Sondernutzungsrecht an einem Zugang zu einem Gemeinschaftsraum
letzte Aktualisierung: 10.5.2019
OLG München, Beschl. v. 10.04.2019– 34 Wx 92/18
WEG §§ 5 Abs. 2, 10 Abs. 2, 13 Abs. 2
Sondernutzungsrecht an einem Zugang zu einem Gemeinschaftsraum
An Flächen oder Fluren, die Zugang zu zwingenden Gemeinschaftsräumen ermöglichen, kann ein
vertraglich eingeschränktes Sondernutzungsrecht eingeräumt werden.
Gründe
I.
Der Beteiligte ist als Eigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.
Das Grundstück ist bebaut mit zwei Wohngebäuden. Am 23.2.2017 errichtete er eine Teilungsklärung nach §
8 WEG, mit der er an dem Grundbesitz gemäß mitgesandtem Aufteilungsplan Wohnungs- und Teileigentum
in der Weise begründete, dass er in Ziff. III. der Urkunde jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an
einer bestimmten, in sich abgeschlossenen Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen
zuwies. In Ziff. IV. Inhalt des Sondereigentums wurde geregelt:
§ 2 Sondernutzungsrechte An dem gemäß
und ausschließlichen Benützung den nachgenannten Sondereigentümern in der folgenden Weise zu:
…
d) dem jeweiligen Eigentümer der Sondereigentumseinheit Nr. 1 das Sondernutzungsrecht an dem
Kellerraum, der in dem dieser Urkunde als Anlage II (Nachtrag) beigefügten Lageplan grün gekennzeichnet
ist, und das Sondernutzungsrecht an der Doppelgarage, die in dem dieser Urkunde beigefügten Lageplan
blau gekennzeichnet ist. Diese Sondernutzungsrechte werden insofern beschränkt, dass der jeweilige
Sondernutzungsberechtigte dulden muss, dass die übrigen Sondereigentümer den Kellerraum bzw. die
Garage betreten um zu dem dahinterliegenden Heizungsraum bzw. dem dahinterliegenden Tankraum zu
gelangen.
Er hat den Vollzug dieser Teilungserklärung im Grundbuch am 12.2.2018 beantragt.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 21.2.2018 hat das Grundbuchamt geltend gemacht, der
Eintragung stehe als Hindernis entgegen, dass die Zugangsräume zu Heizungs-, Zähler- und Tankraum
zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen und sämtlichen Miteigentümern zum ständigen und
ungehinderten Mitgebrauch zur Verfügung stehen müssten. Durch das Sondernutzungsrecht könne der
sondernutzungsberechtigte Eigentümer jedoch den anderen Miteigentümer in seinem Mitgebrauch
behindern bzw. stören.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 5.3.2018, die der Notar namens des Beteiligten eingelegt hat.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Das nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthafte Rechtsmittel gegen die Zwischenverfügung des
Grundbuchamts (§ 18 Abs. 1 GBO) ist zulässig (
beanstandete Hindernis nicht besteht.
Dem Eintragungsantrag fehlt, bezogen auf das Sondernutzungsrecht an Garage und Kellerraum, nicht die
Eintragungsfähigkeit.
1. Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern
unter Ausschluss der übrigen (negative Komponente) das Recht zur Nutzung von Teilen des
Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird (positive Komponente). Das Recht des
Sondernutzungsberechtigten erstreckt sich dabei nur so weit, wie es ihm durch die Vereinbarung der
Wohnungseigentümer eingeräumt worden ist. Ein Sondernutzungsrecht kann allerdings Einschränkungen
unterliegen, die sich aus der Natur der Sache ergeben (Kümmel in Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten WEG
11. Aufl. § 13 Rn. 49). Es kann aber auch dabei von vornherein durch ausdrückliche Vereinbarung in einem
beschränkten Umfang eingeräumt werden (LG Wuppertal
Aufl. § 13 Rn. 95).
