BGB § 54 Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 21; GBO §§ 18, 47 Abs. 2
Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit; kein Voreintragungserfordernis für den (Ideal-)Verein ohne Rechtspersönlichkeit im Vereinsregister analog Art. 229 § 21 EGBGB
Der Verein ohne Rechtspersönlichkeit, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, ist mit dem Inkrafttreten des MoPeG uneingeschränkt grundbuchfähig.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.10.2024 – 20 W 186/24
Problem
Zwei noch vor Inkrafttreten des MoPeG gegründete, nicht im Vereinsregister eingetragene und daher nach früherer Rechtslage als „nichtrechtsfähig“ bezeichnete Vereine wurden im Jahr 2021 unter ihrem jeweiligen Vereinsnamen sowie dem Zusatz „bestehend aus den Mitgliedern“ A und B „in Gesamthandsgemeinschaft“ als Eigentümer je eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2024 – nach Inkrafttreten des MoPeG – veräußerten die Vereine die Grundstücke, wobei zugunsten der Erwerber entsprechende Auflassungsvormerkungen zur Eintragung bewilligt und beantragt wurden.
Unter Verweis auf die im Schrifttum namentlich von Enneking/Wöffen (NZG 2023, 310) und Schöpflin (ZStV 2024, 95) vertretene Ansicht, wonach der nicht im Vereinsregister eingetragene Verein (nunmehr sog. „Verein ohne Rechtspersönlichkeit“, vgl. § 54 BGB n. F.) seit Inkrafttreten des MoPeG nicht grundbuchfähig sei, wenn dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei (sog. „Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit“), beanstandete das Grundbuchamt mittels einer Zwischenverfügung die begehrte Eintragung und gab den Beteiligten u. a. auf, „in analoger Anwendung“ des Art. 229 § 21 EGBGB den nicht eingetragenen Verein in das Vereinsregister eintragen zu lassen und „sodann die Änderung im Grundbuch durch Bewilligung der im Grundbuch eingetragenen Mitglieder und den sodann eingetragenen Verein“ zu beantragen. Das Grundbuchamt verlangte also letztlich, dass die (mutmaßlich nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten) Vereine ohne Rechtspersönlichkeit i. S. d. § 54 BGB n. F. zu eingetragenen (Ideal-)Vereinen i. S. d. § 21 BGB würden, damit die Belastung ihres jeweiligen Grundeigentums im Grundbuch eingetragen werden könne.
Hiergegen richteten sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Das Gericht erachtet die Beschwerde schon allein deshalb als begründet, weil die angefochtene Zwischenverfügung einen unzulässigen Inhalt habe. Vom maßgeblichen Standpunkt des Grundbuchamtes aus hätte der Eintragungsantrag unmittelbar zurückgewiesen werden müssen, da kein mit rückwirkender Kraft heilbares Vollzugshindernis vorgelegen habe (juris-Rn. 16–19).
Den überwiegenden Teil der Entscheidungsgründe widmet der Senat sodann – mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch nur obiter dictum – dem seit der Neufassung der § 54 BGB, § 47 Abs. 2 GBO im Schrifttum entbrannten Streit, ob und ggfs. wie ein (Ideal-)Verein ohne Rechtspersönlichkeit nach Inkrafttreten des MoPeG im Grundbuch eingetragen werden kann und ob für diesen – wie nunmehr für die GbR – eine Obliegenheit zur Voreintragung in einem Subjektregister besteht (juris-Rn. 20–27).
