BGH 28. April 2023
V ZR 258/21
BGB §§ 1019, 1027, 1028 Abs. 1, 1004

Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit: Verjährung des Beseitigungsanspruchs

letzte Aktualisierung: 5.9.2023
BGH, Urt. v. 24.4.2023 – V ZR 258/21

BGB §§ 1019, 1027, 1028 Abs. 1, 1004
Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit: Verjährung des Beseitigungsanspruchs

Wird eine Grunddienstbarkeit bereits bei Bestellung durch eine auf dem belasteten Grundstück
vorhandene Anlage beeinträchtigt, begründet dies, vorbehaltlich einer schuldrechtlich vereinbarten
Duldungspflicht, einen Beseitigungsanspruch des Berechtigten. Auf einen solchen
Beseitigungsanspruch findet § 1028 BGB Anwendung; mit der Verjährung des
Beseitigungsanspruchs erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand der Anlage mit ihr in
Widerspruch steht.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegen die Beklagten den
mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf Bewilligung der Löschung der
Grunddienstbarkeit aus § 894 BGB. Das Grundbuch sei unrichtig geworden, weil
die Grunddienstbarkeit teilweise nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB erloschen sei.
Der Anspruch der Beklagten auf Beseitigung der auf dem klägerischen Grundstück
befindlichen baulichen Anlagen (umfriedende Mauer, Doppelgarage, Mehrfamilienhaus)
sei verjährt, da diese sämtlich mehr als 30 Jahre bestünden und
keine verjährungshemmenden oder -unterbrechenden Tatbestände ersichtlich
seien. Die Verjährung der Beseitigungsansprüche dürfte daher spätestens gegen
Ende der 1980er Jahre eingetreten sein.

Die Grunddienstbarkeit sei nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB aber nicht insgesamt,
sondern nur in dem Umfang erloschen, in welchem der Bestand der Anlagen
mit ihr in Widerspruch stehe. Das sei hinsichtlich der Beschränkung auf die
Einfriedung durch natürliche Hecken insgesamt der Fall. Hinsichtlich des Bebauungsverbots
sei die Grunddienstbarkeit durch die Errichtung der Doppelgarage
und das Mehrfamilienhaus bezogen auf die tatsächlich bebaute Fläche und nicht
beschränkt auf die Art und Weise bzw. den körperlichen Umfang der baulichen
Anlagen erloschen. Wäre das Erlöschen des Bauverbots auf den Umfang eines
bestimmten Gebäudekörpers in seiner konkreten Beschaffenheit beschränkt,
wäre das unpraktikabel. Denn dann könnte im Falle eines Neubaus ein neuer
Rechtsstreit darüber entstehen, ob das Gebäude exakt dem entspreche, was
derzeit dort vorhanden sei.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Dem Hauptantrag der Klägerin
kann in der derzeitigen Form nicht stattgegeben werden, weil ein Grundbuchberichtigungsanspruch
gemäß § 894 BGB in dem geltend gemachten Umfang
nicht besteht.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings
an, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks gegen den Eigentümer des
herrschenden Grundstücks einen Anspruch aus § 894 BGB auf Zustimmung zur
Löschung der Grunddienstbarkeit hat, wenn diese wegen der Verjährung des Beseitigungs-
und Unterlassungsanspruchs erloschen ist. Wird eine Grunddienstbarkeit
beeinträchtigt, stehen dem Berechtigten die in § 1004 BGB bestimmten
Rechte zu (§ 1027 BGB). Beeinträchtigung in diesem Sinn ist jede Störung oder
Behinderung der rechtmäßigen Ausübung der Dienstbarkeit. Der Dienstbarkeitsberechtigte
kann die Beseitigung bzw. die Unterlassung einer solchen Beeinträchtigung
verlangen (§ 1004 Abs. 1 BGB). Dieser Anspruch unterliegt jedoch
nach § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB der Verjährung auch dann, wenn die Grunddienstbarkeit
im Grundbuch eingetragen ist; mit der Verjährung des Anspruchs
erlischt das Recht, soweit der Bestand der Anlage mit ihm in Widerspruch steht.
Mit dem Erlöschen der Grunddienstbarkeit wird das Grundbuch unrichtig, weil es
eine nicht mehr bestehende Belastung ausweist. Daher kann der Eigentümer des
dienenden Grundstücks von dem Berechtigten nach § 894 BGB insoweit die Bewilligung
- in der Form des § 29 GBO - der Berichtigung des Grundbuchs durch
Löschung der Grunddienstbarkeit verlangen (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom
20. Januar 2023 - V ZR 65/22, NJW-RR 2023, 521 Rn. 7 mwN). Die Beklagten
sind als Wohnungseigentümer für den Löschungsanspruch, wovon das Berufungsgericht
unausgesprochen ausgeht, auch passivlegitimiert (vgl. Senat, Urteil
vom 20. Januar 2023 - V ZR 65/22, aaO Rn. 8).

