Analoge Anwendung der Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmelzung auf grenzüberschreitenden Herausformwechsel
letzte Aktualisierung: 20.1.2021
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.1.2020 – 5 W 79/19
UmwG §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 122d, 122e, 190
Analoge Anwendung der Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmelzung auf
grenzüberschreitenden Herausformwechsel
Zur Notwendigkeit, auf den gesetzlich (noch) nicht geregelten, aus Gründen der Freizügigkeit
anzuerkennenden grenzüberschreitenden „Herausformwechsel“ einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung auch gläubigerschützende Vorschriften über die grenzüberschreitende Verschmelzung
entsprechend anzuwenden.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist im Handelsregister des Amtsgerichts Saarbrücken unter HRB
XXXXXX als Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in L. eingetragen. Mit
Schreiben vom 2. August 2019 meldete ihr Verfahrensbevollmächtigter als
beurkundender Notar gemäß § 378 Abs. 2 FamFG unter Vorlage eines notariellen
Protokolls vom 1. August 2019 über einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss
(UR. Nr. XXXXXXXXXXX des Notars ... pp. Folgendes zur Eintragung in das
Handelsregister an:
„(1) Die außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 1. August 2019
hat die formwechselnde Umwandlung und grenzüberschreitende
Sitzverlegung der ... pp. GmbH mit dem Sitz in L. in die Rechtsform einer
französischen Societé par actions simplifiée (Aktiengesellschaft) unter
Annahme französischen Rechtsstatus beschlossen.
Die Firma der Zielrechtsträgerin lautet: ... pp. SARL.
Sie wird ihren Sitz in Frankreich haben.
Im Innenverhältnis unter den Gesellschaftern bzw. zwischen den
Gesellschaftern und der Gesellschaft soll der Formwechsel zum
31.12.2018, 24.00 Uhr/ 1.1.2019, 0.00 Uhr als erfolgt gelten.
(2) Die neue Geschäftsanschrift lautet sodann: ... pp., Frankreich.
(3) Es wird beantragt, die Sitzverlegung vorbehaltlich der Eintragung im
französischen Register T. vorzunehmen.
(4) Der Unterzeichner erklärt,
a) dass sämtliche Gesellschafter der formwechselnden GmbH auf
Klageerhebung gegen die Wirksamkeit des
Sitzverlegungsbeschlusses nach deutschem GmbHR verzichtet
haben und daher eine Klageerhebung nicht mehr statthaft ist (§§
198 Abs. (3),16 Abs. (2) UmwG);
b) die ... pp. GmbH keine Arbeitnehmer zum Umwandlungsstichtag
und auch heute keine Arbeitnehmer hat und dass keine
Vereinbarung über die Arbeitnehmermitbestimmung geschlossen
wurde sowie auch kein Betriebsrat besteht;
c) am Satzungssitz in T., Frankreich eine wirtschaftliche Tätigkeit
mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit tatsächlich
ausgeübt werden wird;
d) dass gegen die ... pp. GmbH bis zum Sitzverlegungsstichtag und
auch heute kein Verfahren wegen Auflösung, Liquidation,
Zahlungsunfähigkeit oder vorläufiger Zahlungseinstellung,
Insolvenz oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist.“
Mit Schreiben vom 16. August 2019 teilte das Amtsgericht – Registergericht – dem
Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass die Eintragung des –
mangels Bekanntmachung analog § 122d UmwG nichtigen – Formwechsels nicht
vollzogen werden könne. Darüber hinaus sei analog
die Erstellung eines Verschmelzungsberichtes nicht möglich. In seiner hierzu
abgegebenen Stellungnahme vom 19. September 2019 wies der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin u.a. darauf hin, dass eine analoge
Anwendung der §§ 122a ff. UmwG auf den vorliegenden Fall des Herausformwechsels
in der Literatur abgelehnt werde, weil die in den vorgenannten Normen getroffenen
Regelungen große Unterschiede zum Formwechsel aufwiesen. Da nur ein
Rechtsträger beteiligt sei, der auch den Gläubigern nach dem Formwechsel weiter zur
Verfügung stehe, gehe die Schutzvorschrift des § 122d UmwG ins Leere. Da die
Gesellschaft kaum Verbindlichkeiten gegenüber Dritten aufweise und abgesehen von
dem Geschäftsführer hier keine Arbeitnehmer für diese tätig seien, könne auch ein
möglicher Umwandlungsbericht im Sinne des
Gläubiger und Arbeitnehmer über die Auswirkungen des grenzüberschreitenden
Formwechsels auf sie seine Funktion nicht erfüllen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Handelsregisteranmeldung
vom 2. August 2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in
Ermangelung derzeit existierender nationaler Vorschriften zur Behandlung des
grenzüberschreitenden Formwechsels eine analoge Anwendung der §§ 122a ff.
