Keine AGB-Kontrolle der Hauptleistungspflicht
letzte Aktualisierung: 4.10.2019
BGH, Urt. v. 11.7.2019 – VII ZR 266/17
BGB §§ 307 Abs. 3 S. 1, 650p Abs. 1
Keine AGB-Kontrolle der Hauptleistungspflicht
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung
und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und
Preisvereinbarungen), sind von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Die Freistellung von der
Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten,
d.h. den Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit
oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr
angenommen werden kann.
2. Zu den Leistungsbestimmungen, von denen die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der
Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die damit den unmittelbaren Gegenstand der
Hauptleistungspflichten bilden, gehören sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur
Beschaffenheit der von dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele.
3. Zur Frage, ob die in Vertragsmustern des Bundes für Verträge mit Architekten vorgesehenen
Regelungen „Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto
nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN
276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ES-Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst
sind.“ als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die vom Kläger zur Überprüfung gestellten vertraglichen Bestimmungen
stellten bloße Leistungsbeschreibungen dar und seien deshalb als sogenannte
essentialia negotii im Grundsatz einer inhaltlichen Rechtmäßigkeitskontrolle
anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen. Gemäß
§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterlägen einer umfassenden Inhaltskontrolle nur
solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von Rechtsvorschriften
abwichen oder diese ergänzten. Dagegen seien Vertragsbestandteile
regelmäßig einer Nachprüfung entzogen, die im Rahmen der Vertragsfreiheit
den Gegenstand der Hauptleistungen nach Art, Umfang und Güte
beschrieben und festlegten. Der mithin zu beachtende Grundsatz, dass
Leistungsbeschreibungen und frei vereinbare inhaltliche Leistungsbestimmun-
gen als unmittelbarer Ausdruck privatautonomen Handelns im Kern einer rechtlichen
Bewertung nicht unterworfen sein sollen, gelte im Besonderen auch für
Vereinbarungen von Baukostenobergrenzen in Architekten- und sonstigen
Planerverträgen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehe kein
Zweifel daran, dass es sich bei derartigen Abreden regelmäßig um Vereinbarungen
zur Beschaffenheit der beauftragten Planung handele.
Als in Allgemeine Geschäftsbedingungen eingebettete Leistungsbeschreibung
seien die Regelungen zu den Baukosten allerdings gemäß § 307
Abs. 3 Satz 2 BGB an dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Transparenzgebot
zu messen. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege aber
nicht vor. Insbesondere seien die Klauseln nicht deshalb intransparent, weil die
Auftragnehmer über die Haftungsfolgen nicht belehrt würden. Die Klauseln ließen
des Weiteren auch keinen Zweifel daran aufkommen, auf welche Baukosten
sie abstellten. Der Klauselwortlaut sei dabei nicht zuletzt auch aus der Sicht
des Adressaten eindeutig. Das ergebe sich aus dem Hinweis auf die Kostengruppen
200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12. Schließlich seien die Klauseln
deshalb transparent, weil sie eindeutig erkennen ließen, dass der Auftragnehmer
seine Leistungen bezogen auf die von ihm zu bearbeitenden Kostengruppen
so zu erbringen habe, dass die Kostenobergrenze eingehalten werde.
II.
Das hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Der Kläger, der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG berechtigt ist, Ansprüche
nach § 1 UKlaG geltend zu machen (1.), kann von der Beklagten nicht
verlangen, die beanstandeten Regelungen zu den Baukosten in § 5.3.1 Abs. 1
der Vertragsmuster nicht mehr zu verwenden oder verwenden zu lassen. Die
Regelungen sind insgesamt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3
Satz 1 BGB entzogen (2. und 3.). § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster
unterliegen zudem keiner Transparenzkontrolle, da es sich nicht um Allgemeine
Geschäftsbedingungen handelt (4.). § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster
hält einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2
BGB stand (5.).
1. Nach §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG stehen Ansprüche auf Unterlassung
der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die nach §§ 307 bis
309 BGB unwirksam sind, rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher
oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit sie insbesondere nach
ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande sind, ihre
satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger
beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.
Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger erfüllt. Er ist eine juristische
Person in Form eines eingetragenen Vereins (§ 21 BGB), der die beruflichen
Interessen freier Architekten fördern, insbesondere rechtmäßige Vertragskonditionen
in Vertragsmustern durchsetzen will. Die Klage ist deshalb von dem Satzungszweck
des Klägers gedeckt, da die von der Klage in Bezug genommenen
Vertragsmuster Leistungspflichten von Architekten zum Gegenstand haben.
Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug
genommen hat und die von der Revisionserwiderung nicht in Frage gestellt
werden, verfügt der Kläger zudem über eine hinreichende personelle, sachliche
und finanzielle Ausstattung, um seine satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen.
2. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1
und 2 der Vertragsmuster bereits deshalb nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer
Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 1 und 2,
sich um Regelungen über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten
des Architekten handelt.
a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen nur Klauseln der Inhaltskontrolle,
durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelungen
vereinbart werden. Klauseln, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen
Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen
(Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind dagegen
von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Es ist nach dem im Bürgerlichen Recht
geltenden Grundsatz der Privatautonomie den Vertragsparteien im Allgemeinen
freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen. Die Freistellung von der
Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Leistungsgegenstand.
Dagegen sind Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders
einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich zu kontrollieren.
Für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung verbleibt
nur der Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit
oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag
nicht mehr angenommen werden kann (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom
5. Oktober 2017 - III ZR 56/17 Rn. 15 m.w.N.,
b) Zu den Leistungsbestimmungen, von denen die Bestimmtheit oder
Bestimmbarkeit der Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die
damit den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten bilden, gehören
sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Beschaffenheit der von
dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele.
aa) Nach § 650p Abs. 1 Satz 1 BGB wird der Architekt durch einen Architektenvertrag
verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen
Stand der Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind,
um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele
zu erreichen. Mit dieser Formulierung wird zum Ausdruck gebracht, dass der
Architektenvertrag typischerweise eine Reihe verschiedener Pflichten umfasst
und zwischen dem Planungserfolg und den Planungs- und Leistungsschritten
zu unterscheiden ist (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts
und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, BT-Drucks.
18/8486, S. 66). Die auf dieser Grundlage vom Architekten als Hauptleistung zu
erfüllenden Pflichten definiert das Gesetz - anders als beispielsweise im Kaufoder
Mietrecht - nicht selbst, sondern verweist auf die Planungs- und Überwachungsziele,
die die Parteien vereinbaren. Die vertragliche Vereinbarung ist
damit entscheidend dafür, welche Hauptleistungspflichten der Architekt zu erfüllen
hat (MünchKommBGB/Busche, 7. Aufl., § 650p Rn. 9; Fuchs in FBS, HOAI,
2016, Syst A V Rn. 5).
bb) Für die der Privatautonomie unterliegende Beschreibung der von
dem Architekten geschuldeten Hauptleistung stehen den Vertragsparteien im
Grundsatz zwei Wege offen:
Die Vertragsparteien können im Zeitpunkt des Vertragsschlusses umfassend
Planungs- und Überwachungsziele bestimmen und Planungs- und Leistungsschritte
detailliert beschreiben. Sie können aber auch im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses die Planungs- und Überwachungsziele nur im Ansatz, beispielsweise
unter Bezeichnung des Grundstücks und Bestimmung des Zwecks
des zu errichtenden Gebäudes oder der herzustellenden Außenanlage vereinbaren
(vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur
Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, BT-Drucks. 18/8486, S. 67) und
die weitergehend notwendige Konkretisierung der zukünftigen Planung überlassen
(vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2015 - VII ZR 131/13 Rn. 24, BGHZ 205,
107).
c) Vereinbaren die Vertragsparteien - bei Vertragsschluss oder im Verlauf
des Planungsprozesses - eine Baukostenobergrenze, liegt darin eine Beschaffenheitsvereinbarung
der zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele,
die der Architekt als Hauptleistungspflicht zu erfüllen hat. Nach ständiger
Rechtsprechung entspricht die Planungsleistung eines Architekten nicht der
vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk oder eine Außenanlage
vorsieht, dessen/deren Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie
von den Parteien des Architektenvertrages vereinbart sind. Der Architekt ist
verpflichtet, die Planungsvorgaben des Bestellers zu den Herstellungskosten
des Bauwerks zu beachten und vereinbarte Baukostenobergrenzen einzuhalten
(BGH, Urteil vom 21. März 2013 - VII ZR 230/11 Rn. 9,
vom 6. Oktober 2016 - VII ZR 185/13 Rn. 16,
46). Die an dieser Rechtsprechung, die auch für nach dem 31. Dezember 2017
geschlossene Verträge gilt, vereinzelt geäußerte Kritik (Retzlaff, NZBau 2017,
131;
d) § 5.3.2 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster bestimmen eine Baukostenobergrenze
und beschreiben damit einen unmittelbaren Gegenstand der
Hauptleistungspflichten des Architekten. Während in § 5.3.2 Satz 1 der Vertragsmuster
die nicht zu überschreitenden Baukosten betragsmäßig festgelegt
werden, definiert § 5.3.2 Satz 2 der Vertragsmuster den Begriff der Baukosten
unter Verweis auf die Kostengruppen 200 bis 600 DIN 276-1: 2008-12.
3. § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster ist ebenfalls nach § 307
Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen.
a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 unterliegen rechtsdeklaratorische Klauseln,
die lediglich das wiedergeben, was von Rechts wegen ohnehin gilt, keiner Inhaltskontrolle.
