Vorlagesperre beim Bauträgervertrag; Unwirksamkeit bei Vorlage erst nach Zahlung des „gesamten Kaufpreises”
letzte Aktualisierung: 22.9.2022
OLG Rostock, Beschl. v. 21.12.2021 – 4 U 79/18
BGB §§ 307, 309 Nr. 2 lit. a, 650u; BeurkG § 53
Vorlagesperre beim Bauträgervertrag; Unwirksamkeit bei Vorlage erst nach Zahlung des
„gesamten Kaufpreises”
Eine Klausel, wonach die Beteiligten eines Bauträgervertrags den Notar anweisen, die
Eigentumsumschreibung im Grundbuch (unabhängig von den Leistungspflichten untereinander)
erst zu veranlassen, wenn die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen ist, ist in AGB
unwirksam, weil das Leistungsverweigerungsrecht des Erwerbers unzulässig eingeschränkt wird.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe:
A.
Die Parteien erheben gegenseitige Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag mit
Bauverpflichtung.
Die Drittwiderbeklagte ist Eigentümerin des streitgegenständlichen Baugrundstücks in xxx, der
Kläger ist Gesellschafter der Drittwiderbeklagten. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte
verkauften dieses Grundstück an die Beklagten in einem notariell beurkundeten
„Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung“ vom 22.05.2012 (Anlage K1, Bl. 7ff. Bd. I d.A.).
Gleichzeitig verpflichtete sich der Kläger im eigenen Namen, einen geschlossenen Rohbau für
ein Einfamilienhaus auf dem verkauften Grundstück nach den anerkannten Regeln der
Baukunst technisch einwandfrei unter Beachtung der einschlägigen DIN-Vorschriften und
unter Verwendung normgerechter Baustoffe zu errichten. Der Kaufpreis betrug 295.340,- €,
wovon 93.040,- € auf das Grundstück entfielen.
§ 6 des Vertrages enthielt u.a. folgende Regelungen:
„Können sich Verkäufer zu 2) und Käufer nicht darüber einigen, ob und ggfs welche
Restarbeiten noch ausstehen oder welche offensichtlichen Baumängel noch zu
beheben sind, so entscheidet ein Gutachten eines von der örtlich zuständigen
Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer zu bestimmenden öffentlich
bestellten und vereidigten Bausachverständigen. Dieser entscheidet auch darüber,
welcher Betrag ggf. noch zur Mängelbeseitigung oder zur Ausführung von Restarbeiten
erforderlich ist und welcher Beteiligte, ggf. anteilig, die Kosten des Gutachtens zu
tragen hat. (…)
Unabhängig von ihrer Leistungspflicht untereinander weisen die Vertragsparteien den
Notar gemeinsam an, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst zu veranlassen,
wenn die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen ist.“
In § 9 Nr. 3 und 5 des Vertrages regelten die Parteien zur Abnahme und Übergabe u.a.
Folgendes:
„3. Bei der Abnahme findet eine gemeinsame Besichtigung des Kaufobjektes statt.
Hierüber ist ein Abnahmeprotokoll anzufertigen. In das Abnahmeprotokoll sind noch
fehlende Leistungen und Mängel aufzunehmen. Es ist von beiden Vertragsteilen zu
unterzeichnen.
Der Verkäufer zu 2) ist verpflichtet, innerhalb einer angemessenen Frist die in der
Niederschrift festgestellten Mängel zu beseitigen und fehlende Leistungen zu
erbringen. Gleichfalls gilt das Kaufobjekt als abgenommen, wenn es ohne
ausdrückliche Zustimmung des Verkäufers vom Käufer bezogen oder benutzt wird. (…)
5. Der Verkäufer zu 2) ist zur Übergabe verpflichtet und die Übergabe erfolgt, wenn die
Abnahme durchgeführt ist und der Käufer alle zu dem Zeitpunkt fälligen Zahlungen
geleistet hat oder Zug um Zug gegen Übergabe leistet.“
§ 10 des Vertrages enthielt folgende Regelung zur Auflassung:
„Verkäufer zu 1) und Käufer sind sich darüber einig, dass das Eigentum an dem mit
dieser Urkunde veräußerten Grundbesitz von dem Verkäufer zu 1) auf den Käufer
übergehen soll und bewilligen und beantragen die Eintragung der Eigentumsänderung
im Grundbuch auf den Käufer - je zur ideellen Hälfte -.“
In der Bau- und Leistungsbeschreibung heißt es zur Bodenplatte u.a.: „Die Bodenplatte mit
den umlaufenden Frostschürzen wird entsprechend Statik und der erforderlichen Güteklasse,
bei einer angenommenen Bodenpressung von 0,2 N7 mm und vorhandenen Bodenklassen 2
bis 5 nach DIN 18300, ausgeführt.“ Die Beklagten erbrachten zum Teil Eigenleistungen bei
der Bodenabdichtung.
