OLG Hamm 18. Mai 2020
18 U 57/19
HGB § 116 Abs. 1

Maklervertrag kein gewöhnliches Geschäft

letzte Aktualisierung: 09.09.2020
OLG Hamm, Urt. v. 18.5.2020 – 18 U 57/19

HGB § 116 Abs. 1
Maklervertrag kein gewöhnliches Geschäft

Trifft der Verwaltungsratsvorsitzende und Mitgesellschafter einer GmbH & Co. KG für einen
Auftrag, der normalerweise durch externe Personen durchgeführt wird, eine gesonderte, über seinen
als Verwaltungsrat allgemeinen Vergütungsanspruch hinausgehende Provisionsabrede zulasten der
Gesellschaft, ist dies aufgrund des Konflikts der divergierenden Interessen der Gesellschaft
einerseits und dem privaten Provisionsinteresse des handelnden Gesellschafters andererseits nicht
mehr als gewöhnliches Geschäft einzustufen.

Gründe:

A.
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch.
Bei den Beklagten handelt es sich um Fondsgesellschaften zweier Schiffsfonds. Die Führung der Geschäfte der
beiden Fondsgesellschaften erfolgte nicht durch ihre Komplementärinnen bzw. deren Geschäftsführer, sondern
durch eine von den beiden Fondsgesellschaften jeweils beauftragte Geschäftsbesorgerin, namentlich die
Gesellschaft für die Verwaltung von Beteiligungen an Tankschiffen mbH, deren Geschäftsführer H1 war.
Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum der Jahre 2014/ 2015 Verwaltungsratsvorsitzender und zudem
Gesellschafter der beiden Beklagten. Für diese Tätigkeit erhielt er im Jahr 2015 als Vergütung von der Beklagten
zu 1) einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € und von der Beklagten zu 2) einen Betrag in Höhe von 2.180,00 €.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) lautet auszugsweise wie folgt:
§ 6 Geschäftsführung, Tätigkeitsvergütung
…….

3.
Die Geschäftsführungsbefugnis der DS-Rendite- Fonds Nr. X ABC GmbH bzw. die Befugnisse des mit der
Geschäftsbesorgung beauftragten Dritten erstrecken sich auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, die zum
laufenden Betrieb gehören, insbesondere auch auf die Wahrnehmung der Rechte aus dem Chartervertrag, den
Abschluss und die Änderung von Charterverträgen, Abschluss, Aufhebung und Änderung von Bereederungsbzw.
Managementverträgen, die Festlegung von Fremdfinanzierungskonditionen, die Absicherung von Kursrisiken
durch Devisentermingeschäfte und Devisenoptionsgeschäfte, den Abschluss von Vereinbarungen zur
Vermeidung oder Verringerung von Zinsänderungsrisiken sowie den Abschluss von Vereinbarungen mit
maßgeblichen Vertragspartnern, auch soweit diese Einfluss auf die kalkulierten Ergebnisse der Gesellschaft
haben. Die Rechte nach §§ 164, 166 HGB werden durch die Gesellschafterversammlung oder den
Verwaltungsrat ausgeübt. Als über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehend und damit
zustimmungsbedürftig gelten insbesondere, jedoch unbeschadet abweichender Regelungen im
Gesellschaftsvertrag:

a) Veräußerung-nicht jedoch die treuhänderische Übertragung auf eine Tochtergesellschaft sowie die
Veräußerung des Schiffes an den Charterer aufgrund der ihm vertraglich eingeräumten Kaufoptionen – und
zusätzliche Belastung des erworbenen Seeschiffes;
b) die Übernahme, der Erwerb und der Betrieb zusätzlicher Seeschiffe;
c) Aufnahme weiterer Darlehen, die im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen sind, soweit diese gesamt max.
500.000 € überschreiten, ausgenommen die Ersetzung nicht gezeichneten Kommanditkapitals durch weitere
Fremdmittel;
d) Kreditgewährung mit Ausnahme der Gewährung handelsüblicher Zahlungsziele;
e) Eingehung von Bürgschaften, Garantien und dergleichen;
f) die Begebung von Wechseln;
g) die Ausübung der Optionsrechte im Rahmen des abgeschlossenen Chartervertrages;
h) die Ausübung des Wahlrechts zur Tonnagebesteuerung.