Das Gericht spricht sich insoweit eindeutig gegen die vom Grundbuchamt herangezogene Literaturansicht aus, die die Grundbuchfähigkeit des Idealvereins ohne Rechtspersönlichkeit i. S. d. § 54 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. verneint und die begehrte Grundbucheintragung von dessen Voreintragung im Vereinsregister – und damit von der Erlangung juristischer Persönlichkeit nach § 21 BGB – abhängig machen will (juris-Rn. 22). Nach dieser Sichtweise solle auch für den Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit die direkt nur für die GbR geltende Voreintragungsobliegenheit nach § 47 Abs. 2 GBO n. F. bzw. – bei einem bereits im Grundbuch eingetragenen Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit – Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB aufgrund einer analogen Anwendung dieser Vorschriften eingreifen. Die für eine Analogie erforderliche Regelungslücke sei den Vertretern dieser Ansicht zufolge zu bejahen, da keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit existiere und auch die Gesetzesbegründung zum MoPeG (BT-Drucks. 19/27635, S. 123 f.) diese Frage nicht behandele. Wenn überhaupt, ließe sich aus dem darin enthaltenen Hinweis, dass hinsichtlich des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit lediglich eine Anpassung des Gesetzestextes an die ohnehin bestehende Rechtslage erfolgt sei, schließen, dass der Gesetzgeber an der Rechtsprechung des BGH zum früheren Recht habe festhalten wollen. Danach konnte ein nicht eingetragener Verein i. S. d. § 54 BGB a. F. nicht allein unter seinem Namen, sondern nur unter zusätzlicher Nennung sämtlicher Vereinsmitglieder in das Grundbuch eingetragen werden (BGH WM 2016, 986 Rn. 8 ff.). Zudem bestehe eine Rechtsähnlichkeit zwischen dem Verein ohne Rechtspersönlichkeit und der GbR und somit eine vergleichbare Interessenlage. Schließlich spreche unter systematischen Gesichtspunkten auch die durch das MoPeG konsolidierte gerichtliche Kompetenzverteilung dafür, die Grundbuchämter auf diese Weise von der für sie sachfremden Prüfung der Existenz von Vereinen ohne Rechtspersönlichkeit zu entlasten und diese den Registergerichten zu überlassen.
Stattdessen schließt sich der Senat der „überwiegend“ vertretenen Meinung an, der zufolge Idealvereine ohne Rechtspersönlichkeit mit dem Inkrafttreten des MoPeG uneingeschränkt grundbuchfähig seien (juris-Rn. 23). Dies folge bereits aus einer strikten Anwendung des novellierten § 54 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach auf diese Vereine die für die eingetragenen und unzweifelhaft grundbuchfähigen Idealvereine i. S. d. § 21 BGB geltenden Vorschriften der §§ 24–53 BGB entsprechend anzuwenden seien. Die beiden Vereinstypen unterschieden sich somit nur im Hinblick auf die Eintragung im Vereinsregister. Das von der Gegenansicht hiergegen vorgebrachte Argument, die Grundbuchfähigkeit der eingetragenen Idealvereine entspringe gerade der gem. § 21 BGB konstitutiven Eintragung ins Vereinsregister und der daraus folgenden Rechtspersönlichkeit und Subjektpublizität, beruhe laut dem Senat auf einem Zirkelschluss. Schließlich sei hier ja gerade die Frage der Verknüpfung der Eintragung im Vereinsregister mit der Grundbuchfähigkeit zu entscheiden.
Die von der Gegenansicht zur Begründung einer Analogie identifizierte Regelungslücke vermag das Gericht nicht zu erkennen. Zwar fehle es an einer ausdrücklichen Regelung der Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit, aber auch für den eingetragenen Verein bestehe keine solche ausdrückliche Regelung (juris-Rn. 24). Somit könne aus dem Umstand, dass in der Gesetzesbegründung zum MoPeG die Frage der Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit nicht ausdrücklich adressiert werde, eine planwidrige Regelungslücke nicht abgeleitet werden (juris-Rn. 25). Denn mit der Ausgliederung des bisherigen nicht eingetragenen (Ideal-)Vereins aus dem Recht der GbR und dessen Unterstellung unter das Recht des eingetragenen Vereins, dessen Grundbuchfähigkeit unzweifelhaft ist, habe eine Notwendigkeit, diese in der Gesetzesbegründung ausdrücklich zu wiederholen, nicht bestanden.
Endlich könne dem Senat zufolge aus der Gesetzesbegründung, wonach hinsichtlich des (Ideal-)Vereins ohne Rechtspersönlichkeit lediglich eine Anpassung des Gesetzestextes an die ohnehin bestehende Rechtslage für den nicht eingetragenen (Ideal-)Verein erfolgt sei (BT-Drucks. 19/27635, S. 123 f.), nicht gefolgert werden, der Reformgesetzgeber habe damit auch an der zum früheren Recht ergangenen – oben bereits genannten – BGH-Rechtsprechung (BGH WM 2016, 986 Rn. 8 ff.) festhalten wollen (juris-Rn. 26). Die genannte BGH-Entscheidung habe sich nämlich auf die Verweisung in § 54 S. 1 BGB a. F. auf das Recht der GbR – und damit gerade auch auf § 47 Abs. 2 GBO a. F., der eine zusätzliche Eintragung der Verbandsmitglieder im Grundbuch ausdrücklich erforderte – gestützt. Sowohl § 54 BGB als auch § 47 Abs. 2 GBO wurden jedoch durch das MoPeG grundlegend geändert: § 54 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. verweist für den (Ideal-)Verein ohne Rechtspersönlichkeit nun
nicht mehr auf das Recht der GbR. § 47 Abs. 2 GBO n. F. sieht keine zusätzliche Eintragung der Gesellschafter mehr vor, sondern ordnet die Voreintragung der Gesellschaft an. Demnach könne schwerlich angenommen werden, der Gesetzgeber habe die zum alten Recht ergangene BGH-Rechtsprechung für das neue Recht perpetuieren wollen.
