OLG Hamm 30. März 1998
15 W 106/98
GBO §§ 18, 77

Erlaß einer Zwischenverfügung anstelle einer Antragszurückweisung

DNotI Fax - Abfrage
Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 805
letzte Aktualisierung: 14. Juni 1999
805
OLG Hamm
15 W 106/98
30.03.1998
GBO §§ 18, 77
Erlaß einer Zwischenverfügung anstelle einer Antragszurückweisung

1. Das mit einer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags befaßte
Landgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob anstelle der Antragszurückweisung eine
Zwischenverfügung (§ 18 GBO) zu erlassen ist.
2. Hat das Grundbuchamt den Urkundsnotar durch formlose Verfügung auf ein
Eintragungshindernis mit der Anheimgabe hingewiesen, den Antrag zurückzunehmen, rechtfertigt die
mit der Bitte um eine rechtsmittelfähige Entscheidung verbundene Weigerung des Notars, das
Hindernis zu beheben, es nicht, von dem Erlaß einer Zwischenverfügung abzusehen.
G r ü n d e :
I.
Der Senat nimmt zur Darstellung des Sachverhaltes zunächst auf seinen Beschluß vom heutigen Tage zu 15
W 65/98 Bezug. Die in diesem Beschluß behandelte notarielle Urkunde vom 27.10.1997
(UR-Nr. 47/1997 Notar ...
enthält in Ziffer VIII die Erteilung einer Vollmacht der Urkundsbeteiligten an die Notariatsangestellte ... mit
dem Inhalt, "sie die Urkundsbeteiligten) bei der Feststellung des Vertragsgrundstücks bei
der Auflassung auf den Erwerber oder einen Rechtsnachfolger und bei sämtlichen zum Vollzug des Vertrages
weiter erforderlichen und zweckdienlichen Rechtsgeschäften und Teilungen nach ihrem Ermessen zu
vertreten, insbesondere bei der Abgabe von Bewilligungen einschließlich Löschungsbewilligungen sowie bei
der Stellung und Zurücknahme von Anträgen".
In weiterer Urkunde des Notars vom 09.12.1997 (UR-Nr. 57/1997) hat
die Notariatsangestellte unter Bezugnahme auf die ihr erteilte Vollmacht erklärt:
Frau .. räumt ihre Rechtsposition
.(als Nacherbin des Werkmeisters, wie sie sich aus dem Grundbuch ergibt, ihrem Sohn ein, so daß dieser an
ihre Stelle tritt. Etwas anderes sollte in der Urkunde vom 27. Oktober 1997 nicht gesagt und gewollt sein. Das
Grundbuch ist also unrichtig geworden. Es wird beantragt, dieses zu berichtigen."
Schließlich hat die Notariatsangestellte in einer letzten Urkunde vom 16.12.1997 (UR-Nr. 59/1997) erklärt.
"Frau...
überträgt ihren Erbanteil an den Sohn ~ mit dinglicher Wirkung. Zum Nachlaß gehört lediglich noch das im
Grundbuch von Neheim-Hüsten B1. ~ verzeichnete Hausgrundstück.
Herr ... nimmt die Übertragung an und beantragt seine Eintragung im Grundbuch als Miteigentümer."
Die Anträge des Urkundsnotars auf Vollzug der Eintragungen gemäß diesen Urkunden hat der Rechtspfleger
des Grundbuchamtes durch Beschluß vom 18.12.1997 zurückgewiesen. Dagegen haben die Beteiligten mit
Schriftsatz des Urkundsnotars vom 23.12.1997 Beschwerde eingelegt. Das Grundbuchamt hat diese Eingabe