Die Beklagten beauftragten zusätzliche Leistungen. Die Beklagten zahlten die
Abschlagsrechnung vom 06.05.2013 in Höhe von 30.000,- € (Anlage K3, Bl. 44 Bd. I d.A.)
nicht. Ebenfalls bezahlten sie die Schlussrechnung über Zusatzleistungen vom 42.183,35
(Anlage K4, Bl. 45ff Bd. I d.A.) nicht. Sie zogen ohne den Willen des Klägers in das Haus ein.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.06.2013 forderten die Beklagten den Kläger zur
Beseitigung einer Vielzahl von gerügten Mängeln und zu Restarbeiten auf (Anlage K5, Bl. 53ff.
Bd. I d.A.). Für den Inhalt der Mängelliste wird auf die Anlage K5 verwiesen. Der Kläger
antwortete mit anwaltlichem Schreiben vom 22.08.2013 (Anlage K7, Bl. 64f. Bd. I d.A.), in dem
er die Beklagten zur Zahlung der offenen Beträge aufforderte und sich auf den Standpunkt
stellte, im Wesentlichen handele es sich nicht um Mängel, sondern um Restarbeiten, die
wegen des eigenmächtigen Einzugs der Beklagten nicht hätten zu Ende geführt werden
können.
Die Drittwiderbeklagte hat vorgetragen, solange die Beklagten ihre Verpflichtungen nicht erfüllt
hätten, seien sie auch nicht als Eigentümer im Grundbuch einzutragen.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagten hätten ihn auch mit den Putzarbeiten beauftragt. Am
16.01.2013 habe er den Beklagten darauf hingewiesen, dass die Bodenplatte insgesamt
abzudichten sei, und dringend eine Drainage für die West-, Süd- und Nordseite sowie für die
Ostseite eine dicke PE-Folie angeraten. Am 06.02.2013 habe er den Beklagten in seinem Büro
erneut darauf hingewiesen, dass die Bodenplatte insgesamt abzudichten sei. Für Mängel der
Abdichtung hafte er daher nicht.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagten schuldeten auch die Vergütung von
Zusatzleistungen gemäß einem Auftrag vom 26.03.2013 für den Innen- und Außenputz in
Höhe von 32.606,- €. Zum Rohbau habe der Putz nicht gehört. Dies folge aus § 4 Abs. 1 des
Notarvertrages. Für Restarbeiten und Mängelbeseitigungen seien allenfalls 5.000,- €
angemessen, die er sich nunmehr aber auch nicht mehr abziehen lassen wolle. Zum Rohbau
würden auch keine Fensterläden zählen. Mit der Abtretung der Mängelgewährleistungsrechte
gegenüber den Subunternehmern habe sich der Kläger von der Verpflichtung zur
Mängelbeseitigung befreit.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 72.183, 35 € nebst jährlichen Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung auf die
Teilforderung von 5.000,- € zu zahlen.
2. die Widerklage und die Drittwiderklage abzuweisen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen und
- widerklagend -
1. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 150.155,17 €
zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
14.08.2013 zu zahlen.
2. die Drittwiderbeklagte zu verurteilen, die Amtsnachfolgerin des Herrn Notar
Gebhard Müller (xxx), Frau Notarin xxx anzuweisen, bei dem zuständigen
Grundbuchamt die Eintragung der Beklagten als Eigentümer je zur Hälfte des
nachstehenden Grundstücks betreffend zu beantragen: Grundbuch von xxx, Blatt
55061, Flur 2, Flurstücke 12/2, 12/4 und 12/5 jeweils Gemarkung xxx.
Die Drittwiderbeklagte hat beantragt,
die Drittwiderklage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, das Gebäude sei mit einer Vielzahl von Mängeln behaftet.
Sie seien nur eingezogen, um eine drohende Obdachlosigkeit zu verhindern. Zudem sei die
Abrechnung fehlerhaft. Mit Innen- und Außenputzarbeiten gemäß Angebot vom 26.03.2013
hätten sie den Kläger gerade nicht zusätzlich beauftragt, denn diese Leistung sei bereits von
der ursprünglichen Baubeschreibung umfasst gewesen.
Die Abrechnung sei wie folgt vorzunehmen:
Notarvertrag Euro 295.340,00
Elektroarbeiten Euro 18.761,53
Heizung Euro 33.986,40
Fliesen Euro 15.886,50
Belüftung Euro 18.462,08
Treppe Euro 2.500,00
Abwasser Euro 4.984,67
Rechnerisch insgesamt Euro 398.921,18
Hiervon seien Zahlungen in Höhe von 377.998,75 € abzuziehen, so dass sich als
Zwischensumme 11.922,43 € ergebe. Abzuziehen sei davon ein Minderungsbetrag von
4.002,96 € wegen zur geringer Grundstücksgröße. Abzuziehen seien außerdem Auslagen für
den Baustromverteiler über 446,25 € (Anlage B4, Bl. 135 Bd. I d.A.). Die Bereitstellung des
Zählerkastens habe der Kläger geschuldet. Daraus errechne sich eine Restforderung in Höhe
von 7.473,22 €, die durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen sei. Aus dem
überschießenden Teil der Gegenforderungen errechne sich die Widerklage, die nach
Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens noch erhöht werde. Der Aufwand für die
Baumängel betrage mindestens 250.000,- €.
