OLG Bremen 03. Juli 2025
3 W 6/25
BGB § 2142; GBO §§ 22, 35, 51

Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch; eidesstattliche Versicherung des Nacherben, nicht vor Ausschlagung der Nacherbschaft die Annahme erklärt zu haben

letzte Aktualisierung: 11.8.2025
OLG Bremen, Beschl. v. 3.7.2025 – 3 W 6/25

BGB § 2142; GBO §§ 22, 35, 51
Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch; eidesstattliche Versicherung des
Nacherben, nicht vor Ausschlagung der Nacherbschaft die Annahme erklärt zu haben

1. Die Frage der Wirksamkeit der Erbausschlagung kann im Hinblick auf die Möglichkeit einer
vorherigen Annahme im Regelfall nicht im grundbuchrechtlichen Verfahren entschieden werden.
2. Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn der Nacherbe zeitnah nach Eintritt des Vorerbfalls und
vor Eintritt des Nacherbfalls die Ausschlagung der Nacherbschaft erklärt hat und auch für das
Nachlassgericht keine weiteren Ermittlungsansätze als die Erklärung des ausschlagenden Nacherben
ersichtlich wären. In diesem Fall kann der Nachweis, dass die Nacherbschaft nicht vor der
Erklärung der Ausschlagung ausdrücklich oder konkludent angenommen wurde, durch Vorlage
einer eidesstattlichen Versicherung beim Grundbuchamt erfolgen.

Gründe

I.
Die Beteiligten begehren die Löschung eines Nacherbenvermerks.
Die Beteiligte zu 5) ist seit dem 07.11.2023 als alleinige Eigentümerin des Grundstücks
Grundbuch des Amtsgerichts Bremen, eingetragen. Zuvor waren die Beteiligte zu 5) und
ihr am .2023 verstorbenen Ehemann, Herr Y, als Eigentümer des Grundstücks zu je ½
eingetragen.

Die Beteiligte zu 5) und ihr verstorbener Ehemann hatten sich mit öffentlichem Testament vom
16.10.1996 gegenseitig zu Vorerben und ihre jeweiligen Abkömmlinge als Nacherben
eingesetzt. Das Testament enthält dazu die folgende Regelung:
Der jeweils Überlebende soll jedoch nur Vorerbe sein. Der Vorerbe wird von den
Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB ausdrücklich befreit
Nacherben werden unsere jeweiligen Abkömmlinge gemäß den Regeln der gesetzlichen
Erbfolge, also einerseits unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge und andererseits die
gemeinschaftlichen Abkömmlinge und der vorgenannte nichteheliche Sohn des
Ehemannes mit derselben Erbquote wie ein ehelicher Abkömmling.
Ersatznacherben:

Für den Fall, dass einzelne als Nacherben berufene Kinder nicht Nacherbe werden
wollen oder können, also beispielsweise ausschlagen oder vorversterben, treten an
deren Stelle als Ersatznacherben jeweils ihre Abkömmlinge zu unter sich gleichen
Stammanteilen gemäß den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

Die Ersatznacherbeneinsetzung ist jedoch auflösend bedingt für den Fall, daß der
Nacherbe sein Anwartschaftschaftsrecht auf den Vorerben überträgt, so daß also in
Nach dem Tod ihres Ehemanns wurde entsprechend die Beteiligte zu 5) als Eigentümerin des
Grundstücks eingetragen, bezüglich des durch Erbfolge übergegangenen ½ Anteils des
Erblassers, belastet mit dem folgenden Nacherbenvermerk:
Y: [die Beteiligte zu 5],
geb. am ist befreite Vorerbin nach Y, geb. am . Nacherbfolge ist angeordnet. Die
Nacherbfolge tritt ein mit dem Tod der Vorerbin. Nacherben sind: die jeweiligen Abkömmlinge
gemäß den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, einerseits die gemeinschaftlichen
Abkömmlinge und andererseits die gemeinschaftlichen Abkömmlinge und der
nichteheliche Sohn des Erblassers. Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nach-
.
Mit notarieller Vereinbarung vom 12.11.2024 (UVZ-Nr. übertrugen die
Beteiligten zu 1) - 4), gemeinsame Kinder der Beteiligten zu 5) und des Erblassers, ihr
Nacherbenanwartschaftsrecht am Nachlass des Erblassers auf die Beteiligte zu 5).
Die notarielle Urkunde enthält außerdem die Erklärung der Beteiligten, dass der nichteheliche
Sohn des Erblassers, Herr X, die Nacherbschaft nach dem Erblasser bereits vor Eintritt des
Nacherbenfalls am 29.09.2023 (zu Geschäftsnummer ) ausgeschlagen habe.
Aus der beigezogenen Nachlassakte des Amtsgerichts Bremen Nachlassgericht, Az. ,
ergibt sich, dass Herr X am 29.09.2023 die Ausschlagung des Nachlasses erklärt hat. Dabei
hat er zudem angegeben, am 26.08.2023 Kenntnis von der Erbschaft erlangt und keine Kinder
zu haben.

