BGH 08. Dezember 2021
XII ZB 402/20
BGB §§ 1373, 1374, 1375, 1376, 1381, 1384

Berücksichtigung eines Steuererstattungsanspruchs im Anfangsvermögen; Vorfälligkeitsentschädigung; Entstehung; Fälligkeit; maßgeblicher Zeitpunkt

letzte Aktualisierung: 28.1.2022
BGH, Beschl. v. 8.12.2021 – XII ZB 402/20

BGB §§ 1373, 1374, 1375, 1376, 1381, 1384
Berücksichtigung eines Steuererstattungsanspruchs im Anfangsvermögen;
Vorfälligkeitsentschädigung; Entstehung; Fälligkeit; maßgeblicher Zeitpunkt

a) Ist ein Steuererstattungsanspruch beim Eintritt des Güterstandes noch nicht entstanden, ist er
auch nicht im Anfangsvermögen zu berücksichtigen.
b) Eine nach dem Endstichtag anfallende Vorfälligkeitsentschädigung ist bei der Beendigung des
Güterstands genauso wenig zu berücksichtigen wie es Zinsbelastungen sind, die bei einer
Darlehensvaluta erst nach dem Stichtag eintreten.

Gründe:

A.
Die Beteiligten streiten um die Höhe des der Antragstellerin (im Folgenden:
Ehefrau) zustehenden Zugewinnausgleichs.
Die Beteiligten heirateten am 31. Dezember 2000. Sie lebten seit August
2013 getrennt; der Scheidungsantrag wurde am 30. Januar 2015 zugestellt. Die
Ehefrau hat keinen Zugewinn erzielt.

Die Ehefrau hat erstinstanzlich einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in
Höhe von 30.836,68 Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) ist
dem entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, eine Steuererstattung in
Höhe von 4.444,32 sei zu seinen Gunsten im Anfangs-
vermögen zu berücksichtigen, weil die Heirat erst am letzten Tage des Steuerjahres
erfolgt sei. Zudem sei von seinem Endvermögen entsprechend den
Grundsätzen der latenten Steuerlast bei Unternehmensveräußerungen im Zugewinn
noch eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 12.967,85 zur Ablösung
des Kredits für die am 21. Mai 2015 veräußerte Immobilie abzugsfähig.
Mit dem zur Ehescheidung seit 3. Oktober 2019 rechtskräftigen Verbundbeschluss
hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden und den Ehemann
zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 27.767,05
pflichtet. Hiergegen hat der Ehemann Beschwerde eingelegt und beantragt, den
zu zahlenden Zugewinnausgleich auf 9.405,68 reduzieren. Das Oberlandesgericht
hat den Beschluss wegen Rechenfehlern des Amtsgerichts geringfügig
abgeändert und der Ehefrau einen Zugewinnausgleich von 25.316,26
sprochen. Die Berücksichtigung der Steuererstattung im Anfangsvermögen und
der Vorfälligkeitsentschädigung im Endvermögen hat es - wie zuvor schon das
Amtsgericht - abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde, mit der er nur noch eine Herabsetzung des Zugewinnausgleichs
auf 16.123,38 beantragt hat.

B.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

I.
Die Rechtsbeschwerde ist uneingeschränkt zulässig. Das Oberlandesgericht
hat zwar für die Zulassung der Rechtsbeschwerde die Rechtsfrage benannt,
ob die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für die Bestimmung des Ausgleichsanspruchs
zu berücksichtigen sei. Ob hierin eine bloße Motivation für die
Zulassung der Rechtsbeschwerde zu erblicken oder eine Beschränkung der
Rechtsbeschwerdezulassung auf die Frage der Vorfälligkeitsentschädigung beabsichtigt
gewesen ist, bedarf keiner Erörterung. Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde
kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur
auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs beschränkt
werden, der Gegenstand eines Teilbeschlusses sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer
selbst seine Rechtsbeschwerde beschränken könnte. Unzulässig
ist es, die Zulassung auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (Senatsurteil
vom 5. Dezember 2018 - XII ZR 116/17 - FamRZ 2019, 429 Rn. 10 mwN).
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich beruht auf einer Saldierung verschiedener,
von den Ehegatten in der Ehe erworbener Vermögenspositionen. Er bildet als
einheitlicher Anspruch einen jedenfalls im Grundsatz unteilbaren Streitgegenstand,
der dem Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur insgesamt anfallen kann
und die Überprüfung aller Vermögensgegenstände, die bei der Saldierung berücksichtigt
worden sind oder zu berücksichtigen waren, erforderlich macht (Senatsurteile
vom 17. November 2010 - XII ZR 170/09 - FamRZ 2011, 183 Rn. 8
mwN und vom 4. Juli 2012 - XII ZR 80/10 - FamRZ 2012, 1479 Rn. 9).