zunächst als Erinnerung gemäß § 11 RPflG behandelt, der der Rechtspfleger und der Richter des
Grundbuchamtes mit Verfügungen vom 07. bzw. 08.01.1998 nicht abgeholfen haben. Das nunmehr als
Beschwerde geltende Rechtsmittel hat das Landgericht durch Beschluß vom 23.01.1998 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz des
Urkundsnotars vom 17.02.1998 bei dem Oberlandesgericht eingelegt haben.
II.
Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gemäß § 80 Abs. 1 S. 3 GBO formgerecht
eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, daß ihre erste Beschwerde ohne
Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel teilweise begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts betreffend den
Vollzug des Antrags auf Grundbuchberichtigung aufgrund der notariellen Urkunde vom 16.12.1997 auf einer
Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 S. 1 GBO). Insoweit führt die weitere Beschwerde zum Erlaß einer
Zwischenverfügung anstelle der vom Grundbuchamt vorgenommenen Antragszurückweisung.
Die Urkunden vom 09. und 12.12.1997 (Nrn. 51 und 57/1997) enthalten inhaltlich im Kern übereinstimmend
eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Rechtsstellung der Beteiligten zu 1) als Mitnacherbin auf den
Beteiligten zu 2). In der Urkunde Nr. 57/1997 ist dieser Vorgang lediglich in der Formulierung exakter als
Übertragung des Erbteils erfaßt. Auf der Grundlage dieses Rechtsgeschäfts ist ein Antrag auf Berichtigung
des Grundbuchs in der Weise gestellt, daß der Beteiligte zu 2) anstelle der Beteiligten zu 1) als
"Miteigentümer" im Grundbuch eingetragen werden soll. Gemeint ist dabei offensichtlich nicht eine
Eintragung des Beteiligten zu 2) als Bruchteilseigentümer, sondern als gesamthänderischer Mitberechtigter
neben der weiteren Miterbin Frau ...
Die Kammer hat die Zurückweisung dieses Berichtigungsantrages sachlich bestätigt. Die Entscheidung des
Landgerichts hält in diesem Punkt rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, die Eintragung der
beantragten Berichtigung setze zunächst eine vorhergehende Berichtigung des Grundbuches hinsichtlich der
mit dem Tode des eingetragenen Eigentümers eingetretenen Nacherbfolge voraus. Die Annahme dieses
Eintragungshindernisses ist sachlich zutreffend. Die Übertragung eines Erbteils (§ 2033 Abs. 1 BGB) ist,
wenn ein Grundstück zum Nachlaß gehört, im Wege der Berichtigung in das Grundbuch einzutragen, weil
sich der Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs vollzieht (vgl. BayObLG NJW-RR 1987, 398 m.w.N.).
Das Grundbuch kann nur so berichtigt werden, daß gleichzeitig alle Miterben eingetragen werden. Denn das
Grundbuch muß den neuen Rechtszustand insgesamt richtig wiedergeben.
Da nicht der einzelne Miterbe, sondern die Erbengemeinschaft in ihrer Gesamtheit Erbe des eingetragenen
Eigentümers wird, ist § 40 Abs. 1 GBO auf die Übertragung eines Erbteils nicht anwendbar. Die
Berichtigungseintragung infolge der Übertragung eines Erbteils erfordert deshalb zwingend die
Voreintragung aller Erben (BayObLGZ 1994, 158, 160; Senat DNotZ 1966, 744, 747; Demharter, GBO, 22.
Aufl., § 40 Rdn. 3).
Die Kammer hätte allerdings ergänzend prüfen müssen, ob anstelle der Antragszurückweisung eine
Zwischenverfügung zu erlassen war, mit der den Beteiligten die Herbeiführung der Voreintragung beider
Erben innerhalb einer bestimmten Frist aufzugeben war. Das Landgericht als Gericht der ersten Beschwerde
tritt bei der Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrages voll an die Stelle des
Grundbuchamtes. Es hat deshalb zwingend auch die Ermessensentscheidung des Grundbuchamtes dahin zu
überprüfen, ob anstelle der sofortigen Antragszurückweisung eine Zwischenverfügung gem. § 18 Abs. 1
GBO zu erlassen ist. Das Eintragungshindernis der fehlenden Voreintragung kann Gegenstand einer
Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO sein (BayObLGZ 1990, 51, 57; 1992, 341, 344). Für den Erlaß
einer Zwischenverfügung sprach hier, daß der Urkundsnotar mit der Begründung der Erstbeschwerde darauf