Die Beteiligten zu 1) bis 5) haben mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom
28.11.2024 die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 28.02.2025 entschied das Grundbuchamt, dass ein Eintragungshindernis
vorliege: Der nichteheliche Sohn des Erblassers, Herr X habe laut ihrem Vortrag die
Erbschaft ausgeschlagen. Dies verlange aber weitere Tatsachenermittlungen, die allein in der
Zuständigkeit des Nachlassgerichts lägen. Der Nachweis der Erbfolge sei dem Grundbuchamt
gegenüber daher zwingend durch Vorlage eines Erbscheins zu erbringen.

Zudem hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass nach Vorlage des Erbscheins noch
über eine Pflegerbestellung für eventuelle unbekannte (nicht gezeugte) Nacherben nach dem
verstorbenen Y zu entscheiden sei. Nacherben seien unter anderem die gemeinschaftlichen
Abkömmlinge. Aufgrund des heutigen medizinischen Stands seien weitere Abkömmlinge nicht
ausgeschlossen.

Gegen diese der Bevollmächtigten der Beteiligten am 07.03.2025 zugestellte Zwischenverfügung
wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom gleichen Tag. Ein Erbschein
sei nicht vorzulegen, da die Erbfolge durch notarielles Testament nachgewiesen sei.
Das Amtsgericht Bremen Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom
18.03.2025 nicht abgeholfen und dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die
Beschwerde vorgelegt. Da sich aus der Ausschlagungserklärung nicht ermitteln lasse, ob der
ausschlagende (Nach-)Erbe gemäß § 1943 BGB noch berechtigt gewesen sei, die Erbschaft
auszuschlagen, weil er sie möglicherweise zuvor schon ausdrücklich oder durch konkludentes
Handeln angenommen habe, könne nicht im grundbuchrechtlichen Verfahren über die
Nacherbfolge entschieden werden. Die Vorlage eines Erbscheins sei erforderlich.

II.
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 71 Abs. 1, 73, 18 Abs. 1 GBO).
Auch gegen eine Zwischenverfügung gem. § 18 Abs.1 GBO ist eine Beschwerde gem. § 71
GBO statthaft.

Die Beschwerde ist insoweit begründet, als die Zwischenverfügung zu ergänzen ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO
sind erfüllt. Der von den Beteiligten beantragten Eintragung steht das Hindernis entgegen, dass
die Unrichtigkeit des Grundbuchs im Hinblick auf den Nacherbenvermerk nicht nachgewiesen
ist.

1. Ein Nacherbenvermerk gemäß § 51 GBO kann gelöscht werden, wenn die Löschung von
den Nacherben und den Ersatznacherben bewilligt wird, sowie nach § 22 GBO auch dann,
wenn der Unrichtigkeitsnachweis geführt wird (vgl. BGH, NJW 2014, 1593 Rz. 10, m. w. N.).

Hier stützen die Antragstellerinnen ihren Antrag auf eine Unrichtigkeit des Grundbuchs. Diese
wäre gegeben, wenn der eingetragene Nacherbenvermerk nicht mehr der Rechtslage
entspräche, wenn also der von ihm erfasste Gegenstand etwa mit Wirkung gegenüber dem
Nacherben aus dem Nachlass ausgeschieden ist oder wenn der Nacherbfall nicht mehr
eintreten kann (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 51 Rz. 44, m. w. N.). Darauf stellt hier der
Löschungsantrag der Beteiligten ab. Die Beteiligten zu 1) bis 4) hätten ihr Anwartschaftsrecht
auf die Beteiligte zu 5) übertragen, der nichteheliche Sohn des Erblassers habe das Erbe
ausgeschlagen.
Zutreffend legt der Antrag zugrunde, dass durch die Übertragung der Anwartschaftsrechte die
Ersatzerbfolge insoweit gemäß der testamentarischen Anordnung des gemeinschaftlichen
Testaments erloschen ist.

