalls wären zeitweise unrentabel geführte Betriebe stets aus der Höferolle auszuschließen.
Nach den Vorschriften der Höfeordnung soll das aber nur gelten, wenn der Wirtschaftswert des
Hofes unter die in
Finanzamt angesetzten Wirtschaftswert von 30.624,- DM (= 15.657 €, Bl. 10 d.A.) nicht der Fall.
Damit lässt auch die Ausgliederung der 15 Hektar zur forstwirtschaftlich fremden Nutzung als
Mülldeponie die Hofeigenschaft der verbliebenen 111 Hektar Waldflächen nicht entfallen.
b)
Allerdings gehören die 15 Hektar der Besitzung in G2, die seit Ende 1988 vom Kreis Z1 als
Mülldeponie und damit forstwirtschaftsfremd genutzt werden, nicht mehr zum Hof, mit der
Folge, dass sie von der Hoferbfolge nicht erfasst werden.
Mit notariellem Vertrag vom 12.12.1988 räumte die Erblasserin dem Kreis Z1 für die Dauer von
50 Jahren ein Erbbaurecht an 15 Hektar ihrer Besitzung ein. Anschließend wurde diese Fläche
abgeholzt und vom Kreis Z1 als Mülldeponie genutzt. Durch diese forstwirtschaftlich fremde
Nutzung ist die Hofeszugehörigkeit der Flächen dauerhaft entfallen. Denn eine
Hofeszugehörigkeit von Grundstücken ist gem. § 2 a) HöfeO nur zu bejahen, wenn sie
regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet werden, das heißt in die Wirtschaftseinheit des
Hofes eingegliedert sind. Dies wird zwar durch eine nur zeitweilige Verpachtung oder eine
ähnliche vorübergehende Benutzung durch Dritte nicht unbedingt ausgeschlossen (vgl. hierzu:
OLG Celle
Lange/Wulff/Lüdtke.Handjery
zeitweiligen anderweitigen Nutzung kann hier aber nicht mehr ausgegangen werden.
Insoweit fällt ins Gewicht, dass die Nutzung eines Waldgrundstücks als Mülldeponie einen
besonders schwerwiegenden Eingriff in dessen spätere forstwirtschaftliche Nutzung darstellt.
Auch wenn sich der Erbbauberechtigte, hier der Kreis Z1, nach Ablauf der Vertragszeit zur
Rekultivierung der Flächen verpflichtet hat (vgl. dazu Vertrag § 5 Bl. 237 Rs, 238 d.A.), dürfte
eine spätere forstwirtschaftliche nutzbringende Bewirtschaftung auf lange Zeit auszuschließen
sein. Zudem ist der Vertrag auf eine Laufzeit von 50 Jahren ausgelegt (vgl. § 2 des Vertrages, Bl.
235 d.A.). Nach Ablauf dieser vereinbarten Laufzeit hat sich der Erbbauberechtigte noch eine
Verlängerungsoption ausbedungen (vgl. § 6, Bl. 239).
Vor diesem vertraglichen Hintergrund und dem offensichtlichen Umstand, dass eine
Wiederaufforstung nach Vertragende Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird, kann die
Ausgliederung der mit dem Erbbaurecht belasteten Flächen nur als dauerhaft angelegt angesehen
werden.
An diesem Ergebnis vermag auch die in § 5 des Vertrages (Bl. 238 d. A.) zu Lasten des Kreises
Z1 vereinbarte Haftungsvereinbarung nichts zu ändern, da dies nur vermögensrechtliche Aspekte
der Vertragsbeteiligten betrifft. Gleiches gilt für die von vorherigen Enteignungsandrohungen
Denn für die Einordnung von Flächen als hofeszugehörig ist entscheidend auf die vorliegenden
tatsächlichen Umstände und nicht auf rechtliche Gegebenheiten abzustellen. Danach können
Grundstücke, die zumindest 50 Jahre als Mülldeponie genutzt werden, nicht mehr als
Bestandteile eines Hofbetriebes gem. § 2 a) HöfeO angesehen werden.
c)
Der Beteiligte zu 1. ist als Hoferbe auch wirtschaftsfähig,
Nach der Legaldefinition des
körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der
Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften.
