Grundsätzlich konkludente Abtretung der Rückgewähransprüche bei Übernahme von Grundschulden unter gleichzeitiger Erfüllungsübernahme der persönlichen Darlehensforderung
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Dokumentnummer: 9u89_10
letzte Aktualisierung: 1.2.2012
OLG Karlsruhe, 16.6.2011 - 9 U 89/10
Grundsätzlich konkludente Abtretung der Rückgewähransprüche bei Übernahme von
Grundschulden unter gleichzeitiger Erfüllungsübernahme der persönlichen
Darlehensforderung
1. Übernimmt der Käufer eines Grundstücks die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden
und vereinbaren die Vertragspartner gleichzeitig eine Erfüllungsübernahme hinsichtlich der
gesicherten Darlehensforderungen, so ist damit in der Regel eine konkludente Vereinbarung
verbunden, mit welcher die Grundschuldrückgewähransprüche des Verkäufers an den Käufer
abgetreten werden.
2. Es erscheint zumindest naheliegend, die konkludente Abtretung der Rückgewähransprüche
dahingehend auszulegen, dass sie unter der aufschiebenden Bedingung einer Ablösung der
persönlichen Forderungen steht.
Tenor:
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 21.05.2010 - 5 O
66/09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers tragen der
Kläger Ziff. 1 zu 1/3, die Klägerin Ziff. 2 zu 1/5 und die Klägerin Ziff. 3 zu 7/15.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können eine Vollstreckung der Beklagten
und des Streithelfers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem
Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte, bzw. der Streithelfer, vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger gewährten dem Streithelfer im Jahr 2003 verschiedene Darlehen. Wegen der
Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Darlehensverträge (Anlagen K 7, K
8 und K 9) verwiesen. Am 16.03.2006 erwirkten die Kläger ein Anerkenntnis-VorbehaltsUrteil des Landgerichts Freiburg im Urkundenprozess, in welchem der Streithelfer zur
Rückzahlung der offenen Darlehensforderungen verurteilt wurde und zwar 204.516,751
EUR an den Kläger Ziff. 1, 112.526,49 EUR an die Klägerin Ziff. 2 und 264.516,75 EUR
an die Klägerin Ziff. 3, jeweils zuzüglich Zinsen. Wegen dieser Forderungen und
entsprechender Kostenerstattungsansprüche gegen den Streithelfer machen die Kläger im
vorliegenden Rechtstreit Ansprüche gegen die Beklagte geltend, und zwar zum einen
unter dem Gesichtspunkt anfechtbarer Rechtshandlungen des Streithelfers, und zum
anderen nach Pfändung und Überweisung verschiedener Ansprüche des Streithelfers
gegen die Beklagte.
Der Streithelfer geriet im Jahr 2005 in finanzielle Schwierigkeiten. Zu dieser Zeit war er
Eigentümer des Grundstücks … Straße in Freiburg. Mit notariellem Vertrag vom
15.08.2005 veräußerte der Streithelfer das Grundstück an seine Ehefrau. Im Vertrag
(Anlage K 21) war vorgesehen, dass die Käuferin eine Gegenleistung in Geld nicht zu
erbringen hatte. Die Käuferin sollte die bestehenden Grundschulden übernehmen und
gleichzeitig die diesen Grundschulden zu Grunde liegenden persönlichen
Zahlungsverpflichtungen des Streithelfers im Wege einer befreienden Schuldübernahme.
Die Darlehen bestanden zum einen gegenüber der Beklagten und zum anderen gegenüber
der …Bank eG. Auf die Verpflichtungen gegenüber der Beklagten sollte der Streithelfer
als Verkäufer einen Betrag in Höhe von 500.000,00 EUR zahlen, so dass die von der
Käuferin zu übernehmenden Grundschulden danach noch mit insgesamt 2.354.201,02
EUR valutiert sein sollten. Im Grundbuch waren unter den laufenden Nummern 5 und 6
zwei Grundschulden zu Gunsten der …Bank eG über nominell 500.000,00 DM und
3.500.000,00 DM eingetragen, sowie unter den laufenden Nummern 7 und 8 zwei weitere
Grundschulden über nominell 200.000,00 DM und 1.500.000,00 DM für die Beklagte. Der
Streithelfer erbrachte in der Folgezeit die vereinbarte Zahlung in Höhe von 500.000,00
EUR an die Beklagte.
