Zeitliche Grenze des Anspruchs auf nachehezeitliche Überlassung der gemeinsamen Ehewohnung
letzte Aktualisierung: 6.10.2021
BGH, Beschl. v. 10.3.2021 – XII ZB 243/20
BGB §§ 985, 1568a; FamFG §§ 200, 266
Zeitliche Grenze des Anspruchs auf nachehezeitliche Überlassung der gemeinsamen
Ehewohnung
a) Der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten ist auch nach Rechtskraft
der Scheidung nicht zulässigerweise als sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3
FamFG durchsetzbar, solange der Anwendungsbereich des
Ehewohnungsverfahren nach
Senatsbeschluss, BGH, Beschluss vom 28. September 2016 – XII ZB 487/15,
b) Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung im Sinne des
Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung und nicht bezogen auf den Zeitpunkt der
die Wohnung betreffenden Entscheidung zu beurteilen.
c) Der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung gemäß
Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.
Gründe:
A.
Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin, von der er seit Dezember
2015 rechtskräftig geschieden ist, die Herausgabe einer in seinem Alleineigentum
stehenden Wohnung.
Die Wohnung wurde von den Beteiligten während der Ehe gemeinsam bewohnt
und wird seit der im Jahre 2014 erfolgten Trennung allein von der Antragsgegnerin
genutzt. Die Antragsgegnerin war ursprünglich Alleineigentümerin einer
anderen, im selben Haus gelegenen Wohnung, die sie im Jahre 2016 unentgeltlich
auf einen Sohn übertrug. Sie zahlt an den Antragsteller weder Miete oder
Nutzungsentschädigung noch trägt sie die verbrauchsabhängigen Kosten. Zahlungsaufforderungen
des Antragstellers sind ebenso erfolglos geblieben wie Herausgabeverlangen.
In einem früheren Verfahren wurde der auf
des Antragstellers vom Amtsgericht mit Beschluss vom 17. März
2017 rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen, weil nur eine Ehewohnungssache
in Betracht komme. In einer nachfolgenden, ebenfalls vom Antragsteller
angestrengten Ehewohnungssache ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom
3. November 2017 zwar die Herausgabe der Wohnung nach einer Übergangsfrist
an; das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung jedoch auf und wies den Antrag
als in dieser Verfahrensart unzulässig ab, weil die Jahresfrist des § 1568 a
Abs. 6 BGB verstrichen sei (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 27. Februar 2018
- 9 UF 211/17 - juris).
Daraufhin hat der Antragsteller beim Amtsgericht erneut einen auf § 985
BGB gestützten Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt, dem das Amtsgericht
durch Beschluss vom 21. Februar 2019 mit einer Räumungsfrist bis spätestens
zum 31. Mai 2019 entsprochen hat. Die Beschwerde der Antragsgegnerin
hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Der Rückgriff auf
Ein Ehegatte könne vom anderen ab Rechtskraft der Scheidung nicht
ohne jegliche zeitliche Befristung gestützt auf die Sonderregelung des § 1568 a
Abs. 1 BGB Überlassung einer in dessen Eigentum stehenden Immobilie beanspruchen,
da ansonsten eine tatsächlich nicht mehr vorhandene, noch aus dem
Eheband resultierende Einstandspflicht dauerhaft fortgeschrieben und fingiert
würde. Die Voraussetzungen der
habe kein Recht zum Besitz. Als solches könnte zwar auch eine Zuweisung
nach
erwirkt habe noch deren Voraussetzungen ausreichend dargetan seien. Ungeachtet
der von der Antragsgegnerin angeführten gesundheitlichen Probleme
verbiete sich die Annahme einer unbilligen Härte hier schon deshalb, weil die
Antragsgegnerin sich freiwillig und ohne Not ihrer im selben Haus gelegenen
Wohnung begeben habe.
Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen der Beschwerde hilfsweise - und
ohne näher zu präzisieren, was damit gemeint sei - um Gewährung von Räumungsschutz
ersuche, hindere dies weder ihre Inanspruchnahme noch könne es
ihr teilweise zum Erfolg verhelfen. Denn über einen Vollstreckungsschutzantrag
habe allein das Vollstreckungsgericht zu befinden. Sofern sie auf eine Räumungsfrist
abziele, fehle es an dem rechtzeitigen Verlängerungsantrag (§ 721
Abs. 3 ZPO), da das Amtsgericht ihr bereits im angefochtenen Beschluss eine
Räumungsfrist gewährt habe.
II.
Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das
Oberlandesgericht hat eine Sperrwirkung des
und den aus dem Alleineigentum des Antragstellers an der Wohnung folgenden
Herausgabeanspruch gemäß
nicht zu beanstandender Weise bejaht.
1. Das auf
ist nicht durch
zu Recht als im Familienstreitverfahren zulässig behandelt worden.
a) Allerdings ist der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines
Ehegatten auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht zulässigerweise als
sonstige Familiensache im Sinne des
solange der Anwendungsbereich des
nach
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass während der Zeit des Getrenntlebens
ein auf
den anderen auf Herausgabe der Ehewohnung unzulässig ist. Denn Ehewohnungssachen
nach
als sonstigen Familiensachen im Sinne des
Bestimmungen unterscheiden. Für Letztgenannte gelten gemäß
und deren Bestimmungen über das Verfahren vor den Landgerichten
entsprechend. Der besondere Schutz, den das Gesetz dem räumlich-gegenständlichen
Bereich der Ehe und damit auch für Ehewohnungen sowohl materiell-
rechtlich durch
FamFG gewährleisten will, führt insoweit zu einer materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen
Sperrwirkung unter den getrenntlebenden Ehegatten gegenüber
Herausgabeansprüchen aus anderem Rechtsgrund (Senatsbeschluss
Antrags auf Eigentumsherausgabe in einen Antrag auf Ehewoh-
nungszuweisung kommt wegen der entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen
des Anspruchsgegners nicht in Betracht (Senatsbeschluss
=
Dabei hängt die Qualifizierung als Ehewohnung bis zur Rechtskraft der
Scheidung nicht davon ab, dass noch beide Ehegatten in der Wohnung leben.
Sie behält ihren Charakter als Ehewohnung vielmehr während der gesamten
Trennungszeit. Das folgt gesetzessystematisch nicht nur aus den Regelungen in
§ 1568 a Abs. 2 bis 5 BGB; insbesondere der gegenständliche Schutz von Ehe
und Familie erfordert, dass für den gewichenen Ehegatten selbst nach längerer
Abwesenheit noch die Möglichkeit besteht, in die Ehewohnung zurückzukehren,
falls etwa Belange des Kindeswohls dies erforderlich machen. Insoweit muss
während der Trennungszeit eine Abänderung (
erstmalige Zuweisung möglich sein, welche den Fortbestand als Ehewohnung
voraussetzt (Senatsbeschluss
bb) Für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung gilt im Hinblick auf die
Sperrwirkung für Herausgabeansprüche aus anderem Rechtsgrund nichts anderes,
solange ein Überlassungsanspruch nach
FamFG geltend gemacht werden kann.
(1) Gemäß
der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn
er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden
Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen
ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen
der Billigkeit entspricht. Ist jedoch einer der Ehegatten allein oder gemeinsam mit
einem Dritten Eigentümer (oder anderweitig dinglich Berechtigter) des Grundstücks,
auf dem sich die Ehewohnung befindet, so kann der andere Ehegatte die
Überlassung nach
um eine unbillige Härte zu vermeiden. Besteht kein Mietverhältnis über die Ehewohnung,
so kann gemäß
Anspruch auf die Überlassung hat, als auch die zur Vermietung berechtigte Person
binnen Jahresfrist ab Rechtskraft der Ehescheidung (
die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen.
