Beschlussfassung zur Durchführung einer baulichen Veränderung; Zuweisung eines ausschließlichen Nutzungsrechts; grundlegende Umgestaltung einer Wohnanlage; unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers
letzte Aktualisierung: 16.2.2024
BGH, Urt. v. 9.2.2024 – V ZR 244/22
WEG §§ 20, 21
Beschlussfassung zur Durchführung einer baulichen Veränderung; Zuweisung eines
ausschließlichen Nutzungsrechts; grundlegende Umgestaltung einer Wohnanlage; unbillige
Benachteiligung eines Wohnungseigentümers
1. Die Wohnungseigentümer können nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden
Wohnungseigentumsrecht eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn
die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür
vorgesehenen Gemeinschaftseigentum zur Folge hat; einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer
bedarf es hierfür nicht mehr (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 13. Januar 2017 – V ZR 96/16,
1a. Eine bauliche Veränderung, die einem der in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG aufgeführten
Zwecke dient, ist regelmäßig angemessen. Die Angemessenheit ist nur ausnahmsweise aufgrund
außergewöhnlicher baulicher Gegebenheiten oder eines außergewöhnlichen Begehrens zu verneinen,
wenn die bauliche Veränderung bei der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu Nachteilen führt,
die bei wertender Betrachtung außer Verhältnis zu ihrem Zweck stehen. Nachteile, die
typischerweise aufgrund einer privilegierten baulichen Veränderung eintreten, begründen regelmäßig
nicht deren Unangemessenheit.
1b. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände der Angemessenheit einer
baulichen Veränderung i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG trägt der klagende
Wohnungseigentümer; verlangt ein Wohnungseigentümer gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4
WEG die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses, muss er zur Begründung des Anspruchs
darlegen, dass die bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient. Beruft
sich die Gemeinschaft auf die Unangemessenheit der Maßnahme, trifft sie eine sekundäre
Darlegungslast für nachteilige Umstände, die sich nicht bereits aus dem Begehren selbst ergeben.
2. Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage ist bei einer Maßnahme, die der
Verwirklichung eines Zweckes i. S. d.
anzunehmen; der von dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten
Privilegierung bestimmter Kategorien von Maßnahmen ist bei der Prüfung, ob eine grundlegende
Umgestaltung vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen.
3. Eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers setzt voraus, dass die beabsichtigte
Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung
verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht
abverlangt werden dürfte (Fortführung von Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 – V ZR 64/19, NJW-RR
2020, 1022 Rn. 14).
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZM 2023,
164 veröffentlicht ist, meint, den Klägern stehe ein Anspruch auf Errichtung eines
Personenaufzugs für das Hinterhaus gemäß
sei ein entsprechender Grundlagenbeschluss gerichtlich zu ersetzen. Die
Entscheidung über die konkrete Durchführung der Errichtung einschließlich der
Ausführungsgestaltung und der Frage, wer den Aufzug errichten soll, verbleibe
gemäß
eines Personenaufzugs diene dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen
im Sinne von
Maßnahme dar. Mit dem Merkmal der Angemessenheit habe der Gesetzgeber
bezweckt, im Einzelfall unangemessene Forderungen eines Wohnungseigentümers
zurückweisen zu können. Die Unangemessenheit sei daher von der beklagten
GdWE darzulegen und zu beweisen. Eine privilegierte Maßnahme unter Berufung
auf deren Unangemessenheit vollständig zu versagen, komme lediglich in
atypischen Ausnahmefällen in Betracht, woran es hier fehle. Die Kosten stünden
der Angemessenheit grundsätzlich nicht entgegen, und die von der Beklagten
gegen die Errichtung des Aufzugs vorgebrachten Nutzungseinschränkungen, optischen
Veränderungen und baurechtlichen Erwägungen seien wegen der Vielzahl
der Gestaltungsvarianten nicht auf erster Stufe bei der Frage des „Ob“, sondern
erst auf der zweiten Stufe bei der Frage des „Wie“ zu berücksichtigen. Etwas
anderes könne zwar gelten, wenn in jedem Fall öffentlich-rechtliche Vorgaben
verletzt würden. Dies habe die Beklagte aber nicht vorgetragen.
Die Errichtung eines Personenaufzugs für das Hinterhaus gestalte die
Wohnanlage auch nicht grundlegend um im Sinne von
Begriff der grundlegenden Umgestaltung sei eng auszulegen und erfordere mehr
als eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1
WEG aF. Ausgehend von einem objektiven Vorher-Nachher-Vergleich und unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls müsse die Umgestaltung der
ganzen Anlage ein neues Gepräge geben. Davon sei hier nicht auszugehen.
Denn die Errichtung des Aufzugs für das eher schlicht gehaltene Hinterhaus betreffe
lediglich einen Teilbereich der Anlage, deren Charakter deutlich stärker
durch das herrschaftliche Vorderhaus geprägt werde.