Forderungen gegen den Streithelfer - einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen
die Beklagte als Drittschuldnerin. Mit diesem Beschluss wurden zum einen
Rückgewähransprüche des Streithelfers wegen der Grundschulden Nr. 7 und 8 auf dem
Grundstück … Straße in Freiburg gepfändet, und zum anderen Ansprüche auf
Rückübertragung (Rückabtretung) von Rückgewähransprüchen des Streithelfers gegen die
… Bank eG. Wegen der Einzelheiten wird auf den Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss (Anlage K 32) verwiesen.
Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Zahlung des Streithelfers in
Höhe von 500.000,00 EUR, entsprechend dem Kaufvertrag des Streithelfers mit seiner
Ehefrau vom 12.08.2005, stelle gegenüber den Klägern eine anfechtbare Rechtshandlung
dar. Sie haben diese Zahlung angefochten, und wegen ihrer Ansprüche gegen den
Streithelfer von der Beklagten eine Teilzahlung von 50.000,00 EUR nebst Zinsen
verlangt. Hilfsweise haben die Kläger die mit dem Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss vom 09.04.2009 gepfändeten Rückübertragungsansprüche geltend
gemacht, um auf diese Weise Befriedigung für ihre Forderungen gegen den Streithelfer zu
finden.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 21.05.2010 die Klage abgewiesen. Ein
Zahlungsanspruch stehe den Klägern nicht zu, da die Zahlung von 500.000,00 EUR durch
den Streithelfer an die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern keine anfechtbare
Rechtshandlung sei. Es sei keine Gläubigerbenachteiligung eingetreten. Die gepfändeten
Rückübertragungsansprüche könnten die Kläger nicht geltend machen, da die Pfändung
insoweit ins Leere gegangen sei. Zum Zeitpunkt der Pfändung sei der Streithelfer nicht
Inhaber der gepfändeten Ansprüche gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Sie verfolgen nunmehr nur noch
die erstinstanzlichen Hilfsanträge. Sie seien berechtigt, aus den gepfändeten Ansprüchen
gegen die Beklagte vorzugehen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die
Pfändung wirksam gewesen, da der Streithelfer zum Zeitpunkt des Pfändungsbeschlusses
Inhaber der fraglichen Rückgewähransprüche gewesen sei.
Die Kläger beantragen,
1. unter Abänderung des am 21.05.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg –
Az. 5 O 66/09 – die Beklagte zu verurteilen, die Ansprüche auf Rückgewähr der
Grundschulden durch Übertragung (= Abtretung), Aufhebung oder Verzicht hinsichtlich
der Grundschulden oder eines Teils der Grundschulden, eingetragen auf dem Grundstück
in Freiburg im Breisgau, … Straße, im Grundbuch von Freiburg im Breisgau, Blatt …,
Abteilung III Nr. 5 und 6, einschließlich des Anspruchs auf Rückübertragung
(Rückabtretung) des Anspruchs auf Zahlung des Mehrerlöses für den Fall, dass bei der
Verwertung der jeweiligen Grundschuld, insbesondere bei Zwangsversteigerung, ein
Betrag erlöst wird, der die durch die jeweilige Grundschuld gesicherten Ansprüche des
Grundschuldgläubigers gegen den Schuldner übersteigt, an den Schuldner W. D. zurück
zu übertragen (Rückabtretung),
2. unter Abänderung des am 21.05.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg –
Az. 5 O 66/09 – die Beklagte zu verurteilen, die Grundschuld, eingetragen auf dem
Grundstück in Freiburg im Breisgau, … Straße, im Grundbuch von Freiburg im Breisgau,
Blatt …, Abt. III Nr. 7, an den Schuldner W. D. durch Abtretung unter Mitwirkung der
Die Beklagte und der auf Seiten der Beklagten beigetretene Streithelfer beantragen,
die Berufung der Kläger kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts. Inhaberin der von den Klägern
gepfändeten Rückgewähransprüchen sei nicht der Streithelfer, sondern dessen Ehefrau als
Käuferin des Grundstücks gewesen. Die Pfändung der Kläger sei ins Leere gegangen.
