Anwendung pauschalierten Zugewinnausgleichs bei griechischem Erbstatut
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letzte Aktualisierung: 21.7.2014
OLG Frankfurt a. M., 12.11.2013 - 21 W 17/13
Anwendung pauschalierten Zugewinnausgleichs bei griechischem Erbstatut
Bei deutschem Güterrechtsstatut und griechischem Erbstatut findet der pauschalierte
Zugewinnausgleich nach
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau, die Beteiligten zu 2) und 3) sind die Kinder des am … 2007
in X verstorbenen Erblassers. Der Erblasser war griechischer Staatsangehöriger. Die Beteiligte
zu 1) und der Erblasser hatten am … 1968 in Y geheiratet.
Am 17. April 1995 hatten die Beteiligte zu 1) und der Erblasser ein gemeinschaftliches
Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten.
Mit Antrag vom 06. Mai 2011 (Bl. 2 d.A.) hatte die Beteiligte zu 1) zunächst einen Erbschein
beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Nachdem das Amtsgericht die Beteiligte zu 1) mit
Verfügung vom 17. Mai 2011 ( Bl. 10 R d.A.) darauf hingewiesen hatte, dass das auf den Erbfall
anzuwendende griechische Erbrecht ein gemeinschaftliches Testament nicht zulasse, beantragte
die Beteiligte sodann mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2012 (Bl. 24 d.A.), einen Erbschein zu
erteilen, der sie zu ½, die beiden Kinder des Erblassers jeweils zu ¼ Anteil als gesetzliche Erben
ausweist. Der Erbschein sollte auf das im Inland gelegene Vermögen beschränkt werden.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11. Februar 2013 (Bl. 33 d.A.) den Erbscheinsantrag
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Erhöhung des
nach griechischem Recht zu beurteilenden Erbanteils der Beteiligten zu 1) in Höhe von ¼ um ein
weiteres Viertel nach
würde zu einer Benachteiligung der Abkömmlinge als gesetzliche Erben der ersten Ordnung
gemäß Art. 1813 ZGB führen.
Gegen diesen Beschluss, der der Beteiligten zu 1) am 14. Februar 2113 zugestellt worden ist (Bl.
38 d.A.), legte diese mit einem am 14. März 2013 vorab per Telefax bei Gericht eingegangenen
Schriftsatz (Bl. 39 d.A.) Beschwerde ein. Sie ist der Auffassung, dass die Erhöhung nach § 1371
BGB zulässig sei, da das Güterrechtsstatut zur Anwendung komme und die Eheleute im
Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hätten. Deutsches Recht sei hinsichtlich des
Güterstandes jedenfalls durch Rechtswahl anwendbar.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. März 2013 (Bl. 46 d.A.) nicht
abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach
Zustellung bei Gericht eingegangen (
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Beteiligte zu 1) ist Erbin zu ½ geworden. Ihr steht nach dem auf den Erbfall anwendbaren
griechischen Recht als gesetzliche Erbin des Erblassers ein Erbanteil gemäß Art. 1820 ZGB von
einem Viertel zu. Darüber hinaus erhält sie aufgrund des gemäß deutschen Güterrechtsstatuts
anwendbaren
weiteren Viertel der Erbschaft, um den sich ihr gesetzlicher Erbteil erhöht.
Das Amtsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass hinsichtlich des Erbfalles
griechisches Recht anwendbar ist, da der Erblasser griechischer Staatsangehöriger war (Art. 25
EGBGB). Nach dem anwendbaren griechischen Recht ist die Errichtung eines
gemeinschaftlichen Testaments in Art. 1717 ZGB ausgeschlossen. Das Amtsgericht ist daher
auch zutreffend davon ausgegangen, dass das Testament vom 17.04.1995 unwirksam und
gesetzliche Erbfolge eingetreten ist.
Nach Art. 1813 ZGB sind als gesetzliche Erben der ersten Ordnung die Abkömmlinge des
Erblassers berufen. Kinder erben zu gleichen Teilen. Der überlebende Ehegatte ist gemäß Art.
1820 ZGB neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel als gesetzlicher Erbe
berufen.
Die Beteiligte zu 1) ist daher zunächst nach griechischem Erbrecht gesetzliche Erbin zu einem
Viertel geworden.