§ 7 Verwaltungsrat

….
5.
Die Aufgaben des Verwaltungsrates bestehen darin, die persönlich haftenden Gesellschafter bzw. den
geschäftsführenden Dritten bei der Erfüllung der Geschäftsführungsaufgaben im Rahmen des § 6 zu überwachen,
das Widerspruchsrecht und Kontrollrecht gemäß §§ 164/166 HGB wahrzunehmen und auch beratend tätig zu
sein. Hierbei ist der Verwaltungsrat berechtigt, die Bücher der Gesellschaft einzusehen und zu prüfen, von der
Geschäftsführung entsprechend § 90 Abs. 1 AktG halbjährlich berichtet zu verlangen, die über die wesentlichen
Geschäftsvorfälle berichten, und jederzeit eine Gesellschafterversammlung einzuberufen.


7.
Für ihre Tätigkeit erhalten die Verwaltungsratsmitglieder neben dem Ersatz der notwendigen Aufwendungen eine
angemessene Tätigkeitsvergütung, die von der Gesellschafterversammlung festgesetzt wird.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 2) ist inhaltsgleich.

Die beiden Schiffsfonds gerieten im Laufe der Jahre 2014/ 2015 in finanzielle Schwierigkeiten. Sie waren nicht
mehr in der Lage, die zur Finanzierung ihrer Schiffe aufgenommenen Darlehen zu bedienen. Zudem hatten die
Schiffe krisenbedingt Wertverluste erlitten, wodurch verschiedene in den jeweils geschlossenen
Darlehensverträgen enthaltene Wertsicherungsklauseln verletzt wurden. Den beiden Fonds drohte Anfang des
Jahres 2015 die Kündigung und Fälligstellung der aufgenommenen Darlehen. Um dies zu vermeiden, sollten die
von den beiden Fonds aufgenommenen Darlehn in einer Größenordnung von jeweils 13 Mio US$ umgeschuldet
werden.

Da der Kläger über Kontakte zu Banken, die unter Umständen für eine Umschuldung in Betracht kamen, verfügte,
bot er dem Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin an, dieser gegen eine Vergütung in Höhe von 40.000,00
US$ pro Fondsgesellschaft diese Banken zu benennen und einen Kontakt herzustellen.
Letztendlich erfolgte im Jahr 2015 eine Umschuldung der Darlehn bei der N Bank International Limited. Die
Beteiligung des Klägers an diesem Erfolg ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls gingen die im Rahmen der
außerordentlichen Gesellschafterversammlungen der Beklagten vom 23.04.2015 erfolgten Abstimmungen über
eine Zahlung einer Vergütung an den Kläger zulasten des Klägers aus.