Die Beklagten haben hinsichtlich ihrer Mängelrügen Bezug auf die zur Akte gereichten
Stellungnahmen von Privatsachverständigen genommen (Anlage B24, Bl. 3ff. Bd. III d.A.;
Anlage B13, Bl. 46ff. Bd. II d.A.). Wesentliche Mängel seien die unzureichende
Bodenplattenabdichtung und eine Durchbiegung der Erdgeschossdecken im Wohn- und
Esszimmer. Der Kläger habe die Beklagten nicht darauf hingewiesen, dass ihre
Eigenleistungen ungeeignet wären.
Die Klausel in § 6 des Notarvertrages sei unwirksam (BGH Urteil vom 07.06.2001 - VII ZR
420/00). Sie benachteilige den Verbraucher unangemessen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen xxx, xxx und xxx. Für
den genauen Inhalt ihrer Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.04.2015 verwiesen.
Das Gericht hat außerdem Beweis erhoben durch ein schriftliches Sachverständigengutachten
des Dipl. Ing. xxx. Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Durch den Abtrennungsbeschluss und das Urteil vom 24.05.2018, dem Kläger und der
Drittwiderbeklagten zugestellt am 30.05.2018, hat das Landgericht die Klage und die
Widerklage durch Beschluss abgetrennt und der Drittwiderklage durch Urteil stattgegeben. Zur
Begründung des stattgebenden Urteils hat das Landgericht ausgeführt, die Drittwiderklage sei
zumindest mit der Abtrennung zulässig und auch begründet. Nach dem Ergebnis der
bisherigen Beweisaufnahme lägen die Voraussetzungen für einen Eigentumsübergang vor,
weil die Ansprüche der Drittwiderbeklagten vollständig bezahlt bzw. sogar überzahlt seien. Die
beauftragten Zusatzaufträge seien nicht notariell beurkundet worden und könnten daher keine
Zahlungsverpflichtungen im Sinne von § 6 des Kaufvertrags darstellen. Aber selbst wenn sie
es wären, wären der Kläger und die Drittwiderbeklagte aufgrund der erklärten Aufrechnung mit
einem Anspruch aus § 637 Abs. 3 BGB überzahlt. Denn die bereits bewiesenen
Schadensersatzansprüche der Beklagten gemäß
wegen Mängeln der Abdichtung in Verbindung mit einem Verstoß gegen Hinweis- und
Warnpflichten überstiegen die Klageforderung. Die vernommenen Zeugen hätten den von dem
Kläger und der Drittwiderbeklagten zu erbringenden Beweis eines ausreichenden Hinweises
auf die fehlende Funktionstauglichkeit nicht erbracht. Der gerichtlich bestellte Sachverständige
xxx habe Kosten zur Beseitigung der mangelhaften Abdichtung in Höhe von 98.211,06 €
veranschlagt, sodass – auch bei Abzug von Sowiesokosten von ca. 20.000,- € – der Kläger
und die Drittwiderbeklagte auf jeden Fall überzahlt seien.
Bezüglich der genauen Beträge im Abrechnungsverhältnis sei die Sache noch nicht
entscheidungsreif, solange im selbstständigen Beweisverfahren 3 OH 11/19 Beweis erhoben
werde. Der Rechtsstreit sei insoweit gemäß § 148 ZPO auszusetzen. Da die Drittwiderklage
entscheidungsreif gewesen sei, sei der auszusetzende Teil abzutrennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die am 06.06.2018 eingelegte und mittels eines - nach gewährter
Fristverlängerung bis zum 30.08.2018 - am 29.08.2018 beim Oberlandesgericht
eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten.
Zur Begründung des Rechtsmittels rügen der Kläger und die Drittwiderbeklagte die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. Ein Anspruch auf die Eigentumsumschreibung bestehe
nicht, weil die Beklagten noch nicht alle Kaufpreisraten bezahlt hätten. Die Voraussetzungen
für die Fälligkeit der letzten (13.) Rate lägen noch nicht vor, weshalb der Kläger hinsichtlich
des Kaufpreises noch keine Schlussrechnung gelegt habe. Für die Zusatzleistung habe der
Kläger hingegen Schlussrechnung gelegt und den noch nicht bezahlten Betrag mit der
vorliegenden Klage geltend gemacht. Das Landgericht habe zwar darauf hingewiesen, dass
die zusätzlichen Leistungen durch Nachbeurkundung in den geschlossenen Notarvertrag
hätten miteinbezogen werden müssen (§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB). Das Landgericht habe die
hieraus folgende Konsequenz aber nicht gezogen. Die Ratenzahlungen hinsichtlich der
Zusatzleistungen hätten mit den Ratenzahlungen aus dem Notarvertrag nichts zu tun. Die
Ratenzahlungen auf den Kaufpreis des Notarvertrags seien noch nicht erbracht.
Das Fehlen eines Anspruchs auf Eigentumsumschreibung ergebe sich auch aus der
Rechtskraft eines Beschlusses des Landgerichts Stralsund (Az. 6 T 2/15) im
Beschwerdeverfahren (vgl. Anlage zur Berufungsbegründung, Bl. 180ff. Bd. IV d.A.).
