Kammergericht 19. Juli 2024
16 UF 39/22
BGB §§ 138, 242, 1570, 1571; EuGüVO Art. 5 Abs. 1, 69; BeurkG § 16 Abs. 1

Ehevertrag zwischen einem deutschem Kleinunternehmer und einer Thailänderin; Dolmetscher; Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle

letzte Aktualisierung: 28.10.2024
KG, Beschl. v. 19.7.2024 – 16 UF 39/22

BGB §§ 138, 242, 1570, 1571; EuGüVO Art. 5 Abs. 1, 69; BeurkG § 16 Abs. 1
Ehevertrag zwischen einem deutschem Kleinunternehmer und einer Thailänderin;
Dolmetscher; Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle

1a. Wenn das Ehescheidungsverfahren vor einem inländischen Gericht geführt wurde, besteht für
eine Güterrechtssache eine internationale (Annex-)Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5
Abs. 1 EuGüVO. Dabei müssen Güterrechts- und Ehesache nicht im gleichen Verfahren betrieben
werden, sondern die Zuständigkeit nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO ist auch dann gegeben, wenn die
Güterrechtssache in einem gesonderten Verfahren, unabhängig von der Ehesache, anhängig
gemacht wird.
1b. Nach Art. 69 EuGüVO ist getrennt zu prüfen, ob die EuGüVO in Bezug auf die internationale
Zuständigkeit anwendbar ist (Art. 69 Abs. 1 EuGüVO) sowie – in einem zweiten Schritt –, ob sie
auch hinsichtlich des anwendbaren Rechts gilt (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO).
2. Wenn der Beteiligte einer Beurkundungsverhandlung gegenüber dem beurkundenden Notar
unzutreffende Angaben zu seinen Sprachkenntnissen macht, sich der Notar aufgrund dieser
Angaben eine (möglicherweise unzutreffende) Überzeugung von den Sprachkenntnissen des
Beteiligten verschafft und der Beteiligte im Verlauf der Beurkundung auch nicht auf seine
(angeblich) fehlenden bzw. unzureichenden Sprachkenntnisse aufmerksam macht, muss der
Beteiligte die vom beurkundenden Notar getroffenen, in der Urkunde vermerkten Feststellungen
gegen sich gelten lassen mit der Folge, dass es ihm in einem nachfolgenden Rechtsstreit verwehrt ist,
aus diesem Umstand Bedenken in Bezug auf die Gültigkeit des notariell beurkundeten Ehevertrags
herzuleiten (Bejahung der Kenntnis der thailändische Amtssprache, obwohl angeblich nur ein
thailändischer Regionaldialekt beherrscht werden soll).
3. Von einer Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages kann im Allgemeinen nicht ausgegangen werden,
wenn:
a) der vereinbarte modifizierte Zugewinnausgleich, wonach es bei einer Beendigung der Ehe durch
Tod eines Ehegatten bei den gesetzlichen Bestimmungen sein Bewenden haben soll, wohingegen im
Scheidungsfall kein Zugewinnausgleich erfolgen soll, dazu dient, im Scheidungsfall den Bestand des
(kleinen) Unternehmens eines der beiden Ehegatten abzusichern, das für diesen Ehegatten dessen
Lebensgrundlage und alleinige Altersvorsorge darstellt und dessen Bestand deshalb nicht durch
eventuelle Ausgleichszahlungen gefährdet werden soll;
b) der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs aufgrund der konkreten Umstände des
Einzelfalles ausschließlich dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten zugutekommt, weil der
andere, als Unternehmer selbständig erwerbstätige Ehegatte keinerlei spezifische Altersvorsorge
betrieben hat und dies auch künftig nicht beabsichtigt, wohingegen der wirtschaftlich schwächere
Ehegatte aufgrund einer abhängigen Erwerbstätigkeit bzw. aufgrund der Betreuung eventueller, aus
der Ehe hervorgehender Kinder Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung
erwerben soll (und auch tatsächlich erworben hat), die ihm im Scheidungsfall auf diese Weise
ungeschmälert erhalten bleiben;
c) der vereinbarte Ausschluss nachehelicher Unterhaltsansprüche die Unterhaltsansprüche wegen
Kinderbetreuung und wegen Alters nach §§ 1570, 1571 BGB und damit solche Unterhaltsansprüche
vom vereinbarten nachehelichen Unterhaltsverzicht ausnimmt, die nach der Kernbereichslehre des
Bundesgerichtshofs an erster und zweiter Stelle rangieren. Dass die vom Unterhaltsausschluss
ausgenommenen Unterhaltsansprüche im Hinblick auf Höhe und Dauer beschränkt werden, ist
unschädlich, wenn die Beschränkung insgesamt maßvoll ausfällt und sich an den „Eckwerten“ des
früheren, bis zur Unterhaltsrechtsreform üblichen „Altersphasenmodells“ orientiert;
d) die verbliebenen Nachteile aus dem Ehevertrag zugunsten des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten
durch eine angemessene Abfindungsleistung kompensiert werden, deren Höhe sich an dem
letzten, vom wirtschaftlich schwächeren Ehegatten unmittelbar vor der Eheschließung erzielten
monatlichen Erwerbseinkommen orientiert und sich in einer Größenordnung von grob etwa 75%
des monatlichen Durchschnittseinkommen im Heimatland des betreffenden Ehegatten im
Zeitpunkt des Ehevertragsabschlusses bewegt, wenn dieser Ehegatte – dem Ehevertrag zufolge – im
Scheidungsfall beabsichtigt, in sein Heimatland zurückzukehren.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverfolgung in zweiter Instanz für
die von ihr am 17. März 2022 angebrachte Beschwerde gegen den am 19. Januar 2022 verkündeten
Teilbeschluss, mit der ihr (Stufen-) Antrag zurückgewiesen wurde, den Antragsgegner zu
verpflichten, im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung bestimmte Auskünfte zu
erteilen und die zu erteilenden Auskünfte zu belegen.
Die beiden Beteiligten – die Antragstellerin ist thailändische Staatsangehörige, der Antragsgegner
besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit – sind geschiedene Ehegatten. Die Ehe wurde mit dem am
7. Juli 2021 verkündeten Beschluss des Familiengerichts geschieden (Amtsgericht Pankow 23
F 4508/20). Ein Versorgungsausgleich fand nicht statt. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem
14. August 2021 rechtskräftig.