2. Das Berufungsgericht legt weiter zutreffend zugrunde, dass nach
§ 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB die Dienstbarkeit nur erlischt,
Anlage mit ihr in Widerspruch steht. Die Grunddienstbarkeit erlischt nur dann insgesamt,
wenn die Ausübung der durch sie gewährten Berechtigung aufgrund der
Beeinträchtigung durch die Anlage gar nicht mehr möglich ist. Wird die Dienstbarkeit
durch die Anlage nur teilweise beeinträchtigt, dann erlischt sie nur hinsichtlich
des von der Beeinträchtigung betroffenen Teils und bleibt im Übrigen
bestehen. Dies gilt auch dann, wenn die Grunddienstbarkeit ein Bauverbot zum
Inhalt hat, gegen das durch die Errichtung eines Gebäudes verstoßen wurde (vgl.
Senat, Urteil vom 20. Januar 2023 - V ZR 65/22, NJW-RR 2023, 521 Rn. 20 ff.).
Der Eigentümer des belasteten Grundstücks kann dann nach § 894 BGB von
dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks nur die Bewilligung einer teilweisen
Löschung der Grunddienstbarkeit in Form einer Inhaltsänderung (räumliche
Einschränkung) verlangen (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 2023 - V ZR
65/22, aaO Rn. 33).

3. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dass die
Grunddienstbarkeit in Form des Bauverbots mit der Verjährung des Anspruchs
auf Beseitigung des Mehrfamilienhauses und der Doppelgarage bezogen auf die
bebaute Grundstücksfläche insgesamt und damit - worüber die Parteien vornehmlich
streiten - in der Höhe unbegrenzt erloschen ist. Erloschen ist die Grunddienstbarkeit
nur insoweit, als das Unterlassen der Bebauung mit Gebäuden entsprechenden
Ausmaßes nicht mehr verlangt werden kann.

a) Das Anfang der 1950er Jahre errichtete Mehrfamilienhaus und die 1959
errichtete Doppelgarage sind bauliche Anlagen, durch welche die Grunddienstbarkeit
in Form des Bauverbots beeinträchtigt wird (§ 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Der Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung verjährt, wenn es - wie hier -
um die Verwirklichung des Rechts selbst und nicht nur um eine Störung in der
Ausübung geht, in entsprechender Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach
dreißig Jahren (Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780
Rn. 13, 29). Die Verjährung trat hinsichtlich des Mehrfamilienhauses und der
Doppelgarage spätestens Ende 1989 ein.