Zutreffend stellt der Antrag auch drauf ab, dass der Nacherbfall nicht mehr eintreten kann, wenn
der nicht an diesem Verfahren beteiligte Nacherbe, der nichteheliche Sohn des Erblassers, die
Nacherbschaft wirksam ausgeschlagen hat und auch keine Ersatznacherben berufen oder
vorhanden sind (Demharter/Demharter, 33. Aufl. 2023, GBO § 51 Rn. 44, beck-online, m.w.N.).
Das Grundbuchamt hat insoweit aber richtig angenommen, dass der Nachweis einer wirksamen
Erbausschlagung durch den nichtehelichen Sohn des Erblassers in grundbuchrechtlich
zulässiger Form bisher nicht vorliegt.

Auch nach Vorlage der Ausschlagungserklärung scheitert diese Feststellung zurzeit daran,
dass nach §§ 2142 Abs. 1, 1943 BGB eine Ausschlagung der Nacherbschaft nicht mehr in
Betracht kommt, wenn der Nacherbe diese ggf. auch durch schlüssiges Verhalten zuvor
angenommen hat. Allein die form- und fristgerechte Ausschlagungserklärung feststellen zu
können, reicht also nicht aus. Es entspricht von daher nahezu einhelliger Auffassung, dass die
Frage der Wirksamkeit der Erbausschlagung im Hinblick auf die Möglichkeit einer vorherigen
Annahme im Regelfall nicht im grundbuchrechtlichen Verfahren durch Auslegung abschließend
entschieden werden kann (vgl. OLG Zweibrücken FGPrax 2022, 203; OLG Hamm ZEV 2017,
455 = BeckRS 2017, 113319 Rn. 5; OLG Köln FGPrax 2020, 60, 61; für die Nacherbschaft:
OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. Juni 2024 20 W 47/24 , Rn. 11, juris, jeweils mit
zahlreichen weiteren Nachweisen).

Das Grundbuchamt hat aber insoweit in ermessensfehlerhafter Weise nicht die Möglichkeit
in Betracht gezogen, dass hier ausnahmsweise die Feststellung der wirksamen Ausschlagung
der Nacherbschaft im grundbuchrechtlichen Verfahren möglich sein könnte.

Nach § 35 Abs. 1 S.2 GBO kann der Nachweis der Erbfolge, wenn diese auf einer Verfügung
von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, durch Vorlage der
Verfügung und der Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung geführt werden; erachtet das
Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die
Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.
Genügt die in öffentlicher Urkunde enthaltene Verfügung von Todes wegen gem. § 35 Abs. 1
S. 2 GBO zur Feststellung des Erblasserwillens allein nicht aus, sind auch außerhalb der
Verfügung liegende Umstände zu berücksichtigen, sofern sie sich aus anderen öffentlichen
Urkunden, insbes. Personenstandsurkunden, ergeben, die dem Grundbuchamt vorgelegt
werden (BayObLG DNotZ 2001, 385 (386); OLG München ZEV 2008, 340). Kann auch hiermit
der Nachweis nicht geführt werden, ist im Wege richterlicher Rechtsfortbildung überwiegend
anerkannt, dass in Sonderkonstellationen, insbes. bei negativen Tatsachen, die Vorlage einer
Versicherung an Eides statt genügen kann (OLG München MittBayNot 2012, 293 (294);
von der Person abgegeben sein, die über die bestmögliche Kenntnis der nachzuweisenden
Begründet wird die Zulassung
der eidesstattlichen Versicherung mit dem Hinweis, dass die Beweismittelbeschränkung des
§ 29 GBO im Grundbucheintragungsverfahren nicht für den Nachweis des Nichtvorliegens
eintragungshindernder Tatsachen gilt (Böhringer: Erbschein trotz notarieller Verfügung von
Todes wegen?, ZEV 2017, 68, beck-online, m.w.N.).