Soweit die Beklagte verpflichtet sei, Grundschulden oder Rückgewähransprüche gegen
die … Bank eG zurück zu übertragen, komme eine Rückgewähr nur an die Ehefrau des
Streithelfers und nicht - wie von den Klägern beantragt - an den Streithelfer (Schuldner
der Kläger) in Betracht.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren der Ehefrau des Streithelfers den Streit
verkündet. Diese ist dem Verfahren nicht beigetreten.
II.
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Den Klägern stehen die geltend gemachten
Ansprüche gegen die Beklagte nicht zu. Die Feststellung des Landgerichts, der Pfändungsund Überweisungsbeschluss vom 09.04.2009 sei ins Leere gegangen, weil der Streithelfer
nicht Inhaber der gepfändeten Ansprüche gewesen sei, ist im Ergebnis zutreffend.
1. Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld Nr. 7 auf dem
Grundstück … Straße in Freiburg an den Streithelfer (klägerischer Antrag Ziff. 2) nicht
zu.
a) Die Beklagte und der Streithelfer haben am 22.03.2001 einen Darlehensvertrag
abgeschlossen, wobei unter anderem eine Sicherung der Beklagten durch die
streitgegenständliche Grundschuld Nr. 7 vereinbart wurde. Die gesonderte
Zweckerklärung (Anlage B 14) enthält die für die Grundschuld maßgebliche
Sicherungsabrede. Auf Grund dieser Absprache erwarb der Streithelfer mit Abschluss des
Darlehensvertrages einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr der
Grundschuld Nr. 7 (vgl. zum Entstehen eines solchen Rückgewähranspruches Stöber,
Forderungspfändung, 15. Auflage 2010, Rdnr. 1887). Aufschiebende Bedingung für die
Verpflichtung, die Grundschuld zurück zu übertragen, war das Entfallen des
Sicherungszwecks. Unstreitig gibt es heute keine schuldrechtliche Forderung der
Beklagten gegen den Streithelfer mehr, zu deren Sicherung die Grundschuld Nr. 7 dienen
könnte. Die aufschiebende Bedingung für eine Rückgewähr der Grundschuld ist mithin
inzwischen eingetreten.
b) Die Kläger könnten den Rückgewähranspruch bezüglich der Grundschuld Nr. 7 nur
dann gegen die Beklagte geltend machen, wenn sie durch den Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss vom 09.04.2009 (Anlage K 32) Pfändungsgläubiger des
Rückgewähranspruches geworden wären (vgl. zur Pfändung von Rückgewähransprüchen
Stöber a. a. O., Rdnr. 1888 ff.). Dies ist jedoch nicht der Fall, wie das Landgericht im
Ergebnis zu Recht festgestellt hat. Zum Zeitpunkt der Pfändung im Jahr 2009 war nicht
der Streithelfer Inhaber des Rückgewähranspruches gegen die Beklagte, sondern dessen
Ehefrau. Die Ehefrau erwarb den Rückgewähranspruch mit dem Kauf des Grundstücks R.
Straße 4 im Jahr 2005. Zwar wird man wohl davon ausgehen müssen, dass die Abtretung
des Rückgewähranspruchs unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgt ist (dazu siehe
im Jahr 2009 eingetreten. Da der Streithelfer zum Zeitpunkt der Pfändung mithin nicht
Inhaber des gepfändeten Anspruches gegen die Beklagte war, ging die Pfändung ins
Leere. Die Kläger können aus der Pfändung daher bezüglich der Grundschuld Nr. 7 keinen
Anspruch gegen die Beklagte herleiten.
Der sich aus der Sicherungsvereinbarung ergebende schuldrechtliche Anspruch auf
Rückgewähr der Grundschuld ist wie jeder andere Anspruch grundsätzlich frei abtretbar.
