Überlassungsvertrag; Rückübertragungsanspruch; Angabe des Anteilsverhältnisses
letzte Aktualisierung: 8.1.2021
OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.11.2020 – 15 W 3458/20
GBO § 47; BGB § 461
Überlassungsvertrag; Rückübertragungsanspruch; Angabe des Anteilsverhältnisses
Der Grundsatz, dass bei einem schuldrechtlich zugunsten mehrerer Berechtigter bestellten
Wiederkaufs- oder Vorkaufsrecht bei der Eintragung einer Vormerkung die Angabe des
Anteilsverhältnisses gemäß
Rückübertragungsanspruch aus einem Überlassungsvertrag, wenn die entsprechende Anwendung
von § 461 BGB vereinbart wurde. Für die Eintragung genügt der Hinweis auf § 461 BGB.
Gründe
I.
Im Grundbuch von G. waren im Band … auf Blatt … zunächst die Beschwerdeführer zu 1) und 2) als
Eigentümer zu je ½ des dort geführten Grundstücks mit der Flurnummer 600/31, Gebäude- und Freifläche zu
491m², eingetragen. Auf Bl. … des genannten Grundbuchs waren sie als Eigentümer zu je ½ des
Grundstücks mit der Fl.Nr. 599, Gebäude- und Freifläche zu 665 m², eingetragen. Die Beteiligten zu 1) und
2) sind im gesetzlichen Güterstand verheiratet.
Mit Überlassungsvertrag vom 05.08.2020, URNr. …, überließen die Beteiligten zu 1) und 2) diesen
Grundbesitz ihrer Tochter, der Beteiligten zu 3). Unter Punkt IV. der Urkunde ist ein Rückerwerbsrecht der
Übergeber u.a. für den Fall des Erstversterbens der Beteiligten zu 3) oder der Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen vereinbart. Der Rückübertragungsanspruch kann nur durch
eingeschriebenen Brief gegenüber dem Verpflichteten bzw. dessen Erben geltend gemacht werden. Weiter
wurde vereinbart, dass § 461 BGB entsprechend gilt. Zur Sicherung dieses bedingten Anspruchs auf
Rückübertragung wurde die Eintragung einer Vormerkung bewilligt und beantragt.
Mit Antrag vom 25.09.2020 legte die Urkundsnotarin die Urkunde dem Grundbuchamt zum Gesamtvollzug
vor. Am 05.11.2020 wurde die Beteiligte zu 3) als Eigentümerin der genannten Grundstücke im Grundbuch
von G., Blatt …, eingetragen.
Nicht eingetragen wurde hingegen die Vormerkung zur Sicherung des bedingten Rückerwerbsanspruchs am
Vertragsbesitz. Diesbezüglich teilte das Amtsgericht - Grundbuchamt - Erlangen mit Zwischenverfügung vom
29.09.2020 mit, dass der Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, da die Angabe eines Anteilsverhältnisses
gemäß
OLG Nürnberg, Beschluss v. 25.11.2020 – 15 W 3458/20
Die Urkundsnotarin führte mit Schreiben vom 07.10.2020 aus, das Anteilsverhältnis sei in der Urkunde
angeben durch die Vereinbarung „§ 461 BGB gilt entsprechend“.
Mit rechtlichem Hinweis vom 09.10.2020 gab das Grundbuchamt an, § 461 BGB regle kein
Gemeinschaftsverhältnis im Sinne des
Anspruchs.
Mit Schreiben vom 16.10.2020 legte die Urkundsnotarin namens der Beteiligten Beschwerde gegen die
Zwischenverfügung ein. Nach zwar nicht unbestrittener, aber richtiger Meinung des Bayerischen Obersten
Landesgerichts in der Entscheidung vom 14.01.1993 könnten die Vorschriften der
den Regeln zum Vorkaufsrecht bzw. Wiederkaufsrecht auf den vergleichbaren Fall des Rückerwerbsrechts
angewandt werden. Die Sachverhalte seien von der Rechtsfolgenseite her identisch. Da das
Rückforderungsrecht im BGB nicht geregelt sei, fehle es an einer entsprechenden Vorschrift für das
Gemeinschaftsverhältnis. Es handle sich daher um eine nicht geplante Regelungslücke und die analoge
Anwendung des § 461 BGB sei zu bejahen.
Das Grundbuchamt half der Beschwerde mit Beschluss vom 23.10.2020 nicht ab. Zur Eintragung bedürfe es
im Falle mehrerer Berechtigter der Angabe eines Anteilsverhältnisses gemäß
gehe nicht hervor, wie das Gemeinschaftsverhältnis der Übergeber ausgestaltet sein solle, ob es sich um
eine Gesamthandsgemeinschaft oder eine Bruchteilsgemeinschaft handle. Eine Auslegung der in der
Urkunde enthaltenen Angaben sei nicht möglich. In der entsprechenden Anwendung des § 461 BGB sei kein
Anteilsverhältnis der Berechtigten zu sehen, da die Vorschrift nicht das Gemeinschaftsverhältnis regle,
sondern die Ausübung des Rechts.