Es sei schließlich keine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers
gemäß
werde keinem Wohnungseigentümer ein erhebliches Sonderopfer auferlegt. Eine
mit der Errichtung eines Personenaufzugs im Innenhof verbundene Verschattung
von Wohnungen sowie etwaige Lärmstörungen seien bis zu einem gewissen
Grad bei der Entscheidung über die Durchführung der Maßnahme steuerbar. Es
fehle auch an der Erheblichkeit der Beeinträchtigung. Aufgrund der baulichen
Gegebenheiten wirke sich eine Verschattung durch die Errichtung eines Außenaufzugs
vor allem bei den oberen und im Sondereigentum der Kläger stehenden
Wohnungen aus. Die Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss
des Hinterhauses seien wegen der Lage unter bzw. neben dem Durchgang bereits
vorbelastet. Bei der Wohnung im zweiten Obergeschoss des Hinterhauses
werde zwar eine zusätzliche Verschattung eintreten. Diese sei aber nicht erheblich.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht
bejaht zu Recht einen Anspruch der Kläger auf eine Beschlussfassung
über die Errichtung eines Personenaufzugs gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
WEG.
1. Zutreffend ist zunächst der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
a) Die Beschlussersetzungsklage gemäß
wenn der klagende Wohnungseigentümer zum Zeitpunkt der letzten
mündlichen Tatsachenverhandlung einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel
entsprechenden Beschluss hat, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger
Verwaltung entspricht. Das erfordert nicht, dass ein Anspruch auf
Durchführung einer mit der Klage konkret verlangten Maßnahme besteht. Es ist
regelmäßig ausreichend, wenn die Voraussetzungen für die Ersetzung eines so
genannten Grundlagenbeschlusses vorliegen, mit dem zunächst nur über das
„Ob“ der Maßnahme entschieden werden soll, während das „Wie“ der Ausgestaltung
durch die Wohnungseigentümer vorbehalten bleibt (vgl. zum Ganzen Senat,
Urteil vom 16. September 2022 - V ZR 69/21,
b) Hiervon ausgehend nimmt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei an,
dass entsprechend dem Rechtsschutzziel der Kläger allein über die Ersetzung
eines Grundlagenbeschlusses gemäß
dieser Vorschrift können Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), beschlossen
oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
aa) Mit einem Grundlagenbeschluss wird eine verbindliche Regelung über
die von den Klägern begehrte Errichtung des Personenaufzuges für das Hinterhaus
begründet und die spätere Durchführung legitimiert. Die Klage ist begründet,
wenn der geltend gemachte Anspruch gemäß
auf eine Beschlussfassung besteht. Das setzt voraus, dass es sich um eine privilegierte
Maßnahme gemäß
Abs. 4 WEG die Grenzen einer zulässigen baulichen Veränderung eingehalten
werden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist die bauliche Veränderung jedenfalls
dem Grunde nach zu beschließen, ohne dass insoweit ein Beurteilungs-
oder Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer besteht (vgl. BT-Drucks.
19/18791 S. 63). Die Beschlussfassung erfolgt aber auch in diesem Fall auf der
Grundlage von
Satz 1 WEG - und
lediglich ein Anspruch auf eine Beschlussfassung gewährt, ohne dass eine
eigenständige Beschlusskompetenz begründet wird (vgl. BT-Drucks. 19/18791
S. 66). Die (weitere) Entscheidung über die konkrete Durchführung der baulichen
Veränderung - also über das „Wie“ - ist dagegen gemäß
grundsätzlich den Wohnungseigentümern vorbehalten; ein Anspruch des verlangenden
Wohnungseigentümers auf eine bestimmte Durchführung der baulichen
Veränderung besteht bei Maßnahmen des
Ausführungsermessens der Wohnungseigentümer regelmäßig nicht
(vgl. etwa BT-Drucks. 19/18791 S. 65).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird allerdings auch
dann, wenn es sich „nur“ um einen Grundlagenbeschluss handelt, in aller Regel
darüber zu entscheiden sein, ob dem verlangenden Wohnungseigentümer die
Durchführung der Maßnahme gestattet wird oder ob die GdWE die bauliche Veränderung
auf Kosten des Wohnungseigentümers (vgl.
vornehmen soll. Insoweit spricht viel dafür, dass es bei der Errichtung eines Aufzugs
wegen des massiven konstruktiven Eingriffs in den Baukörper und der insoweit
bestehenden Haftungsrisiken (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13. Januar 2017
- V ZR 96/16,
eher ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen dürfte, die GdWE mit der Durchführung
der Maßnahme zu betrauen, wie dies dem von den Klägern in der Eigentümerversammlung
vom 26. Juli 2021 gestellten Hauptantrag entspricht. Diese
Fragen bedürfen aber keiner Vertiefung, weil die Beklagte dadurch, dass das Berufungsgericht
den Klägern möglicherweise zu wenig zugesprochen hat, nicht
beschwert ist und die Kläger keine Anschlussrevision eingelegt haben.
c) Aufgrund der eindeutigen Regelung in
Bedenken gegen die Beschlusskompetenz, wovon das Berufungsgericht - wenn
auch unausgesprochen - ebenfalls ausgeht.