b) Richtig ist zwar, dass die Doppelgarage und das Mehrfamilienhaus nicht
die gesamte Grundstücksfläche ausschöpfen, so dass die Grunddienstbarkeit
hinsichtlich der nicht bebauten Grundstücksfläche bestehen blieb. Auf die bebaute
Grundstücksfläche allein kommt es für den Umfang des Erlöschens der
Grunddienstbarkeit gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB aber nicht an. Verjährt der
Anspruch auf Beseitigung des Gebäudes, erlischt die Dienstbarkeit, wie der Senat
- allerdings erst nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, grundsätzlich
nur insoweit, als das Unterlassen der Bebauung mit einem Gebäude entsprechenden
Ausmaßes nicht mehr verlangt werden kann (vgl. Senat, Urteil vom
20. Januar 2023 - V ZR 65/22, NJW-RR 2023, 521 Rn. 20). Schöpft - wie hier -
das errichtete Gebäude den von dem Bauverbot erfassten Bereich des Grundstücks
nicht aus, kann ein abgrenzbarer Teil des Bauverbotes verbleiben. Damit
ist nicht nur die verbleibende nicht bebaute Grundstücksfläche gemeint, sondern
auch der Raum über dem Gebäude. Denn das Recht des Eigentümers eines
Grundstücks erstreckt sich auch auf den Raum über der Oberfläche (§ 905 Satz
1 BGB), sodass ein generelles Bauverbot die Ausübung seines Eigentümerrechts
auch in der Höhe ausschließt (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 2023 - V ZR
65/22, aaO Rn. 26).

c) Die Begrenzung des Erlöschens der Grunddienstbarkeit auf das Unterlassen
der Bebauung mit einem Gebäude entsprechenden Ausmaßes ist entgegen
der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unpraktikabel.

aa) Das gilt zunächst, wenn der Eigentümer des belasteten Grundstücks
- wie hier - die Grundbuchberichtigung veranlasst. Durch die Geltendmachung
des Berichtigungsanspruchs aus § 894 BGB werden Wirklichkeit und Grundbuchinhalt
wieder in Übereinstimmung gebracht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar
2023 - V ZR 65/22, NJW-RR 2023, 521 Rn. 32). Nach durchgeführter Berichtigung
kann ein unbefangener Betrachter den Umfang des Bauverbots anhand des
Grundbuchs und der in der Grundakte (§ 24 GBV) befindlichen Eintragungsbewilligung
einschätzen und beurteilen, ob ein Neubau in seiner Fläche und Höhe
dem Baukörper des früheren Gebäudes entspricht und damit zulässig ist. Wird
anstelle des Gebäudes ein Neubau errichtet, muss dieser nicht exakt dem vorigen
Bau entsprechen. Für die Reichweite des Erlöschens des Bauverbots kommt
es nicht auf die konkrete Beschaffenheit des früheren Gebäudes, sondern auf
dessen Baukörper an. Dieser kann und muss, damit sich aus der berichtigten
Eintragung der geänderte Inhalt der Grunddienstbarkeit ergibt, in der Eintragungsbewilligung
(§ 19 GBO) in seinen ungefähren Umrissen beschrieben werden
(vgl. dazu unten Rn. 23).

bb) Unterbleibt eine solche Grundbuchberichtigung, weil keiner der Eigentümer
sie herbeiführt, kann allerdings der Umfang des Erlöschens der Grunddienstbarkeit
mit Zeitablauf unklar werden. Er ergibt sich dann nicht aus dem
Grundbuch. Das ist jedoch unmittelbare Folge des kraft Gesetzes auf Teile der
Grunddienstbarkeit begrenzten Erlöschens des dinglichen Rechts (§ 1028 Abs. 1
Satz 2 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 2023 - V ZR 65/22, NJW-RR 2023,
521 Rn. 32). Es liegt im Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks,
rechtzeitig für die inhaltliche Änderung der Grunddienstbarkeit durch eine Grundbuchberichtigung
zu sorgen; denn er trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast,
so dass die Unaufklärbarkeit von Vorgängen aus der Vergangenheit zu seinen
Lasten geht.

d) Die Grunddienstbarkeit in Form des Bauverbots ist nach diesen Maßstäben
mit der Verjährung des Anspruchs auf Beseitigung des Mehrfamilienhauses
und der Doppelgarage nicht nur hinsichtlich der nicht bebauten Grundstücksfläche
bestehen geblieben, sondern auch insoweit, als eine Bebauung jeweils mit
einem höheren Gebäude verboten blieb und bleibt. Anhaltspunkte dafür, dass ein
in diesem Rahmen fortbestehendes Bauverbot dem herrschenden Grundstück
keinen Vorteil i.S.v. § 1019 BGB mehr böte, liegen nicht vor.

