Der Verwaltungsbegriff i. S. v. § 21 WEG
letzte Aktualisierung: 10.01.2020
BGH, Urt. v. 20.9.2019 – V ZR 258/18
WEG § 21
Der Verwaltungsbegriff i. S. v. § 21 WEG
a) Der Begriff der Verwaltung im Sinne von § 21 WEG ist weit zu verstehen und umfasst deshalb
regelmäßig auch Maßnahmen, die eine Veränderung der sachenrechtlichen Grundlagen der
Gemeinschaft vorbereiten sollen, damit die Wohnungseigentümer diese anschließend aus eigenem
Entschluss umsetzen können; solche Maßnahmen können mehrheitlich beschlossen werden.
b) Allerdings müssen auch Beschlüsse dieser Art ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Daran
wird es regelmäßig fehlen, wenn schon bei der Beschlussfassung absehbar ist, dass einzelne
Wohnungseigentümer an der späteren Umsetzung nicht mitwirken werden und hierzu zweifelsfrei
auch nicht (ausnahmsweise) verpflichtet sind, die mit der Vorbereitungsmaßnahme verbundenen
Kosten also aller Voraussicht nach vergeblich aufgewendet werden.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in
ist, legt den Hauptantrag dahingehend aus, dass den Mitgliedern der Klägerin
gemeinschaftliches Eigentum an dem Flurstück N. allee verschafft werden
solle; denn die Wohnungseigentümergemeinschaft könne nicht selbst gemeinschaftliches
Eigentum erwerben. Es fehle jedoch an der Aktivlegitimation
der Klägerin hinsichtlich etwaiger vertraglicher Erfüllungsansprüche ihrer Mitglieder,
weil die Klägerin insoweit nicht rechtsfähig sei. Die in § 10 Abs. 6 Satz 1
WEG normierte Rechtsfähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschränke
sich auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Da eine
Wohnungseigentümergemeinschaft nur hinsichtlich des Grundstücks
U. allee entstanden sei, beziehe sich die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums nur auf dieses Grundstück und erstrecke sich nicht auf Erfüllungsansprüche
der Erwerber, die sich auf das Flurstück N. allee bezö-
gen. Abgesehen davon fehle es auch deshalb an der Rechtsfähigkeit der Klägerin,
weil die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft, also die dingliche
Eigentumsordnung, von vornherein nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung
gehörten. Nicht gegeben sei die Aktivlegitimation mangels Rechtsfähigkeit
auch im Hinblick auf den ersten Hilfsantrag; dieser richte sich auf die Verschaffung
bestimmter Miteigentumsanteile an die namentlich benannten Erwerber
und damit ebenfalls auf eine Veränderung der sachenrechtlichen Grundlagen.
Selbst als gewillkürte Prozessstandschafterin für die einzelnen Erwerber könne
die Klägerin mangels Rechtsfähigkeit nicht auftreten. Nichts anderes gelte für
die aus der Sachmängelhaftung hergeleiteten Ansprüche. Für deren Durchsetzung
müsse ebenfalls in die sachenrechtlichen Grundlagen eingegriffen werden;
dies diene nicht der Verwaltung des bisherigen Gemeinschaftsgrundstücks
U. allee, auch wenn dessen baurechtswidriger Zustand beseitigt werden solle.
Über die weiteren Hilfsanträge müsse nicht entschieden werden, weil diese
unter der (nicht eingetretenen) Bedingung stünden, dass ein Unvermögen des
Beklagten im Hinblick auf die Verschaffung des Eigentums an dem Grundstück
N. allee angenommen werde; in der Sache sei ohnehin nicht der Klägerin,
sondern ihren Mitgliedern ein Schaden entstanden.
II.
Die Revision ist begründet.
1. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung bereits
deshalb nicht stand, weil das Berufungsgericht die Rechtsfähigkeit der Klägerin
verneint und die Klage gleichwohl als unbegründet abweist. Wegen des in § 50
Abs. 1 ZPO angeordneten Gleichlaufs von Rechts- und Parteifähigkeit wäre die
Klage bereits unzulässig, wenn die Klägerin nicht rechtsfähig wäre (vgl. BGH,
Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 148/94,
davon fehlte es an der für die Geltendmachung fremder Rechte erforder-
lichen Prozessführungsbefugnis, wenn, wie es das Berufungsgericht annimmt,
eine Ausübungsbefugnis der Klägerin gemäß
bestünde (vgl. nur Senat, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14, NJW 2015,
2874 Rn. 7) und die Klägerin - was das Berufungsgericht offenlässt - von den
einzelnen Erwerbern auch nicht zu der Prozessführung ermächtigt worden wäre.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klägerin
rechts- und parteifähig; auch ist sie prozessführungsbefugt, ohne dass es auf
die Ermächtigungen der einzelnen Erwerber ankäme. Gestützt wird die Klage
auf Erfüllungs-, Nacherfüllungs- oder Schadensersatzansprüche aus den von
den Erwerbern mit dem Beklagten jeweils abgeschlossenen Bauträgerverträgen.
Die Ausübungsbefugnis der Klägerin ergibt sich jedenfalls daraus, dass sie
diese Ansprüche durch Beschluss vom 16. Juni 2015 an sich gezogen hat.
Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG übt die Wohnungseigentümergemeinschaft
die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus
und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer
wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit
diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind.
Rechtsinhaber bleiben also die Wohnungseigentümer; aber die materielle Ausübungs-
und die Prozessführungsbefugnis steht bei den unter § 10 Abs. 6
Satz 3 WEG fallenden Rechten allein der Wohnungseigentümergemeinschaft
zu (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14,
Solche Rechte macht die Klägerin mit der Klage geltend.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine
Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung
die Ausübung der den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen
mit dem Veräußerer zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des
Gemeinschaftseigentums gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 21
Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen (vgl. nur
BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05,
vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13,
vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09,
die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten werkvertraglichen
Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche, und zwar selbst dann,
wenn nur noch ein Erwerber ein durchsetzbares Recht auf ordnungsgemäße
Herstellung des Gemeinschaftseigentums haben sollte (vgl. Senat, Urteil vom
15. Januar 2010 - V ZR 80/09, aaO Rn. 7 ff.; BGH, Urteil vom 25. Februar 2016
- VII ZR 156/13, aaO Rn. 17). Anerkannt hat der Bundesgerichtshof die Ausübungsbefugnis
der Wohnungseigentümergemeinschaft auch für das Gemeinschaftseigentum
betreffende kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüche der Erwerber
(sogenannte Nachzügler) gemäß § 437 Nr. 1, § 439 BGB, wenn diese
Ansprüche - wie die werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche
- jeweils in vollem Umfang auf Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum
und damit auf das gleiche Ziel gerichtet sind; dann besteht kein Anlass,
die aus § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m.
folgenden Befugnisse der Wohnungseigentümergemeinschaft unterschiedlich
zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13, aaO
Rn. 18).
b) Nichts anderes gilt für die hier geltend gemachten Ansprüche.
aa) Die im Rahmen der Bauträgerverträge übernommenen Herstellungspflichten
richten sich nach dem Werkvertragsrecht, während im Übrigen die
kaufrechtlichen Bestimmungen maßgeblich sind (vgl. BGH, Urteil vom
6. November 2005 - VII ZR 117/04,
Abs. 2 BGB aF und nunmehr
dass der Beklagte seine Verpflichtung gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB
nicht vollständig erfüllt habe, weil Kaufgegenstand jeweils an beiden Flurstü-
cken begründetes Wohnungseigentum sei. Unabhängig davon leitet sie die Ansprüche
auch aus der Sachmängelhaftung her, weil das Gebäude nur dann den
baurechtlichen Vorschriften entspreche, wenn das aus be
bb) Die ordnungsmäßige Verwaltung erfordert es jeweils, einen gemeinschaftlichen
Willen zu bilden, welche vertraglichen Ansprüche geltend gemacht
werden sollen bzw. wie die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums
zu bewirken ist. Dazu haben die Wohnungseigentümer mehrheitlich
beschlossen, den Beklagten auf Eigentumsverschaffung hinsichtlich des
Grundstücks N. allee in Anspruch zu nehmen. Entgegen der von dem
Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat geäußerten Ansicht ist damit eine umfassende Ausübungsbefugnis
der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet worden. Der Beschluss gibt
vor, worauf die Inanspruchnahme gerichtet sein soll; es ist nicht erforderlich,
dass die juristische Vorgehensweise im Einzelnen bezeichnet wird. Ziel der
Wohnungseigentümer ist es ausweislich des Beschlusses, in erster Linie Erfüllung
bzw. Nacherfüllung zu verlangen, indem das Flurstück N. allee
nachträglich in das Grundstück U. allee einbezogen wird. Dieses Ziel können
sie nicht isoliert, sondern nur im gemeinschaftlichen Zusammenwirken herbeiführen,
weil der Beklagte den Wohnungseigentümern nur insgesamt gemeinschaftliches
Eigentum an dem Grundstück N. allee verschaffen kann.