Die Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung und Begründung eines
Mietverhältnisses sind gemäß
für die - ebenso wie für Ehewohnungssachen bei Getrenntleben im Sinne des
gelten. Aus den gleichen Gründen wie während der Trennungszeit sind daher
auch im Anwendungsbereich des
Rechtsgrund materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich gesperrt.
(2) Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung im Sinne des
handelt, ist nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung
und nicht bezogen auf den Zeitpunkt der die Wohnung betreffenden Entscheidung
zu beurteilen (vgl. BeckOGK/Erbarth [Stand: 1. Dezember 2020] BGB
§ 1568 a Rn. 13; Bork/Jacoby/Schwab/Cirullies FamFG 3. Aufl. § 200 Rn. 15; Erbarth
Althammer/Dürbeck Familienrecht 7. Aufl.
ebenso OLG Frankfurt
§ 1568 a Rn. 3; vgl. zum Meinungsstreit auch Götz
der Senatsrechtsprechung zur früheren Hausratsverordnung Abweichendes
entnommen werden könnte (vgl. etwa Senatsurteil vom 29. September 1993
- XII ZR 43/92 -
Rechtslage nicht fest.
Die Bestimmung des
des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 (BGBl. I
S. 1696) mit Wirkung zum 1. September 2009 eingeführt worden. Zusammen mit
der Regelung des
verfahrensrechtlichen Gesetzesänderungen hat sie die Hausratsverordnung ersetzt.
Diese sah für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung ein gerichtliches Zuweisungsverfahren
für die Ehewohnung vor, in dem der Richter Rechtsverhältnisse
nach billigem Ermessen gestaltete (§ 2 HausratsVO). An dessen Stelle sind
nun zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen getreten, die in dem in §§ 200 ff.
FamFG normierten Verfahren nach der Vorstellung des Gesetzgebers schnell,
zweckmäßig und einfach durchgesetzt werden können (vgl. BT-Drucks 16/10798
S. 12, 21).
Während § 1 Abs. 1 HausratsVO mit den Worten „Können sich die Ehegatten
anlässlich der Scheidung nicht einigen“ lediglich die Gestaltungskompetenz
des Richters eröffnete, knüpft der Anspruch in
tatbestandlich daran an, dass die Überlassung anlässlich der Scheidung verlangt
werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Damit legt das Gesetz
bereits seinem Wortlaut nach nahe, dass für den Anspruch der Zeitpunkt der
Scheidung materiell-rechtlich maßgeblich ist (vgl. Erbarth
965). Nur mit diesem Verständnis ist zudem der hinreichende Bezug zur Nutzung
während der Ehezeit, die mit Rechtskraft der Scheidung endet, hergestellt. Letztlich
wird so eine praktikable und rechtssichere Bestimmung der Eigenschaft als
Ehewohnung ermöglicht, die nahtlos an die Getrenntlebenszeit anschließt und
den Anwendungsbereich des
bei den Räumen auch während des Getrenntlebens um die Ehewohnung gehandelt
hat (vgl. Senatsbeschluss
(3) Die Frage, ob die Ehewohnung mit Rechtskraft der Scheidung als solche
entwidmet wird und diese Eigenschaft damit verliert (so BeckOGK/Erbarth
[Stand: 1. Dezember 2020] BGB § 1568 a Rn. 13; Erbarth
und
§ 29 Rn. 14; Staudinger/Weinreich BGB [2018] § 1568 a Rn. 17; vgl. auch OLG
Karlsruhe
erfolgenden - endgültigen Aufgabe durch einen der (dann ehemaligen) Ehegatten
bedarf (vgl. Senatsurteile vom 29. September 1993 - XII ZR 43/92 -
1280 Rn. 8; ebenso etwa OLG Brandenburg
BeckOK BGB/Neumann [Stand: 1. Februar 2021] § 1568 a Rn. 7; Götz NZFam
2017, 433, 436; vgl. auch MünchKommBGB/Wellenhofer 8. Aufl. § 1568 a
Rn. 14), kann für die Anwendbarkeit des
wenn man der erstgenannten Auffassung folgte, wäre der Zeitpunkt der Rechtskraft
der Scheidung maßgeblich. Eine Ehewohnungssache muss daher nicht aus
materiell-rechtlichen Gründen zwingend im Scheidungsverbund (so aber OLG
Frankfurt
Scheidung anhängig gemacht werden.