Abzustellen ist dabei konkret auf die Art und Struktur der Bewirtschaftung des zu
übernehmenden Erbhofes (vgl. Fassbender/ v. Jeinsen / Hötzel / Pikalo
sind zunächst die land- bzw. forstwirtschaftlich-technischen Fähigkeiten zu berücksichtigen, die
erforderlich sind, um den Betrieb technisch ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Dazu müssen
noch organisatorisch-kalkulatorische Fähigkeiten des Hoferben treten. Hierbei geht es um die
finanzielle Wirtschaftsfähigkeit des Anwärters, das heißt, wie Einnahmen für betriebliche und
private Zwecke im Verhältnis zu den Betriebseinnahmen zu bringen sind, laufende
Verbindlichkeiten beglichen werden, Wirtschaftspläne aufgestellt und gebotene
Investitionsentscheidungen getroffen werden ( vgl. dazu Wöhrmann/ Stöcker
95). Zuletzt muss ein Hofanwärter den Hof jederzeit in Eigenbewirtschaftung übernehmen
können, auch wenn die konkrete Absicht, dann den Hof selbst zu bewirtschaften, nicht gefordert
wird. Insoweit reicht allein die Fähigkeit, für eine gehörige Verpachtung zu sorgen und die
Rechte und Pflichten eines Verpächters wahrzunehmen, allein nicht aus (so
Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery
Allerdings ist bei einem größeren forstwirtschaftlichen Betrieb zu berücksichtigen, dass es
übliche Praxis ist, größere Waldarbeiten nicht selbst durchzuführen sondern Lohnunternehmern
zu überlassen.
Nach diesen Kriterien ist die Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten zu 1. gegeben.
Der Beteiligte zu 1. hat den Beruf des Elektrikers gelernt. Seit einer schwerwiegenden
Krebserkrankung im Jahr 2000 ist er zwar verrentet worden.
Da die Krebserkrankung aus dem Jahr 2000 bis heute nicht mehr wieder ausgebrochen ist,
scheint er inzwischen allerdings geheilt zu sein, so dass hieraus keine Einschränkung der
Wirtschaftsfähigkeit hergeleitet werden kann.
Hinzukommt, dass der Beteiligte zu 1. seit 1986 in die Nähe der Besitzung gelebt und die
Erblasserin bei der Führung ihres Forstbetriebs unterstützt hat. Auch wenn die anfallenden
größeren Arbeiten in der Vergangenheit in der Regel von Lohnunternehmern durchgeführt
worden sind, verblieben noch genügend weitere Tätigkeiten, die vom Beteiligten zu 1.
wahrgenommen werden konnten, wie die Verhandlung mit den zuständigen Revierförstern und
Forstunternehmen über Abholzungen und Holzverkäufe. So wird aus der eingeholten
Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 03.09.2008 (Bl. 41 d.A.) deutlich, dass der
zuständige Revierförster den Beteiligten zu 1. aufgrund seiner Tätigkeiten für den Betrieb kannte
und sogar als kompetent genug für dessen Weiterführung einstuft. Auch der vom
Landwirtschaftsgericht beauftragte Sachverständige P ist nach seiner Besprechung mit den
Beteiligten und der gemeinsamen Besichtigung des Grundbesitzes am 15.09.2009 zu dem
Fragen wie auch mit der Besitzung selbst gut vertraut war, so dass auch er ihn "eindeutig in der
Lage" sieht, den streitgegenständlichen Besitz sachgerecht zu bewirtschaften (so Bl. 201 d.A.).
In diesem Zusammenhang ist es nach Auffassung des Senats unschädlich, dass der Beteiligte zu
1. in Einzelfragen zunächst keine eigene Meinung hatte, sondern beabsichtigte, den Rat eines
Fachmannes einzuholen (vgl. dazu Bl. 232 d.A.). Vielmehr macht eine solche Unsicherheit
deutlich, dass er sehr wohl mit den gegebenen Alternativen in der Forstwirtschaft vertraut ist. Im
übrigen ist der Einschätzung des Sachverständigen P beizupflichten, wonach die Anforderungen
an die Führung eines forstwirtschaftlichen Betriebes nicht als so hoch anzusiedeln sind wie die
an die Führung eines vergleichbaren landwirtschaftlichen Betriebes, der aus Ackerbau und
Viehzucht besteht.
