Unrichtigkeitsnachweis des Insolvenzverwalters reicht für Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Zwangshypothek nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aus
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Dokumentnummer: 8w310_11
letzte Aktualisierung: 16.11.2011
OLG Stuttgart, 30.8.2011 - 8 W 310/11
Unrichtigkeitsnachweis des Insolvenzverwalters reicht für Löschung einer im Grundbuch
eingetragenen Zwangshypothek nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aus
Ist eine zugunsten eines Insolvenzgläubigers im Grundbuch eingetragene Zwangshypothek mit
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund der Rückschlagsperre des
unwirksam geworden, bedarf es zur Löschung der Zwangshypothek der Löschungsbewilligung
des Gläubigers gem.
den Insolvenzverwalter gem.
Gründe
I.
Der Antragsteller hat am 16. März 2011 die Löschung der im Betreff zu Gunsten der Gläubiger
Ziff. 2-5 eingetragenen Zwangshypotheken im Nennwert von insgesamt 62.621,98 EUR
beantragt - gestützt auf die Rückschlagsperre des
gemachten Grundbuchunrichtigkeit hat er seine Bestallungsurkunde, den Insolvenzeröffnungsbeschluss sowie eine Bestätigung des Insolvenzgerichts über den Zeitpunkt des Eingangs des zur
Insolvenzeröffnung führenden Antrags in Kopie eingereicht.
Die Gläubiger haben der Löschung widersprochen und mit Zwischenverfügung vom 5. Juli 2011
hat das Grundbuchamt dem Antragsteller aufgegeben, die Löschungsbewilligung der Gläubiger
und die Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypotheken gemäß
Bestallungsurkunde und Bescheinigung des Amtsgerichts in der Form des
Der Insolvenzvermerk wurde am 15. März 2011 im Grundbuch von ... Nr. ... und Nr. ... eingetragen. Die Zwangshypotheken bezüglich Heft 1629 Abt. III Nr. 4, 5, 6 wurden am 18. Februar
2008, 29. September 2008 und 3. Mai 2010 eingetragen sowie bezüglich Heft 1315 Abt. III Nr.
6, 7 am 2. November 2009 und am 13. August 2010. Das Insolvenzverfahren wurde auf den am
30. Januar 2008 eingegangenen Insolvenzantrag des Finanzamts Schwäbisch Gmünd durch
Beschluss des Amtsgerichts Aalen - Insolvenzgericht - am 9. März 2011 um 8:00 Uhr eröffnet
und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt (Az. 3 IN 31/08).
Am 4. August 2011 hat der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung Beschwerde eingelegt
wegen der Auflagen, die Löschungsbewilligung der Gläubiger und die Zustimmung des Eigentümers in der Form des
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16. August 2011 die Beschwerde ohne Abhilfe dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im einzelnen wird verwiesen auf die Beschwerdebegründung und das weitere Vorbringen des
Antragstellers und der übrigen Beteiligten sowie auf die Beschlüsse des Grundbuchamts vom 5.
Juli und 16. August 2011.
II.
1.
Das Rechtsmittel ist gem.
einzelne Beanstandung eine Entscheidung im Sinne des
(Demharter, Grundbuchordnung, 27. Aufl. 2010,
Die Beschwerdeberechtigung und -befugnis des Insolvenzverwalters unterliegen keinem Zweifel
(
zulässig.
Über die Beschwerde entscheidet gem.
2.
Das Rechtsmittel - beschränkt auf die Eintragungshindernisse der fehlenden Löschungsbewilligungen der Gläubiger und Zustimmung des Eigentümers - ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Die vom Grundbuchamt in der Zwischenverfügung und dem Nichtabhilfe-/Vorlagebeschluss
vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und deshalb nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung
von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die sorgfältigen und überzeugenden Darlegungen in den Entscheidungen des Notars vom 5. Juli und 16. August 2011, denen sich der Senat
anschließt.
Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
a)
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 2006, Az. IX ZR 232/04, BGHZ 166,
74, sind die von der insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre des
Zwangshypothek unwirksam, entsteht keine Eigentümergrundschuld. Vielmehr können Gläubigersicherungen, die (schwebend) unwirksam geworden sind, ohne Neueintragung mit entsprechend geändertem Rang wirksam werden, wenn sie als Buchposition erhalten sind und die Voraussetzungen für eine Neubegründung der Sicherung im Wege der Zwangsvollstreckung
bestehen. Bei Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter kann die durch die Rückschlagsperre unwirksam gewordene Zwangshypothek schon im Zeitpunkt der Freigabe wieder
wirksam werden.
