BGH 22. September 2022
V ZB 8/22
ZVG § 9 Nr. 1; BGB § 1010 Abs. 1

Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils bei Grundstücken

letzte Aktualisierung: 15.12.2022
BGH, Beschl. v. 22.9.2022 – V ZB 8/22

ZVG § 9 Nr. 1; BGB § 1010 Abs. 1
Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an Grundstück

a) In dem Verfahren über die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück
sind die Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile nicht schon wegen ihrer Stellung als
Miteigentümer als Beteiligte i. S. v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen.
b) Die übrigen Miteigentümer sind aber nach § 9 Nr. 1 ZVG Beteiligte, wenn für sie oder ihren
jeweiligen Miteigentumsanteil ein Recht an dem zu versteigernden Miteigentumsanteil im
Grundbuch eingetragen ist (etwa ein Grundpfandrecht, ein Vorkaufsrecht oder eine Regelung nach
§ 1010 BGB), oder wenn ihre aus dem Grundbuch ersichtlichen rechtlichen Interessen
ausnahmsweise ihre Beteiligung gebieten; das ist etwa dann der Fall, wenn eine Gesamtgrundschuld
auf allen Miteigentumsanteilen lastet (Fortführung von Senat, Beschluss vom 7. Juni 2018 –
V B 221/17, ZfIR 2019, 31).

Gründe:

I.
Die drei Antragsteller und die 34 weiteren Beteiligten des Beschwerdeverfahrens
sind die Mitglieder einer Erbengemeinschaft und als solche als Eigentümer
des Miteigentumsanteils Nr. 1e von 1/4 an dem im Eingang dieses Beschlusses
bezeichneten Grundstück eingetragen. Die im Grundbuch eingetragenen Eigentümer
der übrigen Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f sind verstorben
und wurden, wie die Antragsteller durch umfangreiche und aufwändige Ermittlungen
in Erfahrung gebracht haben, von insgesamt 71 Personen beerbt, die teils
inzwischen wiederum verstorben sind und von weiteren Personen beerbt wurden.
Die Antragsteller betreiben seit März 2020 die Teilungsversteigerung des Miteigentumsanteils
Nr. 1e zum Zwecke der Aufhebung der an diesem Anteil bestehenden
Gemeinschaft. Den Verkehrswert des Gesamtgrundstücks setzte das
ordnung der Zwangsversteigerung ist bislang nicht ergangen.

Das Amtsgericht hat die Antragsteller mit mehreren Zwischenverfügungen
jeweils aufgefordert, die Namen und ladungsfähigen Anschriften weiterer Erben
der übrigen Miteigentumsanteile mitzuteilen. Ihren Antrag, das Verfahren ohne
Beteiligung der Eigentümer der Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f fortzusetzen,
hat es durch Beschluss abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde
der Antragsteller hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.

II.
Das Beschwerdegericht meint, die weiteren Miteigentümer seien nach § 9
Nr. 1 ZVG als Beteiligte des Verfahrens über die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils
Nr. 1e anzusehen. Die Versteigerung eines Bruchteils wirke
sich auf das Gemeinschaftsverhältnis der Miteigentümer mit den sich hieraus ergebenden
Ansprüchen der Miteigentümer untereinander aus, etwa auf den
Früchteanteil, die Gebrauchsbefugnis und die gemeinschaftliche Verwaltung. Für
Gesamtrechte hafteten sie dinglich mit und bei Beendigung der Gemeinschaft
hätten sie bei der Teilung mitzuwirken. Etwas anderes folge vorliegend nicht
daraus, dass die im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer - und teils auch
deren Erben - verstorben seien und mit der Ermittlung der heutigen Miteigentümer
ein erheblicher zeitlicher und finanzieller Aufwand verbunden sei, der kaum
in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Verkehrswert des Grundstücks stehe.
Das Zwangsversteigerungsrecht unterscheide hinsichtlich des Verfahrens nicht
zwischen wertvollen und weniger wertvollen Grundstücken; dem stehe auch das
grundgesetzlich geschützte Recht der übrigen Miteigentümer auf rechtliches Gehör
entgegen.

III.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen
zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Teilungsversteigerungsverfahren
über den Miteigentumsanteil Nr. 1e ist ohne die Beteiligung der Eigentümer
der Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f fortzusetzen.