aa) Allerdings hat der Senat auf der Grundlage des Wohnungseigentumsgesetzes
in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung angenommen,
dass die Beschlusskompetenz fehlt, wenn - wie hier - die zu beschließende bauliche
Veränderung (z.B. ein Personenaufzug) nur einzelnen bau- und zahlungswilligen
Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen soll. Dies beruhte auf der
Überlegung, dass den begünstigten Wohnungseigentümern durch einen solchen
Beschluss ein Sondernutzungsrecht eingeräumt wird und die übrigen Wohnungseigentümer
insoweit entgegen
Satz 3 WEG) von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen
werden. Eine solche bauliche Veränderung bedurfte daher einer Vereinbarung
der Wohnungseigentümer und konnte deshalb nicht Gegenstand einer
den Beschluss ersetzenden Entscheidung des Gerichts sein (vgl. Senat, Urteil
vom 13. Januar 2017 - V ZR 96/16,
Senat, Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99,
bb) An dieser Rechtsprechung kann nach der Neufassung der Regelungen
über bauliche Veränderungen in
nicht festgehalten werden. Nach dem seit dem
1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht können vielmehr die
Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen,
wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen
Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum zur
Folge hat; einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedarf es hierfür nicht
mehr.
(1) Die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis ist nunmehr
regelmäßige Folge eines seit dem 1. Dezember 2020 gefassten Beschlusses
über bauliche Veränderungen nach
WEG und den in dieser Vorschrift enthaltenen Regelungen über die Kosten und
Nutzungen bei baulichen Veränderungen. Wird einem Wohnungseigentümer
eine bauliche Veränderung gestattet oder diese auf sein Verlangen nach § 20
Abs. 2 WEG durch die GdWE durchgeführt, hat er gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1
WEG die Kosten allein zu tragen, und nur ihm gebühren nach § 21 Abs. 1 Satz 2
WEG die Nutzungen (
baulich veränderten Gemeinschaftseigentums möglich ist (vgl. dazu BT-Drucks.
19/18791 S. 67; Beispiele bei Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 4 Rn. 71 f.).
In den übrigen Fällen haben regelmäßig allein diejenigen Wohnungseigentümer
die Kosten einer baulichen Veränderung zu tragen, die sie beschlossen haben
(
WEG auch die Nutzungen. In diesen Regelungen kommt zum Ausdruck, dass
mit der Reform des Wohnungseigentumsrechts eine Beschlussfassung über bauliche
Veränderungen gerade auch dann ermöglicht werden sollte, wenn dies eine
ausschließliche Nutzungsbefugnis zur Folge hat; hierin bestand ein erklärtes Ziel
der Reform des Wohnungseigentumsrechts (vgl. Abschlussbericht der Bund-
Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, ZWE
2019, 429, 445). Die Schaffung außerhalb des Grundbuchs bestehender Nutzungsbefugnisse
von einzelnen Wohnungseigentümern (§ 21 Abs. 1 Satz 2
WEG) oder Gruppen von Wohnungseigentümern (
damit, auch wenn sich dies der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich entnehmen
lässt, auf der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, die bis zum
30. November 2020 geltende Rechtslage zu ändern (vgl. auch LG Düsseldorf,
BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 104 f.).
(2) Ob die Wohnungseigentümer überhaupt - und wenn ja unter welchen
weiteren Voraussetzungen - eine bauliche Veränderung auch dann beschließen
können, wenn mit der baulichen Veränderung entgegen einer vereinbarten Gebrauchsregelung
eine bestimmte Nutzung ermöglicht bzw. ausgeschlossen werden
soll (dagegen etwa BeckOK WEG/Elzer [2.10.2023], § 20 Rn. 59; Suilmann,
Jacoby/Lehmann-Richter/Wobst,
Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 21 Rn. 38 ff. mwN), braucht nicht entschieden
zu werden. An einer solchen Gebrauchsregelung fehlt es hier.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die von den Klägern erstrebte
Errichtung eines Personenaufzugs eine angemessene bauliche Veränderung
darstellt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient
(
a) Dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen alle baulichen
Veränderungen, die für die Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte
Personen erforderlich oder auch nur förderlich sind. Dafür ist es ohne
Belang, ob und in welchem Umfang der Wohnungseigentümer oder einer seiner
Angehörigen auf die Maßnahme angewiesen ist (vgl. BT-Drucks. 19/18791
S. 63). Das Gesetz trägt mit der Privilegierung der in
aufgeführten Veränderungen der Anlage einem gesamtgesellschaftlichen Bedürfnis
Rechnung und dient nicht nur dem besonderen Interesse des einzelnen
Wohnungseigentümers (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020,
Rn. 967). Hiervon ausgehend legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung zutreffend
und von der Revision unbeanstandet zugrunde, dass die Errichtung eines
Personenaufzugs für das Hinterhaus den Zugang zu den dort gelegenen Einheiten
für körperlich eingeschränkte Personen jedenfalls erleichtert. Dass die
Kläger nach den für den Senat nach
des Berufungsgerichts selbst nicht gehbehindert sind, ist unerheblich.
b) Die Errichtung eines Personenaufzugs ist auch „angemessen“ im Sinne
des
aa) Das Kriterium der Angemessenheit einer baulichen Veränderung gemäß
konkreten Einzelfall objektiv unangemessene Forderungen eines Wohnungseigentümers
zurückweisen zu können. Die Umstände des jeweiligen Einzelfalls
sind zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 63). Die Beurteilung ist damit
in erster Linie Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände
einzubeziehen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Die revisionsrechtliche
Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den
unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit zutreffend erfasst und ausgelegt
sowie alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und die
Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. Senat, Urteil vom
23. März 2018 - V ZR 307/16,
bb) Das Berufungsgericht erfasst den Begriff der Angemessenheit zutreffend
und legt entgegen der Ansicht der Revision bei der Auslegung keinen zu
engen rechtlichen Maßstab an. Eine bauliche Veränderung, die einem der in § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG aufgeführten Zwecke dient, ist regelmäßig angemessen.
