OLG Naumburg 26. Juli 2021
12 Wx 29/21
BGB § 1105 Abs. 1

Eintragungsfähigkeit einer Reallast mit der Pflicht zur Erbringung von Hausmeisterleistungen

letzte Aktualisierung: 10.3.2022
OLG Naumburg, Beschl. v. 26.7.2021 – 12 Wx 29/21

BGB § 1105 Abs. 1
Eintragungsfähigkeit einer Reallast mit der Pflicht zur Erbringung von Hausmeisterleistungen

Eine Reallast, die die Verpflichtungen enthält, eine Photovoltaikanlage zu überwachen, auf
Aufforderung die Zählerstände abzulesen, für beauftragte Reparaturen die Handwerker in das Haus
und auf das Grundstück zu lassen, im Winter die Heizung einzustellen und bei festgestellten
Schäden an dem Haus die Eigentümer zu informieren, ist in das Grundbuch eintragungsfähig, denn
die hierfür aufzuwendenden Kosten sind nach den Kosten eines Hausmeisterservice hinreichend
bestimmbar.

Gründe

I.
Die Beteiligte 2) ist als Eigentümerin des im Grundbuch von E. Blatt 2759 verzeichneten
Grundbesitzes eingetragen.

Die Beteiligten haben von dem verfahrensbevollmächtigten Notar am 10. April 2019 einen
Grundstücksüberlassungsvertrag mit Auflassung bezüglich des vorgenannten Grundbesitzes
beurkunden lassen. Dabei hat der Beteiligte zu 1) in § 4 Ziffer b folgende Verpflichtung
übernommen:

„Der Übernehmer verpflichtet sich, bis zum ersten Verkauf des Flurstücks 50/2 der Flur 4
Gemarkung N. (nicht Überschreibung innerhalb Familie) auf dem Flurstück 50/2 der Flur 4
Gemarkung N.

1. die Funktion der Photovoltaikanlage auf dem Kuhstall zu überwachen und auf
Anforderung die Zählerstände abzulesen;

2. für beauftragte Reparaturen an dem Grundstück die Handwerker in das Haus und auf das
Grundstück zu lassen;

3. im Winter die Heizung einzustellen;

4. bei festgestellten Schäden an dem Haus die Eigentümer zu informieren.“

Zur Absicherung dieses Rechts haben die Beteiligten dort eine Reallast an dem Flurstück
333 der Flur 4 Gemarkung N. zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 50/2
der Flur 4 Gemarkung N. bewilligt und beantragt.

Der beurkundende Notar hat mit Schriftsatz vom 19. Juli 2019 gemäß § 15 GBO die erste
Ausfertigung der vorgenannten Urkunde dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Salzwedel
überreicht und u.a. die Eintragung der Reallast beantragt. Auf Beanstandung mit Verfügung
vom 6. September 2019, hat der Notar mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019 folgende
Erklärung abgegeben:

„Der Antrag wird wie folgt berichtigt:

Zur Absicherung des Rechts bewilligen und beantragen die Vertragsparteien eine auflösend
bedingte Reallast an dem Grundeigentum Flurstück 333 der Flur 4 Gemarkung N.
zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 50/2 der Flur 4 Gemarkung N. .

Die schlagwortartige Bezeichnung lautet: Betreuungs- und Erhaltungsreallast.“

Mit Verfügung vom 16. März 2020, die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war,
wonach gegen diese Zwischenverfügung das Rechtsmittel der unbefristeten Beschwerde
zulässig sei, hat das Grundbuchamt den Beteiligten mitgeteilt, dass der beantragten
Eintragung Hindernisse entgegenstünden, zu deren formgerechter Behebung gemäß § 18
GBO eine Frist von sechs Wochen gesetzt werde. Die Rechtspflegerin hat um Überprüfung
der Ausführungen zum Leistungsumfang bzw. zu den zu beziffernden Forderungen bzw.
wiederkehrenden Leistungen gebeten, die in Geld umrechenbar sein müssten. Die
Beteiligten hätten angeführt, dass ein Geldwert bei Beauftragung eines Hausmeisterservices
oder von Handwerkern anfallen könnte. Dies dürfe nicht wiederkehrend sein, auch gebe § 4
des Vertrages nicht her, dass die Kosten vom Übernehmer zu tragen seien. Dieser habe
lediglich die Personen in das Haus zu lassen. Daher handele es sich nicht um eine Reallast.