Der Kläger machte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 07.06.2016 eine Provisionsforderung gegenüber
den Beklagten in Höhe von jeweils 40.000,00 US$ geltend. Die Beklagten wiesen die Ansprüche mit anwaltlichem
Schreiben vom 14.06.2016 zurück.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, zwischen ihm und den Beklagten sei jeweils ein Maklervertrag
geschlossen worden. Der Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin habe sein Einverständnis damit erklärt, dass
er für eine von ihm erfolgte Vermittlung von Banken für die avisierte Darlehensumschuldung bei erfolgreichem
Abschluss der entsprechenden Darlehensverträge eine Vermittlungsprovision pro Fondsgesellschaft in Höhe von
40.000,00 US$ erhalte. Erst kurz vor Abschluss der neuen Darlehensverträge habe der Geschäftsführer der
Geschäftsbesorgerin ihm erklärt, dass die Zahlung einer Vergütung an ihn nur dann möglich sei, wenn die
Gesellschafterversammlungen der Beklagten dem zustimmten. Er hat dazu die Ansicht vertreten, dass eine
derartige Zustimmung nicht erforderlich sei. Zwar bedürfe die Aufnahme weiterer im Gesellschaftsvertrag nicht
vorgesehener Darlehen der Zustimmung der Gesellschafterversammlungen. Dies betreffe aber nicht die
streitgegenständliche Umschuldung und erst recht nicht den abgeschlossenen Maklervertrag. Diese Verträge
stellten sich als sog. „Einheit“ dar. Eine Zustimmungsbedürftigkeit ergebe sich auch nicht aus den
gesellschaftsvertraglichen Regelungen der beiden Beklagten. Er habe den Beklagten im Jahr 2015 auch den
Kontakt zu der N Bank nachgewiesen und vermittelt. Er habe bei den Vertragsverhandlungen „freie Hand“ gehabt.
Zudem habe er die Darlehenskonditionen für die Beklagten verbessern können, insbesondere sei es ihm
gelungen, die Zinsen „zu drücken“ und eine günstige Ausgestaltung der sogenannten Loan-to-Value-Klauseln zu
erreichen. Derartige Tätigkeiten fielen nicht unter die üblichen Aufgaben eines Verwaltungsratsvorsitzenden und
seien damit gesondert zu vergüten. Da er damit auch Vermittlungstätigkeit für die Beklagten ausgeübt habe, sei
der Einwand der Vorkenntnis unerheblich. Im Übrigen komme es im Streitfall nicht auf die Vorkenntnis im Hinblick
auf den Vertragspartner, sondern auf die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages an. Außerdem habe er
Kontakte zur Münchner Niederlassung der N Bank hergestellt, während die Beklagten die Vorkenntnis auf das
„Züricher Büro von N“ bezögen. Bei Letzterer handele es sich jedoch nicht um eine Niederlassung, sondern um
eine selbstständige Firma.

Er hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten zu 1) und zu 2) zu verurteilen, an ihn jeweils 40.000,00 US$ nebst Zinsen in Höhe von 9
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.05.2018 zu zahlen.
Die Beklagten haben jeweils beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie haben erstinstanzlich bestritten, dass der Kläger mit ihnen oder mit dem Geschäftsführer der
Geschäftsbesorgerin einen Maklervertrag abgeschlossen habe. Sie haben behauptet, der Geschäftsführer der
Geschäftsbesorgerin habe dem Kläger immer deutlich gemacht, dass die Zahlung einer Vergütung ausschließlich
dann erfolgen werde bzw. nach dem Gesellschaftsvertrag erfolgen könne, wenn die
Gesellschafterversammlungen der Beklagten der Sonderzahlung zustimmten. Auch habe ihr Kontakt zu der N
Bank bereits zeitlich vor der Beratung des Klägers, nämlich bereits seit dem 02.06.2014 durch Vermittlung des
Maklers/Brokers „G“, bestanden. In dem Zeitpunkt, in dem der Kläger im Rahmen seiner Beratungsfunktion als
Mitglied des Verwaltungsrates auf die N Bank hingewiesen habe, habe der Kontakt zu dieser bereits bestanden.
Lediglich auf Drängen des Klägers habe die Geschäftsbesorgerin die Zahlung einer Sonderzahlung den
Gesellschafterversammlungen zur Abstimmung vorgelegt. Der Kläger sei auch nicht als Makler, sondern als
Berater im Rahmen seiner Verwaltungsratstätigkeit tätig geworden. Die Verwaltungsratsmitglieder erhielten
jedoch nach dem Gesellschaftsvertrag neben dem Ersatz der notwendigen Aufwendungen nur dann eine
angemessene Tätigkeitsvergütung, wenn diese von der Gesellschafterversammlung festgesetzt werde. Daran
fehle es. Die von dem Kläger vorgetragene Vermittlungstätigkeit werde bestritten.