Die Beteiligten haben sich im Januar 2009 in Thailand kennengelernt: Die seinerzeit etwa 25 Jahre
alte Antragstellerin stammt aus einem Dorf in der im Nordosten Thailands, nahe der Grenze zu
Laos, gelegenen Provinz Khon Kaen, dem Isan. Sie war bereits seit mehreren Jahren in Thailand als
Controllerin bei einem Zulieferer des Autoherstellers T… berufstätig. Sie verfügte damals über ein
durchschnittliches monatliches Einkommen zwischen etwa 10.000 und 12.000 Baht. Diese Summe
entsprach im Mai 2010 grob etwa einem Betrag zwischen 250,00 € und 300,00 € bzw. zwischen 72%
und 87% des thailändischen Monatsdurchschnittseinkommens, das im Jahr 2011 etwa 345,00 €
betragen hat. Am Goethe-Institut in Thailand hat sie die deutsche Sprache auf dem Niveau A1
gelernt; ein einfacher Kenntnisstand, der dazu befähigt, Deutsch in alltäglichen, vertrauten
Ausdrücken und einfachen Sätze zu verstehen und anzuwenden. Sie war bereits einmal verheiratet
und betreute ihre aus dieser Ehe hervorgegangene, im Februar 2004 geborene Tochter N… Der
damals, im Jahr 2009, etwa 30 Jahre alte Antragsgegner ist gelernte Fachkraft für
Veranstaltungstechnik. Im Mai 2010 war er angestellter Geschäftsführer in seinem eigenen
Unternehmen, einer GmbH für Veranstaltungstechnik, und bezog ein monatliches Gehalt von etwa
1.700,00 €. Nach mehreren wechselseitigen Besuchen, davon ein Besuch der Antragstellerin in
Deutschland, reiste die Antragstellerin am 2. April 2010 nach Deutschland ein und zog zum
Antragsgegner. Die Ehe wurde am 28. Mai 2010 geschlossen. Die Tochter N… reiste im Mai 2011
der Antragstellerin nach Deutschland nach. Der Antragsgegner hat die Tochter im gemeinsamen,
ehelichen Haushalt aufgenommen und für sie gesorgt. Die Antragstellerin hat zeitweilig im
Unternehmen des Antragsgegners gearbeitet und im Übrigen Deutschkurse belegt, zuletzt auf dem
Niveau B2. Im April 2011 wurde der gemeinsame Sohn L… geboren. In der Folgezeit, bis zur
Trennung der Beteiligten im April 2019, betreute die Antragstellerin den gemeinsamen Sohn L…
und ihre Tochter und kümmerte sich um den gemeinsamen Haushalt. Ab Dezember 2019 war die
Antragstellerin als 450 €-Kraft in diversen Positionen, zuletzt als Reinigungskraft, berufstätig oder
hat Arbeitslosengeld bzw. staatliche Transferleistungen bezogen. Das Geschäftsführergehalt des
Antragsgegners betrug im Jahr 2020/2021, als er seinen Scheidungsantrag anbrachte, lediglich noch
450,00 €/Monat: Aufgrund der seinerzeitigen Corona-Pandemie durchlief das
Veranstaltungstechnik-Unternehmen eine schwere, existenzbedrohende Krise.

Am 27. Mai 2010 – einen Tag vor der Eheschließung am 28. Mai 2010 – schlossen die Beteiligten
zur Urkunde des Notars … …, B… (UR-Nr. …/2010) einen Ehevertrag. Bei der Beurkundung
wurde eine im Büro des Notars beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte als Dolmetscherin für die
thailändische Sprache hinzugezogen, auf deren Vereidigung alle Beteiligten verzichtet hatten. In
diesem Vertrag haben die Beteiligten u.a. für die allgemeinen Ehewirkungen sowie die
güterrechtlichen Wirkungen der Ehe das deutsche Recht gewählt und u.a. vereinbart, dass ein
Zugewinnausgleich, soweit die Ehe nicht durch Tod eines Ehegatten enden sollte, ausgeschlossen
sein soll. Weiter wurde für den Fall der Scheidung der Versorgungsausgleich ausgeschlossen, wobei
die Beteiligten im Vertrag hervorgehoben haben, dass der Antragsgegner als selbständig tätiger
Unternehmer weder in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in einer privaten Versicherung
Anwartschaften erworben hat und dies auch in Zukunft nicht beabsichtige, wohingegen beabsichtigt
sei, dass die Antragstellerin versicherungspflichtig tätig werden wird und auf diese Weise eigene
Anwartschaften erwirbt. Auf nachehelichen Unterhalt haben beide Beteiligten wechselseitig
verzichtet mit Ausnahme des nachehelichen Unterhalts wegen der Betreuung gemeinschaftlicher
Kinder und wegen Alters: In Bezug auf diese beiden Unterhaltstatbestände sollte es bei einem
Unterhaltsanspruch verbleiben, der jedoch der Höhe nach auf einen indexierten Höchstbetrag von
900,00 €/Monat begrenzt wird bzw. auf einen indexierten Höchstbetrag von 250,00 €/Monat, falls
ein Ehegatte seinen Lebensmittelpunkt nach Thailand verlegen sollte. In der Präambel der
Vereinbarung heißt es dazu, die Antragstellerin beabsichtige, im Alter oder im Fall einer Scheidung
ihren Lebensmittelpunkt eventuell nach Thailand zu verlegen. Die Dauer eines eventuellen Bezuges
von nachehelichem Unterhalt wurde im Fall, dass Betreuungsunterhalt geschuldet werden sollte, auf
das 10. Lebensjahr des jüngsten Kindes begrenzt und im Fall von Altersunterhalt auf eine Dauer
von fünf Jahren gerechnet ab Rechtskraft der Scheidung. Weiter haben die Beteiligten vereinbart,
dass der Antragsgegner an die Antragstellerin zur Abgeltung etwaiger weiterer Ansprüche aus der
Ehe eine Abfindung in Höhe von 250,00 €/Monat bezahlt, gerechnet ab dem 49. Monat nach
Eheschließung bis einschließlich des Monats, in dem der Scheidungsantrag rechtshängig wird oder
der Antragsgegner Rente bezieht. Soweit aus der Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen, soll die
Abfindungssumme beginnend ab dem Monat der Geburt des Kindes berechnet werden. Die
Abfindungsvereinbarung wurde durch weitere Klauseln ergänzt und ausgestaltet. Weiter haben die
Beteiligten Regelungen für den Fall getroffen, dass aufgrund einer Übersiedlung von ihnen nach
Thailand auf die Vereinbarung thailändisches Recht Anwendung finden sollte: Auch in diesem Fall
sollte der nacheheliche Unterhalt, abgesehen vom Unterhalt wegen Kinderbetreuung und wegen
Alters, ausgeschlossen bzw. der Höhe und der Dauer nach begrenzt sein; der Antragsgegner hat sich
verpflichtet, auch in diesem Fall eine Abgeltungszahlung zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf den Ehevertrag Bezug genommen.