Zudem muss die Zulassung der eidesstattlichen Versicherung aus anderen Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit systemimmanent begründbar sein. Voraussetzung hierfür ist, dass
das Nachlassgericht bei der Ermittlung der Erbfolge im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens zu
dem gleichen Ergebnis käme wie das Grundbuchamt, also weitere tatsächliche Ermittlungen
nicht für erforderlich halten würde und allein die eidesstattliche Versicherung der
Erbscheinserteilung zugrunde legen würde, ebenso wie das Grundbuchamt der beantragten
Eintragung (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 8. Juni 2000 2Z BR 29/00
, Rn. 16, juris (BayObLG DNotZ 2001, 385 (388)); Burandt/Rojahn/Egerland, 4. Aufl. 2022, GBO
§ 35 Rn. 16, beck-online). Der Umweg über das Nachlassgericht erscheint in diesem Falle nicht
geboten (OLG Frankfurt OLGZ 1981, 30 f.; 1985, 411 f.; OLG Hamm, Beschluss vom
5. Dezember 1996 15 W 407/96 , Rn. 22, juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht,
Beschluss vom 15. Juli 1999 2 W 113/99 , Rn. 13, juris; BayObLG (2.
ZS), Beschluss vom 8. Juni 2000 - 2Z BR 29/00, a.a.O., m.w.N.).

Bei der Entscheidung darüber, ob im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO eine eidesstattliche
Versicherung ausreicht, um Lücken im Nachweis der Erbfolge durch die öffentliche Verfügung
von Todes wegen zu schließen, steht dem Grundbuchamt und dem Beschwerdegericht gemäß
§ 35 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GBO ein gewisser tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu; das
erachtet, einen Erbschein verlangen (BayObLG (2. ZS), Beschluss vom 8. Juni 2000 2 Z BR
29/00 -, Rn. 17, juris, m.w.N.).

Typische Fälle, in denen eine eidesstattlichen Versicherung zum Nachweis einer negativen
Tatsache zugelassen sind, sind der Nachweis dass außer einem bestimmten, zum Erben (auch
Nacherben) eingesetzten Kind oder anderen Abkömmling eines Erblassers keine weiteren, das
Erbrecht des Berufenen schmälernde Abkömmlinge vorhanden sind (OLG Frankfurt OLGZ
1981, 30 f.; 1985, 411 f.; OLG Zweibrücken OLGZ 1985, 408 ff.; OLG Hamm FGPrax 1997, 48
f.; 1997, 128 f.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. Juli 1999 2
W 113/99 , Rn. 13, juris; BayObLG (2. ZS), Beschluss vom 8.6.2000 - 2Z BR 29/00 -, Rn.15,
juris) und die unterbliebene Geltendmachung des Pflichtteils (OLG Fr
vom 12. September 2024 20 W 212/23, NJW-RR 2025, 76, Rn.24, beck-online; OLG Hamm
NJWDNotZ 2013, 125 (126); OLG Frankfurt FamRZ 2014, 339 (341) = BeckRS 2013, 6309; FamRZ
2013, 1688 (1690) = BeckRS 2013, 7536; OLG Hamm FGPrax 2015, 201 (202); FamRZ 2016,
752 = BeckRS 2015, 20536; anders noch OLG Frankfurt FamRZ 2012, 1591 (1594) = NJOZ
2013, 149).

Auch die Feststellung der negativen Tatsache, dass der nichteheliche Sohn des Erblassers die
Nacherbschaft vor der Ausschlagungserklärung nicht, auch nicht konkludent, angenommen hat,
kann auf Grundlage einer notariellen eidesstattlichen Versicherung erfolgen.