Prozessual liege gemäß dem Hinweis des Landgerichts eine unzulässige Drittwiderklage vor,
die auch durch die Abtrennung nicht zulässig geworden sei. Das Landgericht habe es
verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Parteien auf die beabsichtigte Abtrennung hinzuweisen.
Dies verletze das rechtliche Gehör der Parteien. Die Unzulässigkeit des nach Abtrennung
ergangenen Teilurteils sei gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils lägen nicht vor, insbesondere bestehe
die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen. Demgegenüber hätte das
Landgericht dem mit der Klage geltend gemachten Vergütungsanspruch durch Teilurteil
stattgeben können und müssen.
Die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen xxx, xxx und xxx habe – entgegen der
Würdigung des Landgerichts – ergeben, dass der Kläger die Beklagten darauf hingewiesen
habe, dass die Bodenplatte insgesamt abzudichten sei und deshalb die Gesamtabdichtung
empfohlen werde. Die im Sachverständigengutachten des Sachverständigen xxx festgestellte
unzureichende Bodenabdichtung beziehe sich auf die unterbliebene Abdichtung durch die
Beklagten und nicht auf das Werk des Klägers.
Der Kläger und die Drittwiderklagte beantragen,
1. den Beschluss über die Abtrennung des Rechtsstreits und die Aussetzung bis zum
Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens 3 OH 11/18 aufzuheben,
2. den Antrag der Widerkläger und Drittwiderkläger, die Drittwiderbeklagte zu verpflichten,
den Antrag an die Rechtsnachfolgerin des Notars xxx, Frau xxx, zu stellen, die
Drittwiderkläger jeweils zur Hälfte als Miteigentümer des Grundstücks, belegen in der
Gemarkung xxx, eingetragen im Grundbuch von xxx, Blatt 55061, Flur2, Flurstücke
12/2, 12/14, 12/5 eintragen zu lassen, abzuweisen.
Die Beklagten und Widerkläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten und Widerkläger verteidigen das angegriffene Urteil. Die Berufung sei mangels
Beschwer unzulässig, soweit sie durch den Kläger erhoben werde. Beschwert sei lediglich die
Drittwiderbeklagte. Die Berufung der Drittwiderbeklagten sei unbegründet. Einer
Nachbeurkundung der Zusatzaufträge habe es nicht bedurft. Nach Auflassung vorgenommene
Änderungen und Ergänzungen seien nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes nicht mehr formbedürftig. Dies sei hier der Fall, weil die Auflassung
bereits im Notarvertrag vom 22.05.2012 erklärt worden sei.
Es komme letztlich nicht darauf an, welche Zahlung auf den ursprünglichen Kaufpreis laut
Notarvertrag und welche Zahlung auf die Zusatzleistungen erbracht worden sei. Zu Recht
habe das Landgericht dargelegt, dass der Kläger aufgrund der Aufrechnung mit einem
Mängelanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB jedenfalls überzahlt sei, weshalb die Voraussetzungen
für die Eigentumsumschreibung vorlägen.
Die Entscheidung des Landgerichts Stralsund stehe dem nicht entgegen, zumal es sich hierbei
nicht um ein Verfahren des ordentlichen Rechtswegs, sondern um ein besonderes
Dienstaufsichtsverfahren handele. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils hätten
vorgelegen, weil der Streitgegenstand teilbar sei und die Gefahr einander widersprechender
Entscheidungen nicht bestehe. Die bisher bewiesenen Mängel seien so massiv, dass auf
jeden Fall die geltend gemachte Klageforderung neutralisiert werde. Die Beweiswürdigung des
Landgerichts sei nicht zu beanstanden.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird ergänzend auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 17.11.2021 (Bl. 30ff. Bd. V d.A.) darauf hingewiesen,
dass er beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mit der Maßgabe einer durch den
Senat ausgewechselten Begründung zurückzuweisen. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte
haben mit Schriftsätzen vom 01.12.2021 und 02.12.2021 Stellung genommen und hierin
streitig gestellt, dass es sich bei der in § 6 des notariellen Vertrags vereinbarten Regelung um
Allgemeine Geschäftsbedingungen gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die
vorgenannten Schriftsätze Bezug genommen (Bl. 52ff. Bd. V d.A.).
B.
Die Berufung ist gemäß
Das Rechtsmittel hat nach einstimmiger Auffassung des Senats aus den im Hinweisbeschluss
vom 17.11.2021 dargelegten Gründen (I.) und auch unter Berücksichtigung der weiteren
Stellungnahmen des Klägers und der Drittwiderbeklagten (II.) offensichtlich keine Aussicht auf
Erfolg. Die übrigen Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 S.
1 ZPO liegen ebenfalls vor (III.).
I.
Wegen der für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Gründe wird auf den
Hinweisbeschluss vom 17.11.2021 verwiesen (
heißt:
„Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht der Drittwiderklage der Beklagten stattgegeben.
Dies folgt nach Auffassung des Senats bereits daraus, dass die vertragliche Vorlagesperre in
§ 6 des notariellen Vertrags gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (1.). Auf die
landgerichtlichen Erwägungen zur Aufrechnung der Beklagten mit ihren widerklagend geltend
gemachten Ansprüchen kommt es für den Erfolg der Drittwiderklage nicht an (2.). Das Urteil
beruht auch nicht auf den durch die Berufung gerügten Verfahrensfehlern (3.).