b) Die Sperrwirkung des
erlöschen nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder
auf seine Begründung, sondern auch diejenigen auf Überlassung der Ehewohnung,
wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden sind.
aa) Diese Wirkung des
aus
(1) Nach einer Auffassung ist
aus
erfasse nach ihrem Wortlaut allein Ansprüche hinsichtlich eines Mietverhältnisses.
Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung lägen schon mangels
planwidriger Regelungslücke nicht vor. Nach der gesetzlichen Vorgabe
müsse nicht jede Überlassung mietvertraglich abgesichert werden. Zudem diene
die Bestimmung allein dem Schutz von Drittbeteiligten und Kindeswohlgründe
stünden einer zeitlichen Begrenzung entgegen (vgl. OLG Brandenburg FamRZ
2020, 406, 408; OLG Frankfurt
Milczewski FamFG 3. Aufl. § 200 Rn. 13; BeckOK BGB/Neumann [Stand:
1. Februar 2021] § 1568 a Rn. 43; BeckOGK/Erbarth [Stand: 1. Dezember 2020]
BGB § 1568 a Rn. 59 ff.; Erbarth
Kogel
Rn. 64; Neumann
(2) Demgegenüber vertreten Teile von Rechtsprechung und Literatur die
Meinung, dass die Jahresfrist des
gilt. Der Überlassungsanspruch bestehe „anlässlich der Scheidung“
und somit nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dieser, und die zeitliche
Begrenzung sei erforderlich, um vom Gesetzgeber nicht gewollte, mietvertraglich
nicht abgesicherte dauerhafte Gebrauchs- und Nutzungsüberlassungen
zu vermeiden. Zudem werde anderenfalls die in § 1568 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
BGB geregelte Kopplung zwischen Überlassungsanspruch und Mietverhältnis
aufgehoben. Außerdem schaffe die Jahresfrist Rechtsklarheit (vgl. OLG Karlsruhe
- 9 UF 211/17 - juris Rn. 23; OLG Bamberg
Preisner BGB 16. Aufl. § 1568 a Rn. 24; Johannsen/Henrich/Althammer/
Dürbeck Familienrecht 7. Aufl.
9. Aufl. § 1568 a Rn. 101; Palandt/Götz BGB 80. Aufl. § 1568 a Rn. 25;
PWW/Weinreich BGB 15. Aufl. § 1568 a Rn. 35; Schulz/Hauß/Wunderlin Familienrecht
3. Aufl.
§ 1568 a Rn. 110; wohl auch FA-FamR/Weinreich 5. Aufl. Kap. 8 Rn. 418; Grandel/
Stockmann/Kloster-Harz/Schönberger SWK FamR 2013 „Wohnungszuweisung
nach Scheidung“ Rn. 25; Uecker
bb) Der Senat hält die zuletzt genannte Auffassung für zutreffend.
(1) Zwar trifft
für die Ansprüche des Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach
und 5 der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung
ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache erlischt,
wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist. Vielmehr bezieht er sich
damit allein auf den Eintritt des Ehegatten, dem die Wohnung überlassen wird,
an Stelle des anderen Ehegatten in das Mietverhältnis bzw. auf die Fortführung
des ursprünglich von beiden Ehegatten eingegangenen Mietverhältnisses durch
diesen (Absatz 3) sowie die Neubegründung eines Mietverhältnisses über die
Ehewohnung (Absatz 5).
(2) Gleichwohl führt das von
der auf das Mietverhältnis bezogenen Ansprüche aus
nach Ablauf der Jahresfrist in Anbetracht von Sinn und Zweck der Regelung und
des systematischen Gesamtzusammenhangs dazu, dass dann auch der aus
§ 1568 a Abs. 1 oder 2 BGB folgende Überlassungsanspruch nicht mehr geltend
gemacht werden kann.