Die Angemessenheit ist nur ausnahmsweise aufgrund außergewöhnlicher
baulicher Gegebenheiten oder eines außergewöhnlichen Begehrens zu verneinen,
wenn die bauliche Veränderung bei der Gesamtheit der davon betroffenen
Wohnungseigentümer zu Nachteilen führt, die bei wertender Betrachtung außer
Verhältnis zu ihrem Zweck stehen. Nachteile, die typischerweise aufgrund
einer privilegierten baulichen Veränderung eintreten, begründen regelmäßig
nicht deren Unangemessenheit.
(1) Aus der in
unbedenklichen Wertentscheidung des Gesetzgebers lässt sich ableiten, wovon
das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, dass die Versagung einer privilegierten
Maßnahme aufgrund ihrer Unangemessenheit nur in atypischen Ausnahmefällen
in Betracht kommt (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 200;
jurisPK-BGB/Kallenborn, 10. Aufl.,
[2023],
Rn. 1184; ähnlich Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 45).
Voraussetzung ist, dass - entgegen der typisierenden Betrachtung des Gesetzgebers
- im konkreten Einzelfall Nachteile aufgrund der baulichen Veränderung
entstehen, welche deren Vorteile überwiegen (vgl. etwa Bärmann/Dötsch, WEG,
15. Aufl., § 20 Rn. 200; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 140;
Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 45). Es muss sich um Nachteile
handeln, die über die Folgen hinausgehen, die typischerweise mit der Durchführung
einer privilegierten baulichen Veränderung einhergehen. Zu Recht stellt
das Berufungsgericht insoweit darauf ab, dass sich solche Nachteile aus außergewöhnlichen
baulichen Gegebenheiten oder außergewöhnlichen Begehren ergeben
können (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1184).
Typischerweise eintretende Nachteile wie erforderliche Eingriffe in die Bausubstanz,
übliche Nutzungseinschränkungen des Gemeinschaftseigentums und optische
Veränderungen der Anlage etwa aufgrund von Anbauten können die Unangemessenheit
daher regelmäßig nicht begründen. Die Errichtung eines Aufzugs
ist zwar mit Nachteilen verbunden (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2017
V
ZR 96/16,
Willen des Gesetzgebers als Maßnahme zur Barrierereduzierung hinzunehmen
sein (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 25). Dementsprechend sind die Platzbeeinträchtigungen,
die unmittelbar auf der Errichtung eines Aufzugs beruhen,
für die Beurteilung der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit unerheblich.
(2) Richtig ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass bei
der Abwägung regelmäßig nur solche Folgen der baulichen Veränderung relevant
sind, die sich für die Gesamtheit der Wohnungseigentümer negativ auswirken.
Dies beruht darauf, dass das Gesetz Beeinträchtigungen einzelner Wohnungseigentümer
bei der Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 2
WEG (unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers) berücksichtigt;
solche individuellen Nachteile können daher nicht zugleich die Angemessenheit
einer privilegierten baulichen Veränderung beseitigen (vgl. Bärmann/Dötsch,
WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 200; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20
Rn. 139; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 45). Es muss sich
zudem um Nachteile handeln, die unabhängig von der weiteren Entscheidung
der Wohnungseigentümer über die Art und Weise der Bauausführung einschließ-
lich der konkreten baulichen Details eintreten und nicht durch bestimmte Bedingungen
und Auflagen gemäß
werden können.
(3) Die Kosten der baulichen Veränderung sind dagegen grundsätzlich
ohne Bedeutung für das Bestehen eines Anspruchs nach § 20 Abs. 2 Satz 1
WEG; sie sind gemäß
zu tragen und können daher die Angemessenheit der Maßnahme
nicht entfallen lassen. Dies gilt im Grundsatz auch für Folgekosten des
Gebrauchs und der Erhaltung des baulich veränderten Gemeinschaftseigentums,
die etwa durch erhöhte Versicherungsprämien, die Wahrnehmung von Kontrollund
Überwachungspflichten oder die Wartung und Reparatur entstehen. Denn
der Begriff der Kosten in
Folgekosten (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 68; siehe zu
Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 - V ZR 64/19,
Drohen besonders hohe Folgekosten, kann der Wohnungseigentümer eine
Sicherheit stellen, um das Haftungsrisiko auszuräumen (vgl. hierzu Lehmann-
Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1185).
