BayObLG 29. November 2000
2Z BR 120/00
BGB § 925; GBO §§ 18, 20; BeurkG § 44a Abs. 2

Keine Auflassung bei bloßer Mitunterschrift des Erwerbers unter Auflassungserklärung des Veräußerers

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1014
letzte Aktualisierung: 16. Januar 2001
2zbr12000
BayObLG
2Z BR 120/00
30.11.2000
BGB § 925; GBO §§ 18, 20; BeurkG § 44a Abs. 2
Keine Auflassung bei bloßer Mitunterschrift des Erwerbers unter Auflassungserklärung des
Veräußerers
1. Durch Zwischenverfügung kann nicht aufgegeben werden, eine nicht oder nicht ausreichend
bestimmte Auflassung nachzuholen.
2. Die auf den Eigentumsübergang an einem Grundstück gerichteten Willenserklärungen des Veräußerers und
des Erwerbers müssen grundsätzlich mündlich abgegeben werden; jedenfalls muss eindeutig feststellbar sein,
dass sowohl die Willenserklärung des Veräußerers als auch die deckungsgleiche Willenserklärung des
Erwerbers bestimmt und eindeutig erklärt sind. Das bloße Unterschreiben einer notariellen Urkunde, die nur die
Einigungserklärung des Veräußerers enthält, durch den Erwerber ersetzt nicht dessen Einigungserklärung.
3. Ist in einer notariellen Urkunde nur die Auflassungserklärung des Veräußerers enthalten, kann die
entsprechende Willenserklärung des Erwerbers grundsätzlich nicht als offensichtliche Unrichtigkeit durch einen
Nachtragsvermerk des Notars ersetzt werden.
G r ü n d e
I .
Der Beteiligte zu 2 ist im Grundbuch bei mehreren Grundstücken als Miteigentümer zur Hälfte eingetragen.
Zu notarieller Urkunde vom 2.12.1999 veräußerte der Beteiligte zu 2 seinen Miteigentumsanteil an den
Grundstücken an die Beteiligten zu 1, 3 und 4. In der Urkunde heißt es sodann:
... (= Beteiligter zu 2) erklärt hiermit die Auflassung des ihm zustehenden 1/2 Miteigentumsanteils an
dem Grundbesitz an ... (Beteiligte zu 1, 3 und 4). Eine Eintragungsbewilligung wird ausdrücklich nicht
erklärt.
Dem beurkundenden Notar wird insoweit hiermit unwiderrufliche Vollmacht erteilt, Bewilligung und
Antrag für die Beteiligten zu erklären, wenn
vertragsgerechter Rangstelle sichergestellt ist,