4. Rechtsfehlerhaft ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, das
durch die Grunddienstbarkeit gesicherte Einfriedungsverbot sei wegen der auf
dem belasteten Grundstück errichteten Mauer insgesamt erloschen.

a) Die Grunddienstbarkeit hat neben dem allgemeinen Bauverbot ein Einfriedungsverbot
zum Inhalt (zur Kombination von mehreren Verboten bzw. Befugnissen
vgl. Senat, Urteil vom 29. Oktober 1965 - V ZR 77/63, NJW 1965,
2398, 2399; Beschluss vom 6. November 2014 - V ZB 131/13, NJW-RR 2015,
208 Rn. 17; Urteil vom 17. Dezember 2021 - V ZR 44/21, NJW-RR 2022, 594
Rn. 11). Inhalt des durch die Grunddienstbarkeit gesicherten Einfriedungsverbots
ist ein Verbot im Sinne des § 1018 Alt. 2 BGB, das Grundstück einzufrieden, mit
Ausnahme der Einfriedung durch natürliche Hecken. Das bedeutet nicht, dass
das belastete Grundstück mit natürlichen Hecken eingefriedet werden müsste;
eine solche positive Leistungspflicht des Eigentümers könnte auch gemäß
§ 1018 BGB nicht (Haupt-)Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein (vgl. Senat, Urteil
vom 2. März 1984 - V ZR 155/83, WM 1984, 820, 821). Das Grundstück der Beklagten
darf mit einer Hecke - in unbegrenzter Höhe - eingefriedet werden, muss
es aber nicht; eine andere Einfriedung als durch natürliche Hecke ist hingegen
verboten. Ein solches Einfriedungsverbot ist zu behandeln wie ein Bauverbot,
nach dem bestimmte Anlagen erlaubt sind und andere nicht.