Die Kammer hat mit am 30.04.2019 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt,
der Anspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 652 BGB. Selbst wenn der Vortrag des Klägers, der
Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin habe ihm mitgeteilt, dass er jeweils eine Provision für die Vermittlung
der beiden Darlehensverträge erhalte, als unstreitig unterstellt werde, erweise sich die Klage als unbegründet.
Denn soweit man den klägerischen Vortrag zu Grunde lege, hätte der Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin
ohne Vertretungsmacht für die Beklagte gehandelt. Ein derartiger Geschäftsabschluss hätte eines zustimmenden
Gesellschafterbeschlusses gemäß § 6 Nr. 3 des Gesellschaftervertrages der Beklagten bedurft, da es sich hierbei
nicht um ein „laufendes Geschäft“ gehandelt habe. Der Anspruch des Klägers ergebe sich letztlich auch nicht aus
§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Die Beklagten hätte nichts im Sinne der genannten Norm erlangt. Der Anspruch
erfordere zudem wenigstens eine Willensübereinstimmung über den Umfang und die Entgeltlichkeit der
Maklertätigkeit; der Leistungsempfänger müsse als Nachfrager einer entgeltlichen Leistung die Leistung
entgegennehmen. Hieran fehle es, da aufgrund der fehlenden Vertretungsmacht des Geschäftsführers der
Geschäftsbesorgerin eine Willensübereinstimmung im genannten Sinne zwischen dem Kläger und den Beklagten
nicht vorhanden gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren unter
Aufrechterhaltung seines bisherigen Vorbringens weiter verfolgt. Insbesondere rügt er, dass das Landgericht den
zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin abgeschlossenen Vertrag als
außergewöhnliches Geschäft im Sinne des § 116 Abs. 1 HGB eingestuft hat, das der Zustimmung der
Gesellschafterversammlung bedurft habe. Das Landgericht habe sich dabei nicht ausreichend mit den
entsprechenden Vorschriften der Gesellschaftsverträge der Beklagten, insbesondere mit § 6 Ziff. 3,
auseinandergesetzt. Auch nach den allgemeinen Grundsätzen zu § 116 HGB sei das streitgegenständliche
Geschäft nicht zustimmungsbedürftig. Letztlich habe das Landgericht verkannt, dass sich ein Anspruch des
Klägers auch aus § 812 BGB sowie aus den §§ 677 ff. BGB und § 110 HGB ergebe.
Er beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 30.04.2019 die Beklagten zu verurteilen, an ihn
jeweils 40.000,00 US$ nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.05.2018
zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie
verweisen noch einmal darauf, dass der Kläger weder eine Nachweis- noch eine Vermittlungsleistung erbracht
habe. Die wesentlichen Vertragsverhandlungen zur Umschuldung der Darlehn habe der Geschäftsführer der
Geschäftsbesorgerin geführt. Anfang des Jahres 2015 habe der Kläger diesem seine Hilfe angeboten. Der
Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin habe den Kläger von Anfang an darauf hingewiesen, dass eine
Vergütung für seine Hilfeleistung von der Zustimmung der Gesellschaftsversammlung abhänge. Auch habe er ihn
auf § 7 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1) hingewiesen.

Zu dem Vortrag der Parteien im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat die 3. Zivilkammer des
Landgerichts die Klage abgewiesen. Denn dem Kläger stehen die gegenüber den Beklagten geltend gemachten
Zahlungsansprüche in Höhe von jeweils 40.000,00 US$ unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 652 BGB. Es fehlt bereits am Abschluss eines Maklervertrages.

1.
Es ist bereits fraglich, ob das Angebot des Klägers, den Beklagten Banken, die für eine Umschuldung in Betracht
kommen, zu benennen und einen entsprechenden Kontakt herzustellen, überhaupt als Angebot auf Abschluss
eines Maklervertrages zu qualifizieren ist. Diese Zweifel ergeben sich vor dem Hintergrund, dass dem Kläger als
Verwaltungsratsmitglied gemäß § 7 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten ohnehin eine beratende
Tätigkeit obliegt.

