OLG Rostock 03. Mai 2023
3 W 13/23
GBO §§ 22 Abs. 1, 71 Abs. 2; BGB § 727

Eintragung einer GbR im Grundbuch; Tod eines GbR-Gesellschafters

letzte Aktualisierung: 5.6.2023
OLG Rostock, Beschl. v. 3.5.2023 – 3 W 13/23

GBO §§ 22 Abs. 1, 71 Abs. 2; BGB § 727
Eintragung einer GbR im Grundbuch; Tod eines GbR-Gesellschafters

1. Ist das Grundbuch nachträglich unrichtig geworden und wird ein Berichtigungsantrag der
Berechtigten durch das Grundbuchamt zurückgewiesen, ist eine hiergegen gerichtete Beschwerde
nicht gemäß § 71 Abs. 2 GBO unzulässig.
2. Die Buchposition eines verstorbenen Gesellschafters einer GbR ist als solche nicht gesondert
vererbbar, vielmehr ist die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung nach Maßgabe des
Gesellschaftervertrages materiell-rechtlich zu prüfen.
3. Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im
Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB) nicht, sondern
wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend in eine Abwicklungsgesellschaft um; an die Stelle
eines verstorbenen Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des
Gesellschaftsvermögens beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der
Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht enthält.
4. Zum Nachweis der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers reicht
es bei Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages aus, wenn eine Erklärung des verbliebenen
Gesellschafters in der Form des § 29 GBO beigebracht wird, wonach ein schriftlicher
Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere Vereinbarungen für den Kündigungs- bzw.
Todesfall nicht getroffen wurden, und wenn die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO
erklären, dass ihnen ein entsprechender abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht
bekannt sei.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren eine Grundbuchberichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises.
Die GbR T., bestehend aus B. P. und M. R., ist aufgrund Auflassung vom 28.08.2013 seit dem
04.11.2015 als Eigentümerin der o.g. Grundstücke im Grundbuch von T. auf Blatt 10021
eingetragen.

Der Gesellschafter M. R. kündigte am 27.09.2019 die Gesellschaft. Der Gesellschafter B. P.
verstarb am 20.11.2019 und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Schöneberg
vom 07.04.2020 von seinen Kindern P. P., O. P., N. P., M. B. und S. C. K. beerbt.
Die Antragsteller haben am 31.03./06.04.2021 eine Berichtigung des Grundbuchs dahingehend
beantragt, dass sie statt des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der T. GbR eingetragen
werden. Sie verweisen im Verfahren auf das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 23.10.2020 -
8 O 186/20 - sowie die Beschlüsse des OLG Brandenburg vom 07.07.2021 - 11 U 249/20 - und
des Bundesgerichtshofs vom 30.06.2022 - III ZR 106/21 -, wonach die T. GbR als
Abwicklungsgesellschaft fortbestehe und durch die Erbengemeinschaft vertreten werde. Im
lediglich mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der GbR T. seien keine Regelungen für
das Ausscheiden eines Gesellschafters getroffen worden. Die Erbnachfolge im
Gesellschafterbestand unterliege auch nicht der Grunderwerbssteuer.

Der Gesellschafter M. R. hat die auf Blatt 10021 eingetragenen Grundstücke am 18.05.2021 an
eine N. N. und H. Wohnungswirtschaft T. GbR verkauft. Im notariellen
Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) hat er an Eides statt
versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis der GbR T. keine von den gesetzlichen
Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Da im Grundstückskaufvertrag
vom 18.05.2021 aber sinngemäß davon ausgegangen wird, dass der
Gesellschaftsanteil des B. P. dem Verkäufer M. R. angewachsen wäre, prüft das Finanzamt
Stralsund ausweislich eines Schreibens vom 05.05.2022 den Anfall von Grunderwerbssteuer. Die
Erbengemeinschaft hat den Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt, so dass dieser nicht
vollzogen wird.

Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag mit Beschluss vom 10.11.2022 zurückgewiesen
und auf sein vorheriges Schreiben vom 08.07.2022 verwiesen, wonach der
Unrichtigkeitsnachweis mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages nicht in der Form des § 29
GBO geführt worden sei und eine Berichtigung ansonsten nur aufgrund
Berichtigungsbewilligung erfolgen könne; ferner fehle die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung
des Finanzamtes.

Die Antragsteller haben am 02.12.2022 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt am
20.01.2023 nicht abgeholfen hat.

Im Beschwerdeverfahren haben die Erben notariell beglaubigte Erklärungen vorgelegt, dass
nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der GbR T. geschlossen und keine
besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.

II.
Die gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag vom 31.03.2021 zu Unrecht zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Unrichtigkeit des Grundbuchs dahingehend ausreichend
nachgewiesen, dass sie statt des verstorbenen B. P. Gesellschafter der GbR T. sind.
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht entgegen, da die
Antragsteller eine Berichtigung aufgrund nachträglicher Unrichtigkeit beantragen und sich ihre
Beschwerde daher nicht gegen eine von Anfang an unrichtige Eintragung richtet.
Gem. § 22 Abs. 1 GBO bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit
des Grundbuchs nachgewiesen wird. Der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit ist
grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen.

Die Buchposition des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der GbR T. ist als solche nicht
gesondert vererbbar, vielmehr ist die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung nach
Maßgabe des Gesellschaftervertrages materiell-rechtlich zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom
10.02.2022 - V ZB 87/20, juris Rn. 11).

Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im
Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB) nicht,
sondern wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend in eine Abwicklungsgesellschaft um;
an die Stelle eines verstorbenen Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des
Gesellschaftsvermögens beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der
Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht enthält.
Zum Nachweis der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers
(bzgl. der Abwicklungsgesellschaft) reicht es bei Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages
aus, wenn eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO
beigebracht wird, wonach ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere
Vereinbarungen für den Kündigungs- bzw. Todesfall nicht getroffen wurden, und wenn die
Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein entsprechender
abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (vgl. BGH, Beschluss vom
10.02.2022 - V ZB 87/20 für den gleich zu behandelnden Nachweis der Bewilligungsbefugnis;
OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 - 34 Wx 420/19, DNotZ 2020, 922;
BeckOK/GBO-Holzer, § 22 Rn. 67 mwN, Demharter, GBO, 32. Aufl., § 22 Rn. 41/42).
Hier hat der Antragsgegner als verbliebener Gesellschafter im notariell beurkundeten
Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) an Eides statt
versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis des GbR T. keine von den gesetzlichen
Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden. Einen schriftlichen
Gesellschaftsvertrag hat er trotz Aufforderung nicht eingereicht. Die Antragsteller als Erben des
verstorbenen Gesellschafters B. P. haben in der Form des § 29 GBO erklärt, dass nach ihrer
Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der GbR T. geschlossen und keine
besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.

Diese Erklärungen stimmen mit den Feststellungen des Landgerichts Potsdam im Urteil vom
23.10.2020 - 8 O 186/20 - und des Oberlandesgerichts Brandenburg in den Beschlüssen vom
12.05.2021 und 07.07.2021 - 11 U 249/20 - überein, wonach die durch Kündigung und
anschließenden Tod eines Gesellschafters aufgelöste GbR T. als Abwicklungsgesellschaft
fortbesteht; die Nichtzulassungsbeschwerde der vom Antragsgegner vertretenen Klägerin hat
der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.06.2022 - III ZR 106/21 - zurückgewiesen.
Nach allem ist der Unrichtigkeitsnachweis hier geführt.

Der allein erbrechtliche Erwerb der Gesellschafterstellung durch die Antragsteller unterliegt
auch nicht der Grunderwerbssteuer.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Rostock

Erscheinungsdatum:

03.05.2023

Aktenzeichen:

3 W 13/23

Rechtsgebiete:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

ZEV 2023, 612-613

Normen in Titel:

GBO §§ 22 Abs. 1, 71 Abs. 2; BGB § 727