Deshalb sind die Ansprüche der Erwerber unabhängig von ihrer konkreten
Rechtsgrundlage jeweils gleichgerichtet, und es besteht kein Anlass, die Ausübungsbefugnis
der Wohnungseigentümergemeinschaft anders zu beurteilen
als bei den auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums
gerichteten Rechten.
cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts dient die Vergemeinschaftung
und die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche aus den Erwerbs-
verträgen durch die Klägerin der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2
WEG, und die Wohnungseigentümergemeinschaft ist insoweit rechtsfähig; die
sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft werden
hierdurch nicht verändert.
(1) Richtig ist allerdings, dass eine Veränderung der sachenrechtlichen
Grundlagen der Gemeinschaft - etwa durch Veräußerung eines Teils des gemeinschaftlichen
Grundstücks - keine Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3
WEG darstellt; für die Begründung einer schuldrechtlichen Pflicht zur Mitwirkung
der Wohnungseigentümer an einer solchen Änderung besteht keine Beschlusskompetenz
(vgl. Senat, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 103/12,
Rn. 17), und sie kann auch nicht Gegenstand einer - den Sondernachfolger
bindenden - Vereinbarung im Sinne von
Regelung der sachenrechtlichen Zuordnung ist von der inhaltlichen
Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses zu unterscheiden (vgl. Senat,
Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 322/02,
11. Mai 2012 - V ZR 189/11,
Darum geht es hier aber nicht. Die Vergemeinschaftung und die gerichtliche
Durchsetzung der Ansprüche führt weder eine sachenrechtliche Veränderung
herbei noch begründet sie eine darauf bezogene schuldrechtliche Verpflichtung.
Die sachenrechtlichen Verhältnisse an dem gemeinschaftlichen
Grundstück kann die Wohnungseigentümergemeinschaft schon deshalb nicht
ändern, weil sie nicht dessen Eigentümerin ist. Die Klage begründet auch keine
darauf bezogenen Mitwirkungspflichten der einzelnen Wohnungseigentümer.
Sie soll vielmehr bewirken, dass der Beklagte die von seiner Seite aus erforderlichen
Handlungen für eine Einbeziehung des Grundstücks N. allee in
das gemeinschaftliche Eigentum vornehmen muss. Damit dient die Klage der
Vorbereitung einer durch die Wohnungseigentümer selbst herbeizuführenden
sachenrechtlichen Veränderung; die von Seiten der Wohnungseigentümer erforderlichen
Willenserklärungen (für die Auflassung, die Vereinigung der Grundstücke
und die Erstreckung der Teilungserklärung auf das hinzuerworbene
Grundstück) müssen diese aus eigenem Entschluss abgeben.
(2) Ob Maßnahmen, die eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen
vorbereiten sollen, zu der Verwaltung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes
gehören und mehrheitlich beschlossen werden können, ist allerdings
streitig.