2.
Die Frage kann letztendlich offen bleiben, da jedenfalls eine Annahme des Angebots des Klägers, die für und
gegen die Beklagten wirkt, nicht vorliegt. Dabei kann wiederum dahinstehen, ob der Geschäftsführer der
Geschäftsbesorgerin als Vertreter der Beklagten das Angebot des Klägers unbedingt –nämlich ohne den
Vorbehalt eines Zustimmungserfordernisses der Gesellschafter- oder mit einem entsprechenden Vorbehalt
angenommen hat. Denn eine Annahme durch den Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin der Beklagten als
deren Vertreter hätte in jedem Fall nur dann Wirkung für und gegen die Beklagten, wenn dieser mit der
erforderlichen Vertretungsmacht gehandelt hätte, § 164 BGB. Hieran fehlt es im Streitfall, da die vermeintliche
Annahme ohne Zustimmung der Gesellschafter erfolgte. Denn der ohne vertraglich vorgeschriebene
Erfordernisse, z.B. einen notwendigen Gesellschafterbeschluss, Handelnde vertritt die Gesellschaft ohne
Vertretungsmacht (BGH, Urteil vom 09.05.1974- II ZR 82/ 74- NJW 1974, 1555; Baumbach/ Hopt- Roth, HGB, 38.
Aufl., § 126 Rdnr. 8).

a)
Der Abschluss des behaupteten Maklervertrages bedurfte der Zustimmung der Gesellschafter per
Gesellschafterbeschluss.

(1)
Zwar kann den vorrangig heranzuziehenden (vgl. insoweit Münchener Kommentar zum HGB- Jickeli, 4. Aufl., §
116 Rdnr. 11) Vorschriften der Gesellschaftsverträge der Beklagten, insbesondere § 6 Ziff.3, weder das
Erfordernis einer Zustimmung noch deren Entbehrlichkeit entnommen werden. So regelt § 6 Ziff. 3 der
Gesellschaftsverträge der Beklagten zwar die Geschäftsführungsbefugnis des mit der Geschäftsbesorgung
beauftragten Dritten unter Verweis auf die Vornahme von Rechtsgeschäften, die zum laufenden Betrieb gehören,
im Allgemeinen und darüber hinaus auch für konkrete Fälle, indem beispielshaft sowohl einige der unter den
laufenden Geschäftsbetrieb fallende als auch zustimmungsbedürftige Geschäfte aufgelistet werden. Jedoch
werden weder der Abschluss eines Maklervertrages noch ein vergleichbares Geschäft in den entsprechenden
Auflistungen genannt.

Mithin stellt der Kläger im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit den vertraglichen Regelungen zu § 6 Ziff. 3.
auch lediglich auf die durchgeführte Darlehnsumschuldung ab und argumentiert, dass diese nach den
vertraglichen Regelungen nicht zustimmungsbedürftig gewesen sei und somit für das hier streitgegenständliche
Maklergeschäft als Annex zu der Darlehnsumschuldung nichts anderes gelten könne.

Nach Auffassung des Senats ist es bereits zweifelhaft, ob sich nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen
die Darlehnsumschuldung als nicht zustimmungsbedürftig darstellt. So ist unter § 6. 3. lit. c) die Aufnahme
weiterer Darlehnsverträge, die im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen sind und soweit sie maximal 500.000,00
€ überschreiten, als zustimmungsbedürftiges Geschäft genannt. Zwar ist fraglich, ob die vorgenommene
Umschuldung der Darlehn unter diese Vorschrift zu subsumieren ist. Jedenfalls geht sie allein aufgrund des
erforderlichen Neuabschlusses von Verträgen mit einem neuen Gläubiger über die Festlegung von
Fremdfinanzierungskonditionen hinaus, die nach den Gesellschaftsverträgen nicht der Zustimmung bedarf.
Letztendlich muss dieser Punkt nicht abschließend entschieden werden, da in jedem Fall das hier
streitgegenständliche vermeintliche Maklergeschäft nicht als Annex der Darlehnsumschuldung zu werten ist und
damit nicht das Schicksal der Darlehnsumschuldung als zustimmungsbedürftiges oder nicht
zustimmungsbedürftiges Geschäft teilt. Grundsätzlich unterliegt jedes Rechtsgeschäft einer gesonderten
Überprüfung dahingehend, ob es als zustimmungsbedürftig oder nicht zustimmungsbedürftig einzustufen ist.
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn das eine Rechtsgeschäft aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
nicht ohne das andere Rechtsgeschäft abgeschlossen werden kann oder darf. Diese Voraussetzung ist im
Streitfall erkennbar nicht erfüllt. Für die Durchführung der Umschuldung der Darlehn war eine Maklertätigkeit
weder rechtlich noch tatsächlich erforderlich. Der Kläger selbst trägt in diesem Zusammenhang vor, dass die
Umschuldung der Darlehn eigentlich zu dem Aufgabenkreis der Geschäftsbesorgerin und damit von dieser allein,
ohne seine Hinzuziehung, hätte durchgeführt werden müssen.