b) Die das belastete Grundstück einfriedende Mauer verstößt gegen das
Einfriedungsverbot. Sie ist eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt
wird (§ 1027 BGB), mit der Folge, dass dem jeweiligen Eigentümer
des herrschenden Grundstücks im Grundsatz die in § 1004 BGB genannten
Rechte zustehen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Mauer bereits im
Jahr 1900 errichtet wurde, sie also zu schon im Zeitpunkt der Bestellung der
Grunddienstbarkeit bestand. Wird eine Grunddienstbarkeit bereits bei Bestellung
durch eine auf dem belasteten Grundstück vorhandene Anlage beeinträchtigt,
begründet dies, vorbehaltlich einer schuldrechtlich vereinbarten Duldungspflicht,
einen Beseitigungsanspruch des Berechtigten (§ 1027, § 1004 Abs. 1 BGB). Ob
und inwieweit die Grunddienstbarkeit durch eine Anlage im Sinne des § 1027
BGB beeinträchtigt wird, bestimmt sich nicht nach dem Zeitpunkt von deren Errichtung,
sondern nach dem Inhalt der Grunddienstbarkeit, wie er sich aus dem
Grundbuch ergibt. Auf den Grundbuchinhalt muss der Rechtsverkehr vertrauen
dürfen. Dem widerspricht es, den Abwehranspruch zum Schutz der ungestörten
Ausübung der Grunddienstbarkeit auf neu errichtete Anlagen zu beschränken.
Andernfalls käme es zu schwierigen Abgrenzungsfragen, weil sich der Zeitpunkt
der Errichtung der Anlage regelmäßig nicht aus dem Grundbuch ergibt und im
Nachhinein oft auch nicht zuverlässig festgestellt werden kann. Das schließt es
allerdings nicht aus, dass der Berechtigte und der Verpflichtete schuldrechtlich
vereinbaren, dass eine bei Bestellung vorhandene Anlage (zunächst) nicht entfernt
werden muss. Eine solche schuldrechtlich vereinbarte Duldung einer bestehenden
Anlage bindet den Einzelrechtsnachfolger jedoch nicht (vgl. Senat, Urteil
vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, NJW-RR 2015, 1234 Rn. 7 mwN).
c) Auf einen solchen Beseitigungsanspruch findet § 1028 BGB Anwendung
(so auch OLG Schleswig, BeckRS 2021, 9740 Rn. 17; OLG Saarbrücken,
MDR 2009, 376; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl., § 1028 Rn. 2;
MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1028 Rn. 6). Soweit das teilweise anders gesehen
und, sofern dies überhaupt begründet wird, die Ansicht vertreten wird, die Interessenlage
bei Bestehen einer störenden Anlage sei nicht notwendig die gleiche
wie bei einem nachträglichen Errichten einer solchen Anlage (vgl. OLG Hamm,
Urteil vom 2. Mai 2016 - 5 U 102/15, juris Rn. 49; BeckOGK/Kazele, BGB
[1.2.2023], § 1028 Rn. 14; NK-BGB/Otto, 5. Aufl., § 1028 Rn. 10; RGRK/Rothe
BGB, 12. Aufl., § 1028 Rn. 2; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1028 Rn. 3:
überzeugt das nicht. Für die Anwendung des § 1028 BGB kommt
es nicht darauf an, wann die Anlage errichtet worden ist, sondern darauf, ob diese
die rechtmäßige Ausübung der Dienstbarkeit stört oder behindert und deshalb
ein Beseitigungsanspruch nach § 1027, § 1004 Abs. 1 BGB gegeben ist. Das ist
im Grundsatz auch bei einer bereits bestehenden Anlage der Fall (vgl. Rn. 17).
Aus dem Wortlaut von § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB
stück eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, erergibt
sich nichts Anderes. Als Voraussetzung für die Verjährung
des Anspruchs des Berechtigten auf Beseitigung der Störung ist nur formuliert,
dass die Anlage auf dem belasteten Grundstück errichtet worden ist und
dadurch die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird. Zu dem Zeitpunkt der Errichtung
der Anlage verhält sich die Vorschrift nicht. Der mit § 1028 Abs. 1 Satz 2
BGB verfolgte Zweck, dass sich die Wirklichkeit nach einer gewissen Zeit gegen
den Inhalt des Grundbuchs durchsetzt (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR
151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 20), greift auch für eine bei Eintragung der Grunddienstbarkeit
bereits bestehende Anlage ein. Mit der Verjährung des Beseitigungsanspruchs
des Berechtigten erlischt folglich die Dienstbarkeit, soweit der
Bestand der Anlage mit ihr in Widerspruch steht (§ 1028 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB entsprechend).

d) Der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der Mauer war somit spätestens
Ende 1964 verjährt. Mit der Verjährung des Beseitigungsanspruchs erlischt
das Einfriedungsverbot aber nicht insgesamt, sondern nur insoweit, als das
Unterlassen der Einfriedung, wenn sie anders als durch natürliche Hecken erfolgt,
in einem der Mauer entsprechenden Ausmaß nicht mehr verlangt werden
kann. Das Einfriedungsverbot wird durch die Mauer zwar im Ganzen beeinträchtigt.
Es verbleibt aber ein abgrenzbarer Teil des Verbots, der von der Mauer nicht
beeinträchtigt wird, weil eine das Ausmaß der Mauer überschreitende, nicht in
einer natürlichen Hecke bestehende Einfriedung verboten bleibt. In Widerspruch
zu dem Einfriedungsverbot steht die Mauer nämlich nur im Umfang ihres derzeitigen
Baukörpers, also bezogen auf ihre Breite und ihre Höhe. Insoweit ist das
Einfriedungsverbot erloschen. Dagegen bleibt es insoweit bestehen, als eine
nicht aus einer natürlichen Hecke bestehende Einfriedung verboten bleibt, die
breiter und höher ist als die derzeit auf dem belasteten Grundstück befindliche
Mauer. Im Rahmen des Baukörpers der Mauer ist die Klägerin in der Wahl der
Art der Einfriedung frei geworden.