Gegen diese Verfügung haben die Beteiligten mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020 Beschwerde
eingelegt und ihren rechtlichen Standpunkt, dass es sich um eine Reallast handele, unter
Bezug auf die einzelnen Leistungen weiter begründet. Das Grundbuchamt hat der
Beschwerde mit Beschluss vom 15. Oktober 2020 nicht abgeholfen und das Verfahren dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt, welches die Beschwerde gegen die
Verfügung vom 16. März 2020 als unzulässig verworfen hat. Zur Begründung hat es
ausgeführt, dass die Beschwerde nicht statthaft sei, da es sich bei der Verfügung nicht um
eine anfechtbare Zwischenverfügung, sondern um eine vorläufige Meinungsäußerung
handele.

Mit Zwischenverfügung vom 4. Mai 2021 hat das Grundbuchamt um Mitteilung gebeten,
ob die mit Schreiben vom 19. Juli 2019 gestellten Anträge unter einem Vorbehalt gemäß
§ 16 Abs. 2 GBO stehen. Nachdem der Notar dies mit Schriftsatz vom 26. Mai 2021
verneinte hatte, wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 26. Mai 2021 den Antrag vom
19. Juli 2019 auf Eintragung einer Reallast zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die
beantragte und bewilligte Reallast gemäß § 4 des Vertrages nicht eintragungsfähig sei, da an
den Berechtigten keine wiederkehrenden Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten
seien bzw. das belastete Grundstück nicht dafür haften könne. Als Verwertungsrecht könne
die Reallast zwar Leistungen zum Gegenstand haben, die in einem positiven Geben oder
Tun bestünden, jedoch müssten diese Leistungen einen Geldwert haben bzw. in eine
Geldforderung umwandlungsfähig sein. Die zu erbringenden Leistungen seien anhand der
in der Vereinbarung festgelegten Voraussetzungen hinsichtlich Art und Umfang der
Belastungen des Grundstücks der Höhe nach nicht hinreichend bestimmbar. Daher
könnten Leistungen aus dem Grundstück nicht entrichtet werden (§ 1105 BGB),
insbesondere könne kein Anspruch darauf durch Zwangsvollstreckung in das belastete
Grundstück befriedigt werden (§§ 1107, 1147 BGB).

Hiergegen wendet sich der Notar mit der Beschwerde vom 7. Juni 2021, in der er seine
Auffassung, dass die Reallast eintragungsfähig sei, weiter vertritt. Ergänzend führt er zur
Begründung aus, dass die Reallast nicht unbedingt mit der Zahlung von Geld verbunden
sein müsse, sondern diese könne auch in Dienstleistungen - wie in § 4 des Notarvertrages -
bestehen. Sollte der Übernehmer in dem Vertrag die Leistungen nicht übernehmen, müsste
ein Hausmeisterservice beauftragt werden, der mit der Verkäuferin einen Servicevertrag für
das Jahr abschließt. Die zu erbringenden Leistungen seien somit auch bestimmbar, hätten
einen bestimmbaren Geldwert und könnten aus dem Grundstück erbracht werden. In der
Rechtsprechung sei anerkannt, dass Hauswartdienste reallastfähig sind.

Das Grundbuchamt half der Beschwerde mit Beschluss vom 15. Juni 2021 nicht ab und
legte sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 72, 73 GBO zulässig und dem Senat
nach der vom Grundbuchamt ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung
angefallen, § 75 GBO. Die Beschwerdeberechtigung des Verfahrensbevollmächtigten als
Urkundsnotar ergibt sich aus § 15 Abs. 2 GBO. Da er nicht ausdrücklich erklärt hat, für
welche/n Beteiligten er die Beschwerde eingelegt hat, ist von der Einlegung im Namen aller
Beteiligter auszugehen (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 15 Rn. 20 m.w.N.).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil die zur Eintragung beantragte Reallast
einen nach dem Gesetz zulässigen Inhalt aufweist. Deshalb erweist sich das Recht auch als
eintragungsfähig.