II.
Die Rechtsbeschwerde, mit der nur noch die Nichtberücksichtigung der
Steuererstattung im Anfangsvermögen und der Vorfälligkeitsentschädigung im
Endvermögen angegriffen wird, hat keinen Erfolg. Im Übrigen ist die im Wesentlichen
auf tatrichterlichen Einschätzungen beruhende Entscheidung des Oberlandesgerichts
auch rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2021, 506 veröffentlichte
Entscheidung wie folgt begründet:

Die am 28. April 2001 gezahlte Steuererstattung für das Jahr 2000 in Höhe
von 4.444,32
vermögens außer Betracht gelassen. Einkommensteuerschulden und -erstattungen
seien mit dem Zeitpunkt ihres Entstehens im Zugewinn zu bilanzieren. Notwendig
für eine Berücksichtigung sei daher, dass der Veranlagungszeitraum zum
Stichtag bereits abgelaufen sei. Insoweit bleibe auch die Berufung auf § 1381
BGB ohne Erfolg. Der Sinn der Vorschrift sei nicht, die in der positivrechtlichen
Ausgestaltung des Zugewinnausgleichs selbst angelegten Mängel, die sich - wie
auch vorliegend - in einem Fall mehr, im anderen weniger auswirkten, nach Billigkeitsmaßstäben
zu beheben. Im Gegenteil habe der Ehemann, der durch die
Heirat am 31. Dezember 2000 auch berechtigt gewesen sei, die steuerlichen Vorteile
der Eheschließung für das gesamte Jahr geltend zu machen, umgekehrt als
Folge des strengen Stichtagsprinzips hinzunehmen, dass die Erstattungsforderung
im für das Anfangsvermögen relevanten Zeitpunkt - wenn auch denkbar
knapp, so doch noch - nicht fällig gewesen sei.

Im Endvermögen sei ein Abzug von 12.967,85
entschädigung nicht geboten. Die Immobilie sei erst am 21. Mai 2015 und damit
nach dem Stichtag veräußert worden. Die Vorfälligkeitsentschädigung sei auch
nicht entsprechend den Grundsätzen zur latenten Steuerlast abzugsfähig. Sie
falle nicht zwingend und unvermeidbar im Rahmen einer jeden Veräußerung an.
Diese Lösung erscheine auch deshalb richtig, weil sie Wertungswidersprüche
vermeide. Bei der Bewertung der Immobilie im Zugewinn sei nämlich der Grundstückswert
als Aktivposten und die noch offene Darlehensvaluta als Passivposten
auszuweisen, wobei lediglich die Restschuld, nicht aber die - im späteren
Verlauf hierauf noch zu zahlenden - Zinsen abzugsfähig seien, da die erst in der
Zukunft fällig werdenden Zinsen nicht im Endvermögen bilanziert würden. Würde
man aber die - ebenfalls noch nicht fällige und auch nicht zwingend geschuldete -
Vorfälligkeitsentschädigung als Passivposten bei der Wertermittlung in Ansatz
bringen, würde man ein Surrogat für die Zinszahlung beim Zugewinn berücksichtigen,
obwohl die hierdurch entfallene Zinslast für die Zukunft, die die Vorfälligkeitsentschädigung
ausgleichen solle, selbst nicht berücksichtigungsfähig gewesen
wäre und der wirtschaftliche Nachteil für den Eigentümer in beiden Fällen der
gleiche sei, sei es, ob er ihn ratierlich (über die Zinsleistung während der Laufzeit)
oder kapitalisiert (als Entschädigung) bedienen müsse. Selbst wenn man eine
Vorfälligkeitsentschädigung für grundsätzlich abzugsfähig hielte, fehlte es vorliegend
an Vortrag dazu, dass diese zwingende Folge der Veräußerung gewesen
wäre. Aus den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass der
Ehemann rechtliche Schritte gegen die Vorfälligkeitsentschädigung unter Hinweis
auf eine seinerzeit unrichtige Widerrufsbelehrung des Darlehens bereits begonnen
hatte. Mit Anwaltsschreiben vom 7. Mai 2015 habe der Ehemann gegenüber
der Ehefrau ausgeführt, der gemeinsam abgeschlossene Darlehensvertrag
weise Mängel in der Widerrufsbelehrung auf, und er plane, diesen zu widerrufen.
Die Erfolgsaussichten seien mit Anwaltsschreiben vom 10. Juni 2016 noch als
sei, sei daher erläuterungsbedürftig gewesen, ohne dass hierzu dezidierter Vortrag
erfolgt sei.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs sind Geldforderungen sowohl
in das Anfangs- als auch in das Endvermögen grundsätzlich mit ihrem
Nennwert aufzunehmen. Dies folgt aus dem im Zugewinnausgleich gemäß
§§ 1373 ff. BGB geltenden Stichtagsprinzips, das der Berücksichtigung erst künftig
eintretender Umstände grundsätzlich entgegensteht (Senatsurteil vom 24. Oktober
1990 - XII ZR 101/89 - FamRZ 1991, 43, 45 mwN).