Auch eine „Gesamtschau“ der gesellschaftsvertraglichen Regelungen führt nicht zu einer Zustimmungsfreiheit des
vermeintlichen Maklervertrages. Dem Kläger ist insoweit zuzustimmen, dass der Katalog der
zustimmungsbedürftigen Geschäfte in § 6 Ziff. 3 der Gesellschaftsverträge ausschließlich Geschäfte umfasst, die
massive Auswirkungen auf das Geschäftsmodell und das Konzept der Beklagten haben. Nichts anderes gilt
jedoch für das streitgegenständliche vermeintliche Maklergeschäft. In diesem Zusammenhang ist zu
berücksichtigen, dass die Beklagten sich zum Zeitpunkt des vermeintlichen Abschlusses des Maklervertrages in
erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befanden, die die Umschuldung eines großen Teils der aufgenommenen
Darlehn erforderlich machte, um die drohende Insolvenz der Beklagten abzuwenden. Ein in diesem
Zusammenhang abgeschlossener Maklervertrag in dem behaupteten Umfang hätte die Beklagten mit weiteren
erheblichen Kosten belastet und weitere negative Auswirkungen auf deren finanzielle Lage gehabt. Sofern der
Kläger einwendet, es sei in diesem Zusammenhang unberücksichtigt geblieben, dass die auf beiden Seiten
angefallenen Provisionen in den Darlehensverträgen „eingepreist“ worden seien, rechtfertigt dies keine andere
Bewertung. Denn durch die damit zwangsläufig verbundene Erhöhung der Darlehnssumme ist den Beklagten
ebenfalls ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil entstanden.

Bei einer „Gesamtschau“ der gesellschaftsvertraglichen Regelungen ist zudem zu berücksichtigen, dass bereits
die dem Kläger als Mitglied des Verwaltungsrates zustehende Vergütung – die sich im Jahr 2015 lediglich auf
insgesamt 3.000,00 € bzw. 2.180,00 € belief - gemäß § 7 Ziff. 7 der Gesellschaftsverträge durch die
Gesellschafterversammlungen festgesetzt wird. Erst recht muss dieses gelten, wenn der Kläger eine Vergütung
für ein Rechtsgeschäft begehrt, das über seine Verwaltungsratstätigkeit sowohl hinsichtlich des Umfangs der zu
vergütenden Tätigkeit als auch hinsichtlich der Höhe der Vergütung erheblich hinausgeht.

(2)
Da die gesellschaftsvertraglichen Regelungen keinen zweifelsfreien Aufschluss für die Einstufung des
streitgegenständlichen vermeintlichen Maklergeschäftes als zustimmungsbedürftig oder nicht
zustimmungsbedürftig liefern, ist auf die allgemeinen zu § 116 HGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen.
Dies ist vor dem Hintergrund zulässig und geboten, dass die Anknüpfung an Geschäfte, die zum laufenden
Betrieb gehören bzw. solche, die darüber hinausgehen (so die in den Gesellschaftsverträgen gewählte
Formulierung), lediglich eine sprachliche Abweichung von den Begriffen der gewöhnlichen oder
außergewöhnlichen Geschäfte im Sinne des §§ 116 HGB darstellt.