(a) Mit der Bestimmung wollte der Gesetzgeber Ehegatten, die sich während
der Trennungszeit vor der Scheidung nicht über die Ehewohnung haben
einigen können, Maßstäbe für die Lösung eines Konflikts geben (BT-Drucks.
16/10798 S. 21; BR-Drucks. 635/08 S. 43). Im Interesse der Rechtsklarheit sieht
die gesetzliche Regelung als Rechtsfolge ausschließlich die Begründung oder
Fortführung eines Mietverhältnisses vor. Nach dem ausdrücklichen Willen des
Gesetzgebers sollte auch in den Fällen, in denen der nach
zur Überlassung verpflichtete Ehegatte allein dinglich Berechtigter an der Ehewohnung
ist, der Abschluss eines Mietvertrags gemäß
Regelfall sein (BT-Drucks. 16/10798 S. 22; BR-Drucks. 635/08 S. 44).
(b) Zwar soll
Schutzvorschrift zugunsten Dritter den gleichen Zweck erfüllen wie § 12
HausratsVO; mehr als ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung darf nicht mehr
gegen den Willen eines Drittbeteiligten in seine Rechte eingegriffen werden (vgl.
BT-Drucks. 16/10798 S. 23; BR-Drucks. 635/08 S. 48). Gemäß § 12 HausratsVO
durfte der Richter dann, wenn der Antrag auf Auseinandersetzung über die Ehewohnung
später als ein Jahr nach Rechtskraft des Scheidungsurteils gestellt
wurde, in die Rechte des Vermieters oder eines anderen Drittbeteiligten nur eingreifen,
wenn dieser einverstanden war. Die Bestimmung regelte mithin allein
den Sonderfall des Eingriffs in Rechte Dritter (vgl. etwa Staudinger/Weinreich
BGB [2004] § 1 HausratsVO Rn. 45), während die Hausratsverordnung im Übrigen
keine Frist für den Antrag auf Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung
nach § 1 Abs. 1 HausratsVO vorsah.
Anders als § 12 HausratsVO enthält
nach aber keine Beschränkung auf die Rechte Dritter. Vielmehr unterfallen
der Bestimmung insbesondere auch sämtliche Ansprüche auf Begründung eines
Mietverhältnisses nach
die wechselseitig bestehenden Ansprüche zwischen dem Ehegatten, der die
Überlassung verlangen kann, und dem zur Überlassung verpflichteten Eigentümer-
Ehegatten, ohne dass es insoweit einer Drittbeteiligung bedarf (vgl. BT-
Drucks. 16/10798 S. 22). Genau dies entspricht dem vom Gesetzgeber allgemein
in Ehewohnungssachen verfolgten und etwa auch in
Ziel, nach Ablauf bestimmter Fristen rechtliche Klarheit zu schaffen (vgl.
Staudinger/Weinreich BGB [2018] § 1568 a Rn. 110).
(c) Aus dem gleichen Grund kann nicht angenommen werden, dass
Verpflichteten aus
Palandt/Götz BGB 80. Aufl. § 1568 a Rn. 24), auch wenn dieser erst im Laufe
des Gesetzgebungsverfahrens Aufnahme in
um den dinglich Berechtigten ausreichend abzusichern (vgl. BT-Drucks.
16/13027 S. 7 f. als Reaktion auf BR-Drucks. 635/08 [Beschluss] S. 8 und BRDrucks.
635/1/08 S. 9 f.).
Dann muss aber
Berechtigten zeitlich begrenzen, seinen Anspruch geltend zu machen.