Daneben ist die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um ein weiteres Viertel gemäß § 1371 Abs. 1
BGB zu berücksichtigen, da die Beteiligte zu 1) mit dem Erblasser im gesetzlichen Güterstand
der Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht gelebt hat. Nach
Güterrechtsstatut dem Ehewirkungsstatut gemäß
nach
Aufenthalt in Deutschland hatten. Mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit kommt eine
Anknüpfung nach
der die Beteiligte zu 1) ausgeht – gemäß
Für die Zeit nach dem 8. April 1983 ist hinsichtlich der güterrechtlichen Wirkungen Artikel 15
EGBGB bereits nach seinem Wortlaut unmittelbar anzuwenden und lässt somit den Eintritt eines
Statutenwechsels zu (BVerfG NJW 2003,1656; Palandt-Thorn, BGB, 72. Auflage 2013, Art. 15
EGBGB RN 12). Die Parteien haben zwar vor dem 8. April 1983 geheiratet. Der Erbfall und die
daran anknüpfende Frage der Anwendbarkeit des
1983 eingetreten.
Ob bei Anwendung ausländischen Rechts aufgrund des Erbstatuts daneben eine Erhöhung des
Erbteils nach
kommt, ist in Literatur und Rechtsprechung weiterhin umstritten. Es liegen abweichende
Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte zu dieser Frage vor. Der Bundesgerichtshof
hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 12. September 2012 (NJW-RR 2013,201)
ausdrücklich offengelassen. Zuletzt haben sich das Oberlandesgericht München mit Beschluss
vom 16. April 2012 (NJW-RR 2012,1096) und das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht
mit Beschluss vom 19. August 2013 (nach juris) für die Möglichkeit einer Erhöhung der
Erbquote ausgesprochen. Das Oberlandesgericht Köln (vgl. Beschluss vom 05. August 2011,
Beschluss vom 20. Oktober 2009,
Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem Beschluss vom 19. Dezember 2008 (ErbR
2009,163) offengelassen, ob es an seiner bisherigen Auffassung, dass keine Erhöhung möglich
sei, festhalten werde.
Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass eine Erhöhung der Erbquote des überlebenden
Ehegatten bei Anwendbarkeit ausländischen Erbrechts neben deutschem Güterrecht jedenfalls
dann zulässig ist, wenn das ausländische Erbrecht mit der gesetzlichen Erbquote keinen
güterrechtlichen Ausgleich bewirken will (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, aaO;
OLG München, aaO, MünchKomm-Siehr,
15 EGBGB RN 26).
Geht man mit der überwiegenden Auffassung davon aus, dass
qualifizieren ist, da dieser die Regelung eines pauschalierten Zugewinnausgleichs enthalte, ist
nicht ersichtlich, warum diese Regelung bei einem Erbfall, der nach ausländischem Recht zu
beurteilen ist, keine Anwendung finden sollte.
Verteilung grundsätzlich zeitlich vorgelagerte Frage, wie im Todesfall eines der Ehepartner der
güterrechtliche Ausgleich erfolgen soll. Das deutsche Recht hat sich für die Durchführung dieses
güterrechtlichen Ausgleichs für eine Lösung durch pauschale Erhöhung des Erbteils entschieden.
Dies ändert nichts daran, dass es sich um eine güterrechtliche Regelung handelt. Wenn § 1371
Abs. 1 BGB aber güterrechtlich zu qualifizieren ist, so ist nicht ersichtlich, wieso bei Geltung
deutschen Güterrechtsstatuts eine Anwendung neben dem ausländischen Erbstatut
ausgeschlossen sein soll (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht. aaO).
Die abweichende Auffassung wird im Wesentlichen damit begründet, dass mit der Regelung des
ausländischem Erbrecht festzustellenden Erbquoten zum Nachteil der gesetzlichen Erben
verändert würden (OLG Frankfurt, FamRZ 2010,767; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005,740; OLG
Köln FamRZ 2012,819).