UmwG i.V.m. den
des Schutzes von Arbeitnehmern, Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern zu
schließen. Gestützt werde diese Auffassung auch dadurch, dass der Entwurf für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie
(EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen,
Verschmelzungen und Spaltungen für Fälle wie den vorliegenden die Einführung einer
dem § 122d UmwG vergleichbaren Regelung vorsehe. Gegen diesen ausweislich des
zur Akte gereichten Empfangsbekenntnisses am 16. Oktober 2019 als zugestellt
angenommenen Beschluss richtet sich die am 6. November 2019 durch die amtlich
bestellte Vertreterin des beurkundenden Notars „namens des Beschwerdeführers zur
vorgenannten Registersache“ eingelegte Beschwerde, zu deren Begründung im
Wesentlichen auf die früheren Rechtsausführungen aus dem Schreiben vom 19.
September 2019 verwiesen wurde, und der das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.
November 2019 nicht abgeholfen hat.
II.
Die gemäß
zulässige (
missverständlichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift – angesichts der
Bezugnahme auf § 378 Abs. 2 FamFG in der Anmeldung als im Namen der
Antragstellerin eingelegt anzusehen ist (vgl. OLG Bamberg,
Heinemann, in: Keidel, FamFG 19. Aufl. § 378 Rn. 14), bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das Amtsgericht hat die Vornahme des zur Eintragung angemeldeten
grenzüberschreitenden Formwechsels zu Recht abgelehnt, weil wesentliche, bei
zutreffender europarechtskonformer Auslegung anwendbare nationale
Schutzvorschriften unbeachtet geblieben sind und dies einem Vollzug des
Eintragungsantrages entgegensteht.
1.
Der zur Eintragung angemeldete grenzüberschreitende Formwechsel einer in
Deutschland ansässigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine
Kapitalgesellschaft nach französischem Recht – die genaue Rechtsform erscheint
klärungsbedürftig, weil im Antrag einerseits von einer „Société par actions simplifiée“
(SAS = vereinfachte Aktiengesellschaft) und andererseits von einer „SARL“ (Société à
responsabilité limitée = Gesellschaft mit beschränkter Haftung) die Rede ist – ist
grundsätzlich möglich. Gemäß
mit Sitz im Inland durch Formwechsel umgewandelt werden. Für den hier in Rede
stehenden grenzüberschreitenden Formwechsel hält das nationale Recht – bislang –
keine Regelungen vor; die zwischenzeitlich beschlossenen Änderungen der Richtlinie
(EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen,
Verschmelzungen und Spaltungen durch die Richtlinie (EU) 2019/2121 vom 27.
November 2019 (Abl. EU L 321/1 vom 12. Dezember 2019) werden vom deutschen
Gesetzgeber bis zum 31. Januar 2023 in das nationale Recht umzusetzen sein (Artikel
3 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/2121). Es entspricht aber mittlerweile allgemeiner
Ansicht, dass ein Formwechsel aus bzw. in das EU-Ausland auch schon gegenwärtig
aus Gründen der Freizügigkeit möglich sein muss (u.a. Schürnbrand/Forster, in: Beck-
OGK-UmwG Stand: 1. Oktober 2019, § 190 Rn. 6 ff.; Althoff/Narr, in:
Böttcher/Harbighorst/Schulte, Umwandlungsrecht 2. Aufl.,
Drinhausen/Keinaht, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht 4. Aufl.
17 f.; Hoger, in: Lutter, Umwandlungsgesetz 6. Aufl., Einf. Rn. 38 ff.; aus der
obergerichtlichen Rechtsprechung bislang: OLG Frankfurt,
Herausformwechsel; OLG Düsseldorf,
Nürnberg,
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes verpflichten die Art. 49 AEUV und
54 AEUV, die die Niederlassungsfreiheit regeln, einen Mitgliedstaat, der für inländische
Gesellschaften die Möglichkeit der Umwandlung vorsieht, dieselbe Möglichkeit auch
Gesellschaften zu geben, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegen und
sich in Gesellschaften nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats umwandeln
möchten (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-378/10,
schon EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 – C-210/06,
Verallgemeinernd gesprochen, umfasst die Niederlassungsfreiheit damit den
Anspruch einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft auf
Umwandlung in eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende
Gesellschaft, soweit die Voraussetzungen des Rechts jenes anderen Mitgliedstaats
eingehalten sind und insbesondere das Kriterium erfüllt ist, das in diesem anderen
Mitgliedstaat für die Verbundenheit einer Gesellschaft mit seiner nationalen
Rechtsordnung erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 – C-106/16, NJW
2017, 3639). Dass die Möglichkeit eines grenzüberschreitenden
„Herausformwechsels“ in unionskonformer Auslegung des geltenden Rechts
grundsätzlich auch für die Antragstellerin gegeben sein kann, hat das Amtsgericht
seiner Entscheidung dementsprechend auch richtigerweise zugrunde gelegt.
