Geschäftswert einer Rückauflassungsvormerkung; Hälfte des Grundstückswerts
letzte Aktualisierung: 15.7.2024
OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.3.2024 – 2 W 11/24
GNotKG §§ 45 Abs. 3, 51 Abs. 1
Geschäftswert einer Rückauflassungsvormerkung; Hälfte des Grundstückswerts
Der Geschäftswert einer Rückauflassungsvormerkung ist entsprechend
mit der Hälfte des Grundstückswerts zu bemessen.
Gründe
I.
Der Antragsteller war als Eigentümer des in den Grundbüchern von Northeim Blatt X und Blatt
Y verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Mit notariellem Vertrag zur Gesellschaftsgründung
und Grundstücksüberlassung vom 30.12.2022 (UR-Nr. H 1231/22 des Notars Z.,
Northeim/Bl. 72 ff. d. A.) hat der Antragsteller die AB GbR gegründet und dieser den
Grundbesitz übertragen. Daneben ist unter § 6 des Vertrags eine
Rückübertragungsverpflichtung begründet worden, wonach das Vertragsobjekt an den
Antragsteller und seine Ehefrau als Gesamtberechtigte auf Verlangen des Berechtigten zu
übertragen ist,
„wenn
a) der Erwerber ohne Zustimmung des Berechtigten über das Vertragsobjekt oder über Teile
davon verfügt, insbesondere dieses veräußert oder belastet;
b) über das Vermögen des Erwerbers oder eines Gesellschafters des Erwerbers ein
Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird;
c) Zwangsvollstreckungen in den Vertragsbesitz oder Teile davon betrieben werden; oder
d) ein Gesellschafter des Erwerbers vor dem Veräußerer verstirbt.“
Zur Sicherung des Übereignungsanspruchs ist die Eintragung entsprechender Vorbemerkungen
bewilligt worden.
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Northeim hat die Eintragungen am 23.11.2023
vorgenommen und mit Kostenrechnung vom selben Tag Gebühren in Höhe von 9.605,00 €
gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht. Dabei sind für die Vormerkungen an dem
Grundstück Mühlenanger entsprechend den im Vertrag vom 30.12.2022 zum Grundstückswert
gemachten Angaben 670.000,00 € und für die Vormerkungen am Grundstück Friedrich-Ebert-
Wall jeweils 320.000,00 € als Geschäftswert zugrunde gelegt worden.
Der Antragsteller hat gegen die Kostenrechnung unter dem 06.12.2023 mit Blick auf die
Geschäftswerte für die Rückauflassungsvormerkungen Erinnerung eingelegt, woraufhin das
Grundbuchamt die Gegenstandswerte gemäß
mit Beschluss vom 24.01.2024, berichtigt mit Beschluss vom 02.02.2024 (vgl. Bl. 130 u. 135 d.
A.), festgesetzt hat. Zur Begründung heißt es im Festsetzungsbeschluss, die Wertfestsetzung
erfolge gemäß
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 19.02.2024, mit welcher er geltend
macht, der Geschäftswert für die Rückauflassungsvormerkungen sei gemäß § 51 Abs. 1 S. 2
GNotKG auf die Hälfte zu reduzieren, was der vorherrschenden Meinung entspreche.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.02.2024 aus den Gründen des
angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Braunschweig als
Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der nach
Beschwerdegerichts hat das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.
II.
1.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers (
a) Aus prozessökonomischen Gründen sieht der Senat von der Rückgabe der Sache an das
Ausgangsgericht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens ab.
aa) Obwohl die Durchführung des Abhilfeverfahrens für das erstinstanzliche Gericht
grundsätzlich zwingend ist, stellt eine ordnungsgemäße Abhilfeentscheidung keine
Verfahrensvoraussetzung für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem
Beschwerdegericht dar (vgl. z. B. für
XII ZB 462/16,
bb) Allerdings hat ein Abhilfebeschluss eine auf den Einzelfall bezogene Sachüberprüfung der
mit der Beschwerde vorgetragenen Beanstandungen zu enthalten, die erkennen lässt, dass das
Ausgangsgericht diese zur Kenntnis genommen, erwogen und sich hiermit auseinandergesetzt
hat. Anderenfalls wird der mit dem Abhilfeverfahren verfolgte Zweck unterlaufen, durch die
Vorschaltung einer Selbstkontrolle eine Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu
vermeiden (vgl. z. B. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.11.2009 - 11 W 59/09, BeckRS 2010,
1576; OLG Köln, Beschluss vom 21.03.2007 - 4 WF 28/07,
Beschluss vom 02.11.2005 - 8 W 97/05,
Die schlichte Bezugnahme im Nichtabhilfebeschluss des Grundbuchamts vom 26.02.2024 auf
die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird diesen Anforderungen nicht gerecht,
insbesondere da die Beschwerde vorliegend ausführlich begründet ist und auch die Begründung
des angefochtenen Beschlusses selbst nur in dem pauschalen Verweis auf eine Rechtsnorm,
nämlich
Anwendung gebracht wurde, weil die Geschäftswerte dann entsprechend dem Ansinnen des
Antragstellers hätten festgesetzt werden müssen.