Anderenfalls könnte er - bei Vorliegen der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen
und jedenfalls in den Grenzen der Verjährung nach
der Jahresfrist Überlassung beanspruchen, obwohl dem verpflichteten Eigentümer-
Ehegatten die Möglichkeit genommen wäre, die vom Gesetzgeber für
erforderlich gehaltene Absicherung dieses Überlassungsverhältnisses mittels
Mietvertrags durchzusetzen. Darüber hinaus kann sich der Überlassungsanspruch
des
auch gegen einen gemeinsam mit diesem dinglich Berechtigten richten, der
keinen rechtlichen Bezug zu dem aus der Ehe herrührenden Rechtsverhältnis hat
und daher erst recht des von
(d) Für die Ehewohnung, die die Ehegatten als Mieter nutzten, folgt die
zwingende Kopplung des Überlassungsanspruchs nach
die Jahresfrist des
Regelung. Gemäß
die Wohnung überlassen wird, nämlich mit der Rechtskraft im Wohnungszuweisungsverfahren
an Stelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein
von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes
Mietverhältnis allein fort. Dieser sich gegen den Vermieter als Dritten
richtende Anspruch erlischt jedoch mit Ablauf der Jahresfrist, wodurch zugleich
ein gegenüber dem Ehegatten bestehender Überlassungsanspruch entwertet
wird. Denn die an den Überlassungsanspruch insoweit zwingend geknüpfte
schuldrechtliche Rechtsfolge fällt weg, so dass der Anspruch letztlich ins Leere
geht. Dem weichenden (Mit-)Mieter wäre auch nicht zumutbar, Mietvertragspartei
zu bleiben, aber dem anderen Ehegatten die alleinige Nutzung gewähren zu müssen.
(e) Es entspricht mithin in vollem Umfang der gesetzgeberischen Konzeption,
dass das Erlöschen des auf Abschluss oder Fortführung eines Mietverhältnisses
gerichteten Anspruchs auch zum Erlöschen des diesen Anspruch bedingenden,
in
Ehegatten führt.
Für dieses Ergebnis streitet zudem nicht nur das gesetzgeberische Ziel
klarer Rechtsverhältnisse binnen überschaubarer Frist, sondern ebenso der Sinn
und Zweck der Bestimmung, nicht mietvertraglich geregelte Nutzungsverhältnisse
nach Möglichkeit zu vermeiden. Auch Belange des Kindeswohls stehen
diesem Gesetzesverständnis nicht entgegen. Denn der Zeitraum von einem Jahr
ab Rechtskraft der Scheidung ist jedenfalls ausreichend, um eine gegebenenfalls
nach Ablauf der Trennungszeit noch erforderliche gerichtliche Klärung zu beantragen.
(f) Schließlich sprechen auch Gründe der Praktikabilität und der Rechtssicherheit
in erheblichem Umfang dafür, dass die Jahresfrist des § 1568 a Abs. 6
BGB mittelbar den Überlassungsanspruch erfasst. Die Frist verlangt von den
Ehegatten, die rechtlichen Verhältnisse betreffend die Ehewohnung zeitnah zur
Scheidung zu klären, ohne dass dies stets im Scheidungsverbund erfolgen
müsste. Für den dinglich berechtigten Eigentümer ist damit klar geregelt, ab wann
er unter Berufung auf sein Eigentum Herausgabe verlangen kann, ohne - wie der
vorliegende Fall exemplarisch zeigt - der Unsicherheit ausgesetzt zu sein, dass
dies auch viele Jahre nach rechtskräftiger Scheidung noch aufgrund der Sperrwirkung
des
Zudem trägt eine klare zeitliche Grenze dem Umstand Rechnung, dass
sich die Rechtfertigung des mit
des
der Familie ableitet und insoweit eine im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1
und 2 GG verfassungsgemäße Sozialbindung des Eigentums vorliegt (vgl.
BVerfG
nach rechtskräftiger Beendigung der Ehe das Eigentum des anderen Ehegatten
für eigene Wohnzwecke - sowie ggf. Wohnzwecke der gemeinsamen Kinder - in
Anspruch nehmen will, kann eine zügige Klärung verlangt werden. Er hat die
Möglichkeit, gemäß
auch befristeten - Mietvertrags zu erwirken und dadurch eine gesicherte, auch
die Belange des Kindeswohls berücksichtigende Rechtsposition zu erlangen.