1. Allerdings ist umstritten, ob in dem Zwangsversteigerungsverfahren
über einen Grundstücksbruchteil die übrigen Miteigentümer aufgrund ihrer Eintragung
im Grundbuch als Beteiligte anzusehen sind.

a) Die überwiegende Meinung wendet § 9 Nr. 1 ZVG auf weitere Miteigentümer
unmittelbar an (Depré/Cranshaw, ZVG, 2. Aufl., § 9 Rn. 20; Hagemann in
Steiner, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 9 Rn. 47;
Hintzen in Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und
Zwangsverwaltung, Rn. 11.64; Löhnig/Rachlitz, ZVG, § 9 Rn. 11; Rellermeyer in
Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 15. Aufl., § 9 Rn. 11;
Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., Bd. 1 § 9 Rn. 47; Storz/Kiderlen, Praxis des
Zwangsversteigerungsverfahrens, 13. Aufl., S. 107; Stöber, ZVG, 22. Aufl., § 9
Rn. 44; M. Müller, ZMR 2007, 747; aus der älteren Literatur auch Jäckel/Güthe,
ZVG, 7. Aufl. [1937], § 9 Rn. 3 [S. 53]; Korintenberg/Wenz, ZVG, 6. Aufl. [1935],
Anm. 3; Reinhard/Müller, ZVG, 3./4. Aufl. [1931], § 9 Anm. IV.1.; Wolff, ZVG,
3. Aufl. [1909], § 9 Anm. 5).

b) Nach anderer Ansicht sind die Miteigentümer, deren Bruchteile nicht zur
Versteigerung stehen, nur dann als Beteiligte anzusehen, wenn zu ihren Gunsten
auf dem in Vollstreckung befindlichen Miteigentumsanteil ein Recht, etwa eine
Regelung gemäß § 1010 Abs. 1 BGB über das Verhältnis der Miteigentümer untereinander
eingetragen ist (vgl. Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; Eickmann/
Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 3. Aufl.,
S. 12; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung,
4. Aufl., § 9 ZVG Rn. 9; ders., Rpfleger 1990, 335, 337; Schneider,
ZfIR 2012, 613, 617; Böttcher, ZfIR 2019, 34, 35; wohl auch Ertle, ZfIR 2018,
815, 819; aus der älteren Literatur Fischer/Schäfer, Die Gesetzgebung betreffend
die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Reiche und in Preußen,
1902, § 9 Rn. 2a).

c) Der Senat hat die Frage bislang nicht entschieden. In einer älteren Entscheidung
hat er den weiteren Miteigentümer (dort der Ehegatte) als Beteiligten
i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG angesehen, weil im Grundbuch zugunsten beider Miteigentümer
eine Gesamtgrundschuld an dem Grundstück eingetragen war. Allerdings
folgte die Beteiligtenstellung des Miteigentümers in diesem Fall unmittelbar aus
dem Wortlaut der Norm, weil eine solche Grundschuld für den jeweils anderen
Miteigentümer Fremdgrundschuld ist und damit ein zu dessen Gunsten im Grundbuch
eingetragenes Recht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 1974
- V ZR 72/73, Leitsatz und juris Rn. 15, insoweit nicht abgedruckt in NJW 1975,
445). In einem jüngeren Beschluss hat der Senat entschieden, dass die übrigen
Miteigentümer immer dann zu beteiligen sind, wenn das Grundstück mit einem
Grundpfandrecht belastet ist. Ob sie auch dann zu beteiligen sind, wenn dies
nicht der Fall ist, hat er ausdrücklich offengelassen (Senat, Beschluss vom
7. Juni 2018 - V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31 Rn. 9). Er entscheidet die Frage nunmehr
im Sinne der zuletzt genannten Auffassung.

aa) In dem Verfahren über die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils
an einem Grundstück sind die Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile
nicht schon wegen ihrer Stellung als Miteigentümer als Beteiligte
i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen.

(1) Dem Gesetzeswortlaut ist dies allerdings nicht eindeutig zu entnehmen.