1.
Unstreitig handelt es sich bei der vertraglichen Vorlagesperre in § 6 des Notarvertrags um eine
von der Drittwiderbeklagten als Verkäuferin und Bauträgerin gestellte Allgemeine
Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte
sind dem von den Beklagten vorgetragenen Charakter der Klausel als von den Verkäufern
gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung nicht entgegengetreten, sondern haben sich
lediglich auf die AGB-rechtliche Wirksamkeit der Klauseln berufen (vgl. Schriftsatz vom
26.05.2015, Bl. 48ff. Bd. III d.A.).
Die Klausel führt zu einer Vorleistungspflicht der Beklagten, die als Erwerber erst dann als
Eigentümer eingetragen werden können, wenn sie den gesamten Kaufpreis für das auf dem
Grundstück zu errichtende Einfamilienhaus entrichtet haben. Der damit verbundene Verlust
des Leistungsverweigerungsrechts aus § 320 BGB ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes als unangemessene Benachteiligung zu bewerten (BGH, Urteil vom 07.
Juni 2001 – VII ZR 420/00 –, juris Rn. 18f.). Denn durch die mit einer solchen Klausel in einem
Bauträgervertrag auferlegte Pflicht zur Vorleistung verliert der Erwerber die Möglichkeit, sein
gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB zur Geltung zu bringen, wenn der
Veräußerer nicht oder schlecht erfüllt. Eine solche Vorleistungsverpflichtung in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ist nur dann wirksam, wenn sie durch einen sachlichen Grund
gerechtfertigt ist, der auch bei der Abwägung mit den hierdurch für den Erwerber entstehenden
Nachteilen Bestand hat (BGH, a.a.O.; vgl. auch KG Berlin, Urteil vom 29. August 2011 – 8 U
90/10 –, juris Rn. 50; OLG München, Urteil vom 13. November 2007 – 13 U 3419/07 –, juris
Rn. 6).
Bei dem vorliegenden „Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung“ (vgl. S. 2 der Anlage K1,
Bl. 7ff. Bd. I d.A.) handelt es sich um einen typengemischten Vertrag (sog. Bauträgervertrag),
bei dem die Pflicht zur Eigentumsverschaffung kaufvertraglich ist, auf dessen Pflicht zur
Bauerrichtung und diesbezügliche Mängelansprüche aber Werkvertragsrecht Anwendung
findet (vgl. Koeble in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl.,
Teil 10 Rn. 164ff.; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 –, juris Rn. 20ff;
MüKoBGB/Heermann, 8. Aufl. 2020, BGB § 675 Rn. 103). Ein ausreichender sachlicher Grund
für die durch die Klausel bewirkte Pflicht zur Vorleistung (entgegen § 641 Abs. 1 BGB), der bei
der gebotenen Abwägung mit den hierdurch für den Erwerber entstehenden Nachteilen
Bestand haben könnte und den damit verbundenen Verlust der Möglichkeit des gesetzlichen
Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Nach
Auffassung des Senats, der sich der dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung
anschließt, ist die Klausel daher unwirksam.
Die Unwirksamkeit der vorgenannten Klausel führt gemäß § 306 Abs. 1 BGB dazu, dass der
Vertrag im Übrigen wirksam bleibt und die Beklagten gemäß der in § 10 des notariellen
Vertrags bereits erklärten Auflassung und Eintragungsbewilligung ohne Weiteres im
Grundbuch einzutragen sind. Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Stralsund vom
09.09.2015 (Bl. 180ff. Bd. IV d.A.) steht der Annahme der Unwirksamkeit nicht entgegen,
zumal dieser Beschluss lediglich den angegriffenen Vorbescheid der Notarin aufgehoben hat,
aber keine rechtskraftfähige Entscheidung über die Wirksamkeit der Klausel enthält.
2.
Auf die landgerichtlichen Ausführungen zum Erlöschen des Restvergütungsanspruchs des
Klägers durch Aufrechnung (vgl. Seite 5 des landgerichtlichen Urteils) kommt es für den Erfolg
der Drittwiderklage nicht an, weil die Berufung bereits aus den zu Ziff. II.1 dargelegten Gründen
unbegründet ist.
a.
Der Senat beabsichtigt daher, die Begründung für den Erfolg der Drittwiderklage
auszutauschen.
Der Senat ist nicht gehindert, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mit
einer Begründung zurückzuweisen, auf die das erstinstanzliche Gericht nicht abgestellt hat.