Den von der Antragstellerin gegen den Antragsgegner geltend gemachten Anspruch auf
güterrechtliche Auskunft und Belegvorlage zum Tag der Eheschließung am 28. Mai 2010, zum
Trennungstag am 16. Januar 2020 sowie zum 8. Oktober 2020, dem Tag der Zustellung des
Scheidungsantrages im Verfahren Amtsgericht Pankow 23 F 4508/20, hat das Familiengericht mit
Teilbeschluss vom 22. September 2021 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
darauf verwiesen, dass der von den Beteiligten abgeschlossene Ehevertrag wirksam sei mit der
Folge, dass der Antragstellerin, nachdem für den Fall der Ehescheidung ein
Zugewinnausgleichsanspruch ausdrücklich abbedungen worden sei, vom Antragsgegner weder
Auskunft noch Belege fordern könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die
Teilentscheidung Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin, die in zweiter Instanz ihre
erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie meint, der abgeschlossene Ehevertrag habe im
Zeitpunkt der Unterzeichnung, am 27. Mai 2010, eine erhebliche, zu ihrem Nachteil einseitige
Lastenverteilung für den Scheidungsfall vorgesehen. Die Vereinbarung verstoße deshalb gegen die
guten Sitten und sei nichtig mit der Folge, dass die gesetzlichen Regelungen für die
Zugewinngemeinschaft Anwendung finden müssten und sie vom Antragsgegner Auskunft zu den
güterrechtlich relevanten Stichtagen verlangen könne. Insbesondere rügt sie, dass sie den Vertrag
überhaupt nicht verstanden habe, weil die vom Notar anlässlich der Beurkundung beigezogene
Dolmetscherin, die keine thailändische Muttersprachlerin gewesen sei, den Vertrag lediglich in die
thailändische Amts- bzw. „Standard-“ Sprache übersetzt habe, die in den gebildeten Kreisen der
Hauptstadt Bangkok gesprochen werde, aber nicht in den von ihr gesprochenen Dialekt ihrer
thailändischen Heimatprovinz, dem Isan. Die mündliche Übersetzung der Vereinbarung sei daher
unzureichend gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsgegner diesen Umstand bewusst
ausgenutzt habe, um einen Vertragsabschluss zu erzielen. Auch in der Sache sei der Vertrag
unausgewogen und benachteilige sie, weil sie in Thailand sämtliche Brücken abgebrochen habe und
bei einer Rückkehr dorthin wirtschaftlich vor dem „Aus“ stünde. Durch die vereinbarte
Abfindungsregelung, wonach ihr nach ihrem Dafürhalten eine Zahlung in Höhe von etwa 28.000,00
€ zustünde, werde dieser Nachteil nicht ausgeglichen, zumal der Antragsgegner in Bezug auf die
Zahlung des Abfindungsbetrages keine Zwangsvollstreckungsunterwerfung erklärt habe.
Der Antragsgegner verteidigt die ergangene Entscheidung als zutreffend und richtig. Er verweist
darauf, dass der Ehevertrag gerade keinen „Globalverzicht“ vorsehe, sondern in Bezug auf den
nachehelichen Unterhalt eine abgewogene Regelung vereinbart worden sei, durch die die
Unterhaltsansprüche wegen Kinderbetreuung und wegen Alters vom vereinbarten
Unterhaltsausschluss ausdrücklich ausgenommen seien. Der vereinbarte Verzicht auf den
Versorgungsausgleich wirke sich ausschließlich zu Gunsten der Antragstellerin aus, weil die
Regelung – da er als selbständiger Unternehmer weder in die gesetzliche Rentenversicherung
eingezahlt habe noch eine anderweitige, private Altersvorsorge betreibe – bewirke, dass die
Antragstellerin die von ihr in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte
einschließlich der von ihr dort erlangten Kindererziehungszeiten ungekürzt für sich behalten könne
und ihre Anrechte nicht, wie das unter Geltung der gesetzlichen Regelung vorgesehen sei, zur Hälfte
auf ihn übertragen würden. In der gegebenen verfahrensrechtlichen Situation – der isolierten
Geltendmachung güterrechtlicher Ansprüche, nachdem die Scheidung und der in jenem Verfahren
(Amtsgericht Pankow 23 F 4508/20) ausgesprochene Ausschluss der Durchführung eines
Versorgungsausgleichs inzwischen rechtskräftig seien – erweise sich ihr Verlangen als
rechtsmissbräuchlich, weil sie die ihr nachteiligen Seiten des Ehevertrages angreife, ohne zugleich
auf die ihr günstigen Aspekte des Ehevertrages – den allein ihr zugutekommenden Ausschluss des
Versorgungsausgleichs – verzichten zu müssen, da hierüber bereits rechtskräftig erkannt worden sei.
Ihre Rechtsverfolgung stelle sich damit insoweit als „Rosinenpickerei“ dar, was nicht toleriert
werden könne. Der vereinbarte Ausschluss güterrechtlicher Ansprüche sei sachgerecht: Die
Regelung diene dazu, sein Unternehmen von jeglichem güterrechtlichen Ausgleich auszunehmen
und damit in seinem wirtschaftlichen Bestand zu sichern, weil es sich bei dem Betrieb sowohl um
seine alleinige Lebensgrundlage als auch um seine Altersvorsorge handele. Weiter sei zu
berücksichtigen, dass der vereinbarte (teilweise) Verzicht auf gesetzliche Ansprüche durch eine
Abfindungszahlung zugunsten der Antragstellerin kompensiert werde. Die Rüge, die vertraglichen
Regelungen nicht verstanden zu haben, weil die Vereinbarung anlässlich der Beurkundung lediglich
in die in Bangkok gesprochene thailändische Amts- bzw. Standardsprache, nicht aber in den
spezifischen, in der thailändischen Heimatprovinz der Antragstellerin gebräuchlichen (Isan-) Dialekt
übersetzt worden sei, müsse fehlgehen, weil in den zahlreichen, von den Beteiligten mittlerweile
geführten Gerichtsverfahren stets nur ein Dolmetscher für die thailändische Amtssprache
hinzugezogen worden sei, ohne dass die Antragstellerin jemals bemängelt hätte, der Verhandlung
mangels ausreichender Beherrschung der thailändischen Amtssprache nicht folgen zu können.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin – anders als der Antragsgegner – bereits
einmal geschieden sei und für eine aus ihrer ersten Ehe hervorgegangene Tochter Verantwortung
trage: Bei diesem „Hintergrund“ sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin sich ohne
weiteres habe „überrumpeln“ lassen, sondern dass ihr die Risiken eines (erneuten) Scheiterns der
Ehe durchaus bewusst gewesen seien und damit auch der Umstand, dass in diesem Fall die
abgeschlossene Vereinbarung zum Tragen kommen werde. Der Antragsgegner verweist weiter
darauf, dass die Antragstellerin vor Unterzeichnung des Ehevertrages eine Beratung durch eine
namhafte, u.a. auf thailändisches Recht spezialisierte B… Familienrechtsanwältin in Anspruch
genommen habe. Die Beratung habe Ergebnisse gezeigt, was u.a. daran ersichtlich werde, dass der
Ehevertrag Regelungen vorsehe, wie zu verfahren sei, falls – etwa aufgrund eines Wechsels des
gewöhnlichen Aufenthalts – thailändisches Recht anwendbar werden sollte und dass ausdrücklich
auch in diesem Fall – zum Schutz der Antragstellerin – die vereinbarte Abfindungsregelung gelten
solle. Schließlich sei auch die besondere Situation der Beteiligten zu berücksichtigen; nämlich, dass
der Antragsgegner ein selbständiger Unternehmer sei und die Beteiligten eine Patchwork-Familie
begründet hätten, in der dem Antragsgegner die Versorgung der – im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses – sechsjährigen Tochter der Antragstellerin aus erster Ehe oblag.
Der Senat hat zu Informationszwecken die Akten des Scheidungsverfahrens beigezogen
(Amtsgericht Pankow 23 F 4508/20).

II.
Der Antrag der Antragstellerin, ihr für die Rechtsverfolgung in zweiter Instanz gemäß ihrem
Beschwerdeantrag vom 17. März 2022 Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, bleibt ohne Erfolg und
ist deshalb zurückzuweisen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 119 Abs. 1 Satz 1, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO):

1. Das ergibt sich allerdings noch nicht auf der Zulässigkeitsstufe, weil das Rechtsmittel der
Antragstellerin zulässig ist:

a) Die Antragstellerin hat ihre Beschwerde fristgerecht angebracht und ordnungsgemäß begründet
(§§ 58 Abs. 1, 63, 64, 113 Abs. 1, 117 FamFG).