(a) Dies wird teilweise verneint. Deshalb wird ein Beschluss, wonach ein
Entwurf für eine Änderung der Teilungserklärung in Auftrag gegeben werden
soll, für nichtig gehalten, weil es an der Beschlusskompetenz fehle; für die Vorbereitung
einer Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen bedürfe es einer
Vereinbarung (AG Kassel,
BeckOK WEG/Müller [1.8.2019], § 10 Rn. 481; Bub/Bernhard, FD-MietR 2016,
381555; wohl auch Abramenko in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 10 Rn. 2 aE). Andernfalls
könnte die sachenrechtliche Zuordnung des Eigentums gegen den
Willen des Betroffenen geändert werden (so AG Schwelm,
Kassel,
ist die Beschlusskompetenz gegeben (Wenzel,
Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 221 aE; Staudinger/Lehmann-
Richter, BGB [23.2.2019], § 21 WEG Rn. 29.1; Reichert,
(b) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig. Ein Mehrheitsbeschluss,
der solche Vorbereitungsmaßnahmen zum Gegenstand hat, verändert weder
die sachenrechtlichen Grundlagen noch begründet er darauf bezogene schuldrechtliche
Verpflichtungen. Einer Vereinbarung bedarf es nicht, weil regelmäßig
ein konkreter Einzelfall geregelt werden soll (zutreffend Reichert,
Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums umfasst sind. Das ist grundsätzlich
zu bejahen. Denn der Begriff der Verwaltung im Sinne von § 21 WEG ist
weit zu verstehen (vgl. Senat, Urteil vom 2. Oktober 2015 - V ZR 5/15, NJW
2015, 3713 Rn. 11; Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15,
26) und umfasst daher regelmäßig auch Maßnahmen, die eine Veränderung
der sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft vorbereiten sollen, damit
die Wohnungseigentümer diese anschließend aus eigenem Entschluss umsetzen
können; solche Maßnahmen können mehrheitlich beschlossen werden.
Anders liegt es nur dann, wenn die vorzubereitende Maßnahme offenkundig
nicht der Verwaltung dient, etwa weil der Erwerb eines Grundstücks durch die
Wohnungseigentümer vorbereitet werden soll und jeder Zusammenhang mit
dem gemeinschaftlichen Eigentum fehlt; es verhält sich nicht anders als bei
dem Erwerb eines Grundstücks durch den Verband selbst (vgl. zu den darauf
bezogenen Grenzen Senat, Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, NZM 2016,
387 Rn. 27).
(c) Allerdings müssen auch Beschlüsse dieser Art ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprechen. Daran wird es regelmäßig fehlen, wenn schon bei der
Beschlussfassung absehbar ist, dass einzelne Wohnungseigentümer an der
späteren Umsetzung nicht mitwirken werden und hierzu zweifelsfrei auch nicht
(ausnahmsweise) verpflichtet sind (vgl. dazu Senat, Urteil vom 12. April 2013 -
V ZR 103/12,
verbundenen Kosten also aller Voraussicht nach vergeblich aufgewendet
werden. Die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung
ist aber nur im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens zu überprüfen,
und der Beschluss über die Vorbereitungsmaßnahme ist gültig, solange
er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt worden ist (§ 23 Abs. 4
Satz 2 WEG).
(3) Daran gemessen ist die hier beschlossene Maßnahme von der Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums umfasst.
(a) Der gültige Beschluss über die Vergemeinschaftung der Ansprüche
und die gerichtliche Rechtsverfolgung dienen dazu, die Einbeziehung des
Grundstücks N. allee in das gemeinschaftliche Eigentum mit gerichtlicher
Hilfe vorzubereiten. Dabei handelt es sich schon deshalb um eine Verwaltungsmaßnahme,
weil die Baubehörde von den Wohnungseigentümern unter
Androhung von Zwangsgeld verlangt, dass diese sich das Grundstück
N. allee übereignen lassen und die Realteilung rückgängig machen; der
Einwand des Berufungsgerichts, die Wohnungseigentümergemeinschaft sei nur
für das Grundstück U. allee entstanden und die Verwaltung beschränke sich
hierauf, greift bereits aus diesem Grund - wie die Revision zutreffend anmerkt -
erkennbar zu kurz. Aber auch abgesehen von diesen Besonderheiten des Falles
übersieht das Berufungsgericht, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft
im Hinblick auf den weiten Verwaltungsbegriff und den erforderlichen
Schutz des Rechtsverkehrs nur dann nicht rechtsfähig ist, wenn es sich offenkundig
nicht um eine Verwaltungsmaßnahme handelt (vgl. Senat, Urteil vom
18. März 2016 - V ZR 75/15,
sein kann.