Gewöhnliche Geschäfte sind solche, die bei einem Handelsgewerbe, wie es die konkrete Personengesellschaft
betreibt, üblicherweise vorkommen. Es ist daher nicht allein maßgeblich, ob die Maßnahme dem gewöhnlichen
Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes generell entspricht. Entscheidend ist vielmehr, dass sie auch gerade
nach Art und Größe des konkreten Unternehmens typisch oder üblich ist. Im Rahmen dieser konkreten
Betrachtung sind als Kriterien für die Einordnung insbesondere Art und Umfang der Gesellschaft, die bisherige
Entscheidungspraxis in der Gesellschaft sowie Art, Größe, Bedeutung und Risiko des Geschäfts für den
konkreten Betrieb zu nennen. Dies bedeutet, dass jedenfalls alle Geschäfte, die immer wieder einmal in dem
Geschäftsbetrieb der konkreten Personengesellschaft vorkommen, im Regelfall als übliche Geschäfte im Sinne
des §§ 116 HGB anzusehen sind. Umgekehrt sind ungewöhnlich solche Geschäfte, die nach Inhalt, Zweck und
Umfang oder nach ihrer Bedeutung und den mit ihnen verbundenen Gefahren über den gewöhnlichen Rahmen
des bisherigen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft hinausgehen und damit Ausnahmecharakter besitzen
(Ebenroth/ Boujong/ Joost/ Strohn- Drescher, HGB, 4. Aufl. 2020, § 116 Rdnr. 3 f.).

Gemessen daran liegt im Streitfall ein ungewöhnliches Geschäft vor, das über den gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb der Beklagten hinausging und der Zustimmung ihrer Gesellschafterversammlungen bedurfte.
Zwar ist dem Kläger darin zu folgen, dass der Abschluss eines Maklervertrages an sich nach dessen Inhalt,
Zweck und Umfang nicht generell als ungewöhnlich einzustufen ist. Jedoch ist hier zu berücksichtigen, dass der
streitgegenständliche vermeintlich zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag derart viele Besonderheiten im
Vergleich zu einem „normalen“ Maklervertrag aufweist, dass allein schon aufgrund dieser Besonderheiten nicht
mehr von einem gewöhnlichen Geschäft gesprochen werden kann. So ist der Kläger nicht als „normaler“ Makler
einzustufen, der als Externer von der Gesellschaft mit dem Nachweis oder der Vermittlung eines Geschäfts
beauftragt worden ist. Vielmehr ist der Kläger als Gesellschafter und Verwaltungsratsmitglied der Gesellschaften
für diese beratend tätig geworden. Trifft eine solche Person für einen Auftrag, der normalerweise durch externe
Personen durchgeführt wird, eine gesonderte, über seine allgemeine Vergütungspflicht hinausgehende
Provisionsabrede, die sodann zulasten sämtlicher Gesellschafter geht, ist dies aufgrund des Konfliktes der
vorliegenden divergierenden Interessen der beiden Gesellschaften einerseits und dem privaten
Provisionsinteresse des handelnden Gesellschafters andererseits nicht mehr als gewöhnliches Geschäft
einzustufen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Lage beider
Gesellschaften. So verweist auch der BGH bereits in seinem Urteil vom 08.05.1972- II ZR 108/ 70 (BB 1973, 212)
darauf, dass eine sonst noch gewöhnliche Maßnahme ungewöhnlich sein kann, wenn sie eine schwere
Interessenkollisionsgefahr begründet.

Ferner ist im Hinblick auf die Entscheidungspraxis in den Gesellschaften darauf zu verweisen, dass die Beklagten
selbst von einer Zustimmungsbedürftigkeit des streitgegenständlichen Geschäfts ausgegangen sind und
dementsprechend Abstimmungen der Gesellschafterversammlungen zu diesem Punkt herbeigeführt haben.
Das von dem Kläger angeführte Urteil des OLG Stuttgart vom 25.02.2009 (Az: 14 U 24/08, ZIP 2010, 131)
rechtfertigt keine andere Entscheidung in der Sache. Der dort zu beurteilende Fall ist mit dem hier
streitgegenständlichen nicht vergleichbar. Bei dem der Entscheidung des OLG Stuttgart zugrundeliegenden Fall
sollte der dortige Geschäftsführer „alternative Formen“ der Unternehmensfinanzierung untersuchen und der
Gesellschafterversammlung ein entsprechendes tragfähiges Konzept vorstellen. In dem hier
streitgegenständlichen Fall geht es um die Frage, ob einem Gesellschafter und Verwaltungsratsmitglied für eine
beratende Funktion der Geschäftsbesorgerin eine gesonderte Vergütung zustehen soll. Die beiden jeweils zu
beurteilenden Rechtsgeschäfte unterscheiden sich damit zum einen dadurch, dass bei dem der Entscheidung des
OLG Stuttgart zugrunde liegenden Fall die Umstellung der Finanzierung lediglich vorbereitet werden sollte,
während bei dem streitgegenständlichen Fall die vermeintliche Beratertätigkeit des Klägers sich sowohl auf die
Vorbereitung als auch die Durchführung der avisierten Umschuldung erstrecken sollte. Zum anderen sollte die
Leistung des Klägers nur gegen Zahlung einer gesonderten Provision erfolgen, während dies bei dem der
Entscheidung des OLG Stuttgart zugrunde liegenden Fall nicht gegeben war.