(a) Nach § 9 Nr. 1 ZVG gelten in dem Zwangsversteigerungsverfahren außer
dem Gläubiger und dem Schuldner als Beteiligte diejenigen, für welche zur
Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen
oder durch Eintragung gesichert ist. Nach § 864 Abs. 2 ZPO ist die
Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks nur zulässig, wenn der
Bruchteil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht oder wenn sich der Anspruch
des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit dem der Bruchteil als solcher
belastet ist. Folglich sind bei einem im Miteigentum stehenden Grundstück (nur)
die einzelnen Miteigentumsanteile Gegenstand der Zwangsvollstreckung. Insoweit
werden sie vollstreckungsrechtlich wie mehrere Grundstücke behandelt (Senat,
Beschluss vom 29. Oktober 2020 - V ZB 13/20, NJW-RR 2021, 467 Rn. 7).
Da der einzelne Miteigentumsanteil für sich genommen kein Recht an dem jeweils
anderen Miteigentumsanteil darstellt bzw. begründet, spricht der Wortlaut
der Norm auf den ersten Blick gegen eine Beteiligung der übrigen Miteigentümer.

(b) Der Formulierung in § 9 Nr. 1 ZVG lässt sich aber nicht eindeutig entnehmen,
dass es sich bei dem im Grundbuch eingetragenen Recht um ein Recht
an dem zu versteigernden Miteigentumsanteil handeln muss. Insoweit ist der
Wortlaut offener gefasst als in Nr. 2 der Vorschrift, wonach Beteiligte auch diejenigen
sind, welche ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück
belastenden Recht bei dem Vollstreckungsgericht anmelden. Zwar liegt
auf der Hand, dass es sich nicht um ein Recht an irgendeinem anderen als dem
zur Versteigerung stehenden Grundstück handeln kann. Der Wortlaut von § 9
Nr. 1 ZVG schließt es aber nicht aus, die weiteren Miteigentümer als Beteiligte
nach dieser Vorschrift anzusehen, auch wenn es sich vollstreckungsrechtlich um
verschiedene Grundstücke handelt und der Miteigentumsanteil kein Recht an
dem jeweils anderen Miteigentumsanteil ist bzw. begründet. Denn auch für den
weiteren Miteigentümer ist jedenfalls ein Recht mit engem Bezug zum Versteigerungsgegenstand
im Grundbuch eingetragen, nämlich sein ideeller Anteil an dem
Grundstück im sachenrechtlichen Sinne; sein Recht und sein Interesse gehen
also aus dem Grundbuch hervor (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juni 2018
- V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31 Rn. 10).

(2) Für die Bestimmung des Beteiligtenbegriffs in § 9 ZVG ist daher auf
den objektiven Sinn und Zweck der Regelung abzustellen.

(a) Die Zuweisung der Beteiligtenstellung an Personen, deren Recht nicht
unmittelbar zur Versteigerung kommt, die aber durch die Zwangsversteigerung
einen Rechtsverlust zu erleiden drohen, dient erkennbar dazu, ihnen die Möglichkeit
zu verschaffen, diesen Rechtsverlust durch geeignete Anträge zu verhindern.
Das Gesetz räumt den Beteiligten in dem Zwangs- bzw. Teilungsversteigerungsverfahren
zu diesem Zweck weitreichende Rechte ein. Unter anderem ist
ihnen die Bestimmung des Versteigerungs- und des Verteilungstermins zuzustellen
(§ 43 Abs. 1, § 105 Abs. 2 Satz 1 ZVG), sie können eine abweichende Feststellung
des geringsten Gebots und der sonstigen Versteigerungsbedingungen
verlangen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG), sie können, wenn ihr Recht durch Nichterfüllung
des Gebots beeinträchtigt werden würde, Sicherheitsleistungen verlangen
(§ 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG), sie können Widerspruch gegen Gebote und gegen die
Zurückweisung von Geboten erheben (§ 71 Abs. 1 und 2 ZVG) sowie bei der
Versteigerung mehrerer Grundstücke nach § 63 Abs. 2 ZVG verlangen, dass neben
dem Einzelausgebot alle Grundstücke zusammen ausgeboten werden (Gesamtausgebot)
bzw. dass die mit einem und demselben Recht belasteten Grundstücke
gemeinsam ausgeboten werden (Gruppenausgebot). Ihnen ist die Zuschlagsentscheidung
zu verkünden bzw. zuzustellen (§ 88 Satz 1 ZVG) und
ihnen steht die Beschwerde gegen die Erteilung des Zuschlags zu (§ 97 Abs. 1
ZVG).