(b) Ob die Wohnungseigentümer anschließend im Verhältnis untereinander
dazu verpflichtet sind, an der Wiederherstellung des einheitlichen Grundstücks
mitzuwirken und die hierzu etwa erforderlichen Willenserklärungen abzugeben,
ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Bei einem Erfolg der Klage
muss ggf. im Innenverhältnis geklärt werden, ob - wofür vieles spricht - in dieser
besonderen Fallkonstellation eine Mitwirkungspflicht aufgrund der Treuepflicht
besteht (vgl. dazu Senat, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 103/12, NJW 2013,
1962 Rn. 12 f. mwN). Der Beklagte als Prozessgegner kann daraus jedenfalls
keine Rechte herleiten.
3. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig
(
a) Das gilt zunächst für den Hauptantrag, mit dem die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft
von dem Beklagten verlangt, „ihr Eigentum an
dem Grundstück N. allee […] zu gemeinschaftlichem Eigentum zu verschaffen“.
aa) Da im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der
Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht
(vgl. nur Senat, Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 250/14, ZMR 2016,
553 Rn. 18 mwN), legt das Berufungsgericht diesen Antrag zutreffend dahingehend
aus, dass der Beklagte nicht der Klägerin, sondern den Wohnungseigentümern
gemeinschaftliches Eigentum an dem Flurstück N. allee verschaffen
soll; dieses Verständnis hat sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu eigen gemacht.
bb) Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO).
(1) Ein Klageantrag ist grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den
erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen
Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen
Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt,
das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit
auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus
dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten
lässt. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstan-
des in dem Klageantrag zu stellen sind, hängt jedoch auch ab von den Besonderheiten
des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des
Einzelfalls. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach
in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen
die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an der
Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkung mit
dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen
Rechtsschutz festzulegen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2018 -
V ZR 273/16, juris Rn. 10, insoweit in
Herausgabe von Gegenständen: Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 206/14,
denen ein bestimmter Erfolg erreicht werden soll, muss der Kläger nur den angestrebten
Erfolg bestimmt bezeichnen. Er darf die Auswahl zwischen verschiedenen,
zur Herbeiführung des Erfolgs geeigneten Mitteln dem Schuldner
überlassen. Je nach der Ausgestaltung des verfolgten Anspruchs kann er dazu
sogar verpflichtet sein (Senat, Urteil vom 19. Januar 2018 - V ZR 273/16, aaO
Rn. 11 mwN).
(2) Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag der Klägerin in der
oben (vgl. Rn. 23) vorgenommenen Auslegung, wonach der Beklagte verurteilt
werden soll, den Wohnungseigentümern gemeinschaftliches Eigentum an dem
Flurstück N. allee zu verschaffen. Der Bestimmtheit des Antrags steht
es nicht entgegen, dass nicht präzisiert wird, auf welche Weise der Beklagte
dieses Ziel erreichen soll. Insoweit gibt es nämlich mehrere Möglichkeiten; so
kann der Beklagte die aus seinen Töchtern bestehende GbR dazu bewegen,
das Grundstück entweder zunächst an ihn oder aber direkt an die Wohnungseigentümer
zu übertragen. Wie der Beklagte vorgeht, darf die Klägerin ihm überlassen,
nachdem sie das Ziel vorgegeben hat. Mit einer auf Abgabe der Auflassungserklärung
und Bewilligung der Eintragung gerichteten Klage kann die Er-
streckung des gemeinschaftlichen Eigentums jedenfalls nicht vorbereitet werden,
weil der Beklagte nicht im Grundbuch eingetragen ist.
cc) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann auch nicht davon
ausgegangen werden, dass das Rechtsschutzinteresse fehlt. Das ist ausnahmsweise
dann anzunehmen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die von der
verklagten Partei verlangte Leistung unmöglich oder sicher nicht vollstreckbar
wäre (vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2018 - V ZR 273/16, juris Rn. 14 mwN,
insoweit in
keine Feststellungen zu der Frage, ob eine Übereignung durch die GbR
auszuschließen ist, getroffen. Ebenso wenig steht fest, dass dem Beklagten die
Verschaffung von gemeinschaftlichem Eigentum von vornherein unmöglich ist.
(1) Allerdings sind die beiden Flurstücke derzeit selbständige Grundstücke,
und nur das Grundstück U. allee ist in Wohnungseigentum aufgeteilt.