hin gewiesen hat, die Miterbin habe ihrerseits einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins über die
Nacherbfolge gestellt. Mit einer zeitnahen Herbeiführung der Voreintragung der Nacherben konnte deshalb
durchaus gerechnet werden.
Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend
(§§ 78 S. 2 GBO, 563 ZPO) .
Das Grundbuchamt hat allerdings zu Recht als weiteres Eintragungshindernis angenommen, eine
hinreichende Bevollmächtigung der Notariatsangestellten zur Vornahme einer Erbanteilsübertragung sei nicht
nachgewiesen; diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht in seiner Entscheidung im Ergebnis offengelassen.
Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung einer Grundbuchberichtigung gemäß § 22 Abs. 1 GBO zu
Hinblick auf eine erfolgte Erbteilsübertragung beantragt, muß folglich das Grundbuchamt die Wirksamkeit
des Erbteilsübertragungsvertrages überprüfen, hier also, ob die an den Vertragsschluß persönlich nicht
Beteiligten wirksam vertreten worden sind. Die in Ziffer VIII der notariellen Urkunde vom 27.10.1997
erteilte Vollmacht deckt hier jedoch nicht die in der Urkunde vom 16.12.1997 von ihr erklärte
Erbteilsübertragung.
Die Auslegung von Vollmachtserklärungen obliegt ebenso wie diejenige sonstiger Grundbucherklärungen im
Grundbucheintragungsverfahren Beschränkungen, die in den Anforderungen an die Klarheit und
Bestimmtheit der Erklärung und in dem Ausschluß einer Beweisaufnahme ihren Grund haben. Kann deshalb
der Umfang einer Vollmacht aus der dem Grundbuchamt vorgelegten Erklärung nicht zweifelsfrei bestimmt
werden, so gilt der Grundsatz, daß der geringere Umfang der Vollmacht anzunehmen ist (vgl. etwa BayObLG
NJW-RR 1987, 792; Demharter, a.a.O., § 19 Rdn. 75). Der Wortlaut der Erklärung in Ziffer VIII der
notariellen Urkunde vom 27.10.1997 beschränkt die der Notariatsangestellten Hecking erteilte Vollmacht auf
solche Erklärungen und Rechtsgeschäfte, die zum Vollzug des beurkundeten Vertrages erforderlich oder
zweckdienlich sind. Es handelt sich um eine in notariellen Verträgen gebräuchliche Durchführungsvollmacht,
die sich darauf beschränkt, den Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts zu ermöglichen. Eine solche
Vollmacht deckt regelmäßig nicht die inhaltliche Ersetzung des beurkundeten Rechtsgeschäft durch ein
anderes Rechtsgeschäft. Der Senat hat bereits in seinem Beschluß vom heutigen Tage zu 15 W 65/98 unter
dem Gesichtspunkt einer Umdeutung ausgeführt, daß eine Erbteilsübertragung mit weitergehenden
Rechtswirkungen verbunden ist als die - durch § 2033 Abs. 2 BGB rechtlich ausgeschlossene - Übertragung
des Anteils der Beteiligten zu 1) als Miterbin an dem Nachlaßgrundstück. Deshalb kann auch hier nicht
zweifelsfrei angenommen werden, daß die Urkundsbeteiligten die Notariatsangestellte ohne weiteres auch zu
einer Erbteilsübertragung hätten bevollmächtigen wollen. Daran ändert nichts die Erklärung in den
notariellen Urkunden vom 09. und 16.12.1997, der Nachlaß bestehe nur noch aus dem genannten
Grundstück, die Erbteilsübertragung entspreche deshalb dem Willen der Beteiligten, wie er in der Urkunde
vom 27.10.1997 zum Ausdruck gekommen sei. Diese Erklärung bringt lediglich die persönliche Auffassung
der Notariatsangestellten bzw. des Urkundsnotars zum Ausdruck. Dadurch ist jedoch nicht in einer den
Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit der Erklärung im Grundbucheintragungsverfahren
entsprechenden Weise nachgewiesen, daß die Bevollmächtigung in diesem weiteren Umfang auch dem
wirklichen Willen der Beteiligten entspricht.
Auch dieses Eintragungshindernis rechtfertigt jedoch die erfolgte Antragszurückweisung nicht, weil auch
insoweit eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO zu erlassen war. Bei dem fehlenden
Vollmachtsnachweis handelt es sich um ein behebbares Hindernis im Sinne dieser Vorschrift. Der Mangel
kann bereits dadurch behoben werden, daß die Beteiligten die von der Notariatsangestellten machtlos