Praxishinweis
Als erstes Obergericht setzt sich das OLG Frankfurt – wenngleich nur obiter dictum und daher ohne Bindungswirkung – mit der bislang nur im rechtswissenschaftlichen Schrifttum diskutierten Streitfrage auseinander, ob der (Ideal-)Verein ohne Rechtspersönlichkeit nach Inkrafttreten des MoPeG als solcher im Grundbuch eingetragen werden kann und ob insoweit analog § 47 Abs. 2 GBO n. F. bzw. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB eine Voreintragung im Vereinsregister vonnöten ist.
Der Senat entscheidet die Streitfrage im Wesentlichen unter Wiederholung der im Schrifttum bereits vorgebrachten Argumente zugunsten der Grundbuchfähigkeit des Idealvereins ohne Rechtspersönlichkeit. Er verneint das Erfordernis einer Voreintragung im Vereinsregister, durch die der Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit i. S. d. § 54 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. zu einem eingetragenen Idealverein i. S. d. § 21 BGB würde. Dabei stützt sich das Gericht auf eine strikte Anwendung des novellierten § 54 Abs. 1 S. 1 BGB, der in der Tat nicht auf ein solches Voreintragungserfordernis verweist. Der Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit kann demnach nunmehr allein unter seinem Vereinsnamen im Grundbuch eingetragen werden. Eine zusätzliche Nennung sämtlicher Mitglieder, die nach bisheriger BGH-Rechtsprechung aufgrund von § 54 S. 1 BGB a. F., § 47 Abs. 2 GBO a. F. gefordert wurde, ist nicht mehr erforderlich. Diese Sichtweise hat indes zur Folge, dass im Vergleich zur alten Rechtslage insoweit nicht ein Mehr, sondern ein Weniger an Subjektpublizität erreicht wird. Dieses Ergebnis steht freilich einem der zentralen Reformanliegen des MoPeG-Gesetzgebers, nämlich die Registerpublizität des Subjekts aufzuwerten, entgegen. Mit Spannung darf daher erwartet werden, wie sich andere Obergerichte – das OLG München hat sich mit Beschluss v. 10.2.2025 – 34 Wx 328/24 e bereits der Sichtweise des OLG Frankfurt angeschlossen – in Bezug auf diese de lege lata kaum befriedigend zu lösende Streitfrage positionieren werden und ob diese bald einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden wird.
Das Gericht betont zudem, dass es die Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit nur dann bejaht, wenn dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, es sich mithin um einen Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit handelt. Dies war dem ihm unterbreiteten Sachverhalt offenbar nicht eindeutig zu entnehmen (vgl. juris-Rn. 21). Dagegen verhalten sich die Entscheidungsgründe zu der Konstellation, dass es sich um einen wirtschaftlichen Verein ohne Rechtspersönlichkeit handelte, nicht. Nach wohl allgemeiner Meinung ist ein solcher Verein aufgrund der fortwährenden Verweisung in § 54 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. auf das Recht der GbR nicht per se grundbuchfähig, sondern muss sich wegen § 54 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. i. V. m. § 47 Abs. 2 GBO n. F. nach § 707 ff. BGB in das Gesellschaftsregister (nicht: Vereinsregister) (vor)eintragen lassen, wenn für den Verein ein Recht im Grundbuch eingetragen werden soll und dieser nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (statt aller Grüneberg/Ellenberger, BGB, 84. Aufl. 2025, § 54 Rn. 8; Staudinger/Schwennicke, 2023, § 54 Rn. 102; BeckOK-BGB/Schöpflin, Std.: 1.11.2024, § 54 Rn. 22, 29; Wertenbruch, in: Schäfer, Das neue Personengesellschafsrecht, 2022, § 13 Rn. 18).