b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die aufgrund der thailändischen
Staatsangehörigkeit der Antragstellerin fraglich sein könnte und die in jeder Lage des Verfahrens von
Amts wegen zu prüfen ist (vgl. nur KG, Beschluss vom 26. Juli 2018 – 3 UF 16/18, IPRspr 2018,
317 Nr. 138 [Rz. 23]), ist gegeben. Sie folgt, nachdem der Streit der Beteiligten sich um eine
Vereinbarung dreht, mit der sie als Ehegatten u.a. ihren ehelichen Güterstand geregelt haben (Art. 3
Abs. 1 lit. b EuGüVO [= EU-Güterrechtsverordnung Nr. 2016/1103]), aus Art. 5 Abs. 1 EuGüVO.
Denn die Beteiligten haben ein inländisches Gericht zur Entscheidung über eine Ehescheidung
angerufen – nämlich der Antragsgegner das Familiengericht Pankow, wo er im Verfahren 23
F 4508/20 seinen Scheidungsantrag anhängig gemacht hat – und das genügt, damit die
internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch für Fragen des ehelichen Güterrechts
begründet ist. Dass die Ehesache und die Güterrechtssache in einem Verfahren geführt werden, ist
dagegen nicht erforderlich, weil Art. 5 EuGüVO lediglich eine Annexzuständigkeit vorsieht: Durch
die Vorschrift soll erreicht werden, dass das güterrechtliche Verfahren und die Ehesache gebündelt
und beide Verfahren vor Gerichten des gleichen Mitgliedstaates geführt werden (vgl. Winter,
Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug [1. Aufl. 2023], Rn. 1076f.; Hausmann,
Internationales und Europäisches Familienrecht [2. Aufl. 2018], Rn. B 69). Die Europäische
Güterrechtsverordnung findet gemäß Art. 69 Abs. 1, 14 lit. a EuGüVO auch in zeitlicher Hinsicht
Anwendung, weil das vorliegende Verfahren erst im Juni 2021 und damit nach dem 28. Januar 2019
eingeleitet wurde. Art. 69 Abs. 3 EuGüVO steht dem nicht entgegen, weil diese Bestimmung
lediglich eine intertemporale Regelung zu der Frage enthält, ob durch die Europäische
Güterrechtsverordnung auch bereits das anwendbare Recht geregelt wird: Gemäß Art. 69 EuGüVO
ist nämlich jeweils gesondert zu prüfen, ob das europäische Einheitsrecht in verfahrensrechtlicher
Hinsicht – in Bezug auf die internationale Zuständigkeit – anwendbar ist (Art. 69 Abs. 1 EuGüVO)
sowie weiter – in einem zweiten Schritt – ob das Einheitsrecht auch (bzw. bereits) in
kollisionsrechtlicher Hinsicht, für die Frage des anwendbaren Rechts, gilt (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO
sowie vgl. Winter, Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug [1. Aufl. 2023], Rn.
1021ff.).

2. In der Sache selbst bietet die von der Antragstellerin angebrachte Beschwerde keine Aussicht auf
Erfolg, so dass ihr für die Rechtsverfolgung keine Verfahrenskostenhilfe gewährt werden kann:

a) Zwar liegt aufgrund der thailändischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin ein Fall mit
Auslandsberührung vor (Art. 3 EGBGB). Gleichwohl hat das Familiengericht im Ergebnis zu Recht
deutsches (Sach-) Recht angewandt. Das ergibt sich zwar noch nicht aus Artt. 22 Abs. 1, 26 Abs. 1
EuGüVO, weil die kollisionsrechtlichen Bestimmungen nach dem dritten Kapitel der Europäischen
Güterrechts-VO (= Artt. 20 ff. EuGüVO) nur für Ehegatten gelten, die am 29. Januar 2019 oder
danach die Ehe eingegangen sind, die Beteiligten hier jedoch bereits am 28. Mai 2010 geheiratet
haben (vgl. nur Winter, Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug [1. Aufl. 2023],
Rn. 1023). Vielmehr verbleibt es vorliegend gemäß Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB bei den bis
zum 28. Januar 2019 geltenden, autonomen kollisionsrechtlichen Bestimmungen nach Artt. 14, 15, 4
Abs. 2 EGBGB a.F. (vgl. Winter, Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug [1.
Aufl. 2023], Rn. 1031, 1039ff.). Die danach für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe zulässige
Wahl des (Sach-) Rechts des Staates, dem ein Ehegatte angehört (Art. 15 Abs. 2 Nr. 1, 4 Abs. 2
EGBGB a.F.), haben die Beteiligten getroffen: Im notariell beurkundeten Ehevertrag vom 27. Mai
2010 haben sie unter Ziff. II.1, 2. Absatz die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe ausdrücklich
dem deutschen Recht unterstellt. Die Rechtswahl ist, wie sich aus Artt. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4
EGBGB a.F. ergibt, formgültig, weil sie in einem notariell beurkundeten Ehevertrag getroffen wurde
(§ 1410 BGB). Die Rechtswahl gilt, obwohl die Antragstellerin mit ihrem Rechtsmittel die
Rechtswirksamkeit des notariell beurkundeten Ehevertrages als sittenwidrig und nichtig angreift, als
wirksam getroffen: Das folgt aus Art. 31 Abs. 1 EGBGB a.F., der seinerzeit geltenden Bestimmung
zur materiellen Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung, die inzwischen im Kerngehalt
wortgleich in Art. 24 Abs. 1 EuGüVO und in Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO übernommen wurde:
Danach beurteilen sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung
nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der (Ehe-) Vertrag wirksam wäre. Das ist das
deutsche materielle Recht und nach diesem bestehen, nachdem der Ehevertrag notariell beurkundet
wurde – abgesehen von der von der Antragstellerin gerügten Sittenwidrigkeit des Inhalts der
ehevertraglichen Regelungen im Übrigen –, keine Bedenken im Hinblick auf das Zustandekommen
oder die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung. Die von der Antragstellerin bestrittene
Gültigkeit und die Wirksamkeit des Ehevertrages ist damit am Maßstab des deutschen (Sach-)
Rechts zu messen.

b) Auf der Basis des deutschen Rechts kann die Rechtsverfolgung der Antragstellerin keinen Erfolg
haben: Nach § 1408 Abs. 1 BGB ist das Familiengericht an die ehevertragliche Vereinbarung der
Beteiligten gebunden, soweit die notarielle Vereinbarung formwirksam zustande gekommen ist und
sie einer an Art. 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 GG iVm. §§ 138, 242 BGB zu messenden Inhalts- und
Ausübungskontrolle standhält (vgl. Grüneberg/Siede, BGB [83. Aufl. 2024], § 1408 Rn. 7ff.). Beide
Voraussetzungen sind vom Familiengericht zu Recht bejaht worden (unter (aa), (bb) und (cc)):

(aa) (i) Der von den Beteiligten am 27. Mai 2010 zur Urkunde des Notars … … zu dessen UR-Nr.
…/2010 abgeschlossene, notariell beurkundete Ehevertrag entspricht den gesetzlichen
Anforderungen an die Form der Vereinbarung (Art. 11 Abs. 1 EGBGB, § 1410 BGB).

(ii) Die weiteren formalen Voraussetzungen an ein Beurkundungsverfahren unter Beteiligung einer
der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtigen Vertragspartei sind ebenfalls gewahrt: Der
Urkundsnotar hat eingangs der Urkunde, im Urkundsrubrum, die nach § 16 Abs. 1 BeurkG
erforderlichen Feststellungen zu den fehlenden Sprachkenntnissen der Antragstellerin getroffen. Er
hat deshalb eine Dolmetscherin für die thailändische Sprache hinzugezogen (§ 16 Abs. 3 Satz 1
BeurkG). Dass die hinzugezogene Dolmetscherin nicht vereidigt war, ist – entgegen der Auffassung
der Antragstellerin (Antragsschrift vom 23. Juni 2021, dort S. 5; I/5) – unschädlich, weil alle
Beteiligten – zulässigerweise (§ 16 Abs. 3 Satz 3, 2. HS BeurkG) – auf eine Vereidigung verzichtet
haben. Dessen ungeachtet wird die Wirksamkeit der Beurkundung durch die Vereidigung des
Dolmetschers, deren Fehlen oder deren fehlerhafte Vornahme nicht berührt (vgl. nur
Grziwotz/Heinemann, BeurkG [3. Aufl. 2018], § 16 Rn. 46). Darauf, dass die Antragstellerin eine
schriftliche Übersetzung des Ehevertrages in die thailändische Sprache verlangen könne, wurde sie
ebenfalls ordnungsgemäß hingewiesen (§ 16 Abs. 2 Satz 3 BeurkG); hierauf hat die Antragstellerin
verzichtet. Die entsprechenden Feststellungen finden sich im letzten Absatz der Urkunde
(Ehevertrag S. 17 und § 16 Abs. 2 Satz 4 BeurkG). Da es sich hierbei um eine reine
Ordnungsvorschrift handelt, lassen eventuelle Fehler – für die nichts ersichtlich ist – die
Wirksamkeit der Urkunde ebenfalls unberührt (vgl. Grziwotz/Heinemann, BeurkG [3. Aufl. 2018],
§ 16 Rn. 69).