Der BGH führt in seiner Entscheidung u. a. aus:
„Die Zwangshypothek entsteht mit der Eintragung im Grundbuch
(
kann die im Grundbuch verbliebene Eintragung der Zwangshypothek nach erfolgreicher Klage gem.
Einstweiliger Rechtsschutz ist durch Widerspruch möglich (§ 899
BGB).
Wird die Eintragung der Zwangshypothek gelöscht, ist damit
auch die Vollstreckungsanordnung des Grundbuchamtes aufgehoben. Diese Anordnung kann dann, wenn der Schuldner seine
Verfügungsfreiheit wieder gewonnen hat und die Vollstreckungsvoraussetzungen noch bestehen, auf Antrag des Gläubigers nur
neu ergehen. Anders liegt es dagegen, wenn beim Wegfall des
verfügungsbeschränkenden Vollstreckungsverbotes die unwirksame Zwangshypothek als Buchposition noch erhalten ist. Es
bedarf dann keiner Löschung der Zwangshypothek mit anschließender Neueintragung. Die gem.
Buchposition bei Wegfall der Verfügungsbeschränkung entsprechend § 185 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB neu entstehen. Die Nutzbarkeit der alten Buchposition hat der Bundesgerichtshof unter
rechtsähnlichen Voraussetzungen bereits für die Umschreibung
des Eigentums (BGH,...) und für die neu bewilligte Vormerkung
bei Sicherung eines kongruenten Anspruchs (BGH,...) anerkannt.
Die Möglichkeit der Konvaleszenz entsprechend § 185 Abs. 2
Satz 1 Fall 2 BGB erfüllt für die Rückschlagsperre zugleich die
verfassungsrechtliche Forderung, den durch
erfassten Rechtsschutzanspruch des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung nur zu beschränken soweit und solange überwiegende Gründe dies zwingend erfordern (BGH,...). Für die
Wirkungsdauer der Rückschlagsperre hat der Senat diesen Grundsatz in seinen Entscheidungen zu
Anwendung von
Ergebnis zutreffend hat danach das Berufungsgericht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senates zu § 7 Abs. 3 Satz 1
GesO angenommen, dass auch eine Vollstreckungsmaßnahme,
welche unter die Rückschlagsperre des
solange unwirksam ist, als dies die Interessen der Insolvenzgläubiger verlangen, vorausgesetzt allerdings, dass mit der Eintragung des Schuldners im Grundbuch und dem Fortbestand des
Titels eine Neuanordnung möglich wäre.“
Ausgehend von der heftig umstrittenen Entscheidung des BGH (vgl. u. a. Keller, ZIP 2006,
1174; Demharter,
86) bleibt nach der Mehrheit der grundbuchrechtlichen Literatur (vgl. vorherige Zitate) eine
Löschung im Wege des Unrichtigkeitsnachweises vollziehbar. Dabei stellt sich aber die Frage,
ob bei dieser Form der Grundbuchberichtigung das Grundbuch in anderer Beziehung unrichtig
würde, weil es nicht mehr das potentielle Wiederaufleben des gelöschten Rechts verlautbart
(Bestelmeyer, a. a. O.).
Die insolvenzrechtliche Kommentarliteratur setzt sich mit den grundbuchrechtlichen Auswirkungen der vorgenannten Entscheidung des BGH nicht auseinander, sondern begnügt sich mit
deren Wiedergabe (vgl. u. a. Breitenbücher, in: Graf-Schlicker, InsO, 2. Auflage 2010,
Rn. 5-8; App, in: Wimmer, FK-InsO, 6. Auflage 2011,
4. Auflage 2010,
Uhlenbruck in Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010,
Unrichtigkeitsnachweis nach
Gehör zu gewähren. Wie das Grundbuchamt zu verfahren hat im Falle des Widerspruchs der
Gläubiger unter Berufung auf die vom BGH angenommene nur schwebende Unwirksamkeit wie vorliegend -, wird nicht beantwortet. Sofern dieser keinerlei Auswirkungen haben soll, geht
die Gewährung des rechtlichen Gehörs jedoch ins Leere und wäre überflüssig.