Für die stichtagsbezogene Bewertung von Unternehmen im Zugewinnausgleich
ist in der Rechtsprechung des Senats zwar anerkannt, dass eine latente
Steuerlast wertmindernd ins Gewicht fällt. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen
eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist, vielmehr handelt es sich um eine
Konsequenz der Bewertungsmethode. Soweit der Wert danach ermittelt wird,
was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, darf nicht außer Betracht bleiben,
dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer
wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt.
Insoweit geht es um unvermeidbare Veräußerungskosten (Senatsurteil BGHZ
188, 249 = FamRZ 2011, 1367 Rn. 47 mwN).

Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es aus Gründen der Gleichbehandlung
im Rahmen dieser Bewertungsmethode deswegen geboten, eine latente
Steuerlast auch bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände (etwa
bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen) dann zu berücksichtigen,
wenn deren Veräußerung - bezogen auf die Verhältnisse am Stichtag
und ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht - eine Steuerpflicht
auslösen würde. Denn eine Bewertung, die auf den am Markt erzielbaren Preis
abstellt, hat die mit einer Veräußerung zwangsläufig verbundene steuerliche Belastung
wertmindernd einzubeziehen (Senatsurteil BGHZ 188, 249 =
FamRZ 2011, 1367 Rn. 50).

b) Aus dieser Rechtsprechung wollen Teile der Literatur weitergehende
Folgerungen auch für die Berücksichtigung der nach dem Stichtag anfallenden
Einkommensteuer oder der Vorfälligkeitsentschädigung herleiten.
aa) Unter Geltung der Rechtsprechung zur latenten Steuer könne die Versagung
der Abzugsfähigkeit der laufenden Einkommensteuer des Stichtagsjahres
nicht richtig sein (so Piltz NJW 2012, 1111, 1112). Diese Rechtsprechung sei
konsequenterweise auch auf eine mögliche Steuererstattung anwendbar. Jede
bis
Schuldposten abgezogen werden. Wirtschaftlich entstanden in diesem Sinne sei
die Einkommensteuer dann, wenn die Einkunftserzielungstatbestände bis zum
Stichtag abgeschlossen seien und die Steuer noch nicht durch Vorauszahlungen
oder Einbehaltung abgeflossen sei (Piltz NJW 2012, 1111, 1113). Schließlich
müsse auch in anderen Fällen, in denen Vermögen dem Zugewinnausgleich unterliege,
das dem Eigentümer vollständig gehöre, weil am
Ende des Jahres noch eine Einkommensteuer entstehen werde, diese Steuer
abgezogen werden. Die Höhe des Abzugs ergebe sich, wenn zwecks Steuerberechnung
angenommen werde, dass der Betreffende am Stichtag verstorben sei.
Dann ende die Einkommensteuerpflicht zum Todestag (Piltz NJW 2012, 1111,
1114). Es wäre mithin konsequent, wenn der Bundesgerichtshof den Abzug der
Steuer nicht nur im Rahmen der Bewertung bestimmter Vermögensgegenstände
anerkenne
entstünden, zum Abzug zuließe. Andernfalls könnte es in bestimmten Fällen zu
erheblichen Überbewertungen kommen (Piltz NJW 2012, 1111, 1115; vgl. auch
Schulz/Maier/Gutdeutsch FamRZ 2015, 2097, 2098 ff., die allerdings eine Insolvenz
fingieren wollen; aA Schlünder FamRZ 2015, 372 ff.).