2.
Die zum Vollzug des grenzüberschreitenden Formwechsels erforderliche Anpassung
des geltenden deutschen Sachrechts hat vorrangig anhand der für den inländischen
Formwechsel geltenden gesetzlichen Vorschriften der
die insoweit richtlinienkonform ausgelegt werden müssen (vgl. OLG Frankfurt, ZIP
2017, 611; OLG Düsseldorf,
2014, 128; Althoff/Narr, in: Böttcher/Harbighorst/Schulte a.a.O.
Hoger, in: Lutter a.a.O. Einf. Rn. 39); darüber hinausgehend hat das Amtsgericht mit
zutreffenden Erwägungen für den vorliegenden Fall eines „Herausformwechsels“ auch
die unmittelbar für grenzüberschreitende Verschmelzungen geschaffenen
drittschützenden Bestimmungen der
gebracht und insbesondere das Fehlen der dort vorgesehenen Bekanntmachungen
mit Recht als Eintragungshindernis angesehen:
a)
Konkrete Vorgaben dazu, wie die nationalen Vorschriften für den Formwechsel bei
grenzüberschreitenden Sachverhalten analog anzuwenden bzw. auszulegen sind, hat
der Europäische Gerichtshof in seinen oben erwähnten Urteilen nicht gemacht.
Insoweit entspricht es aber allgemeiner Auffassung, dass die bei richtlinienkonformer
Auslegung anwendbaren
grenzüberschreitende Sachverhalte passen und daher einer Ergänzung durch andere
Rechtsvorschriften bedürfen, soweit es um die besonderen Anforderungen an eine
Verbindung unterschiedlicher beteiligter nationaler Rechtsordnungen geht. Für die
rechtliche Behandlung des grenzüberschreitenden Herausformwechsels werden
vornehmlich zwei Lösungsansätze diskutiert: Soweit aufgrund der Heranziehung der
Rückgriff auf die in den §§ 122a ff. UmwG oder die in
getroffenen Regelungen gefüllt werden können (vgl. OLG Frankfurt,
Althoff/Narr, in: Böttcher/Harbighorst/Schulte a.a.O.
Lutter a.a.O. Einf. Rn. 40; Maulbetsch/Klumpp/Rose, Umwandlungsgesetz 2. Aufl., §
190 Rn. 14; Winter/Marx/De Decker,
456, 458 ff.; Heckschen/Strnad,
Hushahn,
mit Auslandsbezug und enthalten besondere Regelungen zur Bekanntmachung und
Offenlegung, die dem besonderen Schutzbedürfnis Außenstehender, insbesondere
Gläubigern und Arbeitnehmern, Rechnung tragen sollen. Die von der Beschwerde
offenbar erstrebte Beurteilung der grenzüberschreitenden Sitzverlegung ins EUAusland
– nur – auf Grundlage der
Notwendigkeiten vollkommen außer Acht und vermag auch vor diesem Hintergrund
nicht zu überzeugen (vgl. Heckschen/Strnad,
der hier in Rede stehenden Belange des Gläubiger- und des Arbeitnehmerschutzes
wird dies – soweit ersichtlich – auch von niemandem vertreten.