Da Wohnungseigentum gemäß
Grundstück begründet werden kann, müsste zwecks Einbeziehung des Grundstücks
N. allee eine Vereinigung der beiden Grundstücke (§ 890 Abs. 1
BGB) bzw. eine Zuschreibung (§ 890 Abs. 2 BGB) herbeigeführt werden; zugleich
müsste die Teilungserklärung auf das Flurstück N. allee erstreckt
werden. Das setzt voraus, dass beide Grundstücke demselben Eigentümer
gehören bzw. mehreren Eigentümern zu denselben Anteilen (vgl. zum
Ganzen OLG Oldenburg,
15. Aufl., Rn. 2981; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 225;
Demharter,
(2) Es steht bislang nicht fest, dass der Beklagte den Erwerbern kein
gemeinschaftliches Eigentum, sondern allenfalls Miteigentumsanteile verschaffen
kann. Denn zu der Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft
hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Nach dem in
Bezug genommenen Bescheid der Baubehörde ist der Beklagte weiterhin Eigentümer
einer Einheit. Dann kann er jedenfalls dazu verpflichtet sein, die für
die Erstreckung des gemeinschaftlichen Eigentums in seiner Eigenschaft als
Wohnungs- bzw. Teileigentümer erforderlichen Willenserklärungen abzugeben
und insofern an der Verschaffung gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken.
b) Schließlich besteht auch an der Zulässigkeit der weiteren Hilfsanträge
kein Zweifel.
III.
Danach kann das Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben und
die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Entscheidung
ist dem Senat nicht möglich, weil das Berufungsgericht in der Sache keine
Feststellungen getroffen hat.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Im Hinblick auf kaufrechtliche Ansprüche müsste zunächst durch Auslegung
der Kaufverträge ermittelt werden, auf welche Flurstücke sich die jeweiligen
Kaufgegenstände beziehen. Dabei wäre ggf. dem Vortrag des Beklagten
nachzugehen, wonach die Erwerber vor der Beurkundung u.a. durch den Notar
ausdrücklich darauf hingewiesen worden sind, dass das zu veräußernde Wohnungseigentum
nur an dem Flurstück U. allee und nicht an dem Flurstück
N. allee begründet werde (vgl. zu den Folgen einer versehentlichen
Falschbezeichnung Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - V ZR 174/06, ZfIR
2008, 372 Rn. 12 f.). Sollte Gegenstand der jeweiligen Kaufverträge an beiden
Flurstücken begründetes Wohnungseigentum sein, wäre der Beklagte gemäß
§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu verpflichtet, den Erwerbern auch an dem Flurstück
N. allee gemeinschaftliches Eigentum zu verschaffen; deshalb
müsste er zunächst darauf hinwirken, dass die GbR das Grundstück
N. allee entweder zunächst an ihn oder direkt an die Wohnungseigentümer
übereignet.
2. Sollte Kaufgegenstand nur an dem Flurstück U. allee begründetes
Wohnungseigentum sein, könnte der Beklagte gleichwohl werkvertraglich zu
der Verschaffung des Eigentums an dem Grundstück N. allee verpflichtet
sein. Sofern durch die Grundstücksteilung die auflösende Bedingung, unter der
der Dispens steht (vgl. dazu U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Leonhard, VwVfG,
9. Aufl., § 36 Rn. 75, 86 f.), eingetreten sein sollte und es damit an den Voraussetzungen
für die Genehmigungsfreistellung gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1a BauO
Berlin i.d.F. vom 29. September 2005 (bzw. eine etwaige im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren
erteilte Baugenehmigung) fehlen sollte, handelte es
sich nicht - wie es das Berufungsgericht erwogen und im Ergebnis offengelassen
hat - um einen dem Kaufrecht unterliegenden Mangel des Grundstücks.