Wenn ein Grundstück veräußert wird und der Käufer bestimmte Grundschulden
übernehmen soll, ist es vielfach üblich, dass aufschiebend bedingte Rückgewähransprüche
bezüglich der Grundschulden, die sich aus der Sicherungsabrede ergeben, an den Käufer
abgetreten werden (vgl. beispielsweise Stöber a. a. O., Rdnr. 1887 a). Eine ausdrückliche
Regelung über die Abtretung des Grundschuldrückgewähranspruches enthält der notarielle
Vertrag vom 15.08.2005 (Anlage K 21) nicht. Es ist allerdings in der Rechtsprechung
anerkannt, dass die Abtretung eines Rückgewähranspruches beim Verkauf eines
Grundstücks auch stillschweigend (konkludent) erfolgen kann (vgl. Stöber a. a. O.). Eine
solche stillschweigende Abtretung ist vorliegend gegeben.
c) Die konkludente Abtretung des Grundschuldrückgewähranspruches ergibt sich aus
einer interessengerechten Auslegung des notariellen Kaufvertrages.
aa) Die Käuferin sollte als Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks die
Darlehensverpflichtungen des Streithelfers in Höhe von 2.354.201,02 EUR übernehmen,
und zwar im Wege einer befreienden Schuldübernahme. Die für die Schuldübernahme
erforderliche Genehmigung der Gläubiger (
worden. Die Kaufvertragsparteien haben von der sich daraus ergebenden Möglichkeit, den
Vertrag zu ändern (
Ziff. 5 des Kaufvertrages), keinen Gebrauch gemacht. Gemäß
gilt die gescheiterte Schuldübernahme daher als Erfüllungsübernahme. Das heißt: Die
Ehefrau des Streithelfers war als Käuferin im Verhältnis zum Streithelfer verpflichtet,
dessen Darlehensverpflichtungen gegenüber den Gläubigern zu erfüllen, ohne dass daraus
ein Forderungsrecht der Gläubiger gegen die Käuferin entstanden wäre (
Nach der Auslegungsregel in
anzunehmen (keine Erfüllungsübernahme), wenn sich aus dem Kaufvertrag Anhaltspunkte
dafür ergeben würden, dass die Vertragspartner eine solche Rechtsfolge nicht beabsichtigt
hätten. Eine Erfüllungsübernahme wäre dann nicht anzunehmen, wenn der Kaufvertrag
Anhaltspunkte dafür bieten würde, dass die Vertragspartner im Falle eines Scheiterns der
Schuldübernahme eher eine Barzahlungsverpflichtung der Käuferin gegenüber dem
Verkäufer gewollt hätten (vgl. BGH,
Vertragspartner gibt es im vorliegenden Fall jedoch keinen Anhaltspunkt. Der Kaufvertrag
enthält keine Regelung der Pflichten der Käuferin für den Fall eines Scheiterns der
Schuldübernahme. Es gibt auch keine indirekten Hinweise darauf, dass - bei einer
Verweigerung der Genehmigung durch die Gläubiger - eine Zahlungsverpflichtung
gegenüber dem Streithelfer gewollt wäre. Es fehlt insbesondere (anders als im Fall des
Bundesgerichtshofs,
Grundstücks zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung ermöglichen sollte. Es ist auch nicht
ersichtlich, dass der Streithelfer als Verkäufer damals ein Interesse gehabt hätte, bei einem
Scheitern der Schuldübernahme eine Barzahlung von der Käuferin zu erhalten. Auch die
anschließende Abwicklung des Vertrages entsprach einer Erfüllungsübernahme. Denn der
Streithelfer erhielt tatsächlich keine Zahlung von seiner Ehefrau. Die Käuferin leistete wie aus dem Schreiben vom 31.01.2008, Anlage K 31, ersichtlich - eine Zahlung an die
Münchener Hypothekenbank eG einen Schuldbeitritt für deren Forderungen gegen den
Streithelfer.
bb) Wenn beim Verkauf eines Grundstücks der Käufer Grundschulden übernimmt und
gleichzeitig eine Erfüllungsübernahme für die persönlichen Forderungen gegen den
Verkäufer vereinbart wird, ist der Kaufvertrag in der Regel dahingehend auszulegen, dass
gleichzeitig stillschweigend eine Abtretung der Grundschuldrückgewähransprüche an den
Käufer vereinbart wird (vgl. BGH, LM Nr. 1 zu
Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage 2009, § 45, Rdnr. 78, 79; Stöber a. a. O., Rdnr.
1887 a; differenzierend Eickmann in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage 2009, §
1191 BGB, Rdnr. 143). Von einer solchen Auslegung ist auch vorliegend auszugehen.
Denn nur dieses Ergebnis - stillschweigende Abtretung der
Grundschuldrückgewähransprüche an die Ehefrau des Streithelfers - ist interessengerecht.