Diese Auffassung wird aber der ebenfalls zu berücksichtigenden Anwendbarkeit des deutschen
Güterrechts nicht gerecht und schützt einseitig die Interessen der nach ausländischem Recht zu
ermittelnden Erben bzw. Erbquoten zum Nachteil des überlebenden Ehegatten. Dem
überlebenden Ehegatten steht nach deutschem Recht ein pauschalierter Zugewinnausgleich nach
sondern daneben mit der Erhöhung der nach dem ausländischen Erbrecht festzustellenden
Erbquote umgesetzt. Die abweichende Auffassung setzt sich auch nicht hinreichend mit der
Frage auseinander, wie der dem überlebenden Ehegatten nach deutschem Güterrecht zustehende
Zugewinnausgleich durchzuführen wäre. Die Verweisung des überlebenden Ehegatten auf die
Möglichkeiten der Geltendmachung des Zugewinnausgleichs nach den §§ 1373 ff BGB erscheint
unbillig, da der Ehegatte dann ggf. auch weniger erhalten könnte, als er nach dem ihm nach
deutschen Recht zustehenden pauschalierten Zugewinnausgleich erhalten würde. Zudem müsste
er den aufwendigen Weg einer ggf. streitigen Auseinandersetzung zur Feststellung der Höhe des
Zugewinnausgleichsanspruchs bestreiten. Dieser Weg soll dem überlebenden Ehegatten im Fall
des Todes des anderen Ehegatten nicht zuletzt auch im Interesse des Familienfriedens aber durch
Vorliegend sieht das griechische Erbrecht ebenso wie das deutsche Erbrecht eine Erbquote des
überlebenden Ehegatten neben Abkömmlingen der 1. Ordnung in Höhe von einem Viertel vor.
Das griechische Güterrecht sieht als gesetzlichen Güterstand Gütertrennung vor (Art. 1397
ZGB). Es gibt zwar auch einen Zugewinnausgleich bei Scheidung (Art. 1400 ZGB), nicht aber
im Todesfall (Art. 1401 ZGB). Das griechische Recht sieht daher güterrechtliche Ansprüche im
Todesfall schon nicht vor, so dass auch eine Abgeltung solcher Ansprüche mit der gesetzlichen
Erbquote nicht angenommen werden kann. In diesen Fällen bestehen dann aber auch keine
Bedenken gegen die Anwendbarkeit von
Güterrechtsstatuts (Schleswig-Holsteinisches OLG, aaO; MünchKommBGB-Siehr, Art. 15
EGBGB, RN 117).
Angesichts der dem deutschen Recht entsprechenden gesetzlichen Erbquote des überlebenden
Ehegatten nach griechischem Recht stellt sich vorliegend auch nicht die bei Anwendung anderer
ausländischer Rechtsordnungen mit höheren Erbquoten entstehende Frage der etwaigen
Erforderlichkeit einer Anpassung der Erbquoten (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, aaO zum
österreichischem Erbrecht; OLG Frankfurt aaO zum schwedischen Erbrecht).
Nach alledem ist die Beteiligte zu 1) Erbin zu ½ nach dem Erblasser geworden. Die Beteiligten
zu 2) und 3) sind daneben jeweils Erben zu ¼ (§ 1813 ZGB).
Eine Kostenentscheidung ist nicht geboten. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren fallen
wegen des Erfolgs des Rechtsmittels nicht an (
Kostenerstattung hat der Senat abgesehen (
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus
Interessen, denen das Rechtsmittel dient, also hier nach dem Wert des erhöhten Erbanteils um ¼,
den die Beteiligten zu 1) erhalten möchte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 14.10.1981 - 1 Z
117/80,
schätzt der Senat auf der Grundlage der Angaben der Beteiligten zu 1) zum Wert des
Gesamtnachlasses in Höhe von ca. 108.000 € auf 27.000 €.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß
des
ist in Literatur und Rechtsprechung weiterhin umstritten. Es liegen unterschiedliche
Entscheidungen der Oberlandesgerichte vor (s.o.) Der Bundesgerichtshof hat die Frage in dem
Beschluss vom 12.09.2012 (IV ZB 12/12) offen gelassen. Zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich.
III.
Gegen diese Entscheidung ist aufgrund ihrer Zulassung durch den Senat das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach
der schriftlichen Bekanntgabe der Entscheidung beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a in
71633 Karlsruhe, durch Einreichung einer von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterschriebenen Rechtsbeschwerdeschrift einzulegen. Die
Rechtsbeschwerdeschrift muss den Rechtsmittelführer bezeichnen und die Erklärung enthalten,
inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde. Die
Rechtsbeschwerdeschrift muss zudem die Rechtsbeschwerdegründe enthalten, und zwar die
bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, sowie - wenn
die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird - die Erklärung, dass das Gesetz in Bezug auf das
Verfahren verletzt sei, und die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben. Mit der
Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen
Beschlusses vorgelegt werden.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:12.11.2013
Aktenzeichen:21 W 17/13
Rechtsgebiete:Eheliches Güterrecht
Normen in Titel:BGB § 1371 Abs. 1