(4) Das Berufungsgericht nimmt ebenfalls zutreffend an, dass die Angemessenheit
einer baulichen Veränderung gemäß
wegen einer fehlenden körperlichen Behinderung des verlangenden Wohnungseigentümers
oder einer seiner Angehörigen verneint werden kann. Die negativen
Folgen der Maßnahme sind aufgrund des vom Gesetzgeber zugrunde gelegten
gesamtgesellschaftlichen Interesses an den privilegierten Maßnahmen dem objektiven
Nutzen der baulichen Veränderung für die Erreichung des gesetzlich verfolgten
Zwecks gegenüberzustellen (vgl. BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023],
§ 20 Rn. 140). Besteht dagegen, anders als es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
hier der Fall ist, ein konkretes Bedürfnis des verlangenden Wohnungseigentümers
nach Maßnahmen der Barrierereduzierung, sind von den übrigen
Wohnungseigentümern im konkreten Einzelfall ggf. auch erhebliche Nachteile
eher hinzunehmen (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 204).
(5) Einen zu engen rechtlichen Maßstab legt das Berufungsgericht entgegen
der Ansicht der Revision schließlich nicht durch seine Annahme an, dass es
bei der Prüfung der Angemessenheit in der Regel nur darum gehen könne, den
Bauwilligen auf Alternativen zu verweisen, mit denen er den verfolgten Zweck in
ähnlicher Weise erreichen kann (vgl. dazu Staudinger/Jacoby, WEG [2023], § 20
Rn. 174; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1184). Ob die Angemessenheit
weiter voraussetzt, dass es zu der von dem Wohnungseigentümer
verlangten baulichen Veränderung kein milderes Mittel im engeren Sinne gibt,
bedarf hier keiner Entscheidung. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts
gibt es ein solch milderes Mittel nämlich nicht. Der Einbau eines
Treppenlifts anstelle des Personenaufzugs scheidet im Hinblick auf die geringe
Breite des Treppenhauses von weniger als einem Meter von vornherein aus. Der
Hinweis in der Revisionsbegründung, angesichts des bereits im Hochparterre bestehenden
Übergangs zwischen Vorder- und Hinterhaus liege die Herstellung
eines zweiten Übergangs im dritten oder vierten Obergeschoss nahe, der unter
Nutzung des Aufzugs des Vorderhauses ebenfalls ein barriereärmeres Erreichen
der oberen Wohnungen des Hinterhauses ermögliche, ist bereits aus prozessualen
Gründen unbeachtlich (
bereits in den Tatsacheninstanzen gehalten hat, macht sie nicht geltend.
cc) Anders als die Beklagte meint, mussten die Kläger in tatsächlicher Hinsicht
nicht mehr vortragen, um die Angemessenheit der von ihnen beabsichtigten
Maßnahme darzulegen.
(1) Allerdings trägt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die
Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände der Angemessenheit
einer baulichen Veränderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 WEG der klagende
Wohnungseigentümer. Dieser Rechtsfehler verhilft der Revision aber nicht
zum Erfolg, weil er sich nicht ausgewirkt hat. Verlangt ein Wohnungseigentümer
die Ersetzung eines Grundlagenbeschlusses, muss er zur Begründung des Anspruchs
einschließlich der Angemessenheit der Maßnahme darlegen, dass die
bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient. Beruft
sich die Gemeinschaft auf die Unangemessenheit der Maßnahme, trifft sie eine
sekundäre Darlegungslast für nachteilige Umstände, die sich nicht bereits aus
dem Begehren selbst ergeben.
(2) Die Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen
Umstände zu der Prüfung der Angemessenheit einer baulichen Veränderung
trägt, wird unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird angenommen, nach allgemeinen
Grundsätzen müsse der klagende Wohnungseigentümer die Anspruchsvoraussetzungen
einschließlich der Angemessenheit seines Verlangens vortragen
und ggf. beweisen (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 311; Krug,
begehrten baulichen Veränderungen nicht von dem verlangenden Wohnungseigentümer
vorzutragen; darlegungs- und beweisbelastet sei die GdWE, soweit sie
sich auf die Unangemessenheit der Maßnahme berufe (vgl. BeckOGK/Kempfle,
[1.12.2023],
jurisPK-BGB/Kallenborn, 10. Aufl.,
(3) Richtig ist im Ausgangspunkt die zuerst genannte Auffassung. Nach
dem Wortlaut des
angemessene bauliche Veränderungen verlangen. Damit ist die Angemessenheit
ein Tatbestandsmerkmal der Vorschrift, das nach allgemeinen Grundsätzen der
Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen hat. Hiervon geht auch die Gesetzesbegründung
aus (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 62). Allerdings besteht nach
dem der Vorschrift zugrundeliegenden Regel-Ausnahme-Verhältnis der Anspruch
eines Wohnungseigentümers regelmäßig schon dann, wenn die verlangte
bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient, und er
ist nur ausgeschlossen, wenn sich die verlangte Maßnahme ausnahmsweise als
unangemessen darstellt. Damit obliegt dem Wohnungseigentümer der Sache
nach die Darlegung einer negativen Tatsache, nämlich des Fehlens atypischer
Umstände, worauf die Erwiderung zutreffend hinweist. Dies rechtfertigt es - wie
bei negativen Tatbestandsmerkmalen im engeren Sinne -, die Grundsätze der
sekundären Darlegungslast anzuwenden. Die Schwierigkeiten, die sich bei dem
Nachweis einer negativen Tatsache ergeben, mildert der Bundesgerichtshof in
ständiger Rechtsprechung dadurch ab, dass er Erleichterungen nach den
Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast gewährt. Die beweispflichtige Partei
muss nicht jede theoretisch denkbare Möglichkeit ausräumen, dass der streitige
Umstand doch gegeben ist. Vielmehr hat sie in der Regel nur diejenigen Umstände
zu widerlegen, die nach dem Vortrag der Gegenseite das Tatbestandsmerkmal
ausschließen (vgl. für das Fehlen eines rechtlichen Grundes im Rahmen
eines Bereicherungsanspruchs BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14,
9. März 2023 - III ZR 80/22,
6. März 2020 - V ZR 2/19,
Zusammenhang, dass der GdWE die Darlegung obliegt, warum ein atypischer
Fall vorliegt, der zur Unangemessenheit der Maßnahme führt. Erst wenn
sie dem nachgekommen ist, hat der den Anspruch geltend machende Wohnungseigentümer
das Vorbringen der GdWE zu widerlegen.