b)
Der Senat hält es mit gewichtigen Stimmen in der Literatur, denen die bislang zur
Thematik ergangene obergerichtliche Rechtsprechung nicht entgegensteht, und im
Vorgriff auf die bevorstehende Neuregelung des grenzüberschreitenden
Formwechsels nach der mittlerweile geänderten Richtlinie (EU) 2017/1132 für
angezeigt, den hier in Rede stehenden grenzüberschreitenden Herausformwechsel im
Ausgangspunkt nach den
über grenzüberschreitende Verschmelzungen (§ 122a ff. UmwG)
entsprechend heranzuziehen, soweit dies zum Schutze Außenstehender,
insbesondere von Gläubigern und Arbeitnehmern, erforderlich ist (so auch
Winter/Marx/de Decker,
Wicke,
Heckschen/Strnad,
in Bezug auf § 122d UmwG – entgegen der Darstellung der Antragstellerin – auch
Hushahn,
Großunternehmen zugeschnittenen – Vorschriften über den grenzüberschreitenden
Sitzwechsel bei der Europäischen Aktiengesellschaft (so etwa Seibold,
459; Bayer/Schmidt,
2014, 137, 140 ff.) hat das Kammergericht in seinem Beschluss vom 21. März 2016
(
mit beschränkter Haftung mit überzeugenden, vom Senat geteilten Erwägungen
abgelehnt. Die anstelle dessen zur Verfügung stehenden §§ 122a ff. UmwG betreffen
demgegenüber alle in § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG genannten Kapitalgesellschaften; sie
regeln die grenzüberschreitende Verschmelzung in Umsetzung der Richtlinie (EU)
2017/1132 und erscheinen von daher geeignet, den besonderen Belangen
grenzüberschreitender Sachverhalte angemessen Rechnung zu tragen (vgl.
Winter/Marx/de Decker,
1194). Soweit dies zur Anwendung von Regelungen führt, die über das nationale
Formwechselregime der
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom
12. Juli 2012 – C-378/10,
dadurch zwingenden Gründen des Allgemeinwohls Rechnung getragen wird, wie sie
hier in Gestalt des Schutzes von Gläubigern oder Arbeitnehmern in Rede stehen (vgl.
OLG Frankfurt,
Wicke,
ein dringendes Bedürfnis besteht, wird – soweit ersichtlich – von niemandem in Zweifel
gezogen. Die vorliegend in Rede stehenden Berichtspflichten (
analog) zählen grundsätzlich dazu, weil sie geeignet sind, die damit angestrebten Ziele
einer frühzeitigen Information und Beteiligung der betroffenen Kreise zu erreichen und
angesichts der geringen Eingriffsintensität nicht über das hierzu Erforderliche
hinausgehen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-378/10,
vom 25. Oktober 2017 – C-106/16,
Amtsgericht völlig zu Recht darauf aufmerksam, dass – de lege ferenda – auch für das
Verfahren des grenzüberschreitenden Formwechsels vergleichbare Regelungen
vorgesehen werden müssen, weil die mittelweile beschlossenen Änderungen der
Richtlinie (EU) 2017/1132 dies in den Artikeln 86a ff. ausdrücklich vorschreiben (vgl.
Artikel 86g Abs. 1 der Richtlinie, wonach sichergestellt werden muss, dass die
Gesellschaft bestimmte Unterlagen, insbes. den Plan für die grenzüberschreitende
Umwandlung, spätestens fünf Arbeitstage vor dem Tag der
Gesellschafterversammlung offenlegt und im Register des Wegzugsmitgliedstaats
öffentlich zugänglich macht). Auch darin sowie dem Umstand, dass diese neuerlichen
Änderungen im Rahmen derselben Richtlinie vollzogen wurden, auf deren Grundlage
die geltenden Schutzbestimmungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen (§§
122a ff. UmwG) geschaffen wurden, zeigt sich, dass diese auf allgemeinen
Grundgedanken des Unionsrechts beruhen und deshalb für Altfälle wie den
vorliegenden im Rahmen des Zulässigen und des Gebotenen durch analoge
Anwendung auf den vorliegenden Fall des Herausformwandels analog herangezogen
werden müssen.