(b) Der mit diesen Beteiligungsrechten bewirkte Schutz soll nach dem
Wortlaut von § 9 Nr. 1 ZVG zwar einerseits nicht nur denjenigen zuteilwerden, für
die ein dingliches Recht an dem zu versteigernden Grundstück im Grundbuch
eingetragen ist. Erst Recht gewährt das Gesetz die Beteiligtenstellung nicht nur
denjenigen, die ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10
Abs. 1 ZVG) haben. Vielmehr erstreckt es den Begriff des Beteiligten in § 9 Nr. 1
Alt. 2 ZVG auch auf diejenigen, für die (nur) ein Recht durch Eintragung gesichert
ist, etwa durch Vormerkung oder Widerspruch, obwohl diese Sicherungsmittel
selbst kein Recht an dem Grundstück darstellen. Es ist nicht einmal in jedem Fall
ein dingliches Recht erforderlich, wie sich aus der Aufnahme des Mieters oder
Pächters in den Kreis der - wenn auch nur nach Anmeldung (§ 9 Nr. 2 ZVG) - zu
beteiligenden Personen ergibt. Andererseits liegt der Konzeption des Gesetzes
auch zugrunde, dass der Kreis der Beteiligten nicht uferlos sein soll. Es soll ersichtlich
nicht jedes irgendwie geartete Interesse am Ausgang des Zwangsversteigerungsverfahrens
genügen. Denn es widerspräche dem erkennbaren Sinn
und Zweck der gesetzlichen Regelung, Personen, die lediglich ein tatsächliches
Interesse am Ausgang des Verfahrens haben, weitgehende Befugnisse einzuräumen
und es ihnen hierdurch zu ermöglichen, auf ein Verfahren Einfluss zu
nehmen, das sie in ihren Rechten nicht betreffen kann. Die Beteiligtenstellung ist
daher auf solche Personen zu begrenzen, denen durch die Versteigerung ein
Rechtsverlust oder zumindest ein rechtlicher Nachteil entstehen kann, wobei das
Recht, das durch die Versteigerung des Grundstücks verloren gehen oder beeinträchtigt
werden könnte, entweder aus dem Grundbuch erkennbar sein (Nr. 1)
oder angemeldet werden (Nr. 2) muss.

(c) Legt man diese gesetzgeberische Konzeption der Bestimmung des Beteiligtenbegriffs
zugrunde, kann der bloße Miteigentumsanteil für sich genommen
nicht genügen, um seinen Eigentümer nach § 9 Nr. 1 ZVG zu einem Beteiligten
des einen anderen Miteigentumsanteil betreffenden Zwangsversteigerungsverfahrens
zu machen. Denn dem Miteigentümer kann durch die Versteigerung eines
anderen Bruchteils ein Rechtsverlust oder ein rechtlicher Nachteil nicht entstehen;
es wird lediglich der bisherige weitere Miteigentümer durch einen anderen
ersetzt. Dass die Miteigentümer eine Gemeinschaft bilden und die Verwaltung
und Benutzung des gemeinsamen Grundstücks durch Beschlüsse regeln
(§ 754 BGB), mag zwar ein gewisses Interesse des Miteigentümers an der Person
des anderen begründen. Ein solches Interesse ist aber tatsächlicher, nicht
rechtlicher Natur, und kann daher die Beteiligtenstellung nicht begründen (zutreffend
Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; Sievers, Rpfleger 1990, 335, 337). Es
wird auch sonst von der Rechtsordnung nicht geschützt, denn nach § 747 Satz 1
BGB kann jeder Teilhaber über seinen Anteil am Eigentum verfügen.