Der Sache nach zu Unrecht ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass die Bewilligung
nicht hinreichend ist, um die begehrte Eintragung der Reallast zu rechtfertigen. Die
Bewilligung als Grundlage der Eintragung muss einen klaren und bestimmten Inhalt haben
und muss klar und unzweideutig ergeben, welchen Inhalt die Eintragung haben soll (vgl.
dazu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage, § 19 Rn. 103). Mit einer Reallast kann
gemäß § 1105 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass
wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück an den Berechtigten zu entrichten sind.
Eine einmalige Leistung kann danach regelmäßig nicht durch eine Reallast gesichert werden
(BGH, Urteil vom 08. November 2013 - V ZR 95/12 -, juris; Münchener Kommentar zum
BGB, 8. Auflage 2020, § 1105 Rn. 23). Dienstleistungspflichten sind denkbar in Form der
Pflege oder Beköstigung des Berechtigten wie auch der Unterhaltung eines Grundstücks
oder der Grabpflege (Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPKBGB,
9. Auflage, § 1105 BGB (Stand: 15.12.2020), Rn. 36; hinsichtlich Grabpflege: OLG
Frankfurt vom 04. Juni 2019 - 20 W 218/18 -, juris).

Die Leistungen müssen in ihrer Art und ihrem Umfang hinreichend bestimmbar sein, weil
die Reallast den Wert einer Leistung verkörpern muss, die den Berechtigten bei
Nichtleistung des Verpflichteten die Möglichkeit bietet, durch Verwertung des Grundstücks
den Gegenwert in Geld zu verlangen (vgl. hinsichtlich einer Pflegeverpflichtung: BGH,
Beschluss vom 13. Juli 1995 - V ZB 43/94 -, juris). Die Anforderungen an die Bestimmtheit
dürfen einerseits nicht überspannt, andererseits aber im Hinblick auf die Interessen
nachrangig berechtigter auch nicht zu großzügig angesetzt werden (BGH, Beschluss vom
13. Juli 1995, a.a.O.; Demharter, a.a.O., Anhang zu § 44 Rn. 75, m.W.N.).

Eine allgemeine Kennzeichnung der Leistungen wird für ausreichend erachtet, wenn danach
Art und Gegenstand sowie Umfang (Geldwert) der Leistungen bestimmbar sind (BGH,
Beschluss vom 13. Juli 1995, a.a.O.). Der Leistungsumfang muss in der Weise bestimmbar
sein, dass die höchstmögliche Belastung aufgrund der Eintragung erkennbar und der
Haftungsumfang zu einem bestimmten Zeitpunkt aus in ihr genannten Faktoren bestimmt
werden kann (Palandt/Herrler, BGB Kommentar, 80. Auflage, § 1105 Rn. 6).

Zur Feststellung der Leistungen können auch außerhalb der Eintragungsbewilligung (und
der Grundbucheintragung) liegende Umstände herangezogen werden, soweit sie
nachprüfbar sind und auf sie in der Bewilligung hingewiesen ist (dazu Schöner/Stöber,
a.a.O., Rn. 1303). Damit muss also der Umfang der tatsächlichen Belastung nicht ohne
weiteres aus der Eintragung selbst oder der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung
allein ersichtlich sein. Es genügt vielmehr, wenn Art, Gegenstand und Umfang der Leistung
aufgrund objektiver Umstände bestimmbar sind, die - wie gesagt - auch außerhalb des
Grundbuchs liegen können, sofern sie nachprüfbar sind und mindestens in der
Eintragungsbewilligung angedeutet sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Dritter die
Umstände, aus denen sich die tatsächliche Belastung in einem bestimmten Zeitpunkt ergibt,
feststellen kann. Entscheidend ist, dass die höchst mögliche Belastung des Grundstücks für
jeden Dritten erkennbar ist und dass der Umfang der Haftung in einem bestimmten
Zeitpunkt aufgrund der in der Eintragungsbewilligung enthaltenen Voraussetzungen
bestimmt werden kann (BGH, Beschluss vom 13. Juli 1995, a.a.O.; Schöner/Stöber, a.a.O.,
Rn. 1297; Demharter, a.a.O., Anhang zu § 44 Rn. 75).