Bei rechtsdeklaratorischen Klauseln würde eine Inhaltskontrolle
auf eine mittelbare Angemessenheitskontrolle des Gesetzes durch die Gerichte
hinauslaufen, die mit der Gesetzesbindung der Judikative nicht zu vereinbaren
wäre. Die Kontrolle müsste zudem leerlaufen, weil an die Stelle der unwirksamen
Klausel gemäß
Bestimmung träte. Um den rechtsdeklaratorischen Charakter einer Klausel feststellen
zu können, bedarf es eines Vergleichs zwischen dem durch Auslegung
zu ermittelnden Inhalt der Klausel und der für die Klauselthematik sonst geltenden
rechtlichen Regelung (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - XII ZR 164/12
Rn. 12,
juris Rn. 12).
b) Durch § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 des Vertragsmusters wird der Auftragnehmer
verpflichtet, seine Leistungen so zu erbringen, dass die Kostenobergrenze
eingehalten werden kann. Nichts anderes gilt nach § 650q Abs. 1,
§ 633 BGB. Danach ist der Architekt verpflichtet, seine Leistung frei von Sachund
Rechtsmängeln zu erbringen. Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist das Werk
des Architekten frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit
hat. Zu der vereinbarten Beschaffenheit der Leistungen des Architekten gehört,
wie bereits ausgeführt, dass der Architekt die zum Vertragsinhalt gewordenen
Vorgaben des Auftraggebers zu den Baukosten des Bauwerkes beachtet. Dabei
ist der Architekt verpflichtet, seine Leistungen so zu erbringen, dass eine
vereinbarte Baukostenobergrenze eingehalten werden kann.
Damit besteht Identität zwischen der Gesetzeslage und der in § 5.3.1
Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster vorgesehenen Klausel.
4. § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster unterliegen, im
Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und der Revision,
keiner Transparenzkontrolle nach
Diese Regelungen sind keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, da sie nicht
für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind.
a) Nach
alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen,
die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss
eines Vertrages stellt. Vorformuliert sind Vertragsbedingungen, wenn sie für
eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise
fixiert sind. Die Vorformulierung setzt voraus, dass die Vertragsbestimmungen
nicht für den konkreten Vertragsschluss entworfen, sondern als Grundlage oder
Rahmen für gleichartige Rechtsverhältnisse aufgestellt sind (vgl. BGH, Urteil
vom 26. September 1996 - VII ZR 318/95,
diesem Sinne sind Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen bereits
dann vorformuliert, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihre dreimalige
Verwendung beabsichtigt ist (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - VII ZR
31/03,
b) Nach diesen Grundsätzen ist § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster
nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren. Zwar ist trotz der
Notwendigkeit, in den Vertragsbedingungen den Betrag der Baukosten einzusetzen
und anzukreuzen, ob die Baukosten "brutto" oder "netto" vereinbart sein
sollen, von vorformulierten Vertragsbedingungen auszugehen (vgl. BGH, Urteil
vom 23. August 2016 - VIII ZR 23/16 Rn. 9,
vervollständigende Vertragsbedingung bezieht sich indes nicht auf eine Vielzahl
von Verträgen. Sie erhält vielmehr ihren Regelungsgehalt erst durch das
Einsetzen der Baukostensumme, die für das jeweilige Bauvorhaben, d.h.
individuell, bestimmt wird. Damit enthält § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster
eine Vertragsbestimmung, deren Verwendung nur für diesen Vertrag beabsichtigt
ist.
aa) Die Auslegung von § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster kann
der Senat selbst vornehmen. Dabei ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten
eines rechtlich nicht vorgebildeten Auftragnehmers nach dem objekti-
ven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Vertragsbestimmung zu
fragen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. August 2018 - III ZR 192/17
Rn. 16,
Wird das Feld für die einzusetzenden Baukosten nicht ausgefüllt, ist eine
Vereinbarung über die Baukosten nach § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster
nicht zustande gekommen. Darüber hinaus verpflichtet diese Bestimmung
den Auftragnehmer nicht, zu einem späteren Zeitpunkt eine Baukostenvereinbarung
zu schließen. Umgekehrt enthält die Regelung keinen Verzicht des Auftraggebers
auf das Recht, dem Auftragnehmer zu einem späteren Zeitpunkt die
Vereinbarung über Baukosten anzubieten. § 5.3.1 der Vertragsmuster erhält
daher einen Regelungsgehalt ausschließlich über die Eintragung einer Baukostensumme.