(d) Wollte man den Miteigentümer allein aufgrund seines Miteigentums
stets als Beteiligten in dem Verfahren über die Versteigerung eines anderen Miteigentumsanteils
ansehen, liefe dies dem von dem Gesetzgeber mit § 9 Nr. 1
ZVG zumindest auch verfolgten Zweck, den Kreis der Beteiligten zu begrenzen,
zuwider. Bei einer großen Anzahl von Miteigentümern wäre eine erhebliche Anzahl
an Zustellungen mit den entsprechenden Kosten zu bewirken. Zudem kann
es für den Antragsteller, der - wie der vorliegende Fall zeigt - nicht immer in einer
persönlichen Verbindung zu den übrigen Miteigentümern stehen wird, erhebliche
Schwierigkeiten bereiten, sämtliche anderen Miteigentümer und deren zustellfähige
Anschriften zu ermitteln. Zwar trifft es zu, dass hinsichtlich der Verfahrensweise
nicht zwischen wertvollen und weniger wertvollen Grundstücken zu unterscheiden
ist. Dem Gesetzgeber war bei der Formulierung von § 9 ZVG aber ersichtlich
daran gelegen, das Verfahren für das Gericht und die Beteiligten - unabhängig
vom Verkehrswert des Grundstücks - handhabbar zu gestalten.

(e) Soweit das Beschwerdegericht meint, eine Beteiligung der übrigen Miteigentümer
sei schon im Hinblick auf deren Anspruch auf rechtliches Gehör aus
Art. 103 Abs. 1 GG geboten, trifft dies nicht zu. Dieses Verfahrensgrundrecht begünstigt
jeden, der an einem gerichtlichen Verfahren als Partei oder in ähnlicher
Stellung beteiligt ist oder unmittelbar rechtlich von dem Verfahren betroffen wird
Amadeus Wolff, 13. Aufl., GG Art. 103 Rn. 4). Die übrigen Miteigentümer werden
aber - wie gezeigt - durch die Versteigerung des nicht in ihrem Eigentum stehenden
Miteigentumsanteils an dem Grundstück im Hinblick auf ihren Miteigentumsanteil
als solchen nicht in ihren Rechten betroffen.

bb) Die übrigen Miteigentümer sind aber nach § 9 Nr. 1 ZVG Beteiligte,
wenn für sie oder ihren jeweiligen Bruchteil ein Recht an dem zu versteigernden
Miteigentumsanteil im Grundbuch eingetragen ist. Dies folgt unmittelbar aus dem
Wortlaut der Vorschrift, aber auch aus dessen soeben dargestelltem Sinn und
Zweck, da in diesem Fall durch die Versteigerung ein Recht des weiteren Miteigentümers
beeinträchtigt werden oder verlustig gehen kann. So liegt es etwa in
dem Fall, dass mehrere Miteigentümer für sich als Gesamtberechtigte eine Gesamtgrundschuld
an dem Grundstück bestellen. Denn eine solche Grundschuld
ist zwar in Bezug auf den eigenen Miteigentumsanteil Eigentümergrundschuld, in
Bezug auf die jeweils anderen Miteigentumsanteile aber Fremdgrundschuld und
damit ein zu dessen Gunsten im Grundbuch eingetragenes Recht (s.o. Rn. 8).
Der Miteigentümer könnte dieses Recht verlieren, wenn es bei der Versteigerung
nicht in das geringste Gebot fällt (§ 44 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Aus
demselben Grund sind die übrigen Miteigentümer - soweit ersichtlich unstreitig -
in dem Zwangsversteigerungsverfahren zu beteiligen, wenn eine schuldrechtliche
Regelung oder ein Anspruch nach §§ 755, 756 BGB gemäß § 1010 BGB als
Belastung des zu versteigernden Miteigentumsanteils im Grundbuch eingetragen
ist (vgl. Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs-
und Zwangsverwaltungsrecht, 3. Aufl., S. 12; Sievers in Kindl/Meller-
Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 9 ZVG
Rn. 9; ders., Rpfleger 1990, 335, 337; Schneider, ZfIR 2012, 613, 617; Böttcher,
ZfIR 2019, 34, 35; wohl auch Ertle, ZfIR 2018, 815, 819).