III.
Das Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif
ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).

1. Der Hauptantrag ist zu weit gefasst. Die Klägerin will die Löschung des
Einfriedungsverbots insgesamt und die Löschung des Bauverbots insoweit erreichen,
als das Verbot der Bebauung bezogen auf die mit dem Mehrfamilienhaus
und der Doppelgarage bebauten Fläche erloschen ist. Sie hat aber nur einen
Anspruch darauf, dass das Grundstück nicht anders als durch natürliche Hecken
eingefriedet wird, mit Ausnahme der Einfriedung durch eine Anlage in einem der
Mauer entsprechenden Ausmaß, und einen Anspruch auf Löschung des Bauverbots
mit Ausnahme der Bebauung mit Gebäuden, die den vorhandenen Baukörpern
im Umfang entsprechen. Der Klägerin ist durch die Zurückverweisung Gelegenheit
zu geben, den zu weit gefassten Hauptantrag anzupassen. Damit ist
die innerprozessuale Bedingung der Erfolglosigkeit des Hauptantrags für die Entscheidung
über die Hilfsanträge nicht eingetreten; das seitens der Beklagten erklärte,
auf den ersten Hilfsantrag bezogene Anerkenntnis ist prozessual überholt.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
In dem anzupassenden Hauptantrag müssen die Baukörper des Mehrfamilienhauses,
der Doppelgarage und der Mauer, in deren Ausmaß die Grunddienstbarkeit
bestehen bleibt, in ungefähren Umrissen hinreichend bestimmt beschrieben
werden. Denn auch dann, wenn das Grundbuch - wie hier - im Hinblick
auf das kraft Gesetzes eingetretene Erlöschen eines dinglichen Rechts berichtigt
werden soll (§ 1028 Abs. 1 Satz 2, § 894 BGB), muss aus der berichtigten Eintragung
hinreichend bestimmt hervorgehen, inwieweit das dingliche Rechte weiter
fortbesteht. Für die dafür notwendige Beschreibung des Umfangs des Rechts
bieten die Grundsätze, die für die Bezeichnung der zum rechtsgeschäftlichen Inhalt
der Grunddienstbarkeit gemachten Ausübungsstelle aufgestellt worden sind
(vgl. dazu Senat, Beschluss vom 16. Februar 2012 - V ZB 204/11, juris Rn. 15;
Beschluss vom 13. September 2018 - V ZB 2/18, NJW-RR 2019, 273 Rn. 15),
eine Orientierung. Die Fläche der Gebäude muss sich aus einem Lageplan ergeben.
Die Höhe und Breite der Gebäude wird idealerweise ebenfalls zeichnerisch
dargestellt unter Meterangaben bzw. unter Angabe der Geschosszahlen. Lageplan
und Skizze können in den Tenor der von dem Berufungsgericht zu treffenden
neuen Entscheidung aufgenommen oder unter Bezugnahme dem Urteil beigefügt
werden. Die Eintragung der teilweisen Löschung der Grunddienstbarkeit
in Form der Inhaltsänderung erfolgt dann durch Bezugnahme auf das Urteil, das
nach Eintritt der Rechtskraft die für die Eintragung nach § 19 GBO erforderliche
Bewilligung der Beklagten ersetzt (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 1984 - V ZR
206/82, BGHZ 90, 323, 327; Urteil vom 21. Februar 1986 - V ZR 246/84, NJW
1986, 1867, 1868; Beschluss vom 17. November 2011 - V ZB 58/11, NJW 2012,
530 Rn. 7).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

28.04.2023

Aktenzeichen:

V ZR 258/21

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 1019, 1027, 1028 Abs. 1, 1004