bb) Im Rahmen einer gebotenen Ausweitung der Rechtsprechung zur latenten
Ertragssteuer sei auch an die Vorfälligkeitsentschädigung zu denken.
Wolle man die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konsequent auf diese
Positionen übertragen, könne es nicht darauf ankommen, ob der Zugewinn durch
eine Belastung der Immobilie oder durch Zahlungen aus einem Bargeldvermögen
beglichen werden könne. Entsprechend der Berücksichtigung bei einem Unternehmen
sei auch dann die Wahrscheinlichkeit einer Veräußerung nicht entscheidend
(vgl. auch Perleberg-Kölbel FuR 2021, 294).

c) Diese Erwägungen gehen am Kern der Rechtsprechung des Senats
vorbei, weil darin nicht entscheidend auf die künftige Entstehung von Forderungen,
sondern auf die stichtagsbezogene Bewertungsmethode abgestellt wird.

aa) Sowohl die Verpflichtung zur Einkommensteuernachzahlung als auch
ein Anspruch aus Steuererstattung entstehen erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums.
Gleichwohl kann die Rechtsprechung für die latente Steuerlast
nicht hierauf übertragen werden.

Gemäß § 25 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres
(Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der
Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Die Einkommensteuer
entsteht, soweit im Einkommensteuergesetz nichts Anderes bestimmt
ist, erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG) und zeitlich
nicht schon mit dem Erzielen der Einkünfte im Laufe des Jahres (Piltz NJW 2012,
1111). Entsprechendes gilt für die Einkommensteuererstattung.
Würde man für die Berechnung des Steuererstattungsanspruchs zum
Stichtag des Zugewinnausgleichs - wie in der Literatur vorgeschlagen - auf den
Todesfall oder eine Insolvenz des Verpflichteten abstellen, würde man die weitere
Entwicklung in dem Kalenderjahr, die für die tatsächliche Steuerlast aber von
erheblicher Bedeutung ist, unberücksichtigt lassen. Dies könnte zu teilweise nicht
gerechtfertigten Verschiebungen führen.

bb) Die fiktive Steuerlast ist bei der Bewertung der jeweiligen Vermögensgegenstände
aufgrund des in § 1378 Abs. 1 BGB manifestierten Halbteilungsgrundsatzes
zwingend zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung von latenten
Steuern für jeden einzelnen Vermögensgegenstand stellt den einzigen Weg einer
sachgerechten Beurteilung der für den Zugewinn maßgeblichen Vermögensver-
hältnisse dar. Darüber hinaus ist insbesondere das früher herangezogene Kriterium
der bevorstehenden Veräußerungsabsicht kaum praxistauglich. Dies gilt vor
allem dann, wenn, wie heute vielfach üblich, sich im Privatvermögen auch Wertpapiere
wie etwa Aktien befinden. Die latente Steuerlast lässt sich daher ohne
nennenswerte Schwierigkeiten konkret ermitteln. Sachverständigengutachten
sind regelmäßig nicht erforderlich (vgl. Meyer/Kern NZFam 2018, 926, 927).
Aus diesem Grunde hat der Senat die Berücksichtigung latenter Ertragssteuern
als Konsequenz der Bewertungsmethode nicht nur bei Inhabergeschäften,
sondern etwa auch bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen
für geboten erachtet (Senatsurteil BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367
Rn. 49 f. mwN).