Vielmehr läge im Hinblick auf das ausgebaute Gebäude ein werkvertraglicher
Sachmangel vor. Denn der Bauträger schuldet eine dauerhaft genehmigungsfähige
Planung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 17/99,
Bauträgerkauf und Baumodelle, 6. Aufl., Rn. 669; vgl. auch Senat, Urteil vom
20. Juli 2018 - V ZR 56/17,
wenn - wie es hier in Betracht kommen könnte - das Werk zwar der übernommenen
Bauverpflichtung gerecht wird, jedoch nicht den zu beachtenden rechtlichen
Vorgaben (vgl. Basty, Der Bauträgervertrag, 9. Aufl., Rn. 797). Ob die
Grundstücksteilung baurechtswidrig ist, haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung
zu prüfen, solange eine rechtsverbindliche Entscheidung der Behörde
nicht ergangen ist (vgl. für das Kaufrecht Senat, Urteil vom 12. April 2013
- V ZR 266/11,
Nacherfüllungsanspruch könnte die Verschaffung gemeinschaftlichen Eigentums
an dem Grundstück N. allee umfassen, wenn die Genehmigungsfähigkeit
des Gebäudes nur durch die Wiedervereinigung der Grundstücke gesichert
werden und deshalb allein auf diese Weise eine mangelfreie Herstellung
des versprochenen Werkes erfolgen kann. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht
- von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht getroffen.
3. Eine kauf- oder werkvertraglich begründete Pflicht zur Eigentumsverschaffung
entfiele gemäß § 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB bei einem Unvermögen des
Beklagten. Voraussetzung hierfür ist aber, dass er die Verfügungsmacht nicht
mehr erlangen und zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs auch nicht
auf die Sache einwirken kann, weil sich die GbR als Erwerberin des Grundstücks
aller Voraussicht nach der Mitwirkung verweigern wird; die Darlegungsund
Beweislast trifft den Beklagten (näher Senat, Urteil vom 19. Januar 2018 -
V ZR 273/16,
könnte nur dann ausgegangen werden, wenn er darlegt und zur Überzeugung
des Gerichts beweist, dass die GbR zu einer Übereignung des Grundstücks
N. allee nicht oder nur unter Bedingungen bereit ist, die ihn gemäß
auch die öffentlich-rechtlichen Pflichten der GbR in den Blick zu nehmen, nachdem
diese durch baubehördlichen Bescheid zu der Übereignung des Grundstücks
an die Wohnungseigentümer verpflichtet worden ist.
4. Sollte sich erweisen, dass der Beklagte zur Verschaffung des Eigentums
verpflichtet ist, hinge von den derzeitigen Eigentumsverhältnissen ab, ob
er den Wohnungseigentümern - dem Hauptantrag entsprechend - gemeinschaftliches
Eigentum oder - dem Hilfsantrag entsprechend - Miteigentumsan-
teile verschaffen muss. Sofern der Beklagte nicht mehr Miteigentümer des
Grundstücks U. allee ist, könnte nur der Hilfsantrag Erfolg haben. Dann wäre
dem Beklagten die Verschaffung gemeinschaftlichen Eigentums nämlich unmöglich,
und er wäre lediglich dazu verpflichtet, den Wohnungseigentümern
Miteigentumsanteile an dem Grundstück N. allee zu verschaffen, damit
diese selbst die Entstehung gemeinschaftlichen Eigentums herbeiführen können.
Sollte der Beklagte zumindest anteilig weiterhin Eigentümer des Grundstücks
U. allee sein, wäre dagegen - ggf. unter näherer Konkretisierung der
von dem Beklagten vorzunehmenden Handlungen - dem Hauptantrag stattzugeben.
Denn unter dieser
Voraussetzung müsste er an der Entstehung gemeinschaftlichen Eigentums
mitwirken, indem er in seiner Eigenschaft als Wohnungs- bzw. Teileigentümer
die für die Vereinigung bzw. Zuschreibung und ggf. für die Erstreckung der Teilungserklärung
erforderlichen Willenserklärungen abgibt.
5. Sollte der Beklagte zu der Verschaffung von Eigentum an dem Grundstück
N. allee verpflichtet, diese Pflicht aber gemäß § 275 Abs. 1 Alt. 1
BGB wegen Unvermögens entfallen sein, wären die weiteren Hilfsanträge zu
prüfen, über die bislang nicht entschieden worden ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:20.09.2019
Aktenzeichen:V ZR 258/18
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
WEG
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
NJW-RR 2020, 72-76
Normen in Titel:WEG § 21