Wegen des Entzugs der Befugnis zum Mitgebrauch nach § 13 Abs. 2 WEG kann ein Sondernutzungsrecht
nur durch Vereinbarung (
Abs. 4 i.V.m.
Als Form der Gebrauchsregelung gemeinschaftlichen Eigentums (
Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen werden (vgl. § 10 Abs. 3 WEG; Kümmel in Niedenführ/
Kümmel/Vandenhouten § 13 Rn. 35; Hügel/Kral GBO 3. Aufl. Wohnungseigentum Rn. 53)
2. Der Einräumung eines Sondernutzungsrechts steht nicht die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG entgegen.
Danach können Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der
Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand von Sondereigentum sein, selbst wenn sie sich im Bereich
der in Sondereigentum stehenden Räume befinden. Das gilt nach dem Sinn der Vorschrift jedoch nicht nur
für Anlagen oder Einrichtungen, sondern auch für die Räume (
Rn. 26 f.). Sie stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum, wenn ihr Zweck darauf gerichtet ist, der
Gesamtheit der Wohnungseigentümer einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen und der
Gemeinschaftsräume zu ermöglichen und zu erhalten. Das trifft unter anderem auf Flächen und Flure zu, die
als Zugang zu den Gemeinschaftsräumen bestimmt sind oder die zur Bewirtschaftung und Versorgung der
Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums dienen, weil sich in ihrem Bereich die zentralen Zähl-,
Schalt-, Sicherungs- oder Beschickungseinrichtungen der gemeinschaftlichen Wasser-, Wärme- und
Energieversorgungsanlagen des Gebäudes befinden (vgl. BGH
Allerdings schließt diese Regelung nicht auch die Einräumung von Sondernutzungsrechten an Flächen oder
Fluren aus, die Zugang zu zwingenden Gemeinschaftsräumen ermöglichen (BGH
BayObLG
29). Nach einer einschränkenden Ansicht kann es sich allerdings um eine unzulässige Umgehung der
Regelung in § 5 Abs. 2 WEG handeln, wenn die inhaltliche Ausgestaltung des Sondernutzungsrechts das
Mitgebrauchsrecht der übrigen Wohnungseigentümer ausschließt (Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 29). In
einem solchen Fall sei die Sondernutzungsvereinbarung nur dann nicht nichtig, wenn ihr durch Auslegung
eine Einschränkung zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer entnommen werden kann
(Bärmann/Armbrüster § 5 Rn. 29). Wird an den Fluren oder vorgelagerten Räumen zu Anlagen und
Einrichtungen nach § 5 Abs. 2 WEG ein Sondernutzungsrecht eingeräumt, hindert dies den Zugang zu
zwingenden Gemeinschaftsräumen nämlich in der Regel nicht, da in einem solchen Fall immanente
Schranken die Ausübung des Sondernutzungsrechts beschränken (KG
dies, wenn mit der Einräumung des Sondernutzungsrechts durch Vereinbarung ein Zutrittsrecht
sichergestellt wird (BayObLG
3. Vorliegend wurde das Sondernutzungsrecht ausdrücklich beschränkt eingeräumt, so dass der Zugang der
weiteren Wohnungseigentümer zur Heizung und dem Tankraum schon deswegen gewährleistet ist. Auf die
grundsätzliche Frage, ob die Einräumung des Sondernutzungsrechts gegebenenfalls als Umgehung der
Regelung des § 5 Abs. 2 WEG gesehen werden kann und welche Auswirkungen dies hat, kommt es daher
hier nicht an.
Da somit das vom Grundbuchamt angenommene Hindernis für die Bestellung eines Sondernutzungsrechts
nicht besteht, ist die Zwischenverfügung aufzuheben.
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
2. Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor,
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:10.04.2019
Aktenzeichen:34 Wx 92/18
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
WEG
ZWE 2019, 263-265
Normen in Titel:WEG §§ 5 Abs. 2, 10 Abs. 2, 13 Abs. 2