cc) Zudem sind die übrigen Miteigentümer dann als Beteiligte i.S.v. § 9
Nr. 1 ZVG anzusehen, wenn ihre aus dem Grundbuch ersichtlichen rechtlichen
Interessen ausnahmsweise ihre Beteiligung in dem Verfahren über die
Zwangsversteigerung eines (anderen) Miteigentumsanteils gebieten. So liegt es
etwa in dem von dem Senat bereits entschiedenen Fall, dass eine Gesamtgrundschuld
auf allen Miteigentumsanteilen lastet. Insoweit wird das Recht der übrigen
Miteigentümer an dem Grundstück durch die Versteigerung des Bruchteils zumindest
mittelbar berührt, weil sämtliche Miteigentumsanteile für das Pfandrecht
mithaften. In einer solchen Konstellation kann sich die Versteigerung eines Miteigentumsanteils
für die weiteren Miteigentümer auswirken. Dies gilt insbesondere
dann, wenn die Vollstreckung aus dem Gesamtpfandrecht betrieben wird,
da nach § 1181 Abs. 2 BGB (ggf. i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB; vgl. zur Anwendbarkeit
auf die Grundschuld Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl., § 1181 Rn. 4;
BeckOGK/Neie, [1.4.2022], BGB § 1181 Rn. 39 mwN) die übrigen Miteigentumsanteile
frei werden, wenn die Befriedigung des Gläubigers aus einem der
mit einem Gesamtpfandrecht belasteten Miteigentumsanteile erfolgt. Die übrigen
Miteigentümer haben in dieser Konstellation ein unmittelbares wirtschaftliches,
aber auch rechtliches Interesse daran, dass bei der Versteigerung ein Erlös erzielt
wird, der zur möglichst vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt. Dies
rechtfertigt es, ihnen die Beteiligtenstellung nach § 9 Nr. 1 ZVG zuzubilligen und
ihnen hierdurch zu ermöglichen, durch geeignete Anträge - etwa nach § 63 ZVG -
auf einen möglichst hohen Erlös hinzuwirken (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss
vom 7. Juni 2018 - V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31 Rn. 11; zustimmend Böttcher,
ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; krit. Schneider in Schneider, ZVG, § 9 Rn. 19; siehe
zur Versteigerung eines Miteigentumsanteils auch Senat, Urteil vom 14. September
2018 - V ZR 138/17, ZfIR 2019, 147 Rn. 20).

2. Da für die übrigen Miteigentümer, d.h. die Eigentümer der Miteigentumsanteile
Nrn. 1a bis 1d und 1f, weder ein Recht an dem zu versteigernden
Miteigentumsanteil Nr. 1e im Grundbuch eingetragen noch sonst ein rechtliches
Interesse dieser Miteigentümer an dem Verlauf und Ergebnis des Teilungsversteigerungsverfahrens
ersichtlich ist, sind diese nicht als Beteiligte nach § 9 Nr. 1
ZVG anzusehen und ist das Verfahren ohne sie fortzusetzen.

IV.
1. Der angefochtene Beschluss hat somit keinen Bestand; er ist aufzuheben
(§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat
der Senat selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO). Der Beschluss des Amtsgerichts
ist dahingehend abzuändern, dass das Teilungsversteigerungsverfahren
dem Antrag der Beteiligten zu 1 bis 3 entsprechend ohne Beteiligung der Eigentümer
der übrigen Miteigentumsanteile an dem Grundstück fortgesetzt wird. Das
Amtsgericht wird nunmehr über den Antrag auf Teilungsversteigerung des Miteigentumsanteils
Nr. 1e zu entscheiden haben.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten
des Teilungsversteigerungsverfahrens in einem auf die Beteiligung Dritter nach
§ 9 ZVG bezogenen Beschwerdeverfahren nicht als Parteien im Sinne der §§ 91
ff. ZPO gegenüberstehen (vgl. zu auf die Wertfestsetzung bezogenen Beschwerdeverfahren
Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170,
378 Rn. 7; Beschluss vom 21. November 2019 - V ZB 75/19, WM 2020, 938
Rn. 15).

3. Da für das erfolgreiche Rechtsbeschwerdeverfahren keine Gerichtsgebühren
anfallen (Nr. 2243 KV GKG), bedarf es insoweit keiner Festsetzung des
Gegenstandswerts.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

22.09.2022

Aktenzeichen:

V ZB 8/22

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundpfandrechte
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

ZVG § 9 Nr. 1; BGB § 1010 Abs. 1