(4) Hiervon ausgehend muss der klagende Wohnungseigentümer - hier
die Kläger - für die gebotene Abwägung der Umstände des Einzelfalls nicht von
vornherein zu solchen Folgen seines Begehrens vortragen, die den Anspruch
ausschließen können. Sofern sich die Unangemessenheit nicht ausnahmsweise
bereits aus der Außergewöhnlichkeit seines Begehrens selbst ergibt, ist der Klagevortrag
schon dann ausreichend, wenn er - wie hier - Tatsachen enthält, nach
denen die bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke
dient. Entgegen der von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung haben sich die Kläger
nicht auf die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränkt, sondern die
von ihnen beabsichtigte bauliche Veränderung zumindest so weit konkretisiert,
dass die Beklagte in die Lage versetzt wurde, dazu vorzutragen, warum ein atypischer
Ausnahmefall vorliegt. Insoweit hat sich die Beklagte insbesondere auf
Nutzungseinschränkungen im Hof, im Durchgang und im Treppenhaus sowie auf
optische Veränderungen und finanzielle Belastungen berufen, die erheblich
seien. Mit diesen Umständen hat sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt
und sie aus Rechtsgründen als nicht ausreichend angesehen, um die Maßnahme
als unangemessen zu qualifizieren. Über die von dem Berufungsgericht erörterten
Umstände hinaus hat die Beklagte keine negative Folgen aufgrund der Errichtung
eines Personenaufzugs im Innenhof vorgetragen, die über typischerweise
eintretende Beeinträchtigungen - wie die Verringerung der nutzbaren Fläche
des Innenhofs - hinausgehen und unabhängig von den durch die Kläger vorgeschlagenen
Ausführungsvarianten und der noch zu treffenden Auswahlentscheidung
nach
Fall eintreten werden. Bei dieser Sachlage fehlt es an einem erheblichen
Vortrag der Beklagten zu der Unangemessenheit, den die Kläger hätten widerlegen
müssen. Auf die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften kommt es insoweit
nicht an (dazu unten Rn. 32 ff.).
dd) Der weitere Einwand der Revision, von einer Angemessenheit der von
den Klägern beanspruchten Maßnahme könne auch deshalb nicht ausgegangen
werden, weil die Kläger nicht hinreichend vortrügen, dass bei der Durchführung
sämtliche öffentlich-rechtliche Vorschriften eingehalten würden, geht bereits im
Ausgangspunkt fehl. Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben stellt nämlich
keine Frage der Angemessenheit gemäß
betrifft die ordnungsmäßige Verwaltung i.S.d.
(1) Ein von den Wohnungseigentümern auf der Grundlage von § 20 Abs. 1
WEG gefasster Beschluss muss, auch wenn dies - anders als etwa in § 19 Abs. 1
WEG - im Wortlaut des Gesetzes keine besondere Erwähnung findet, ordnungsmäßiger
Verwaltung im Sinne von
19/18791 S. 66; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 20 Rn. 39;
Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1034). Dazu gehört nach der
Rechtsprechung des Senats die Einhaltung der das Gemeinschaftseigentum betreffenden
öffentlich-rechtlichen Vorschriften (vgl. etwa Senat, Urteil vom 15. Oktober
2021 - V ZR 225/20,
- V ZR 102/16,
fallendes Verlangen eines Wohnungseigentümers etwa bauordnungsrechtlich
unzulässig, widerspricht dieses regelmäßig auch ordnungsmäßiger Verwaltung.
Ein Anspruch auf Beschlussfassung kann dann bereits aus diesem Grund ausgeschlossen
sein, ohne dass es auf die Angemessenheit der baulichen Veränderung
ankommt (vgl. auch Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 201, 361).