bb) Damit ist für die Beantwortung der Frage, ob diese Vertragsbestimmung
für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden soll, eine Absicht des
Auftraggebers entscheidend, die ausgefüllte Vertragsbestimmung für mindestens
zwei weitere Verträge zu verwenden. Das ist zu verneinen. Die Baukostenobergrenze
wird entsprechend den Gegebenheiten des konkret zu planenden
und gegebenenfalls zu verwirklichenden Bauvorhabens und den für
dieses Vorhaben verfügbaren finanziellen Mitteln festgesetzt. Baukostensumme
und Bauvorhaben bilden deshalb eine nur das konkrete Bauvorhaben betreffende,
individuelle Einheit. Eine Verwendung der ausgefüllten Vertragsbedingung
für einen Vertrag, der ein anderes Bauvorhaben betrifft, ist ebenso wenig
vorgesehen wie eine nochmalige Verwendung für dieselbe Planungs- und/oder
Überwachungsleistung bei diesem Bauvorhaben.
Darin unterscheidet sich die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze in
einem Architektenvertrag von Leistungsbeschreibungen in Vertragsmustern, die
Rechte und Pflichten des Vertragspartners ohne individualisierenden Bezug
zum konkreten Vertragsschluss allgemein regeln und die deshalb in der Rechtsprechung
als Allgemeine Geschäftsbedingungen angesehen werden (vgl. nur
für Klauseln eines Telekommunikationsunternehmens über Datenautomatik bei
der Internetnutzung: BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - III ZR 56/17, NJW
2018, 534; für eine Abschlussgarantie beim Neuwagenkauf: BGH, Versäumnisurteil
vom 6. Juli 2011 - VIII ZR 293/10 Rn. 16,
im Rahmen privater Vorsorge bei Arbeitslosigkeit: BGH,
Urteil vom 24. März 1999 - IV ZR 90/98,
c) § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster ist ebenfalls nicht als
Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, da diese Regelung in einem
untrennbaren Zusammenhang mit § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster
steht.
aa) § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster definiert nicht, was unter
"Baukosten" zu verstehen ist. Eine solche Unklarheit führt zu erheblichen Auslegungsproblemen
(vgl. Fuchs in Festschrift für Messerschmidt, 2018, S. 21,
24 f.) und gegebenenfalls zur Unbestimmbarkeit und deswegen Unwirksamkeit
der Baukostenvereinbarung. Deshalb ergänzt § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster
die Baukostenvereinbarung durch eine Definition der Baukosten
unter Verweis auf die Kostengruppen 200 bis 600 DIN 276-1: 2008-12. § 5.3.1
Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster ist damit eine bloße Erläuterung von Satz 1
und hat deshalb keinen von Satz 1 zu trennenden eigenständigen Regelungsgehalt.
bb) Da § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster eine ausschließlich unselbständige
Ergänzung zu § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster darstellt,
teilt Satz 2 das rechtliche Schicksal von Satz 1 und ist deshalb ebenfalls nicht
als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren (vgl. Witt in Ulmer/
Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 1 UKlaG Rn. 21).
5. Schließlich hält § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster einer Transparenzkontrolle
nach
Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen
gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst
klar und durchschaubar darzustellen. Abzustellen ist bei der Bewertung der
Transparenz einer Vertragsklausel auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten
eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt
des Vertragsschlusses (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 25. Februar 2016
- VII ZR 156/13 Rn. 31 m.w.N.,
Diesen Anforderungen entspricht § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster
in beiden streitgegenständlichen Ausgestaltungen. Diese Regelung weist
den Architekten hinreichend klar und eindeutig darauf hin, dass er seine Leistungen
im Rahmen der ihm in seinem Aufgabenbereich jeweils zugewiesenen
Kostengruppen so zu erbringen hat, dass die vereinbarte Kostenobergrenze
eingehalten werden kann (a.A. Thode/Wirth/Kuffer/Kuhn, Praxishandbuch
Architektenrecht, 2. Aufl., § 13 Rn. 24). Soweit die Revision ausführt, die Regelung
sei intransparent, da sie die gravierenden rechtlichen und wirtschaftlichen
Konsequenzen der Vereinbarung einer Kostenobergrenze nicht deutlich mache,
folgt der Senat dem nicht. Dem durchschnittlichen Architekten ist klar, dass er
seine Leistungen unter Wahrung der Vereinbarung mit dem Besteller zur Baukostenobergrenze
zu erbringen hat und eine schuldhafte Nichtbeachtung dieser
Beschaffenheitsvereinbarung zu Schadensersatzansprüchen gegen ihn führen
kann. Eines gesonderten Hinweises auf diese Rechtsfolge bedarf es damit
nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:11.07.2019
Aktenzeichen:VII ZR 266/17
Rechtsgebiete:
Verein
AGB, Verbraucherschutz
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag
NJW 2019, 2997-3001
Normen in Titel:BGB §§ 307 Abs. 3 S. 1, 650p Abs. 1