heutigen Urkunde auf das in ... bezeichnete Notaranderkonto erfolgt ist.
Durch Eigenurkunde vom 29.5.2000 bewilligte der Notar aufgrund der ihm erteilten Vollmacht die Eintragung
der Auflassung und stellte durch weitere Eigenurkunde vom 2.8.2000 fest, dass die Beteiligten zu 1, 3 und 4 die
Auflassungserklärung anlässlich der Beurkundung des Vertrags vom 2.12.1999 entgegengenommen hätten.
Den Antrag auf Vollzug der notariellen Urkunde vom 2.12.1999 hat das Grundbuchamt durch
Zwischenverfügung vom 21.7.2000 beanstandet. Nr. 1 der Zwischenverfügung lautet:
Bei der Auflassung ... ist die Erklärung über die Einigung gem. § 20 GBO nicht enthalten.
Die Beschwerde gegen Nr. 1 der Zwischenverfügung hat das Landgericht durch Beschluss vom 10.10.2000
zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und der Nr. 1 der
Zwischenverfügung des Grundbuchamts.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Niederschrift des Notars beurkunde lediglich die Auflassungserklärung
des Veräußerers, nicht jedoch eine dieser entsprechende Willenserklärung der Erwerber. Damit sei eine
wirksame Einigung nicht gegeben. Der Beurkundungsmangel könne nicht im Weg der Auslegung geheilt
werden. Zwar könne die Eintragungsbewilligung des Berechtigten in Verbindung mit dem Eintragungsantrag
des Begünstigten die materiellrechtliche Auflassung enthalten. Eine solche Auslegungsmöglichkeit ergebe sich
hier jedoch deshalb nicht, weil die Eintragungsbewilligung ausdrücklich nicht erklärt worden sei und daher
auch nicht beurkundet sei.
Die Bevollmächtigung des Notars, die Eintragungsbewilligung abzugeben, könne einer wirksam erklärten
Auflassung nicht gleichgestellt werden. Auch die vom Notar erklärte Eintragungsbewilligung sei nicht
ausreichend für die materiellrechtliche Erklärung der Auflassung, die der Beurkundung bedürfe. Die
feststellende Eigenurkunde des Notars sei schon deshalb nicht ausreichend, weil sie nur besage, dass die Auflassungserklärung entgegengenommen worden sei, aber nichts über die Abgabe einer Einigungserklärung
der Erwerber sage. Im übrigen könne eine Berichtigung nur bei offensichtlichen Unrichtigkeiten in Betracht
kommen. Durch einen Berichtigungsvermerk könne nicht die Niederschrift um eine nicht beurkundete
Willenserklärung ergänzt werden.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) In Nr. 1 der Zwischenverfügung beanstandet das Grundbuchamt den fehlenden Nachweis der Einigung
gemäß § 20 GBO; darin wird von ihm ein Hindernis gesehen, das der beantragten Eintragung der Auflassung
entgegensteht. Das Grundbuchamt hat nicht ausdrücklich angegeben, wie dieses Eintragungshindernis behoben
werden kann. Die Angabe der zur Beseitigung des angegebenen Eintragungshindernisses geeigneten Mittel
gehört aber zu den unverzichtbaren Voraussetzungen einer wirksamen Zwischenverfügung (Demharter GBO
23. Aufl. § 18 Rn. 31, Wilke in Bauer/v. Oefele GBO § 18 Rn. 38, jeweils m.w.N.).
b) Die Auslegung der Zwischenverfügung ergibt jedoch, dass das Grundbuchamt den Nachweis einer
ordnungsgemäß erklärten Einigung verlangt. Dies kann aber nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein. Durch
zu schaffen, weil diese sonst einen ihr nicht gebührenden Rang erhielte, den die Zwischenverfügung sichert.
Daher kann grundsätzlich durch Zwischenverfügung nicht aufgegeben werden, eine noch nicht oder nicht
hinreichend bestimmt erklärte Auflassung erst zu erklären (Bay0bLG NJW-RR 1991, 465; OLG Hamm
MittRhNotK 1996, 225; Demharter § 18 Rn. 32). Die Nr. 1 der Zwischenverfügung des Grundbuchamts und die
sie bestätigende Entscheidung des Landgerichts können daher keinen Bestand haben.
III.
Für das weitere Verfahren zur Entscheidung über den Eintragungsantrag wird bemerkt:
1. Im Falle der Auflassung eines Grundstücks darf das Grundbuchamt die Eintragung nur vornehmen, wenn die
erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist (§ 20 GBO). Die Bestimmung enthält
damit eine Ausnahme von dem Grundsatz der einseitigen Bewilligung des § 19 GBO. Dem Grundbuchamt ist
die Einigung in der grundbuchmäßigen Form des § 29 GBO so nachzuweisen, wie sie sachlichrechtlich zur
Herbeiführung der Rechtsänderung notwendig ist (Demharter § 20 Rnr. 38). Der Nachweis hat sich also darauf
zu erstrecken, dass die nach § 873 BGB erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers
(Auflassung) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt wurden (§ 925
Abs. 1 Satz 1 BGB). Zur Entgegennahme ist grundsätzlich jeder Notar zuständig (S 925 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Erforderlich sind nach § 925 BGB zwei sich deckende, auf den Übergang des Eigentums an dem Grundstück
gerichtete Willenserklärungen von Veräußerer und Erwerber. Grundsätzlich ist die Erklärung mündlich
abzugeben. Jedenfalls muss zweifelsfrei feststehen, dass die Einigung sowohl des Veräußerers als auch die des
Erwerbers bestimmt und eindeutig erklärt sind (vgl. Palandt/Bassenge BGB 59. Aufl. § 925 Rn. 3; Demharter §
20 Rn. 14). Dies verlangt der grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. Demharter Anh. zu 9 13 Rn.
5). Eine Auslegung vorhandener Erklärungen wird dadurch nicht ausgeschlossen. Au f eine Auslegung kann
aber nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt (Demharter
§ 19 Rn. 28).
2. Zutreffend haben Landgericht und Grundbuchamt den Nachweis einer Einigung in diesem Sinn verneint. Es
liegt lediglich eine auf die Rechtsänderung gerichtete Willenserklärung des Beteiligten zu 2 als Veräußerer vor.
Dagegen fehlt die entsprechende Willenserklärung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 als Erwerber. Allein der
Umstand, dass diese bei Abgabe der Willenserklärung des Beteiligten zu 2 anwesend waren und die diese
Willenserklärung enthaltende notarielle Urkunde unterschrieben haben, ist kein Ersatz für ihre fehlende
Willenserklärung (Bay0bLGZ 12, 833/837; Demharter § 20 Rn. 14; a.M. MünchKomm/Kanzleiter BGB 3.
Aufl. S 925 Rn. 18 für die materiellrechtliche Wirksamkeit der Auflassung und mit einer Einschränkung für das
grundbuchrechtliche Eintragungsverfahren). Auf eine Auslegung kann nicht zurückgegriffen werden, weil es an
einer eindeutigen Erklärung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 im Zusammenhang mit der Auflassung fehlt, die als
eine auf die Rechtsänderung gerichtete Erklärung gedeutet werden könnte. Das bloße Zurkenntnisnehmen der
Einigungserklärung des Beteiligten zu 2, ohne dieser zu widersprechen, bringt nicht unmissverständlich eine
inhaltsgleiche Willenserklärung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 zum Ausdruck.
Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass auch eine Bewilligung der Rechtsänderung und ein auf ihre
Eintragung im Grundbuch gerichteter Antrag, die möglicherweise als Einigungserklärungen ausgelegt werden
könnten, in der Urkunde nicht enthalten sind. Auch wenn unterstellt wird, aus der Bevollmächtigung des Notars
zur Abgabe der Eintragungsbewilligung und Stellung, des Eintragungsantrags könne abgeleitet werden, dass die
Erwerber eine solche Einigungserklärung gewollt hätten, ersetzt dieser Wille allein nicht die fehlende Erklärung
(Bay0bLGZ 12, 833/836). Ob die Bevollmächtigung des Notars als solche zur Abgabe der
Erklärungen nicht abgegeben wurden.
3. Zu Recht hat das Landgericht schließlich ausgeführt, dass für eine Berichtigung nach § 44a Abs. 2 BeurkG
bei dieser Sachlage kein Raum ist. Die erforderliche, aber fehlende Einigungserklärung der Erwerber kann nicht
als offensichtliche Unrichtigkeit durch einen Nachtragsvermerk des Notars nachgeholt und ersetzt werden (vgl.
Keidel/Winkler BeurkG 14. Aufl. § 44a Rn. 18). In Betracht kommen könnte ein Nachtragsvermerk des Notars
allenfalls dann, wenn die deckungsgleiche Willenserklärung der Erwerber vom Notar anlässlich der
Beurkundung zwar vorgelesen, dies aber versehentlich nicht in der Urkunde festgehalten worden sein sollte.
Dieser Fall ist hier aber nicht gegeben. Abgesehen davon genügt der Nachtragsvermerk des Notars vom
2.8.2000 schon deshalb nicht, weil er lediglich feststellt, dass die Beteiligten zu 1, 3 und 4 die
Auflassungserklärung des Beteiligten zu 2 entgegengenommen haben. Erforderlich ist aber darüber hinaus eine
eigene inhaltsgleiche, auf den Rechtsübergang abzielende Willenserklärung.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

29.11.2000

Aktenzeichen:

2Z BR 120/00

Erschienen in:

DNotI-Report 2001, 42
MittBayNot 2001, 202-204
BWNotZ 2002, 155-156
DNotZ 2001, 557-560
FGPrax 2001, 13-14
ZNotP 2001, 199-200

Normen in Titel:

BGB § 925; GBO §§ 18, 20; BeurkG § 44a Abs. 2