b) Die Beschwerde ist begründet. Das Grundbuchamt hat die Geschäftswerte für die
Rückauflassungsvormerkungen zu hoch festgesetzt.
aa) Bei Rückauflassungen zur Sicherung eines Rückforderungsrechts des Schenkers, welches -
wie hier - den Eintritt einer bestimmten Fallkonstellation voraussetzt, etwa die Veräußerung des
Objekts, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erwerbers oder die
Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand, ist für die Vormerkung nicht der volle Wert
nach
GNotKG die Hälfte des gesicherten Rechts, da der Anspruch bedingt ist und nur einen
potentiellen Rückerwerb sichert.
bb) Diese Sichtweise entspricht der in Rechtsprechung und Literatur weit überwiegend
vertretenen Auffassung (vgl. z. B. OLG Oldenburg, Beschluss vom 11.03.2020 - 12 W 32/20,
OLG München, Beschluss vom 09.07.2015 - 34 Wx 136/15, NJOZ 2015, 1608; OLG Hamm,
Beschluss vom 10.03.2016 - 15 W 98/16, NJOZ 2016, 1291; Diehn in: BeckOK Kostenrecht,
Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, 44. Edition,
Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl., § 51 Rn. 25a; Pfeiffer in: Borman/Diehn/Sommerfeldt,
GNotKG, 4. Aufl., § 45 Rn. 15 Röhl in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht,
3. Aufl.,
Die Gegenauffassung (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 07.01.2015 - 1 W 44/14, BeckRS
2015, 9178, aufgegeben durch OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12.2017 - 8 W 115/17, BeckRS
2017, 141705; OLG Köln, Beschluss vom 09.05.2016 - 2 Wx 74/16,
in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., §45 Rn. 9) überzeugt nicht.
cc) Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit, der es gebietet,
Rückauflassungsvormerkungen nicht Erwerbsvormerkungen gleichzustellen, sondern sie wegen
der häufig gegebenen völligen Ungewissheit des Bedingungseintritts für den gesicherten
Anspruch entsprechend einem Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht zu bewerten. Dabei ist die
Ungewissheit in doppelter Hinsicht gegeben. Einerseits muss der Rückübertragungsfall
überhaupt eintreten, andererseits muss der Berechtigte zusätzlich noch den Entschluss fassen,
das Recht mit Blick auf den eingetretenen Rückübertragungsfall wirksam auszuüben. Damit ist
das Rückübertragungsrecht so stark eingeschränkt, dass es einem Vorkaufs- oder
Wiederkaufsrecht ähnelt (vgl. z. B. OLG Celle, Beschluss vom 19.07.2018 - 18 W 44/18, NJOZ
2019, 201).
Der Gesetzeswortlaut steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Wenn § 45 Abs. 3, 2. Hs.
GNotKG auf eine entsprechende Anwendung von
dies nicht zwingend, dass nur solche Vormerkungen mit der Hälfte zu bewerten sind, die ein
Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht im engeren Sinne sichern. Bei einem derartig engen
Verständnis der Vorschrift bedürfte es der Verweisung nicht, denn in diesem Falle ergäbe sich
der Wert der jeweiligen Vormerkung auch schon ohne weiteres aus § 45 Abs. 3, 1. Hs. i. V. m.
§ 51 Abs. 1 S. 1 u. 2 GNotKG. Die Anordnung einer entsprechenden Anwendung von § 51
Abs. 1 S. 2 GNotKG bedeutet vielmehr, dass Vormerkungen, die Rechte dieser Art sichern,
auch entsprechend dem halben Wert bemessen werden sollen (so OLG München, Beschluss
vom 09.07.2015 - 34 Wx 136/15, NJOZ 2015, 1608 Rn. 11).
dd) Dies zugrunde gelegt sind die hier eingetragenen Rückauflassungsvormerkungen - wie aus
dem Tenor ersichtlich - entsprechend
Grundstückswerts zu bewerten.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus
3.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 36 Abs. 1, 61 Abs. 1 S. 1, 79 Abs. 1 S. 1
GNotKG und orientiert sich an dem mit der Beschwerde verfolgten Gebühreninteresse.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Braunschweig
Erscheinungsdatum:28.03.2024
Aktenzeichen:2 W 11/24
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GNotKG §§ 45 Abs. 3, 51 Abs. 1