(iii) Der Vortrag der Antragstellerin, mangels ausreichender Kenntnisse der thailändischen
Amtssprache habe sie der Beurkundungsverhandlung nicht folgen können mit der Folge, dass ein
Verhandlungsungleichgewicht vorgelegen habe und der Ehevertrag deshalb sittenwidrig und nichtig
sei, verfängt nicht. Denn die – nicht unter Beweis gestellte und vom Antragsgegner bestrittene –
Behauptung der Antragstellerin, sie habe der Beurkundung nicht folgen können, weil die
Dolmetscherin die Niederschrift des Ehevertrages lediglich in die thailändische Amts- bzw.
Standardsprache, aber nicht in den von ihr gesprochenen Dialekt ihrer Heimatprovinz in Thailand,
dem Isan, übersetzt habe, ist nicht nachvollziehbar:

Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die thailändische Amts- und Standardsprache insbesondere
vom Bildungsbürgertum der Hauptstadt Bangkok gesprochen werde. Aus ihrem weiteren Vortrag
ergibt sich, dass sie in Bangkok gelebt haben muss und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zum
thailändischen Bildungsbürgertum zählt: Denn die Antragstellerin hat, wie sie vorträgt, in Thailand
am Goethe-Institut Deutsch gelernt. Das einzige thailändische Goethe-Institut hat seinen Sitz
jedoch in Bangkok (18/1 Soi Goethe, Sathorn 1, Bangkok), so dass die Antragstellerin in Bangkok
(bzw. im Großraum Bangkok) gelebt haben muss, was in der Präambel des Ehevertrages (Ziff. I.3)
auch ausdrücklich vermerkt ist. Der Umstand, dass sie in Thailand begonnen hat, die deutsche
Sprache zu lernen, und sie zusätzlich – wie in der Präambel des Ehevertrages festgehalten (Ziff. I.3)
– über solide Kenntnisse der englischen Sprache verfügt, deutet (mindestens) auf eine gewisse Nähe
zum Bildungsbürgertum hin. Zudem hat sie in Thailand mehrere Jahre als Controllerin bei einem
Zulieferer von T… gearbeitet: Ein Controller muss nicht unbedingt über einen Hochschulabschluss
verfügen, aber zu den Aufgaben eines Controllers gehört es, das betriebsinterne Abrechnungswesen
zu prüfen und zu analysieren sowie ggf. auch, die Geschäftsleitung zu beraten bzw. an sie zu
berichten. Das setzt ein deutliches Maß an Bildung voraus und das spricht ebenfalls klar gegen die
Annahme, die Antragstellerin sei mangels ausreichender Kenntnis der thailändischen Amtssprache
nicht in der Lage gewesen, der Beurkundungsverhandlung zu folgen. Im Gegenteil: Der
beurkundende Notar hat sich von den Sprachkenntnissen der Antragstellerin eine eigene
Überzeugung gebildet (§ 16 Abs. 1 BeurkG) und im Rubrum der Urkunde vermerkt, dass sie
thailändisch spricht (vgl. Grziwotz/Heinemann, BeurkG [3. Aufl. 2018], § 16 Rn. 12ff.). Davon, dass
die Antragstellerin der thailändischen Amts- bzw. Standardsprache nicht ausreichend kundig sei,
sondern ausschließlich den thailändischen Dialekt des Isan sprechen bzw. verstehen würde, ist in der
Urkunde keine Rede: Die Feststellungen zu den thailändischen Sprachkenntnisse und deren
Bejahung durch den Notar aufgrund dessen Prüfung muss die Antragstellerin gegen sich gelten
lassen: Gerade wenn ihre Erklärung gegenüber dem Notar, thailändisch zu verstehen, nicht richtig
gewesen sein sollte, ist es ihr verwehrt, aus ihren unzutreffenden Angaben gegenüber dem
Urkundsnotar eine Unwirksamkeit der Urkunde herzuleiten (so ausdrücklich OLG Köln, Beschluss
vom 2. April 2019 – 10 UF 26/19, FamRZ 2019, 1689 [Rz. 16]). Tatsächlich ist es schlechterdings
nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin, wenn sie, wie sie behauptet, der Verhandlung
mangels ausreichender Sprachkenntnisse nicht habe folgen können, hierauf nicht den
Antragsgegner, den Notar oder die thailändische Dolmetscherin aufmerksam gemacht, sondern
gleichwohl den Ehevertrag unterzeichnet hat (vgl. auch Bergschneider/Wolf in Münch,
Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis [4. Aufl. 2023], § 7 Rn. 71: „Die Behauptung des
ausländischen Partners, man habe den Vertrag nicht verstanden, ist fast als Standardausrede zu
bezeichnen.“).

(bb) Im Rahmen der materiellen (inhaltlichen) Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die
Vereinbarung im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derartig einseitigen
Lastenverteilung im Scheidungsfall führt, dass sie als sittenwidrig anzusehen und ihr deshalb nach
§ 138 Abs. 1 BGB die Anerkennung durch die Rechtsordnung zu versagen ist. Ein eventuelles
„Sittenwidrigkeitsurteil“ ist aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände zu
treffen, bei dem zunächst – unter (i) – zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang durch die
Vereinbarung Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts
abbedungen werden und, falls das zu bejahen sein sollte, ob derartige Nachteile durch Vorteile an
anderer Stelle wieder kompensiert werden – unter (ii) –, bevor sodann eine umfassende
Gesamtabwägung zu erfolgen hat, die sich in objektiver Hinsicht u.a. auf die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse der Ehegatten, den beabsichtigten oder bereits verwirklichten Zuschnitt
ihrer Ehe und auf die Auswirkungen der Vereinbarung auf sie sowie ggf. auf ihre gemeinsamen
Kinder erstrecken muss (unter (iii)). In subjektiver Hinsicht sind im Rahmen dieser
Gesamtabwägung die Zwecke zu berücksichtigen, die die Ehegatten mit der Abrede verfolgt haben
und die beiderseitigen Gründe, die sie dazu bestimmt haben, die in Rede stehende Vereinbarung
abzuschließen (unten (iv)) (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Februar 2001 – 1 BvR 12/92, BVerfGE 103,
89 = FamRZ 2001, 343 [Rz. 31 ff.]; BVerfG, Beschluss vom 29. März 2001 – 1 BvR 1766/92,
FamRZ 2001, 985 [Rz. 6 ff.] sowie Senat, Beschluss vom 4. September 2023 – 16 UF 21/23, NJ
2023, 542 [Rz. 15 ff.] und Frank in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess [7. Aufl.
2021], Kap. 1 Rn. 1850).