Wilsch in Hügel, Grundbuchordnung, 2. Auflage 2010, Insolvenzrecht und Grundbuchverfahren,
Seite 1289, Rn. 98 ff, lässt zwar auch den Unrichtigkeitsnachweis gemäß
„Ob die Möglichkeit der Konvaleszenz und die damit verbundene,
mögliche Haftungsgefahr einer Grundbuchunrichtigkeit wiederum
dazu führen, dass die Löschung einer der Rückschlagsperre
unterliegenden Zwangshypothek nur aufgrund einer Löschungsbewilligung des Gläubigers erfolgen kann (so Bestelmeyer,
ungeklärt und bedarf wohl der weiteren obergerichtlichen Klärung
(vgl. auch Demharter,
Tatsächlich hat sich der BGH in der Entscheidung vom 19. Januar 2006 nicht entscheidungserheblich mit der vorstehenden grundbuchrechtlichen Problematik auseinandersetzen müssen
und auseinandergesetzt. Dies gilt gleichermaßen für die nachfolgende Rechtsprechung der
Oberlandesgerichte (vgl. OLG München
2010, 2097) und des BGH (vgl. Beschluss vom 19. Mai 2011, Az. IX ZB 284/09, ZIP 2011,
1372).
Lediglich der Entscheidung des OLG Köln vom 14. Juli 2010,
werden, dass dieses den Unrichtigkeitsnachweis gemäß
aber verlangt, dass den von der Rückschlagsperre betroffenen Gläubigern vor der Löschung der
Grundbucheintragung rechtliches Gehör gewährt wird. Auch dieses beantwortet nicht die Frage,
wie sich das Grundbuchamt verhalten soll, wenn die Gläubiger der Löschung unter Berufung auf
die Entscheidung des BGH vom 19. Januar 2006 widersprechen, damit die Gewährung des
rechtlichen Gehörs nicht zu einer bloßen wirkungslosen Förmelei wird.
Unter Berücksichtigung der vom BGH lediglich angenommenen schwebenden Unwirksamkeit
infolge der Rückschlagsperre des
2010,
Allein dadurch wird die vom BGH bejahte Möglichkeit der Konvaleszenz entsprechend § 185
Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB für die Rückschlagsperre zu Gunsten aller betroffenen Zwangshypothekare unabhängig vom Verhalten des Insolvenzverwalters gewährleistet zur Erfüllung der
verfassungsrechtlichen Forderung, den durch
der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung nur zu beschränken, soweit und solange überwiegende Gründe dies zwingend erfordern. Eine Sicherung, die unter die Rückschlagsperre des
verlangen, vorausgesetzt allerdings, dass mit der Eintragung des Schuldners im Grundbuch und
dem Fortbestand des Titels eine Neuanordnung möglich wäre.
Diese Überlegungen des BGH können nach der Überzeugung des Senats nur dazu führen, vom
Erfordernis der Vorlage von Löschungsbewilligungen der betroffenen Zwangshypothekare auszugehen.
Auch das OLG Düsseldorf hat sich bei einer Vormerkung wegen der Möglichkeit von deren
„Neuaufladung“ am 2. März 2011, Az. 3 Wx 266/10,
Standpunkt gestellt, dass der Nachweis des Wegfalls des ursprünglich gesicherten Anspruchs
nicht ausreicht, sondern die Bewilligung des Berechtigten zur Löschung der Vormerkung erforderlich ist.
Abschließend wird nochmals auf die weiteren überzeugenden Ausführungen des Grundbuchamtes zur Stützung seiner vom Senat ebenfalls geteilten Rechtsauffassung verwiesen.
b)
Da der Unrichtigkeitsnachweis nach
Zu Recht hat das Notariat in dem Nichtabhilfe-/Vorlagebeschluss vom 16. August 2011 darauf
hingewiesen, dass die entsprechende Auflage in der Zwischenverfügung vom 5. Juli 2011 nichts
darüber aussagt, wer zur Erteilung dieser Zustimmung befugt ist. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters gemäß
Auflage nicht infrage gestellt.
3.
Die Beschwerde war demgemäß als unbegründet zurückzuweisen mit der Kostenfolge von § 84
FamFG,
4.
Die Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1, 23
Abs. 2 KostO. Dabei war vom Nennwert der Zwangshypotheken, d.h. von den zu sichernden
Hauptforderungen auszugehen, allerdings unter Berücksichtigung des erstrebten Ziels der
Löschung und der bislang nur vorliegenden Zwischenverfügung lediglich ein Bruchteil von 10 %
in Ansatz zu bringen (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. 2011,
5.
Im Hinblick auf den vorstehend dargelegten Meinungsstreit war die Rechtsbeschwerde gem.
und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch zur Fortbildung des Rechts und
zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Köln
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Stuttgart
Erscheinungsdatum:30.08.2011
Aktenzeichen:8 W 310/11
Rechtsgebiete:
Insolvenzrecht
Grundbuchrecht
DNotZ 2012, 199-201
FGPrax 2011, 286-287
NotBZ 2011, 415-417
InsO § 88; GBO §§ 19, 22, 27, 29