Denn auch im Fall eines „Austauschs“ der Begründung des erstinstanzlichen Urteils durch das
Berufungsgericht kann eine Berufung ohne Erfolgsaussicht sein (vgl. OLG Rostock, Beschluss
vom 11. März 2003 – 3 U 28/03 –, juris Rn. 12ff. m.w.N.; OLG Celle, Beschluss vom 06. Juni
2002 – 2 U 31/02 –, juris Rn. 4; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05. August 2002 – 2
BvR 1108/02 –, juris Rn. 7; Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022,
Rn. 36; MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 522 Rn. 21). Wortlaut und
Normzweck des § 522 Abs. 2 ZPO fordern die fehlende Aussicht auf ein erfolgreiches Resultat
des Rechtsmittels. Nach dieser Resultatorientierung hat ein Rechtsmittel nur dann Erfolg,
wenn das Urteil – nicht nur in der Begründung, sondern im Ergebnis – zu Gunsten des
Rechtsmittelführers abgeändert wird. Dies ist nicht der Fall, wenn das Berufungsgericht das
erstinstanzliche Ergebnis hält und lediglich die Begründung austauscht. Der Normzweck der
Neuregelung, richterliche Arbeitskraft nicht unnötig durch intensive Befassung mit
substanzlosen Berufungen zu binden (vgl. BT-Drucksache 14/4722, S. 97), gebietet daher
eine am Rechtsmittelergebnis orientierte Auslegung des § 522 Abs. 2 ZPO, die
Zurückweisungen offensichtlich erfolgloser Berufungen auch bei einem „Austausch“ der
Begründung erlaubt.
b.
Der Austausch der Begründungen ist notwendig, weil wegen der Unwirksamkeit der Klausel
zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises vor Eigentumseintragung keine rechtskraftfähige
Entscheidung über die Aufrechnung der Beklagten mit ihren Mängelansprüchen ergehen
durfte.
Wegen der in § 322 Abs. 2 ZPO vorgesehen Rechtskrafterstreckung muss das Gericht im Fall
der Aufrechnung vorweg eine Feststellung über den Bestand der Hauptforderung treffen,
bevor es die Klage wegen der für begründet gehaltenen Aufrechnung abweist (BGH, Urteil
vom 01. Juli 1974 – II ZR 115/72 –, juris Rn. 22; Urteil vom 25. Juni 1956 – II ZR 78/55 –, juris
Rn. 9; OLG Köln, Beschluss vom 10. Dezember 1990 – 2 W 58/90 –, juris Rn. 21;
Musielak/Voit/Musielak, 18. Aufl. 2021, ZPO § 322 Rn. 84; BeckOK ZPO/Gruber, 41. Ed.
1.7.2021, ZPO § 322 Rn. 71). Entsprechendes gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem die
Aufrechnung der Beklagten – nach Ansicht des Landgerichts – nicht zur Abweisung der Klage,
sondern als Angriffsmittel zum Erfolg der Drittwiderklage führen würde (vgl. BGH, Urteil vom
04. Dezember 2014 – VII ZR 4/13 –, juris Rn. 48; MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, ZPO §
322 Rn. 207).
Nach diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war der Drittwiderklage vorliegend
stattzugeben, ohne über das Bestehen der Klageforderung und die erklärte Aufrechnung zu
entscheiden.
c.
Durch die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung wegen der dargelegten
Klauselunwirksamkeit kommt die durch das Landgericht angenommene Aufrechnung der
Beklagten mit Mängelansprüchen gegen die Vergütungsansprüche des Klägers nicht mehr
zum Zuge. Eine rechtskraftfähige Entscheidung (§ 322 Abs. 2 ZPO) über die Aufrechnung wird
– dann – nicht mehr vorliegen. Die beabsichtigte Zurückweisung wird zur Folge haben, dass
über die Fragen des Bestehens des durch den Kläger geltend gemachten
Vergütungsanspruchs und der Gegenansprüche der Beklagten auf Vorschuss zur
Mängelbeseitigung im vorliegenden Rechtsstreit nicht entschieden ist, sondern in dem
abgetrennten Prozess über die Klage und Widerklage zu entscheiden sein wird.
3.
Das Urteil beruht weder auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs zur Frage der
Verfahrenstrennung noch stellt es ein unzulässiges Teilurteil dar.
Das Landgericht hat der Drittwiderbeklagten – entgegen der in der Berufung erhobenen Rüge
– rechtliches Gehör gewährt. Es hatte in der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2018 (Bl.
63f. Bd. IV d.A.) auf die Möglichkeit der Abtrennung hingewiesen und der Drittwiderbeklagten
darüber hinaus – nach dem Antrag der Beklagten auf Abtrennung – mit Beschluss vom
05.04.2018 (Bl. 73 Bd. IV d.A.) die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt. Auch die Rüge
eines unzulässigen Teilurteils greift bereits deshalb nicht durch, weil das angegriffene Urteil
nach der erfolgten Prozesstrennung ein Endurteil und kein Teilurteil darstellt (vgl. nur
Musielak/Voit/Stadler, 18. Aufl. 2021, ZPO § 145 Rn. 6).
Überdies wäre ein Teilurteil, anders als die Berufung rügt, auch nicht wegen der Gefahr
einander widersprechender Entscheidungen unzulässig gewesen. Ein Teilurteil darf nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit eines
Streitgegenstandes und Entscheidungsreife eines Teils nur ergehen, wenn die Gefahr
einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch
das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 – VIII ZR 342/09
–, juris Rn. 25; Urteil vom 11. Mai 2011 – VIII ZR 42/10 –, juris Rn. 13, jew. m.w.N.). Die Gefahr
einander widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem
Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere
Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (BGH, a.a.O.).