cc) Auf eine Vorfälligkeitsentschädigung lässt sich dieser Gedanke aber
nicht übertragen, weil es sich dabei um ein Surrogat der erst nach dem Stichtag
anfallenden Zinsbelastungen handelt. Zum Stichtag ist der Grundstückswert der
Immobilie im Zugewinn als Aktivposten und die noch offene Darlehensvaluta als
Passivposten auszuweisen (Senatsbeschluss BGHZ 223, 374 = FamRZ 2020,
231 Rn. 17 mwN). Dabei wird lediglich die Restschuld, nicht aber der nach dem
Stichtag noch zu zahlende Zins bilanziert. Denn weil die Vorfälligkeitsentschädigung
die Funktion hat, den der finanzierenden Bank durch die vorfällige Tilgung
entstehenden Nachteil auszugleichen, ist sie als Surrogat für die nicht erfolgende
Zinszahlung anzusehen (vgl. OLG München FamRZ 2005, 459 f.; Bergschneider
FamRZ 2021, 509, 510; Clausius AnwZert FamR 9/2021 Anm. 2 B II.). Weil die
Vorfälligkeitsentschädigung im Ergebnis also nichts Anderes ist, als eine Kompensation,
wäre es ein Widerspruch im System, sie zu berücksichtigen.

d) Nach diesen Maßstäben ist die vom Oberlandesgericht vorgenommene
Bewertung der Steuererstattung und der Vorfälligkeitsentschädigung von Rechts
wegen nicht zu beanstanden.

aa) Die Ehegatten haben am 31. Dezember 2000 geheiratet. An diesem
Tag war der steuerliche Veranlagungszeitraum 2000 noch nicht beendet. § 25
Abs. 1 EStG regelt eindeutig, dass - bei Lebenden - der Anspruch auf Erstattung
bzw. der Anspruch auf Zahlung der Einkommensteuer erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums
entsteht. Deshalb war am 31. Dezember 2000 noch kein Erstattungsanspruch
entstanden, der beim Anfangsvermögen hätte berücksichtigt
werden können.

bb) Anderes gilt auch nicht für die Vorfälligkeitsentschädigung, weil diese
erst nach dem Endstichtag angefallen ist (Senatsbeschluss BGHZ 223, 374 =
FamRZ 2020, 231 Rn. 17 mwN).

e) Schließlich hat das Oberlandesgericht zu Recht § 1381 BGB bezogen
auf die Steuererstattung nicht angewandt.

aa) Nach § 1381 Abs. 1 BGB kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung
verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen
des Falles grob unbillig wäre. Die Vorschrift ermöglicht in besonders gelagerten
Einzelfällen eine Korrektur von Ergebnissen, die sich aus der schematischen
Anwendung der Vorschriften zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs
ergeben können. Nicht ausreichend ist allerdings, dass sich die Unbilligkeit allein
aus dem vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität
festgelegten pauschalisierenden und schematischen Berechnungssystem ergibt.
Dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten steht das Leistungsverweigerungsrecht
aus § 1381 Abs. 1 BGB nur dann zu, wenn die Gewährung des Ausgleichsan-
spruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden
in unerträglicher Weise widersprechen würde (Senatsbeschluss vom
20. Juni 2018 - XII ZB 84/17 - FamRZ 2018, 1415 Rn. 37 mwN).
Die Herkunft des Zugewinns ist im Rahmen des § 1381 BGB grundsätzlich
ohne Bedeutung. Der Zugewinnausgleich soll nach seinem Grundgedanken der
Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Vermögen dienen.
Die vom Gesetz vorgesehene pauschalisierte Berechnungsweise differenziert
dabei nicht danach, in welchem Umfang die Ehegatten zum Vermögenserwerb
während der Ehe beigetragen haben. Diese Wertung ist auch bei der Auslegung
des § 1381 BGB zu beachten (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013
- XII ZB 277/12 - FamRZ 2014, 24 Rn. 19 mwN).

bb) Gemessen hieran sind die Voraussetzungen des § 1381 BGB nicht
gegeben. Dass die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen
Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise
widersprechen würde, ist nicht ersichtlich, zumal der Ehemann durch die Eheschließung
am 31. Dezember 2020 für das gesamte Steuerjahr 2020 den Splittingvorteil
erhalten hat.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

08.12.2021

Aktenzeichen:

XII ZB 402/20

Rechtsgebiete:

Einkommens- und Körperschaftssteuer
Eheliches Güterrecht

Normen in Titel:

BGB §§ 1373, 1374, 1375, 1376, 1381, 1384