Anfechtung eines WEG-Abrechnungsbeschlusses; Beschwer bei Abweisung der Anfechtung
letzte Aktualisierung: 7.3.2024
BGH, Beschl. v. 9.11.2023 – V ZB 67/22
Anfechtung eines WEG-Abrechnungsbeschlusses; Beschwer bei Abweisung der Anfechtung
a) Wird ein nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefasster Abrechnungsbeschluss
gemäß
ungültig erklären zu lassen, bemisst sich die Beschwer des Klägers im Falle der Abweisung der Klage
weiterhin in aller Regel nach seinem Anteil am Nennbetrag der Abrechnung (im Anschluss an Senat,
Urteil vom 24. Februar 2023 – V ZR 152/22,
b) Dass der gemäß
Rechtsmittels des unterlegenen Anfechtungsklägers maßgeblichen Beschwer entspricht, ändert
nichts daran, dass für die Wertbemessung die gleichen Grundsätze gelten, soweit es um das für beide
Werte relevante Einzelinteresse des Anfechtungsklägers an einer stattgebenden Entscheidung geht
(Abgrenzung zu Senat, Beschluss vom 24. März 2022 – V ZR 149/21,
Gründe:
I.
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
(GdWE). In der Eigentümerversammlung vom 20. Dezember 2021 beschlossen
die Wohnungseigentümer die Genehmigung der sich auf der Grundlage
der Jahresgesamtabrechnung und der jeweiligen Jahreseinzelabrechnungen
der Wirtschaftsperiode 2020 ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungsbeiträge
gegenüber dem Wirtschaftsplan. Für den Kläger ergab sich laut Abrechnung
eine Nachzahlung von 59,56
züglich Soll-Hausgeldvorschuss laut . Gegen diesen
Beschluss hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er hält den Abrechnungsbeschluss
bereits für formell rechtswidrig (unter anderem wegen Einberufungsmängeln)
und ist im Übrigen der Auffassung, dass sich bei korrekter Abrechnungsweise
ein Guthabenbetrag von 160,84 hat die
Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Landgericht als unzulässig verworfen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Berufung unzulässig, weil der
Beschwerdewert von mehr als 600 wer des Klägers
betrage lediglich 220,40
160,84 während mit der Beschlussfassung eine Nachzahlung von
59,56
gers am Gesamtergebnis bzw. im Fall der Beschränkung auf einzelne Kostenpositionen
auf den Nennbetrag dieser Kostenpositionen bestimme, sei nach der
Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes nicht mehr einschlägig. Nunmehr
beschränke sich der Abrechnungsbeschluss auf die Begründung weiterer Zahlungspflichten
bzw. auf die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Es verhalte
sich insoweit anders als bei der Streitwertbemessung.
III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1
Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Gegen die Versäumung
der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde ist dem Kläger Wiedereinsetzung
zu gewähren, da er diese Frist schuldlos versäumt hat (
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des
gegeben, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2
Nr. 1 ZPO), wie der Kläger zu Recht geltend macht. Die Frage, wie die Rechtsmittelbeschwer
zu bemessen ist, wenn die Anfechtungsklage gegen einen nach
dem 30. November 2020 gefassten Abrechnungsbeschluss (
abgewiesen wurde, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt.
2. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts übersteigt die Beschwer des Klägers (§ 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO).
a) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, bestünden an einem Erreichen
der Mindestbeschwer keine Zweifel, wenn die Grundsätze des bis zum
30. November 2020 geltenden Rechts weiter anzuwenden wären. Hiernach bemaß
sich bei der Anfechtung eines Beschlusses über die Jahresabrechnung die
Beschwer nach dem Anteil des Anfechtungsklägers am Gesamtergebnis bzw. im
Falle der Beschränkung auf einzelne Kostenpositionen auf den Nennbetrag dieser
Kostenposition (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2017 - V ZR 188/16,
466 Rn. 11). Da der Kläger den Beschluss - vorrangig - insgesamt für ungültig
bb) Nach der Neufassung des
(1) Entschieden hat der Senat bereits, dass das für die Berechnung der
Grenzen des
der den Beschluss insgesamt anficht, seinem Anteil am Nennbetrag
der Abrechnung entspricht (vgl. Urteil vom 24. Februar 2023 - V ZR 152/22,
zwar der Beschlussgegenstand nach
aber nichts daran, dass auch unter der Geltung des neuen Rechts das Interesse
der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung darin besteht, die tatsächlich
angefallenen Kosten vollständig auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen.