Das ist hier der Fall.

bei den Verpflichtungen, die Photovoltaikanlage zu überwachen, auf Aufforderung die
Zählerstände abzulesen, für beauftragte Reparaturen die Handwerker in das Haus und auf
das Grundstück zu lassen, im Winter die Heizung einzustellen und bei festgestellten
Schäden an dem Haus die Eigentümer zu informieren, handelt es sich ohne weiteres um
wiederkehrende Leistungen.

Auch lässt sich die höchstmögliche Leistung, wie die Beschwerde zutreffend einwendet, an
den Kosten eines Hausmeisterservices orientieren. Hierfür sind die einzelnen o.a.
Leistungen, die vom Hausmeisterservice abzudecken wären, hinreichend bestimmt. Welche
Kosten hierfür aufzuwenden sind, lässt sich nach der Ortsüblichkeit hinreichend genau
bestimmen. In diesem Sinne hat der Bundesgerichtshof es für hinreichend bestimmt
erachtet, wenn eine persönliche Pflegepflicht übernommen wird, "soweit sie den
Übernehmern unter Berücksichtigung ihrer beruflichen und familiären Verhältnisse,
insbesondere unter Berücksichtigung der Betreuung von Kindern der Übernehmer und
nach deren körperlichen Fähigkeiten und ihrem Vermögen zur Pflege nach ihrer
Ausbildung und ihren Kenntnissen zumutbar" ist (BGH, Beschluss vom 13. Juli 1995,
a.a.O.). Auch das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 17. Dezember 2001 - 24 W 55/01
-, juris) hat eine Verpflichtung, "Hauswarttätigkeiten in dem erforderlichen Umfang
(Reinigung des Treppenhauses) nach Maßgabe eines mit dem Verwalter abzuschließenden
Hauswartdienstvertrages zu übernehmen“ als hinreichend bestimmt eingeordnet. Gemessen
an diesen Vorgaben kann jedenfalls im hiesigen Fall Art und Umfang der Belastung des
Grundstücks der Höhe nach erheblich genauer bestimmt werden.

Eine wertmäßige Bezifferung der einzelnen Verpflichtungen mag zwar wünschenswert sein,
um im Falle der Nichterfüllung eine Ermittlung des Wertes zu vermeiden, erforderlich ist
sie nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen jedoch nicht.

Danach kann das Grundbuchamt die Eintragung der Reallast nicht von der Darlegung
zusätzlicher Kriterien bezüglich der Wertigkeit der Verpflichtungen - die zudem ihrerseits
allenfalls weitere Anhaltspunkte für eine richterliche Bewertung bieten könnten - abhängig
machen.

Es ist deshalb unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen anzuweisen, über die
von den Beteiligten beantragte Eintragung der Reallast unter Berücksichtigung der
Auffassung des Senats neu zu entscheiden.

III.
Eine Kostenentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst, § 22 Abs. 1, 25 Abs. 1
GNotKG, daher auch keine Wertfestsetzung (BeckOK, GBO/Kramer, 41. Ed. 1. Februar
2021, GBO, § 77 Rn. 47). Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der
Beschwerdeführer auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die
Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligte in Betracht, der
bei erfolgreicher Beschwerde die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer auferlegt
werden könnten (Demharter, a.a.O., § 77 Rn. 33).

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde, § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO, liegen nicht
vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Naumburg

Erscheinungsdatum:

26.07.2021

Aktenzeichen:

12 Wx 29/21

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Kostenrecht
Reallast
Grundpfandrechte
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB § 1105 Abs. 1