c)
Dies berücksichtigend, hat das Amtsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass
zwingende drittschützende Vorgaben, die in entsprechender Anwendung des § 122d
UmwG im vorliegenden Fall eines Herausformwechsels zu beachten gewesen wären,
bislang nicht erfüllt sind, und dass dies der beantragten Eintragung derzeit
entgegensteht. Die Bekanntmachung, die sich nach dem Gesetzeswortlaut auf den
„Verschmelzungsplan“ bezieht und bei der hier gebotenen entsprechenden
Anwendung auf einen grenzüberschreitenden Formwechsel den Entwurf des
Umwandlungsbeschlusses meint (Winter/Marx/de Decker,
Hushahn,
Dritten durch eine möglichst frühe Information. Die grundsätzliche Notwendigkeit einer
entsprechenden Anwendung des § 122d UmwG auf den vorliegenden
Herausformwechsel folgt aus dem vergleichbaren Informationsbedürfnis der
geschützten Personen, das unbeschadet des Hinweises der Antragstellerin auf die
auch nach dem Formwechsel fortbestehende Existenz des Rechtsträgers schon
wegen des grenzüberschreitenden Bezuges und des damit verbundenen Wechsels
der Rechtsordnung anzuerkennen ist. Soweit dadurch die Voraussetzungen
gegenüber reinen Inlandssachverhalten (
werden, erscheint dies aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt,
weil nur auf diese Weise mittels eines moderaten formalen Erfordernisses die mit
grenzüberschreitenden Sachverhalten verbundene Gefährdung von Interessen
besonders schützenswerter Betroffener eingeschränkt und alle berechtigten Belange
der Beteiligten ausreichend berücksichtigt werden können (vgl. Winter/Marx/de
Decker,
86g und 86j der Richtlinie (EU) 2017/1132 in der Fassung der Richtlinie (EU)
2019/2121 und den 12. Erwägungsgrund der Änderungsrichtlinie, Abl. (EU) L 321/1,
S. 3). Die unterlassene Einreichung des Umwandlungsbeschlusses durch die
Antragstellerin stellt deshalb auch nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall
ein von Amts wegen zu beachtendes Eintragungshindernis dar (vgl. Polley, in:
Henssler/Strohn a.a.O. § 122d Rn. 1 f., 14; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz,
Umwandlungsgesetz 8. Aufl., § 122d Rn. 40, § 122i Rn. 14 f.; Mayer, in:
Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Stand: 2019, § 122d Rn. 42). Daran ändert es
auch nichts, dass – so der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in seiner
Stellungnahme vom 19. September 2019 – die Gesellschaft „kaum Verbindlichkeiten
gegenüber Dritten“ aufweise. Soweit in der Literatur teilweise angenommen wird, dass
die Voraussetzungen des § 122d UmwG entbehrlich sein können, wenn sämtliche
Gläubiger bekannt und verzichtsbereit sind (vgl. Klett, in: BeckOGK-UmwG, Stand: 1.
Oktober 2019, § 122d Rn. 18; a.A. Drinhausen, in: Semler/Stengel,
Umwandlungsgesetz 4. Aufl., § 122d Rn. 13), ist dafür hier nichts ersichtlich. Inwieweit
darüber hinaus auch dem in
gewesen wäre, das in grenzüberschreitenden Sachverhalten auch dem Schutze der
Arbeitnehmer dient und das sich bei entsprechender Anwendung der Bestimmung auf
den Herausformwechsel auf den Umwandlungsbericht beziehen soll (so
Winter/Marx/de Decker,
etwaigen Verzichtbarkeit in Fällen, in denen keine Arbeitnehmerinteressen betroffen
sind, Klett, in: BeckOGK-UmwG a.a.O. § 122e Rn. 23 m.w.N.), kann hiernach
dahinstehen.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung beruht auf § 36
Abs. 3 GNotKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestand mangels Vorliegen der
gesetzlichen Voraussetzungen (
Richtlinie (EU) 2019/2121 wird eine Änderung der Rechtslage im vorbeschriebenen
Sinne erfolgen müssen. Eine Rechtsfrage, die – wie mithin hier – auslaufendes Recht
betrifft, hat jedoch in aller Regel keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 70
Abs. 2 Nr. 1 FamFG, sofern nicht – wofür jedoch nichts ersichtlich ist – die Klärung für
einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung
ist (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2006 – X ZR 22/05,
Holz, in: Keidel a.a.O. § 70 Rn. 23). Auch § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ist nicht einschlägig;
denn mangels erkennbarer Relevanz für eine Vielzahl von anhängigen Altverfahren ist
eine Zulassung zum Zwecke der Fortbildung des Rechts nicht erforderlich (BGH,
Beschluss vom 13. August 2003 – XII ZR 303/02,
Keidel a.a.O. § 70 Rn. 27), und ein Fall der Divergenz, der die Zulassung zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung rechtfertigen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 1.
Oktober 2002 – XI ZR 71/02,
Rechtsprechung zur vorliegenden Fallgestaltung nicht vor.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Saarbrücken
Erscheinungsdatum:07.01.2020
Aktenzeichen:5 W 79/19
Rechtsgebiete:
Umwandlungsrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
SE (Europäische Aktiengesellschaft)
RNotZ 2020, 297-301
BWNotZ 2020, 11-15
BWNotZ 2020, 70-73
FGPrax 2020, 127-129
UmwG §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 122d, 122e, 190