Ihnen geht es deshalb nur vordergründig um die Abrechnungsspitze. Diese stellt
lediglich das Rechenergebnis aus den einzelnen Abrechnungspositionen dar.
Um die Richtigkeit der beschlossenen Zahlungsverpflichtungen beurteilen zu
können, muss die Jahresabrechnung inzident geprüft werden.
(2) Die von dem Senat im Zusammenhang mit der Streitwertbemessung
angestellten Überlegungen zu dem Einzelinteresse des Anfechtungsklägers gelten
entsprechend, wenn es - wie hier - um die Bemessung der Beschwer des
Anfechtungsklägers im Falle der Abweisung seiner Klage geht. Wird ein nach
Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefasster Abrechnungsbeschluss
gemäß
Beschluss insgesamt für ungültig erklären zu lassen, bemisst sich die Beschwer
des Klägers im Falle der Abweisung der Klage weiterhin in aller Regel nach seinem
Anteil am Nennbetrag der Abrechnung, Anders als
das Berufungsgericht meint, steht dem nicht entgegen, dass der gemäß § 49
GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines
Rechtsmittels des unterlegenen Anfechtungsklägers maßgeblichen Beschwer
entspricht (vgl. Senat, Beschluss vom 24. März 2022 - V ZR 149/21, NJW 2022,
2195 Rn. 6). Soweit es um das für beide Werte relevante Einzelinteresse des
Anfechtungsklägers an einer stattgebenden Entscheidung geht, gelten nämlich
für die Wertbemessung die gleichen Grundsätze (vgl. Bärmann/Göbel, WEG,
15. Aufl.,
(3) Würde man demgegenüber für die Bemessung der Beschwer des Anfechtungsklägers
nur auf die ihm auferlegte Nachforderung abstellen, hätte dies
die Konsequenz, dass die Berufungsfähigkeit einer Vielzahl von amtsgerichtlichen
Urteilen über Abrechnungsbeschlüsse mangels Erreichens der Mindestbeschwer
ausgeschlossen wäre. Dass der Gesetzgeber dies bei der Reform beabsichtigt
hat, lässt sich nicht feststellen (vgl. LG Frankfurt a.M.,
Rn. 14, 16). Außerdem käme es zu Wertungswidersprüchen zu der Rechtsmittelfähigkeit
bei der Abweisung der Anfechtungsklage gegen einen auf der Grundlage
des Wirtschaftsplans gefassten Beschluss über die Vorschüsse zur Kostentragung
und zu den Rücklagen (
unterlegenen Wohnungseigentümers bestimmt sich insoweit in aller Regel nach
der Höhe der Vorschüsse, die dem Anteil aus dem Wirtschaftsplan entsprechen
(vgl. Senat, Beschluss vom 25. Oktober 2023 - V ZB 9/23, zur Veröffentlichung
bestimmt). Dass aber ein solcher Beschluss, der lediglich Vorschüsse festsetzt,
in einem weiteren Umfang der Berufung unterworfen sein soll als der abschließende
Beschluss nach Ablauf der Abrechnungsperiode, leuchtet nicht ein.
IV.
1. Danach durfte die Berufung nicht als unzulässig verworfen werden, weil
der Wert des
schluss ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (
mangels der erforderlichen Feststellungen auch nicht gemäß
in der Sache selbst entscheiden. Die in dem Hinweisbeschluss enthaltenen Ausführungen
zur Unbegründetheit der Berufung gelten als nicht geschrieben und
sind von dem Rechtsbeschwerdegericht nicht zu beachten. Mangels ausreichender
Feststellungen bietet der Beschluss des Berufungsgerichts auch keine verwertbare
Grundlage für die rechtliche Beurteilung durch das Revisionsgericht
(vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10,
Beschluss vom 16. September 2014 - XI ZB 5/13, juris Rn. 9).
2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren
beruht auf
des Klägers ). Dieses Interesse
ist maßgeblich, weil das Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer höher ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:09.11.2023
Aktenzeichen:V ZB 67/22
Rechtsgebiete:
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
WEG § 28 Abs. 2; ZPO § 511; GKG § 49