OLG Düsseldorf 18. Juni 2010
I-3 Wx 79/10
ZPO § 740 II

Italienische Errungenschaftsgemeinschaft: Verurteilung beider Ehegatten zur Leistung ist Voraussetzung für Vollstreckung in gemeinschaftlich verwaltetes Gesamtgut

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Dokumentnummer: i3wx79_10
letzte Aktualisierung: 30.08.2010
OLG Düsseldorf, 18.06.2010 - 3 U 182/08
ZPO § 740 II
Italienische Errungenschaftsgemeinschaft: Verurteilung beider Ehegatten zur Leistung ist
Voraussetzung für Vollstreckung in gemeinschaftlich verwaltetes Gesamtgut
Auch bei der Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts ist die Zwangsvollstreckung in
das von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut nur dann zulässig, wenn beide
Ehegatten zur Leistung verurteilt worden sind.


Beschluss
vom 18. Juni 2010
B., Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
ZPO § 740 Abs. 2; Ital. Code Civile Art. 180 Abs. 1/2
Auch bei der Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts ist die Zwangsvollstreckung in das von
beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut nur dann zulässig, wenn beide Ehegatten zur
Leistung verurteilt worden sind.
In der Grundbuchsache
betreffend das im Grundbuch von B2. Blatt … eingetragene Wohnungseigentum
Beteiligte:
1. Frau B. N., in W.,
Miteigentümerin und Schuldnerin,
2. WEG in W.
Gläubigerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. in W.,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf
auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom
09.02.2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht G., des Richters am
Oberlandesgericht D. und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. P. beschlossen:
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.
Geschäftswert: bis 2.500 €
Gründe:
I.
Das vorbezeichnete Wohnungseigentum gehört zum Gesamtgut der zwischen der Beteiligten zu 1) und
ihrem Ehemann bestehenden Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht. Die Beteiligte zu 2)
hat unter Vorlage entsprechender Vollstreckungsunterlagen am 03.02.2010 die Eintragung einer
Zwangssicherungshypothek „auf dem Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 1)“ beantragt. Durch den
angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der
Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 1) stelle sich als Gesamthandsanteil dar, dessen Belastung
grundsätzlich ausgeschlossen sei. Eine sofortige Zurückweisung des Antrags sei geboten, da eine
2), mit der sie die Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht zu
erneuten Entscheidung begehrt. Sie macht geltend, das Amtsgericht habe ihren Antrag nicht ohne
vorherige Beanstandung im Wege der Zwischenverfügung zurückweisen dürfen. Ihr Antrag habe als
Berichtigungsantrag mit dem Ziel der Voreintragung der Schuldnerin mit ihrem Miteigentumsbruchteil,
§§ 39 Abs. 1, 47 GBO, ausgelegt werden können. Diesen Antrag stelle sie nunmehr ausdrücklich. Bei der
Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht werde vermutet, dass gemeinschaftliches
Eigentum Bruchteilseigentum zu je ½ sei.
Durch Beschluss vom 03.03.2010 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache
dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 71, 73 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen
Erfolg.
Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 2) auf Eintragung einer Zwangshypothek zu Recht
zurückgewiesen. Die Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht ist mit der
Gütergemeinschaft nach deutschem Recht, insbesondere bezüglich der Behandlung des Gesamtguts
vergleichbar (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2007, 1316; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 740 Rdnr. 12;
LG Heilbronn, RPfleger 1996, 521; BGH Rpfleger 1998, 351 für die Gütergemeinschaft nach
niederländischem Recht).
Gemäß § 740 Abs. 2 ZPO ist die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut, das von beiden Ehegatten
gemeinschaftlich verwaltet wird, nur dann zulässig, wenn beide Ehegatten zur Leistung verurteilt worden
sind. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beteiligte zu 2) hat lediglich einen Titel gegen die
Beteiligte zu 1), nicht gegen deren Ehemann.
Die Erforderlichkeit eines Titels gegen beide Ehegatten entfällt nicht durch die Besonderheiten des
italienischen Rechts. Die gesetzliche Regelung des italienischen Codice Civile stellt in Art. 180 Abs. 1
den Grundsatz der konkurrierenden Verwaltung des Gesamtguts durch die Ehegatten auf. Nach Art. !80
Abs. 2 des italienischen Codice Civile stehen die Durchführung von Handlungen, die über die
gewöhnliche Verwaltung hinausgehen, und der Abschluss von Verträgen, mit denen persönliche
Nutzungsrechte zugestanden oder erworben werden, beiden Ehegatten gemeinsam zu. Dabei gilt die
Verfügung über ein Grundstück als Maßnahme der außergewöhnlichen Verwaltung. Im Unterschied zum
deutschen Recht hat die fehlende Zustimmung des Ehegatten aber nicht die schwebende Unwirksamkeit
der Verwaltungsmaßnahme zur Folge. Vielmehr ist die Verfügung, wenn sie unbewegliche Gegenstände
betrifft, wirksam. Der andere Ehegatte hat aber das Recht, die Verfügung innerhalb eines Jahres ab
Kenntnis von der Verfügung anzufechten (vgl. hierzu Süß, MittBayNot 2007, 385). Diese Regelung kann
der Zwangshypothek aufgrund eines gegen einen einzigen Ehegatten gerichteten Titels möglich ist, auch
wenn das Grundstück zum Gesamtgut gehört, und dem anderen Ehegatten die Option einer
Drittwiderspruchsklage zugestanden wird (so aber Süß, MittBayNot 2007, 385, 387). Dies hätte eine mit
dem Grundbuchrecht nicht zu vereinbarende Unklarheit der Rangverhältnisse zur Folge.
Der Antrag konnte auch nicht als Berichtigungsantrag mit dem Ziel der Voreintragung der Schuldnerin
mit „ihrem Miteigentumsbruchteil“, §§ 39 Abs. 1, 47 GBO, ausgelegt werden. Die von der Beteiligten zu
2) insoweit herangezogene Entscheidung des Landgerichts Neubrandenburg, MDR 1995, 525, betrifft die
Voraussetzungen für die Eintragung einer Zwangshypothek zulasten des „in ehelicher
Vermögensgemeinschaft“ im Grundbuch eingetragenen Ehegatten aus der ehemaligen DDR und ist auf
den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

18.06.2010

Aktenzeichen:

I-3 Wx 79/10

Rechtsgebiete:

Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Erschienen in:

NJW-RR 2010, 1662
Rpfleger 2010, 584

Normen in Titel:

ZPO § 740 II