Die Feststellungen des Sachverständigen zur Wirtschaftsfähigkeit werden schließlich noch durch
die Erklärungen des im Senatstermin angehörten Nachlasspflegers gestützt, für den der Beteiligte
zu 1. seit Beginn seiner Nachlasspflegschaft ein "kompetenter Ansprechpartner" war, den er in
allen anstehenden forstwirtschaftlichen Fragen zu Rate gezogen hat. Danach war der Beteiligte
zu 1. weder mit der Beaufsichtigung und Kontrolle der durchgeführten Waldarbeiten noch mit
der Überprüfung der späteren Rechnungen überfordert. Deshalb stimmt auch er mit der
Einschätzung des Sachverständigen überein, wonach der Beteiligte zu 1. in der Lage ist, den
Forstbetrieb selbständig weiterzuführen (vgl. Berichterstattervermerk Bl. 405 d.A.)
Diese Einschätzung wird auch vom Senat geteilt, der im Termin am 22.07.2010 einen
persönlichen Eindruck von dem Beteiligten zu 1. gewinnen konnte. Auch nach seinen
ergänzenden Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung (vgl. Bl. 405 d. A.) kann davon
ausgegangen werden, dass er genügend Kenntnisse in der Forstwirtschaft hat und damit in der
Lage ist, den geerbten Betrieb ordnungsgemäß weiterzuführen.
2.
Das im Grundbuch von G3, Blatt 47, Gemarkung G3, Flur 5, Flurstück 4, eingetragene
Grundstück ist nicht Bestandteil des Hofes der Erblasserin gewesen, mit der Folge, dass die
Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 3. insoweit Erfolg haben.
Das oben genannte Grundstück hat die Erblasserin zu ihren Lebzeiten nicht dem Hof
zugeschrieben, obwohl dieses Grundstück zum Zeitpunkt der Eintragung des Hofvermerks am
10.10. 1979 schon zu ihrem Grundbesitz gehörte. Diese – womöglich bewusst getroffene –
Entscheidung der früheren Hofeigentümerin spricht bereits entscheidend gegen eine
Hofeszugehörigkeit des oben genannten Grundstücks.
Hinzukommt, dass das Grundstück in G3 vom übrigen Waldbesitz in G2 gut 8 bis 9 Kilometer
entfernt liegt und dort – im Gegensatz zum Waldbesitz in G2 – eine forstwirtschaftliche
Bewirtschaftung im eigentlichen Sinne gar nicht stattfindet (so Erklärung des Nachlasspflegers
im Senatstermin, Bl. 404 d. A.). Dementsprechend bezieht sich auch das von der Erblasserin in
Auftrag gegebene Forstbetriebswerk für den Zeitraum vom 01.10.1998 bis zum 30.09.2008 nicht
auf dieses Grundstück.
Auch ist der pauschale Vortrag des Beteiligten zu 1., wonach dieses Grundstück stets vom Hof
mitbewirtschaftet worden sein soll, bereits in erster Instanz von der Beteiligten zu 3. dadurch
bestritten worden, dass sie stets behauptet hat, dass es sich hierbei nur um das Gartengrundstück
des Hauses in C2 handelt ( vgl. Bl. 28 d.A.). Der weitere Vortrag des Beteiligten zu 1., wonach
aus dieser Waldfläche "ebenfalls Holz verkauft" worden sei (vgl. Bl. 53 d.A.), ist in der
ersichtliche Einstufung der Fläche als "Waldfläche" nicht weiter.
Nach alldem kann eine Hofeszugehörigkeit des Grundstücks in G3, die voraussetzt , dass das
Grundstück regelmäßig von der Hofstelle mitbewirtschaftet und damit in die Wirtschaftseinheit
des Hofes eingegliedert worden ist ( vgl. § 2 a) HöfeO ) nicht festgestellt werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Eine Erstattung der außergerichtlichen
Kosten ist wegen des nur teilweisen Erfolges der Beschwerden nicht angeordnet worden. Die
Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus §§ 34 II LwVG, 20 b HöfeVfO, 19 IV KostenO.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden, § 24 I LwVG, da es sich hier um eine
Einzelfallentscheidung handelt, der keine grundsätzlich Bedeutung zukommt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:22.07.2010
Aktenzeichen:10 W 11/10
Normen in Titel:HöfeO §§ 1, 2a, 6 Abs. 7; LwVG § 34