Eine solche Gefahr bestand nach Auffassung des Senats aber nicht, weil der Drittwiderklage
bereits wegen der Unwirksamkeit der Klausel zur vollständigen Zahlung vor
Eigentumsumschreibung (siehe oben unter Ziff. II.1.) zuzusprechen war, ohne dass es auf
eine Entscheidung über die Aufrechnung mit Mängelansprüchen ankam. Die Frage der
Unwirksamkeit der vorgenannten Klausel stellt sich im weiteren Verfahren über die anderen
Ansprüche oder Anspruchsteile nicht mehr.“
II.
Die nach Zustellung des Hinweisbeschlusses mit Schriftsätzen vom 01.12.2021 und
02.12.2021 erfolgten Ausführungen des Klägers und der Drittwiderbeklagten zum
Nichtvorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen (1.) und zur Wirksamkeit der in § 6 des
Notarvertrags vereinbarten Vorlagesperre (2.) ändern an diesem Ergebnis nichts.
1.
Der neue Sachvortrag des Klägers und der Drittwiderbeklagten im Schriftsatz vom 01.12.2021,
mit dem sie erstmals bestreiten, dass es sich bei der vertraglichen Vorlagesperre in § 6 des
Notarvertrags um eine von der Drittwiderbeklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung
im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt, ist gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
a.
Gemäß
wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar
übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt der Zulassungsgrund des § 531
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nur dann zum Tragen, wenn der von dem neuen Vorbringen betroffene
Gesichtspunkt in erster Instanz entweder von allen Verfahrensbeteiligten übersehen worden
ist oder wenn das erstinstanzliche Gericht ihn für unerheblich gehalten hat. Die Vorschrift ist
demnach nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung anzuwenden, dass die Rechtsansicht
des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher, ohne
dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass
sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 19.
Februar 2004 – III ZR 147/03 –, juris Rn. 17ff.; Urteil vom 23. September 2004 – VII ZR 173/03
–, juris Rn. 18; Urteil vom 30. Juni 2006 – V ZR 148/05 –, juris Rn. 17f.; Beschluss vom 22.
Februar 2007 – III ZR 114/06 –, juris Rn. 7; Urteil vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 212/08 -, juris
Rn. 27; Urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 166/11 –, juris Rn. 19f.).
Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die
Partei durch seine Prozessleitung oder seine erkennbare rechtliche Beurteilung des
Streitverhältnisses davon abgehalten hat, zu bestimmten Gesichtspunkten (weiter)
vorzutragen (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 166/11 –, juris Rn. 19f. m.w.N.).
Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen. So kann das Gericht eine Partei etwa durch
die Erteilung von Hinweisen veranlassen, in erster Instanz von weiterem Vorbringen
abzusehen (BGH, Urteil vom 23. September 2004 – VII ZR 173/03 –, juris Rn. 18). Das
erstinstanzliche Gericht kann aber auch durch das Unterlassen von Hinweisen den Eindruck
erwecken, der bisherige Parteivortrag sei ausreichend (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011
– VIII ZR 166/11 –, juris Rn. 19f.). Von einer solchen Beeinflussung ist insbesondere dann
auszugehen, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs, hätte es die später vom
Berufungsgericht für zutreffend erachtete Rechtsauffassung geteilt, zu einem Hinweis nach §
139 Abs. 2 ZPO verpflichtet gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2018 – VI ZR
370/17 –, juris Rn. 20).
Nach diesen Grundsätzen ist das erstmalige Bestreiten des Vorliegens von – durch die
Drittwiderbeklagte gestellten – Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Berufungsverfahren
nicht zuzulassen. Denn der Sachvortrag des Klägers und der Drittwiderbeklagten zum
Nichtvorliegen einer durch sie gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung der vereinbarten
Eintragungssperre ist vom Landgericht nach Maßgabe der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht erkennbar übersehen oder für
unerheblich gehalten worden. Es fehlt an der dargelegten Voraussetzung einer kausalen
Beeinflussung des erstinstanzlichen Vortrags des Klägers und der Drittwiderbeklagten. Eine
solche ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Insbesondere wäre das Landgericht auch dann nicht gemäß § 139 Abs. 2 ZPO zu einem
rechtlichen Hinweis verpflichtet gewesen, wenn es – wie der Senat – der Drittwiderklage
wegen der Klauselunwirksamkeit der Eintragungssperre stattgegeben hätte. Denn die
Beklagten hatten diese AGB-rechtliche Unwirksamkeit der vertraglichen Vorlagesperre in § 6
des Notarvertrags unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 07. Juni 2001
(BGH – VII ZR 420/00 –, juris Rn. 18f.) ausdrücklich mit Schriftsatz vom 23.09.2014 (S. 11, Bl.
40 Bd. II d.A.) vorgetragen, und das Landgericht hat durch seine Prozessführung nicht den
Eindruck erweckt, es komme auf die durch die Beklagte vorgetragene AGB-rechtliche
Unwirksamkeit der Klausel nicht an.