(i) Die Beteiligten haben die folgenden Vereinbarungen getroffen:
- In güterrechtlicher Hinsicht haben die Beteiligten einen modifizierten Zugewinnausgleich
vereinbart (Ehevertrag Ziff. III.1ff.): Für den Fall der Beendigung der Ehe durch Tod eines
Ehegatten sollte es bei den gesetzlichen Bestimmungen sein Bewenden haben, wohingegen ein
Zugewinnausgleich im Fall, dass die Ehe geschieden wird, nicht stattfinden soll. Gegen eine
derartige Regelung bestehen keine Bedenken, weil der Zugewinnausgleich vom Kernbereich des
Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst wird, das Güterrecht vom Grundsatz der Vertragsfreiheit
geprägt ist und ehevertraglichen Gestaltungen am weitesten zugänglich ist. Deshalb sind
Vereinbarungen zur Zugewinngemeinschaft unter dem Gesichtspunkt der richterlichen
Inhaltskontrolle grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2007 – XII
ZR 96/05, FamRZ 2008, 386 [Rz. 20 ff.]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. März 2003 – 4 UF
212/02, FamRZ 2003, 1287 [Rz. 11: Vereinbarung von Gütertrennung zwischen Ehegatten mit
beiderseits türkischer Staatsangehörigkeit] sowie Bergschneider, Verträge in Familiensachen [7. Aufl.
2022], Rn. 599f.; Grüneberg/Siede, BGB [83. Aufl. 2024], § 1408 Rn. 21, 24). Hier kommt hinzu,
dass ausweislich der Präambel des Ehevertrages (Ziff. I.4) beide Beteiligten – auch wenn der
(tatsächlich eingetretene) Wunsch nach gemeinsamen Kindern nicht ausgeschlossen sein sollte –
beabsichtigt haben, weiterhin berufstätig zu sein und ihren Lebensunterhalt jeweils selbst absichern
wollten: In einem solchen Fall, in dem keiner der beiden Ehegatten bei Eheschließung über ein
nennenswertes Vermögen verfügt und eine beiderseitige Berufstätigkeit geplant ist, ist ein notarieller
Ehevertrag, der für den Fall der Scheidung den Ausschluss des Zugewinns und des
Versorgungsausgleichs vorsieht, auch dann nicht sittenwidrig, wenn für die Zukunft – so wie hier
(Ehevertrag Ziff. I.4, 4. Absatz) – ein allgemeiner Kinderwunsch besteht (vgl. OLG Koblenz,
Beschluss vom 23. Juni 2003 – 13 UF 257/03, FamRZ 2004, 200 [Rz. 4 f.]).

Nachdem der Antragsgegner Inhaber eines Unternehmens ist, erscheint die getroffene Gestaltung
letztlich auch sachgerecht, um im Falle einer Scheidung den Bestand des Unternehmens nicht zu
gefährden (vgl. Bergschneider/Wolf in Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis
[4. Aufl. 2023], § 7 Rn. 184): Denn das erkennbare Interesse des Antragsgegners, den Fortbestand
des Unternehmens als seiner Lebensgrundlage und (einzigen) Altersvorsorge nicht durch etwaige
Ausgleichszahlungen, die jedenfalls einen eventuellen Wertzuwachs des Unternehmens bis zu den
maßgeblichen Stichtagen erfassen würden, im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung
gefährden zu wollen, ist – wie der Bundesgerichtshof ausdrücklich festgestellt hat (vgl. BGH, Urteil
vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04, FamRZ 2007, 1310 [Rz. 17]) – legitim und kann deshalb nicht
als Ausnutzung einer ungleichen Verhandlungsposition qualifiziert werden.

- Im Ehevertrag haben die Beteiligten weiter den Versorgungsausgleich ausgeschlossen (Ehevertrag
Ziff. IV). Das ist, worauf der Notar die Beteiligten eigens hingewiesen hat (Ehevertrag Ziff. IV.4),
zwar im Hinblick auf die Inhaltskontrolle der Vereinbarung durchaus kritisch zu beurteilen, weil der
Versorgungsausgleich als vorweggenommener Altersunterhalt anzusehen ist, der innerhalb der
Kernbereichslehre auf der zweithöchsten Stufe, unmittelbar nach dem Betreuungsunterhalt, rangiert
(vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 110/99, FamRZ 2005, 26 [Rz. 8]). Allerdings
darf auch insoweit keine isolierte Betrachtung erfolgen, sondern es hat eine an den individuellen
Verhältnissen orientierte Gesamtabwägung stattzufinden (vgl. Bergschneider, Verträge in
Familiensachen [7. Aufl. 2022], Rn. 821). Dabei zeigt sich, dass der Ausschluss des
Versorgungsausgleichs hier eine Klausel ist, die von vornherein und ganz eindeutig allein der
Antragstellerin zugutekommt und von der ausschließlich sie profitiert: Denn aus dem Ehevertrag
(Ehevertrag Ziff. I.3, 1. Absatz; Ziff. I.4, 2. Absatz; Ziff. IV.4) ergibt sich, dass der Antragsgegner
während der Ehezeit keinerlei Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben soll,
weil er als selbständiger Unternehmer nicht rentenversicherungspflichtig ist. Tatsächlich hat er
ausweislich der im Scheidungsverfahren erteilten Auskunft auch keinerlei spezifische Vorsorge für
das Alter betrieben; etwa durch den Abschluss von (Renten- oder Lebens-) Versicherungsverträgen.
Umgekehrt war nach dem Ehevertrag zu erwarten, dass die Antragstellerin Anwartschaften in der
gesetzlichen Rentenversicherung erwerben wird, weil sie erwerbstätig sein und selbst für ihren
Lebensunterhalt sorgen sollte (Ehevertrag Ziff. I.4, 2. Absatz) und ihr – soweit aus der Ehe (wie
tatsächlich geschehen) ein Kind hervorgehen sollte – damit auch die entsprechenden
Kindererziehungszeiten zugeordnet werden (§ 56 Abs. 2 SGB VI sowie Kreikebohm in
Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht [4. Aufl. 2015] § 56 SGB VI
Rn. 5). Genau dieser Fall ist tatsächlich eingetreten, so dass gegen den Ausschluss des
Versorgungsausgleichs aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falles keine Bedenken
bestehen (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 2. April 2019 – 10 UF 26/19, FamRZ 2019, 1689
[LS 3 du Rz. 22]; OLG Koblenz, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 13 UF 257/03, FamRZ 2004, 200
[LS und Rz. 4f.]).