b)
Die fehlende Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Geschäftsbesorgerin hat zur Folge, dass die
vermeintliche Annahme des Angebots des Klägers auf Abschluss eines Maklervertrages keine Wirkung für und
gegen die Beklagten entfaltet. Der Kläger kann sich als Gesellschafter der Beklagten und Mitglied des
Verwaltungsrats nicht auf die Regelung des § 126 Abs. 2 HGB, wonach eine Beschränkung der Vertretungsmacht
Dritten gegenüber unwirksam ist, berufen. Zutreffend hat bereits die Kammer unter Berufung auf das Urteil des
Oberlandesgerichts Hamm vom 19.11.2018- 8 U 41/18 (WM 2019,362), darauf verwiesen, dass der Grundsatz
der unbeschränkten Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Gesellschafters nicht für den Rechtsverkehr
zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter und den Bereich der inneren Rechtsverhältnisse der
Gesellschaft gilt.

II.
Die gegen die Beklagten geltend gemachten Zahlungsansprüche ergeben sich auch nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1
1. Alt BGB. Es ist bereits zweifelhaft, ob das Bereicherungsrecht dem Makler überhaupt einen Anspruch geben
kann. In jedem Fall fehlt es an einer bereicherungsrechtlich relevanten Leistung des Maklers an den Empfänger.
Dafür ist nicht nur Voraussetzung, dass die maßgebliche Maklertätigkeit des Maklers aus der Sicht des
„Empfängers“ als Leistung an ihn erscheinen konnte, sondern auch, dass der Makler annehmen durfte, für diese
Tätigkeit eine Vergütung zu erhalten. Das erfordert wenigstens eine Willensübereinstimmung zwischen dem
Makler und dem Maklerkunden über den Umfang und die Entgeltlichkeit der Maklertätigkeit (BGH, Urteil v.
07.07.2005, III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572). Dies ist im Streitfall jedoch nicht gegeben, da die vermeintliche
Einigung zwischen Kläger und dem Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin über die Entgeltlichkeit der
Beratungsleistung des Klägers keine Wirkung für und gegen die Beklagten hatte.

III.
Ansprüche des Klägers aus §§ 677 ff. BGB (G.o.A.) scheitern bereits daran, dass der Makler kein fremdes
Geschäft im Sinne der §§ 677 ff. BGB, sondern ein eigenes betreibt (Münchener Kommentar zum BGB- Roth, 8.
Aufl., § 652 Rdnr. 92).

IV.
Letztlich kommt auch ein Anspruch aus § 110 HGB nicht in Betracht. Der Kläger verlangt im Streitfall nicht Ersatz
seiner Aufwendungen, sondern macht einen Anspruch auf eine vermeintlich vereinbarte Vergütung geltend. So
sind die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 110 HGB auch nicht dargelegt.

V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet
ihre rechtliche Grundlage in § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VI.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des
Rechts nicht nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs verlangt und der Senat mit seiner Entscheidung
nicht von höchstrichterlichen oder anderen obergerichtlichen Urteilen abweicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

18.05.2020

Aktenzeichen:

18 U 57/19

Rechtsgebiete:

Maklervertrag
Kommanditgesellschaft (KG)
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
OHG
Aktiengesellschaft (AG)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

HGB § 116 Abs. 1