Im Regelfall kann aufgrund der Komplexität der Prüfung, ob eine konkludente
Annahmeerklärung erfolgt ist, die Prüfung der wirksamen Ausschlagung im Grundbuchverfahren
nicht erfolgen. Die Annahme einer Erbschaft durch schlüssiges Verhalten (pro herede
gestio) setzt eine nach außen erkennbare Handlung des Erben voraus, aus der unter
Berücksichtigung der Umstände der Schluss zu ziehen ist, der Erbe habe sich zur endgültigen
Übernahme des Nachlasses entschlossen. Ob eine konkludente Erklärung der Annahme
vorliegt, muss bei Wertung aller Umstände des Einzelfalls anhand des Verhaltens des
potentiellen Erben ermittelt werden (BayObLG ZEV 2006, 455f; Köln FGPrax 2015, 37, 38; LG
Berlin BeckRS 2011, 27117; OLG München 29.12.2021 - 31 Wx 487/19, FamRZ 2022, 563 Rn.
3). Das Verhalten muss Dritten gegenüber objektiv eindeutig zum Ausdruck bringen, Erbe zu
sein und die Erbschaft behalten zu wollen. Dabei ist zu bedenken, dass auch dem vorläufigen
Erben, der sein Ausschlagungsrecht noch nicht verlieren möchte, die Verwaltung des
Nachlasses zusteht. Maßnahmen, die zur Sicherung oder Erhaltung des Nachlasses notwendig
sind, bringen keine Annahme zum Ausdruck (MüKoBGB/Leipold, 9. Aufl. 2022, BGB § 1943
Rn. 4f., beck-online; Staudinger/Otte (2017) BGB § 1943, Rn. 8; J. Schmidt in: Erman BGB,
Kommentar, 17. Auflage 2023, § 1943 BGB, Rn. 4, jeweils m.w.N.).

Eine derart komplexe Frage lässt sich regelmäßig nicht durch die Vorlage einer eidesstattlichen
Versicherung klären.

Die Möglichkeiten der konkludenten Annahme einer Nacherbschaft nach § 2142 BGB sind
hingegen weniger vielfältig. In der hier in Rede stehenden Phase zwischen Eintritt des
Vorerbfalls und Eintritt des Nacherbfalls gibt es nur eine überschaubare Anzahl von
Möglichkeiten, wie einem Dritten gegenüber, ohne dies ausdrücklich zu erklären, objektiv
eindeutig zum Ausdruck gebracht werden kann, Nacherbe zu sein und die Nacherbschaft
behalten zu wollen. Dies kann insbesondere durch jede Verfügung des Nacherben über sein
Anwartschaftsrecht erfolgen, wie etwa den Verkauf oder die Verpfändung
(BeckOGK/Deppenkemper, 1.11.2024, BGB § 2142 Rn. 37, NK-BGB/Walter Gierl, 6. Aufl.
2022, BGB § 2142 Rn. 13, beck-online; Burandt/Rojahn/Lang, 4. Aufl. 2022, BGB § 2142 Rn.
13, beck-online; Schlinker in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10.
Aufl., § 2142 BGB (Stand: 01.07.2023), Rn. 10). Ebenso ist regelmäßig von einer konkludenten
Annahme der Nacherbschaft auszugehen, wenn der Nacherbe im Hinblick auf § 2113 BGB
einer Einzelverfügung des Vorerben zustimmt (BeckOGK/Deppenkemper a.a.O.).