- Weiter haben die Beteiligten im Ehevertrag den nachehelichen Unterhalt grundsätzlich
ausgeschlossen (Ehevertrag Ziff. V.1). Ausdrücklich von dem Ausschluss ausgenommen sind jedoch
nacheheliche Unterhaltsansprüche wegen Kinderbetreuung und wegen Alters (§§ 1570, 1571 BGB)
und damit Ansprüche, die nach der Kernbereichslehre des Bundesgerichtshofs an erster und zweiter
Stelle rangieren (vgl. Frank in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess [7. Aufl. 2021],
Kap. 1 Rn. 1853): Lediglich nachrangige Unterhalts- und Anschlussunterhaltsansprüche sind
ausgeschlossen worden. Im praktischen Ergebnis haben die Beteiligten im Ehevertrag aus dem Jahr
2010 damit im Wesentlichen dasjenige umgesetzt, was der Familienrechtsausschuss des Deutschen
Anwaltsvereins im Januar 2017 als Initiativstellungnahme für eine erneute Reform des nachehelichen
Unterhaltsrechts vorgeschlagen hat (Stellungnahme Nr. 4/2017; im Internet auf der Homepage des
Deutschen Anwaltvereins bzw. https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn-4-17-reformunterhaltsrecht
und dazu u.a. Battes, FamRZ 2019, 10 ff.; Horndasch, FuR 2017, 295 ff.): Eine
Vereinbarung, die einem Gesetzgebungsvorschlag entspricht, kann kaum sittenwidrig sein und
tatsächlich bestehen gegen Vereinbarungen, durch die lediglich Unterhaltsansprüche, die nach der
Kernbereichslehre nur nachrangig sind, ausgeschlossen werden, grundsätzlich keine Bedenken (vgl.
Bergschneider, Verträge in Familiensachen [7. Aufl. 2022], Rn. 497; Frank in
Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess [7. Aufl. 2021], Kap. 1 Rn. 1871). In der
Person des hiervon betroffenen Ehegatten liegende (subjektive) Gesichtspunkte, die geeignet wären,
eine andere Beurteilung zu rechtfertigen – beispielsweise, dass die Entstehung einer besonderen,
durch einen der abbedungenen Unterhaltsansprüche abgedeckte Bedürfnislage absehbar gewesen
wäre – sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Dagegen, dass die Beteiligten darüber hinaus den Betreuungs- und Altersunterhalt der Höhe und der
Dauer nach beschränkt haben, bestehen – schon im Hinblick auf die entsprechenden, vom Gesetz
(§ 1578b BGB) ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeiten, den nachehelichen Unterhaltsanspruch
zu begrenzen – keine Bedenken. Dies gilt umso mehr, als die vorgesehenen Beschränkungen
maßvoll ausfallen: So soll die Unterhaltshöhe maximal 900 €/Monat betragen und der Betrag ist
zusätzlich indexiert, wird also entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst.
Nachdem der Antragsgegner, den Feststellungen in der Präambel zufolge, bei Vertragsabschluss
1.700 €/Monat verdient hat, geht der vereinbarte Unterhaltshöchstbetrag weit über die seinerzeit,
bei Vertragsabschluss, noch geltende Ehegatten-Unterhaltsquote von 3/7 hinaus (vgl.
Bergschneider, Verträge in Familiensachen [7. Aufl. 2022], Rn. 488, 498; Frank in
Eschenbruch/Schürmann/ Menne, Unterhaltsprozess [7. Aufl. 2021], Kap. 1 Rn. 1859, 1864, 1869
sowie Ziff. 15.2 der im Jahr 2010 geltenden unterhaltsrechtlichen Leitlinie des Kammergerichts).
Gegen eine zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhalts bis zum 10. Lebensjahr des jüngsten
Kindes bestehen im Hinblick auf die Regelung nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls keine
Bedenken: Für eine Sittenwidrigkeit bestehen insoweit keine Anhaltspunkte, zumal die Regelung sich
im Kern ersichtlich an den „Eckwerten“ des früheren, bis zur Unterhaltsrechtsreform 2008 üblichen
Altersphasenmodells orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04, FamRZ
2007, 1310 [Rz. 19: eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts bis zur Vollendung des sechsten
Lebensjahres des Kindes ist nicht zu beanstanden]; Menne, Frank in Eschenbruch/Schürmann/
Menne, Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 1 Rn. 248; Kap. 1 Rn. 1866; Bergschneider, Verträge
in Familiensachen [7. Aufl. 2022], Rn. 490). Für die Begrenzung des Altersunterhalts auf fünf Jahre
seit Rechtskraft der Scheidung bestehen im Hinblick auf die Regelung in 3 1578b Abs. 2 BGB
ebenfalls keine Bedenken (vgl. Frank in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Unterhaltsprozess
[7. Aufl. 2021], Kap. 1 Rn. 1869).

- Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten, dass durch die Regelungen des Ehevertrages keine
Regelungen aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts abbedungen werden bzw. – soweit die
Regelungen den Versorgungsausgleich betreffen – sie sich jedenfalls ersichtlich nicht zu Lasten der
Antragstellerin auswirken.

(ii) Der Antragstellerin verbleibende Nachteile aus dem Ehevertrag – etwa der Ausschluss des
Zugewinnausgleichs im Scheidungsfalls, der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts, soweit es sich
nicht um Ansprüche nach §§1570, 1571 BGB handelt oder die vereinbarte Begrenzung der
Unterhaltsansprüche nach §§ 1570, 1571 BGB in Höhe und Dauer – werden in zweifacher Hinsicht
zugunsten der Antragstellerin kompensiert:

- Das betrifft zunächst einmal den Versorgungsausgleich: Der vereinbarte Ausschluss des
Versorgungsausgleichs stellt sich aufgrund der gegebenen, individuellen Konstellation und des
beabsichtigten Ehemodells – das tatsächlich auch eingetreten ist bzw. verwirklicht wurde – als eine
Kompensationsleistung zugunsten der Antragstellerin dar, weil sie sämtliche von ihr erlangte
Anrechte der Altersvorsorge einschließlich der für die Kindererziehungszeiten gewährten
rentenrechtlichen Entgeltpunkte ungeschmälert für sich behalten konnte.

- Darüber hinaus haben die Beteiligten eine besondere Abfindungsleistung zugunsten der
Antragstellerin vereinbart (Ehevertrag Ziff. VI bzw. Ziff. IX.2c): Die Antragstellerin sollte in jedem
Fall ab einer Ehedauer von vier Jahren für jeden Monat der Ehezeit, bis zur Anhängigkeit eines
Scheidungsantrages, einen Betrag von 250 € erhalten. Für den Fall, dass aus der Ehe Kinder
hervorgehen sollten, sollte der Abfindungsbetrag bereits ab dem Monat der Geburt des Kindes
geschuldet sein: Nachdem aus der Ehe der gemeinsame, im April 2011 geborene Sohn L…
hervorgegangen ist, ist der Abfindungsbetrag ab April 2011 zu berechnen; er soll den – vom
Antragsgegner bestätigten – Berechnungen der Antragstellerin zufolge (April 2011 bis Juli 2020: 112
Monate x 250 €/Monat =) 28.000 € betragen (Beschwerdeschrift vom 17. März 2022, dort S. 7; I/83
und Schriftsatz des Antragsgegners vom 26. Oktober 2021, dort S. 3; I/59). Unter Berücksichtigung
der in der Präambel mitgeteilten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten
unmittelbar bei bzw. vor Abschluss des Ehevertrages und der Absicht der Antragstellerin, im Fall
einer Scheidung nach Thailand zurückkehren zu wollen (Ehevertrag Ziff. I.4, 3. Absatz), ist die
vereinbarte Kompensationsleistung angemessen: Vor Abschluss des Ehevertrages hat die
Antragstellerin in Thailand zuletzt zwischen 10.000 und 12.000 Baht/Monat verdient. Dieser Betrag
entsprach seinerzeit, bei Vertragsabschluss, in etwa einem Eurobetrag zwischen grob 250 € und 300
€. Das thailändische Durchschnittseinkommen im Jahr 2011 soll, Erhebungen der Weltbank zufolge,
im Jahr 2011 etwa 368 US$/Monat (bzw. grob etwa 345 €/Monat) betragen haben. Konkret heißt
das: Aufgrund der vereinbarten Kompensationsleistung hat die Antragstellerin damit Anspruch auf
einen Geldbetrag, der bezogen auf den Monat im großen Ganzen dem letzten, von ihr in Thailand
erzielten Gehalt entspricht und sich in etwa in einem Bereich zwischen 72% und 87% des
Durchschnittseinkommens bewegt, dass – ebenfalls stark verallgemeinernd – in Thailand im
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erzielt wurde. Wenn berücksichtigt wird, dass die Antragstellerin
dem Ehevertrag zufolge beabsichtigt hat, im Fall der Scheidung nach Thailand zurückzukehren,
kann diese Regelung nicht als sittenwidrig angesehen werden, zumal zu dem Abfindungsbetrag auch
dann, wenn die Antragstellerin nach Thailand zurückkehren sollte, zusätzlich ggf. die vereinbarten
Unterhaltszahlungen in Höhe von bis zu 250 €/Monat hinzukommen (Ehevertrag Ziff. IX.2b: für
den Fall, dass die Antragstellerin nach Thailand zurückkehrt, wurde ein Unterhaltshöchstsatz von
lediglich 250 €/Monat vereinbart). Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die
Antragstellerin ihrem Vortrag zufolge mit der Übersiedlung in das Inland in Thailand „alle Brücken
abgebrochen“ hat, stellt die danach geschuldete Summe – zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
beurteilt – eine insgesamt betrachtet angemessene Kompensation dar, durch die die Antragstellerin
in die Lage versetzt wird, sich beispielsweise in Thailand (wieder) eine eigene Existenz aufzubauen.
- Im Ergebnis erhält die Antragstellerin dadurch, dass sie die von ihr erlangten Versorgungsanrechte
ungeschmälert behalten darf und Anspruch auf die vereinbarte Abfindungsleistung hat, eine
Kompensation für die von ihr mit dem Ehevertrag übernommenen Nachteile. Das schließt es aus,
den Ehevertrag als sittenwidrig anzusehen.