(2) Im Rahmen von
Gemeinschaftseigentum betreffenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften allerdings
regelmäßig (noch) nicht von Bedeutung. Zwar ist eine Beschlussersetzungsklage
gemäß
Anspruch auf den begehrten Beschluss besteht, weil nur eine Beschlussfassung
ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. oben Rn. 8). Das Berufungsgericht
nimmt aber zutreffend an, dass es für den Anspruch nach § 20 Abs. 2 Satz 1
WEG regelmäßig ausreichend ist, die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften
der späteren Prüfung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über die
Durchführung der Maßnahme (
jedenfalls dann, wenn es sich um umfangreiche bauliche Veränderungen wie die
Errichtung eines Personenaufzugs handelt und - wie hier - zunächst die Ersetzung
eines Grundlagenbeschlusses gemäß
wird. Denn die Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Art und Weise
der Bauausführung und der baulichen Details erfordert insbesondere bei genehmigungspflichtigen
Bauvorhaben eine konkrete Fachplanung (z.B. Entwurfs- und
Genehmigungsplanung; vgl. etwa Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20
Rn. 191). Dabei sind unter anderem die Alternativen der Bauausführung auch im
Hinblick auf die einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu ermitteln, an
denen die Durchführung einer privilegierten Maßnahme aber regelmäßig nicht
scheitern wird (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 201).
(3) Ein Grundlagenbeschluss darf allerdings dann nicht gefasst oder ersetzt
werden, wenn ausnahmsweise bereits bei der Entscheidung, ob die bauliche
Veränderung dem Grunde nach durchgeführt werden soll, feststeht, dass das
Begehren in jedem Fall und bei jeder in Betracht kommenden Ausführung gegen
öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Dann wäre der Anspruch nach § 20
Abs. 2 Satz 1 WEG nämlich auf eine (rechtlich) unmögliche Leistung im Sinne
des
Vorliegen einer Unmöglichkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte aber
nicht dargelegt.
3.
grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis
gegenüber anderen unbillig benachteiligen, nicht beschlossen und
gestattet und auch nicht verlangt werden können, steht dem Anspruch der Kläger
auf Beschlussersetzung nicht entgegen.
a) Das Berufungsgericht verneint jedenfalls im Ergebnis zu Recht eine
grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage im Sinne von § 20 Abs. 4 Halbs. 1
Alt. 1 WEG.
aa) Ob eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage anzunehmen
ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden
werden (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Die Beurteilung ist damit in erster Linie
Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen
und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Die revisionsrechtliche Nachprüfung
beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff
der „grundlegenden Umgestaltung“ zutreffend erfasst und ausgelegt sowie
alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und die Denkgesetze
und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018
V
ZR 307/16,
bb) Hier erkennt das Berufungsgericht zunächst richtig, dass nicht jede
bauliche Veränderung, die nach
Wohnanlage änderte, auch zu einer grundlegenden Umgestaltung im Sinne des
neuen § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG führt. Der Begriff der grundlegenden
Umgestaltung ist vielmehr enger zu verstehen als der Begriff der Änderung der
Eigenart im bisherigen Recht (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66).
cc) Unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen eine bauliche Veränderung
zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führt und ob die von
dem Berufungsgericht vorgenommene Konkretisierung zutrifft, muss nicht allgemein
entschieden werden. Der Vorstellung des Gesetzgebers entsprechend ist
eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage jedenfalls bei einer Maßnahme,
die der Verwirklichung eines Zwecks i.S.d.
zumindest typischerweise nicht anzunehmen (so ausdrücklich BT-Drucks.
19/18791 S. 66). Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage entschieden hat
(V ZR 33/23, Rn. 15, zur Veröffentlichung bestimmt), gilt dies unabhängig davon,
ob die Anspruchsvoraussetzungen des
und ob die bauliche Veränderung insbesondere angemessen ist; der von dem
Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten Privilegierung bestimmter
Kategorien von Maßnahmen - unter anderem zur Förderung der Barrierefreiheit
- ist bei der Prüfung, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, im
Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen. Erst recht
scheidet eine grundlegende Umgestaltung jedenfalls typischerweise aus, wenn
feststeht, dass die in
erfüllt sind.
dd) Unter Beachtung dieser Grundsätze wird die Wohnanlage durch den
Einbau eines Außenaufzugs an dem Hinterhaus nicht grundlegend umgestaltet.
Wie ausgeführt, handelt es sich nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen
des Berufungsgerichts um eine angemessene bauliche Veränderung, die
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
WEG). Außergewöhnliche Umstände, die eine Ausnahme von der von dem Gesetzgeber
aufgestellten Regel begründen könnten, hat das Berufungsgericht
nicht festgestellt. Im Gegenteil: Nach seinen Feststellungen wird die gesamte
Wohnanlage deutlich stärker durch das „herrschaftliche“ Vorderhaus („Stuckaltbau“)
als durch das Hinterhaus geprägt, und der Charakter der gesamten Wohnanlage
bleibt auch nach der Errichtung eines Personenaufzugs für das Hinterhaus
erhalten.
b) Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht schließlich eine unbillige
Benachteiligung eines Wohnungseigentümers im Sinne von § 20 Abs. 4
Halbs. 1 Alt. 2 WEG.