Nicht zuletzt dient eine solche Klärung außerdem der nach Rechtskraft der Scheidung
wünschenswerten verzögerungsfreien Entflechtung der Vermögenssphären
beider Ehegatten.
c) Im vorliegenden Fall ist die Jahresfrist des
verstrichen, ohne dass die Antragsgegnerin Ansprüche aus
geltend gemacht hat. Damit ist der Antragsteller verfahrensrechtlich nicht
gehindert, seinen auf das Eigentum gestützten Herausgabeanspruch als sonstige
Familiensache im Sinne des
2. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde dagegen, dass das
Oberlandesgericht die Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs des Antragstellers
nach
Besitz im Sinne des
a) Ein Recht zum Besitz des dinglich nicht an der Ehewohnung berechtigten
Ehegatten gegenüber dem Eigentümer-Ehegatten kann zum einen aus dem
durch eine gerichtliche Regelung gemäß
begründeten Nutzungsrecht folgen. Dieses wird dann schuldrechtlich regelmäßig
auf einem Mietvertrag beruhen. Ausnahmsweise - wenn nämlich weder der aus
eines Mietverhältnisses verlangt hat - ergibt sich das Recht zum Besitz aus
dem durch die gerichtliche Entscheidung begründeten sonstigen Nutzungsverhältnis.
Zum anderen können die Ehegatten aber außerhalb eines gerichtlichen
Verfahrens eine schuldrechtliche Vereinbarung über die Nutzung der Ehewohnung
getroffen haben, die dem Nichteigentümer-Ehegatten ein Recht zum Besitz
verschafft. Diese kann wiederum in einem Mietverhältnis, aber auch in einem
sonstigen Nutzungsverhältnis - etwa einer Leihe - bestehen.
Beides hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin
nicht geltend gemacht.
b) Soweit die Rechtsbeschwerde - in anderem rechtlichen Zusammenhang
- geltend macht, das Wohl der mit der Antragsgegnerin in der Wohnung
lebenden Kinder sei zu berücksichtigen, lässt sich daraus keine rechtserhebliche
Einwendung gegen den Herausgabeanspruch des Antragstellers gemäß § 985
BGB ableiten. Unabhängig davon, dass der Einwand rechtsmissbräuchlichen
Verhaltens aus
nicht mit Erfolg entgegengehalten werden kann (vgl. etwa BGH Urteil vom
19. Juni 2012 - II ZR 241/10 -
tatrichterlichen Feststellungen ebenso wie an einer darauf bezogenen Verfahrensrüge
im Sinne von
Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Gleiches gilt für die in der Beschwerdeentscheidung als Vortrag
der Antragsgegnerin erwähnten, nicht näher spezifizierten und von der
Rechtsbeschwerde nicht thematisierten „unabsehbaren Folgen“ für den Gesundheitszustand
der Antragsgegnerin, die mit einer Wohnungsräumung verbunden
seien.
3. Schließlich ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass das
Amtsgericht - vom Oberlandesgericht bestätigt - die Antragsgegnerin nicht nur
zur Herausgabe, sondern auch zur Räumung der streitgegenständlichen
Wohnung verpflichtet hat. Allerdings ist der Anspruch aus
nicht aber auf Räumung im Sinne des
- XII ZR 136/12 -
ist jedoch dahin auszulegen, dass die Antragsgegnerin ihre in der Wohnung befindlichen
Möbel und sonstigen Gegenstände zu entfernen hat. Dieser Anspruch
des Antragstellers ergibt sich aus
vom 28. Januar 2011 - V ZR 147/10 -
110, 313 =
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:10.03.2021
Aktenzeichen:XII ZB 243/20
Rechtsgebiete:
Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Sachenrecht allgemein
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Miete
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 985, 1568a; FamFG §§ 200, 266