Bei der Übernahme von Grundschulden unter Anrechnung auf den Kaufpreis gehen die
Vertragspartner in der Regel davon aus, dass die Käuferin an den Verkäufer bei
wirtschaftlicher Betrachtung eine Gegenleistung in der Höhe erbringt, in der die
Grundschulden noch valutiert sind. Dies entsprach auch im vorliegenden Fall den
Vorstellungen des Streithelfers und seiner Ehefrau, was sich aus dem Hinweis auf die
Valutierung der Grundschulden in § 2 Ziff. 4 des Vertrages entnehmen lässt. In einem
derartigen Fall geht die Vorstellung der Beteiligten dahin, dass die Käuferin die
persönlichen Forderungen bedienen und ggf. ablösen wird. Um das Risiko einer doppelten
Inanspruchnahme (Haftung aus den Grundschulden trotz Bezahlung der persönlichen
Forderungen) abzuwenden, benötigt die Käuferin in dieser Situation den sich aus der
früheren Sicherungsabrede des Verkäufers ergebenden Grundschuldrückgewähranspruch
gegen die Gläubiger. Denn ohne eine solche Abtretung könnte die Käuferin - die nicht
Vertragspartnerin der früheren Sicherungsabrede mit den Gläubigern war - aus den
Grundschulden auch über die Valutierung hinaus in Anspruch genommen werden (vgl.
Eickmann in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage 2009,
Demgegenüber hat der Verkäufer in einem derartigen Fall in der Regel kein eigenes
wirtschaftliches Interesse mehr, Inhaber des Grundschuldrückgewähranspruches
gegenüber den Gläubigern zu bleiben. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der
Streithelfer als Verkäufer nach einer Rückgewähr der Grundschulden an ihn selbst ein
Interesse daran gehabt hätte, diese als Sicherungsmittel für andere Forderungen gegen die
Käuferin zu nutzen (vgl. hierzu Eickmann a. a. O.). Für ein solches Interesse des
Streithelfers gegenüber seiner Ehefrau ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich (siehe
hierzu auch unten cc)).
Die Kläger weisen zwar zutreffend darauf hin, dass bei anderen - teilweise ähnlichen Grundstücksverkäufen des Streithelfers im Jahr 2005 die Abtretung von
Grundschuldrückgewähransprüchen ausdrücklich in den Kaufverträgen geregelt wurde,
während eine solche Regelung beim Verkauf des Anwesens … Straße an die Ehefrau fehlt
(vgl. die beiden Kaufverträge vom 18.07.2005, Anlagen K 25 und K 27 bezüglich der
Grundstücke Z.straße und … Straße in Freiburg). Hieraus lässt sich für die Auslegung des
streitgegenständlichen Kaufvertrages jedoch nichts herleiten. Denn zum einen war die
Ehefrau des Streithelfers an den beiden Kaufverträgen vom 18.07.2005 nicht beteiligt, so
dass sich aus abweichenden Formulierungen in diesen Verträgen keine
Schlussfolgerungen für den Willen der Ehefrau des Streithelfers bei Abschluss des
Vertrages vom 15.08.2005 ziehen lassen. Zum anderen zeigt ein Vergleich der
Vertragstexte, dass den Verträgen offenbar ein unterschiedliches Formulierungskonzept
Verträgen vom 18.07.2005 insgesamt wesentlich ausführlicher und detaillierter geregelt
als in dem Vertrag mit der Ehefrau des Streithelfers vom 15.08.2005. Es liegt daher nahe,
dass das Fehlen einer ausdrücklichen Abtretungsklausel für
Grundschuldrückgewähransprüche im Vertrag vom 12.08.2005 nicht auf einem
entsprechenden Parteiwillen beruht, sondern auf redaktionellen Gründen (weniger
Detailregelungen). Für das abweichende Formulierungskonzept im Vertrag vom
15.08.2005 könnte eine Rolle gespielt haben, dass die Vertragspartner - anders als bei den
Verträgen vom 18.07.2005 - die Möglichkeit eines Scheiterns des Kaufvertrages verstärkt
vor Augen hatten (vgl. die Rücktrittsklausel in § 2 Ziff. 5 des Kaufvertrages vom
12.08.2005). Entscheidend bleibt nach Auffassung des Senates, dass die Interessenlage der
Vertragspartner (siehe oben) zur Vertragsauslegung im Sinne einer stillschweigenden
Abtretung von Rückgewähransprüchen führen muss (ebenso in einem entsprechenden Fall
BGH,
cc) Allerdings liegt es nach Auffassung des Senats nahe, die konkludente Abtretung
dahingehend auszulegen, dass sie (nur) unter der aufschiebenden Bedingung einer
Ablösung der persönlichen Forderungen der Beklagten gegen den Streithelfer (Verkäufer)
erfolgen sollte (ebenso Stöber aaO, Rn. 1887 a; anders möglicherweise BGH, LM Nr. 1 zu
in ähnlichen Fällen wohl keine aufschiebende Bedingung der Abtretung angenommen).