(iii) Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist zu berücksichtigen, dass die Nachteile,
die die Antragstellerin mit dem Abschluss des Ehevertrages hat hinnehmen müssen, im
Wesentlichen kompensiert werden. In die Gesamtabwägung ist dabei letztlich auch einzustellen, dass
der Antragsgegner die aus der ersten Ehe der Antragstellerin hervorgegangene Tochter seit deren
Einreise in das Inland im Mai 2011 in die Familie aufgenommen und während der Ehezeit, bis zur
Trennung der Beteiligten im April 2019, in materieller Hinsicht durchgängig – während etwa acht
Jahren – vollständig versorgt hat. Beide Aspekte erscheinen als geeignet, das zwischen den
Ehegatten bestehende wirtschaftliche Gefälle auszugleichen: Vor Abschluss des Ehevertrages hat die
Antragstellerin etwa 250 € bis 300 €/Monat verdient (bzw. ganz grob zwischen 72% und 87% des
thailändischen Durchschnittseinkommens), wohingegen der Antragsgegner 1.700 €/Monat und
damit ganz grob etwa 80% des deutschen Durchschnittseinkommens des Jahres 2010 verdient hat.
Bei dieser Sachlage ist dafür, dass der Ehevertrag im Zeitpunkt seines Abschlusses eine evident
einseitige Lastenverteilung zu Ungunsten der Antragstellerin beinhaltet hätte und damit sittenwidrig
wäre, nichts ersichtlich. Bei dieser Einschätzung bleibt es auch unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass die Antragstellerin den vereinbarten Abfindungsbetrag – mangels gesonderter
Zwangsvollstreckungsunterwerfung – nicht unmittelbar aus der Urkunde vollstrecken kann, sondern
ggf. gesondert einklagen muss.

(iv) Da der abgeschlossene Ehevertrag einer Inhaltskontrolle danach in objektiver Hinsicht
standhält, kommt es auf die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB – das
Ausnutzen einer Zwangslage, die Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen – nicht
weiter an. Hinzukommt, dass für eine einseitige Dominanz des Antragsgegners und damit für eine
Störung der subjektiven Vertragsparität nichts ersichtlich ist: Denn eine lediglich auf die Einseitigkeit
der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit
kann bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufgestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober
2012 – XII ZR 129/10, FamRZ 2013, 195 [Rz. 24] sowie Grüneberg/Ellenberger, BGB [83. Aufl.
2024], § 138 Rn. 47). Zusätzlich ist zu bedenken, dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung
zufolge das im abgeschlossenen Ehevertrag zum Ausdruck kommende Interesse des
Antragsgegners, den Fortbestand seines Unternehmens als seiner Lebensgrundlage nicht durch die
von der Antragstellerin mit ihrem Antrag angestrebten güterrechtlichen Ausgleichszahlungen
gefährden zu wollen, ausdrücklich als legitim und nicht als Ausnutzung einer ungleichen
Verhandlungsstärke gilt (vgl. BGH; Urteil vom 28. März 2007 – XII ZR 130/04, FamRZ 2007, 1310
[Rz. 17]). Genau hierauf – auf den existenzsichernden Zweck des Ehevertrages – hat der
Antragsgegner ausdrücklich hingewiesen (vgl. Schriftsatz vom 26. Oktober 2021, dort S. 4; I/60).

(v) Im Ergebnis ist damit nichts dafür ersichtlich, dass der Ehevertrag schon im Zeitpunkt seines
Zustandekommens offenkundig zu einer derartig einseitigen Lastenverteilung im Scheidungsfall
führt, dass der Vereinbarung – losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer
Lebensverhältnisse – wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der
Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen wäre, dass an die Stelle der
ehevertraglichen Abreden die gesetzlichen Regelungen treten müssten (§ 138 Abs. 1 BGB; vgl.
BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10, FamRZ 2013, 195 [Rz. 17].

(cc) Die sich an die Prüfung der Sittenwidrigkeit anschließende zweite Prüfungsstufe, die
Ausübungskontrolle nach § 242 BGB und damit die Prüfung, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns
der Lebensgemeinschaft aus dem ehevertraglich vereinbarten Ausschluss von gesetzlichen
Scheidungsfolgen eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die der dadurch belastete Ehegatte
nach Treu und Glauben nicht hinnehmen muss (vgl. Frank in Eschenbruch/Schürmann/ Menne,
Unterhaltsprozess (7. Aufl. 2021), Kap. 1 Rn. 1879), ist von der Antragstellerin nicht geltend
gemacht worden: Sie hat ihre Beschwerde allein auf die Behauptung einer Sittenwidrigkeit des
Ehevertrages gestützt.

Anhand der aus den Akten ersichtlichen Tatsachen kann tatsächlich auch nicht festgestellt werden,
dass der Antragsgegner, wenn er sich gegenüber dem Verlangen der Antragstellerin nach einem
güterrechtlichen Ausgleich auf die ehevertraglichen Regelungen beruft, damit die ihm durch den
Ehevertrag eingeräumte Rechtsmacht in treuwidriger Weise missbrauchen würde: Zwar ist aus der
Ehe im April 2011 der gemeinsame Sohn L… hervorgegangen, der von der Antragstellerin betreut
wird. Aber L… ist inzwischen 13 Jahre alt und für eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des
Kindes ist nichts ersichtlich. Seine weitere Betreuung und Versorgung durch die Antragstellerin steht
ihrer Erwerbstätigkeit daher nicht grundsätzlich entgegen. Der entscheidende Gesichtspunkt ist
freilich, dass das Unternehmen des Antragsgegners im Zeitpunkt, zu dem das Scheidungsverfahren
eingeleitet wurde, aufgrund der damals herrschenden „Hochphase“ der Corona-Pandemie praktisch
vor dem wirtschaftlichen „Aus“ stand. Da wegen der seinerzeitigen Corona-Pandemie sämtliche
öffentlichen Veranstaltungen untersagt waren, musste der Antragsgegner mit seinem Unternehmen
für Veranstaltungstechnik und Eventmarketing um die eigene wirtschaftliche Existenz kämpfen.
Anstatt des im Ehevertrag vermerkten Einkommens von 1.700 €/Monat erzielte er, seinen Angaben
im Scheidungsantrag zufolge, lediglich noch Einkünfte in Höhe von 450 €/Monat: Vor diesem
Hintergrund liegt es auf der Hand, dass eine Anpassung des Ehevertrages nicht geboten ist bzw.
jedenfalls nicht der Antragstellerin zum Vorteil gereichen würde.

c) Mangels jeglicher Erfolgsaussichten ist der Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin
deshalb zurückzuweisen.

3. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den Angaben der Antragstellerin und den
Feststellungen des Familiengerichts; er bestimmt sich nach einem Bruchteil des erhofften
Leistungsanspruchs (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO [35. Aufl. 2024], Anh. FamFG Rn. 1.9 Stichwort
„Auskunft“)

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

19.07.2024

Aktenzeichen:

16 UF 39/22

Rechtsgebiete:

Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Beurkundungsverfahren
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 138, 242, 1570, 1571; EuGüVO Art. 5 Abs. 1, 69; BeurkG § 16 Abs. 1