vorgenommene Erbteilsübertragung als Verfügungsgeschäft durch mindestens notariell zu beglaubigende
Erklärung nachträglich genehmigen (§ 177 Abs. 1 BGB); dadurch wird die Erbteilsübertragung rückwirkend
wirksam (§ 184 Abs. 1 BGB). In diesem Zusammenhang bleibt es den Beteiligten selbst überlassen zu prüfen,
ob die Erteilung einer solchen Genehmigung eine Änderung ihrer schuldrechtlichen Vereinbarungen
erfordert.
Das Grundbuchamt hat die sofortige Antragszurückweisung in seinem Beschluß vom 18.12.1997 damit
begründet, der Notar sei bereits durch eine entsprechende Zwischenverfügung auf die den Vollzug des
Grundbuchberichtigungsantrages entgegenstehenden Hindernisse hingewiesen worden, er habe jedoch durch
sein Schreiben vom 16.12.1997 zu erkennen gegeben, daß er diesen Bedenken nicht Rechnung tragen wolle.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Richtig ist zwar, daß der
Rechtspfleger des Grundbuchamtes den Notar mit Verfügung vom 10.12.1997 - dabei sachlich eingehend auf
die zum Vollzug eingereichte notarielle Urkunde vom 09.12.1997 auf die vorstehenden
Eintragungshindernisse (fehlende Voreintragung der Erben, fehlender Vollmachtsnachweis) hingewiesen hat.
Bei dieser Verfügung handelte es sich jedoch nicht um eine Zwischenverfügung im Sinne des § 18 Abs. 1
GBO. Denn dem Notar ist nicht die Behebung der Eintragungshindernisse aufgegeben, vielmehr lediglich
anheimgegeben worden, den gestellten Antrag zur Vermeidung der bei einer Antragszurückweisung
entstehenden Kosten zurückzunehmen. Es handelt sich deshalb der Sache nach lediglich um einen Hinweis
auf die vorläufige Beurteilung des Berichtigungsantrages durch das Grundbuchamt. Der Umstand, daß der
Notar diesen Hinweis nicht aufgegriffen, sondern sich statt dessen auf eine Neuformulierung der
Erbteilsübertragung in der Urkunde vom 16.12.1997 beschränkt und darauf gestützt den
Grundbuchberichtigungsantrag weiterverfolgt hat, rechtfertigt es nicht, von dem Erlaß einer
Zwischenverfügung abzusehen. Denn eine Zwischenverfügung ist nach anerkannter Auffassung eine
rechtsmittelfähige Entscheidung des Grundbuchamtes (BGH NJW 1980, 2521; NJW 1994, 1158; Senat
OLGZ 1975, 150, 151). Es entspricht deshalb durchaus der grundbuchverfahrensrechtlichen Funktion einer
Zwischenverfügung, einerseits die Berechtigung der erhobenen Beanstandungen des Grundbuchamtes im
Rechtsmittelverfahren überprüfen und andererseits im Interesse der Beteiligten die Sicherungswirkung der
Zwischenverfügung gegenüber etwaigen nachfolgenden Eintragungsanträgen (§ 18 Abs. 2 GBO) in
Sicherungsfunktion der Zwischenverfügung nur deshalb vorzuenthalten, weil der Urkundsnotar seinen von
der Auffassung des Grundbuchamtes abweichenden Rechtsstandpunkt zum Gegenstand eines Rechtsmittels
machen will .
Aufgrund des Rechtsfehlers der Entscheidung des Landgerichts kann der Senat sein Ermessen im Hinblick
auf den Erlaß einer Zwischenverfügung selbständig ausüben (BayObLGZ 1984, 126, 128; 1997, 55 = FGPrax
1997, 89). Dieses führt hier zum Erlaß der im Tenor ausgesprochenen Zwischenverfügung anstelle der
erfolgten Antragszurückweisung.
Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 1, 30 Abs. 1
KostO. Da nach § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO eine Gebühr nur im Umfang der Zurückweisung der weiteren
Beschwerde zu erheben ist, hat sich der Senat auf eine Wertfestsetzung für den mit der weiteren Beschwerde
weiterverfolgten Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung beschränkt und diesen entsprechend
dem Regelwert des § 30 Abs. 2 KostO mit 5.000,00 DM bewertet. Bei dieser Wertfestsetzung hat es auch für
das Verfahren vor dem Landgericht zu verbleiben, da im entsprechenden Umfang die erste Beschwerde der
Beteiligten zu 1) und 2) ebenfalls ohne Erfolg geblieben ist.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

30.03.1998

Aktenzeichen:

15 W 106/98

Erschienen in:

DNotI-Report 1999, 97

Normen in Titel:

GBO §§ 18, 77