Bei der Prüfung, ob eine konkludente Annahmeerklärung vorliegt, ist schon bei der Vollerbschaft
aber erst recht bei der Nacherbschaft grundsätzlich Zurückhaltung geboten. Denn nach der
gesetzlichen Regelung muss sich der Nacherbe nicht vor Eintritt des Nacherbfalls entscheiden,
ob er die Erbschaft annimmt oder ausschlägt. Deshalb liegt in der bloßen Wahrnehmung der
Rechte und Pflichten durch den Nacherben gegenüber dem Vorerben in der Zeit zwischen dem
(ersten) Erbfall und dem Nacherbfall noch keine Annahme der Nacherbschaft
(BeckOGK/Deppenkemper, 1.11.2024, BGB § 2142 Rn. 37; MüKoBGB/Lieder, 9. Aufl. 2022,
BGB § 2142 Rn. 11). Entsprechend kann, wenn der Nacherbe in irgendeiner Weise in Bezug
auf sein Anwartschaftsrecht gehandelt hat, eine umfangreichere Prüfung erforderlich sein, ob
in seinem Verhalten eine konkludente Annahme der Nacherbschaft zu sehen ist. Steht aber zur
Überzeugung des Gerichts fest, dass der Nacherbe keine solche Handlung vorgenommen hat,
ist die Feststellung, dass keine Annahmeerklärung vorliegt, ohne weitere Ermittlungen möglich.
Diese Gewissheit kann im vorliegenden Fall auch das Grundbuchamt durch Vorlage einer
eidesstattlichen Versicherung des nichtehelichen Sohns des Erblassers gewinnen. Vorliegend
besteht die Besonderheit, dass alle weiteren Beteiligten, die auch in einem Erbscheinsverfahren
zu beteiligen wären, bereits gegenüber dem Grundbuchamt in notarieller Form erklärt haben,
dass der nichteheliche Sohn des Erblassers das Nacherbe ausgeschlagen hat. Von dieser Seite
sind demnach keine Hinweise auf eine mögliche vorherige Annahme des Nacherbes zu
erwarten. Hätten die Beteiligten mit einer entsprechenden Erklärung einen Erbscheinsantrag
gestellt, fehlte allein eine Erklärung des nichtehelichen Sohnes des Erblassers zu seinem
Verhalten vor der Ausschlagungserklärung. Würde dieser gegenüber dem Nachlassgericht in
Form einer notariellen eidesstattlichen Versicherung erklären, dass er weder ausdrücklich noch
in sonstiger Weise durch sein Verhalten Dritten gegenüber zum Ausdruck gebracht hat, die
Nacherbschaft annehmen zu wollen, und insbesondere keine Verfügung über sein
Anwartschaftsrecht getroffen oder einer Verfügung des Vorerben zugestimmt zu haben, sind
hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Nachlassgericht bei der Ermittlung der
Erbfolge im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens weitere tatsächliche Ermittlungen für
erforderlich halten würde.

Es liegt vielmehr ein Fall vor, in dem das Nachlassgericht bei Vorlage einer eidesstattlichen
Versicherung zu dem gleichen Ergebnis käme wie das Grundbuchamt und allein die
eidesstattliche Versicherung der Erbscheinserteilung zugrunde legen würde ebenso wie das
Grundbuchamt der beantragten Eintragung, so dass die Anforderung eines Erbscheins im
vorliegenden Verfahren nicht geboten und das Ermessen des Grundbuchamts insoweit
reduziert ist.

2. Soweit das Amtsgericht Bremen Grundbuchamt eine Pflegerbestellung für eventuelle
unbekannte (nicht gezeugte) Nacherben nach dem verstorbenen Y in Betracht zieht, wird dies
nicht notwendig sein.

Die Nacherbeneinsetzung des gemeinschaftlichen Testaments benennt insoweit abschließend
die eingesetzten Nacherben.

Die Formulierung
gesetzlichen Erbfolge, also einerseits unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge und
andererseits unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge und der vorgenannte
nichteheliche Sohn des Ehemannes mit derselben Erbquote wie ein ehelicher
ist im Hinblick auf die Einleitung des Testaments, in der die gemeinschaftlichen Abkömmlinge
ausdrücklich benannt werden, das Alter der Testierenden bei der Errichtung des Testaments
von 55 und 57 Jahre und den Zeitpunkt der Errichtung im Jahr 1996 und den damaligen Stand
der Fruchtbarkeitsmedizin so auszulegen, dass sich die Anordnung der Nacherbschaft auf die
vier konkret benannten gemeinsamen Abkömmlinge bezieht. Weitere nichteheliche
Abkömmlinge des verstorbenen Y, außer dem ausdrücklich erwähnten Sohn des Erblassers,
Herrn X, sind im Testament nicht bedacht, so dass auch insoweit keine unbekannten Nacherben
in Betracht kommen.

III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die grundsätzliche Haftung der Beteiligten für
die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus § 22 Abs. 1 GNotKG aufgrund des
teilweisen Erfolgs des Rechtsmittels gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG erloschen ist. Daher bedarf
es auch keiner Geschäftswertfestsetzung. Die Voraussetzungen für die Zulassung der
Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO liegen nicht vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Bremen

Erscheinungsdatum:

03.07.2025

Aktenzeichen:

3 W 6/25

Rechtsgebiete:

Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Grundbuchrecht
Kostenrecht

Normen in Titel:

BGB § 2142; GBO §§ 22, 35, 51