Ein Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO war unter diesen Umständen nicht geboten, weil der
Kläger und die Drittwiderbeklagte, beide anwaltlich vertreten, durch den eingehenden Vortrag
der Beklagten zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet worden waren. Denn im
Fall einer – wie hier – anwaltlich vertretenen Partei ist davon auszugehen, dass die Partei
einen unmissverständlichen Vortrag verstanden hat, es sei denn, es ergeben sich deutliche
Anhaltspunkte für ein unzureichendes Erfassen (MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl. 2020, ZPO § 139
Rn. 45). Solche Anhaltspunkte lagen nicht vor. Im Gegenteil haben der Kläger und die
Drittwiderbeklagte erstinstanzlich zur Frage der AGB-rechtlichen Wirksamkeit verschiedener
Klauseln des Notarvertrags ausdrücklich Stellung genommen, ohne dabei das Vorliegen
Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu bestreiten (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 26.05.2015,
Bl. 50 Bd. III d.A.; S. 2 des Schriftsatzes vom 14.07.2015, Bl. 68 Bd. III d.A.), nachdem die
Beklagten das Vorliegen vorformulierter und durch den Kläger mehrfach verwendeter Klausel
vorgetragen hatten (vgl. S. 14 des Schriftsatzes vom 27.01.2014, Bl. 106 Bd. I d.A., S.10f. des
Schriftsatzes vom 23.09.2014, Bl. 39f. Bd. II d.A.).
b.
Eine Zulassung des neuen Vorbringens des Klägers und der Drittwiderbeklagten nach § 531
Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es ist kein Verfahrensfehler
ersichtlich, aufgrund dessen der Kläger und die Drittwiderbeklagte es erstinstanzlich
unterlassen hätten, das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu bestreiten. Auch ist
nicht dargetan, warum der Kläger und die Drittwiderbeklagte ihr Bestreiten nicht gemäß der
Prozessförderungspflicht des
Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 531 Rn. 30ff. m.w.N.). Die vom Gesetzgeber gewollte Konzentration
der Tatsachenfeststellung auf die erste Instanz zwingt die Parteien, grundsätzlich bereits in
erster Instanz alles vorzutragen, was aus ihrer Sicht für die Entscheidung des Rechtsstreits
erheblich ist. Verzichten sie z.B. aus prozesstaktischen Gründen auf einen derartigen Vortrag
und bestreiten den Vortrag der Gegenseite erst im Berufungsverfahren, ist dieses Vorbringen
gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November
2009 – VII ZR 31/09 –, juris Rn. 9).
2.
Soweit die Klägerin und die Drittwiderbeklagte ausführen, die in § 6 des Notarvertrags
vereinbarte Vorlagesperre führe nicht zum Verlust eines Leistungsverweigerungsrechts (§ 320
BGB) der Beklagten und sei daher nicht wegen unangemessener Benachteiligung der
Beklagten gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Denn anders als die Berufung geltend macht, entsteht ein „Recht zur Auflassung“ (vgl. Seite 3
des Schriftsatzes vom 01.12.2021, Bl. 54 Bd. V d.A.) auf Seiten der Beklagten nach der
vertraglichen Regelung nicht erst „nach vollständiger Fertigstellung und förmlicher Abnahme
und Zahlung des Restkaufpreises“: Die Parteien haben gemäß § 10 des Notarvertrags
vielmehr mit Vertragsschluss bereits wirksam die Auflassung erklärt und lediglich die
Eintragung der Beklagten im Grundbuch durch die in § 6 vorgesehene Vorlagesperre
gehemmt. Ob die Beklagten – wie die Berufung geltend macht – in einzelnen Bauabschnitten
die Möglichkeit hatten, Teilzahlungen wegen Werkmängeln zu verweigern, ist nicht
entscheidend. Entscheidend ist insoweit, dass die beklagten Erwerber – ohne sachlichen
Grund – die Eigentumsumschreibung infolge der Klausel nur durch Bezahlung des gesamten
Kaufpreises erreichen konnten. Der hierdurch bewirkte Verlust der Möglichkeit, ihr
gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen, führt nach der zitierten
höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 07. Juni 2001 – VII ZR 420/00 –, juris
Rn. 18f.) zu einer Unwirksamkeit der Klausel wegen unangemessener Benachteiligung (§ 307
Abs. 2 Nr. 1 BGB).
III.
Die offensichtlich unbegründete Berufung ist mit der Maßgabe der durch den Senat
ausgewechselten Begründung gemäß
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts
erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Anweisung zur Eigentumseintragung scheidet – wie
das Landgericht zutreffend festgestellt hat – wegen
aus, sodass hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit nur die Kosten des Rechtsstreits zu
berücksichtigen sind (vgl. BeckOK ZPO/Ulrici, 42. Ed. 1.3.2021, ZPO § 709 Rn. 5.4).
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in
Verbindung mit § 3 ZPO.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Rostock
Erscheinungsdatum:21.12.2021
Aktenzeichen:4 U 79/18
Rechtsgebiete:
Unternehmenskauf
Beurkundungsverfahren
Allgemeines Schuldrecht
AGB, Verbraucherschutz
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 307, 309 Nr. 2 lit. a, 650u; BeurkG § 53