aa) Mit dem Verbot, einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis
gegenüber anderen unbillig zu benachteiligen, knüpft das Gesetz an die Regelung
in
an. Lediglich der bisher verwendete Begriff der Beeinträchtigung
wurde aus sprachlichen Gründen durch den Begriff der Benachteiligung
ersetzt (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Für die Auslegung des § 20 Abs. 4
Halbs. 1 Alt. 2 WEG kann damit insoweit die bisherige Rechtsprechung des
Senats zu
WEG 15. Aufl., § 29 Rn. 370 ff.; BeckOGK/Kempfle, WEG [1.12.2023], § 20
Rn. 234; jurisPK-BGB/Kallenborn, 10. Aufl.,
bb) Für die Annahme eines unbilligen Nachteils genügt es demnach nicht
schon, dass sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung
nachvollziehbar beeinträchtigt fühlen kann. Auch Umstände, die
zwangsläufig mit der Maßnahme verbunden sind, können für sich alleine nicht
zur Bejahung eines unbilligen Nachteils führen. Eine unbillige Benachteiligung
setzt vielmehr weiterhin voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender
Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten
Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht
abverlangt werden dürfte (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 - V ZR 64/19, NJWRR
2020, 1022 Rn. 14; Urteil vom 20. Juli 2018 - V ZR 56/17, NJW-RR 2018,
1165 Rn. 29; jeweils zu
cc) Im Rahmen der Abwägung sind auch die weiteren in
enthaltenen Wertentscheidungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen. Dass
ein überstimmter Wohnungseigentümer von der Nutzung des baulich veränderten
Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen wird (
stellt eine regelmäßige Folge eines Beschlusses nach § 20 Abs.1 WEG dar (vgl.
oben Rn. 15) und begründet daher keinen erheblichen Nachteil. Der Gesetzgeber
hat zudem in
Interesse privilegiert. Dient eine bauliche Veränderung - wie
hier - einem der gesetzlich privilegierten Zwecke, bedarf es einer besonders
schweren Benachteiligung (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020,
Rn. 1031); ohne Bedeutung ist, dass andere als der verlangende Wohnungseigentümer
erst aufgrund einer Beschlussfassung nach § 21 Abs. 4 Satz 1 bzw.
Hogenschurz,
dd) Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender
tatrichterlicher Würdigung aus. Es nimmt an, dass die mit der Errichtung
eines Personenaufzugs im Innenhof verbundene Verschattung von Wohnungen
sowie etwaige Lärmstörungen nicht zu einem erheblichen Nachteil für
einen oder mehrere Wohnungseigentümer führt. Dabei stellt es maßgeblich auf
die konkreten baulichen Gegebenheiten und wegen der Verschattung einzelner
Wohnungen auf eine bestehende Vorbelastung ab. Soweit sich die Revision hiergegen
wendet, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf, sondern setzt lediglich ihre
eigene Beurteilung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung. Dass das Berufungsgericht
bei seiner wertenden Beurteilung nur solche Nachteile berücksichtigt,
die in jedem Fall eintreten werden, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es
liegt auf der Hand, dass Verschattungen- und Lärmbeeinträchtigungen etwa
durch den konkreten Standort der Aufzugsanlage, durch die Größe sowie die
bauliche Gestaltung des Aufzugs einschließlich der verwendeten Materialien bis
zu einem gewissen Grad noch bei der Entscheidung über die Art und Weise der
Durchführung (
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus
2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren bestimmt sich nach
und beträgt 200.000 €. Hierbei handelt es sich um die - nach der Schätzung des
Amtsgerichts - voraussichtlichen Gesamtkosten der Errichtung eines Aufzugs.
Insoweit ist das Einzelinteresse der Kläger, die die Kosten der Maßnahme tragen
müssen (§ 21 Abs.1 Satz 1 WEG), und das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer,
in das das Einzelinteresse der Kläger einfließt, identisch. Das Interesse
ist nicht deshalb geringer zu gewichten, weil es sich „nur“ um einen Grundlagenbeschluss
handelt (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juni 2023 - ZWE 2023,
336 Rn. 3). Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung ist der Streitwert
auch nicht deshalb geringer festzusetzen, weil es sich um ein Rechtsmittel der
Beklagten handelt. Der Wert der Anträge des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1
GKG) ist bei Beschlussklagen auch dann nach
wie
hier - Rechtsmittelführer die beklagte Partei ist (vgl. Senat, Beschluss vom
18. Januar 2018 - V ZR 71/17,
Grenzen des
3. Die Änderung des Streitwerts für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren
auf einen Betrag von ebenfalls jeweils 200.000 € anstelle der dort festgesetzten
30.000 € beruht auf
den Vorinstanzen neben der Beschlussersetzungsklage die in der Eigentümerversammlung
vom 26. Juli 2021 gefassten Negativbeschlüsse angefochten
haben, führt zu keiner Streitwerterhöhung. Bei der Verbindung einer Anfechtungsklage
gegen einen Negativbeschluss mit einer Beschlussersetzungsklage
scheidet eine Zusammenrechnung beider Werte wegen wirtschaftlicher Identität
aus (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2023 - V ZR 158/22, juris Rn. 32).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:09.02.2024
Aktenzeichen:V ZR 244/22
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
WEG §§ 20, 21