Wenn es nicht zu einer Ablösung der Darlehensforderung der Beklagten gekommen wäre,
hätte der Streithelfer mit einer Inanspruchnahme durch die Beklagte rechnen müssen. In
diesem Fall hätte er ein Interesse daran gehabt, dass die Beklagte die Grundschulden an
ihn – und nicht an die Käuferin – abtritt, um selbst noch eine Sicherheit für
Rückgriffsansprüche gegen die Käuferin zu haben. Dieses Interesse des Verkäufers liegt
eine entsprechende aufschiebende Bedingung bei der Abtretung der
Rückgewähransprüche nahe.
Die vorstehenden Überlegungen ändern allerdings nichts daran, dass die
Rückgewähransprüche nicht mehr dem Streithelfer zustehen. Denn die aufschiebende
Bedingung für die Abtretung (Ablösung der Darlehen der Beklagten) ist eingetreten. Bei
Abschluss des Kaufvertrages standen der Beklagten Darlehensforderungen in Höhe von
insgesamt 809.000,- DM zu, die durch die Grundschulden gesichert wurden (vgl. Seite 2
des Kaufvertrages, Anlage K 21). Hierauf hat der Streithelfer nach Abschluss des
Kaufvertrages 500.000,- DM gezahlt. Die restlichen Verbindlichkeiten in Höhe von
309.000,- DM wurden von der Käuferin abgelöst (vgl. die Bestätigung im Schreiben der
Beklagten vom 31.01.2008, Anlage K 31). Auf die Frage, auf welche Weise die Käuferin
die Ablösung erreicht hat, kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht an.
Spätestens durch diese Ablösung ist die aufschiebende Bedingung für die Abtretung
eingetreten, und die Ehefrau des Streithelfers Inhaberin des Rückgewähranspruchs gegen
die Beklagte geworden.
Die Kläger sind zwar der Auffassung, die betreffenden Grundschulden hätten auch der
Sicherung eines Rückgriffsanspruchs der Beklagten gegen den Streithelfer gedient, wenn
die erstinstanzliche Anfechtungsklage Erfolg gehabt hätte. Ob diese Auffassung
zutreffend ist, kann dahinstehen. Denn die für die Abtretung maßgebliche aufschiebende
Bedingung ist in jedem Fall mit der Ablösung der restlichen Darlehensforderungen der
Beklagten durch die Ehefrau des Streithelfers in Höhe von 309.000,- DM eingetreten
(siehe oben). Eine eventuelle Neuvalutierung der Grundschulden zu einem späteren
Zeitpunkt durch die Anfechtungsklage der Kläger könnte an der bereits eingetretenen
2. Auch der Klageantrag Ziff. 1 ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet,
Rückgewähransprüche, die sich auf die Grundschulden Nr. 5 und 6 auf dem Grundstück
… Straße in Freiburg beziehen, an den Streithelfer zurück zu übertragen.
… (wird ausgeführt)
3. Die Kostenentscheidung beruht auf
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
5. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (
vor. Die für die Entscheidung des Senates maßgeblichen Rechtsfragen sind in der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Karlsruhe
Erscheinungsdatum:16.06.2011
Aktenzeichen:9 U 89/10
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Grundpfandrechte
NJW-RR 2012, 146-149
Normen in Titel:BGB §§ 329, 415, 1169, 1191