II.
Das gegen die Zwischenverfügung nach
Beschwerde (
Abs. 1, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG, § 15 GBO).
Die Beschwerde ist auch begründet. Das Amtsgericht durfte die Eintragung der Vormerkung im vorliegenden
Fall nicht von der Angabe eines Anteilsverhältnisses abhängig machen.
1. In dem Überlassungsvertrag vom 05.08.2020 haben die Beschwerdeführer einen bedingten
Rückübertragungsanspruch für die Beteiligten zu 1) und 2) u.a. im Falle des Vorversterbens der Beteiligten
zu 3) vereinbart. Das Anteilsverhältnis der Beteiligten zu 1) und 2) an diesem Anspruch ist nicht festgelegt.
Es wurde lediglich die entsprechende Anwendung des § 461 BGB vereinbart.
Haben mehrere Personen gemeinsam einen Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks, ist grundsätzlich
das Anteilsverhältnis, in denen ihnen der Auflassungsanspruch zusteht, anzugeben. Denn nach
soll, wenn ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden soll, die Eintragung in der Weise
erfolgen, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die
Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird (BGH, Beschluss vom 09. Juli 1980 - V ZB
5/80).
Vorliegend ist allerdings eine nähere Kennzeichnung des Beteiligungsverhältnisses nach
entbehrlich. Es genügt vielmehr der Hinweis auf die entsprechende Anwendung des § 461 BGB im Rahmen
der Eintragung.
2. Es ist zwar insbesondere in der Literatur nicht unumstritten (ablehnend Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Auflage 2020, Zweiter Teil Grundbuchformulare mit Erläuterungen Rn. 1407, 1407a, 1511; kritisch
Demharter,
anerkennt, dass bei Wiederkaufsrecht und Vorkaufsrecht die fehlende Angabe des
Gemeinschaftsverhältnisses eine Eintragung der Rückauflassungsvormerkung nicht hindert.
Denn die
bestimmen darüber hinaus das Verhältnis der Berechtigten untereinander und zum Verpflichteten. Die
Berechtigung mehrerer führt durch die in §§ 461 S. 2, 472 S. 2 BGB enthaltene Regelung zu einer
besonderen gesamthandsartigen Berechtigung der Beteiligten an dem vereinbarten Recht, da der durch die
Ausübung des Rechts entstehende Anspruch der ihr Recht ausübenden Mitberechtigten auf Auflassung auf
den Anteil des Mitberechtigten, der das Vorkaufsrecht nicht (mit-)ausgeübt hat oder bei dem es erloschen ist,
erstreckt wird. Damit bestimmen diese Vorschriften das Gemeinschaftsverhältnis der Beteiligten, das im
Grundbuch bei der Eintragung der Vormerkung gemäß
erfolgen, dass der gesicherte Anspruch der Berechtigten als aus dem Recht gekennzeichnet wird, für das die
vom 11.09.1997, V ZB 11/97; BGH, Beschluss vom 13.10.2016, V ZB 98/15; OLG Düsseldorf, Beschluss
vom 03.11.1982, 3 W 200/82; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.06.1998, 20 W 144/98; Seichter in
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Auflage Stand 01.02.2020, § 472 Rn. 5;
teilweise noch zu § 513 BGB a.F., jetzt inhaltsgleich § 472 BGB; für das Wiederkaufsrecht: Thüringer
Oberlandesgericht, Beschluss vom 29.09.2014, 3 W 420/14; Staudinger/Schermaier (2013) BGB § 461 Rn. 3).
3. Zwar haben die Beteiligten vorliegend weder ein Wiederkaufs- noch ein Vorkaufsrecht vereinbart.
Vielmehr handelt es sich um einen bedingten Rückübertragungsanspruch aus dem Überlassungsvertrag.
Allerdings finden die oben unter 2. genannten Erwägungen aufgrund der Vereinbarung der entsprechenden
Geltung von § 461 BGB auch auf die hier zwischen den Beteiligten getroffenen Regelungen Anwendung.
Eine Rückübertragungsverpflichtung, wie hier vereinbart, ist im BGB nicht geregelt. Die Beteiligten wollten
aber durch die Vereinbarung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 461 BGB ersichtlich ein dem Vorbzw.
Wiederkauf angenähertes Verfahren für den Vollzug des Rückforderungsrechts vereinbaren. Denn
entsprechend der Vorkaufs-/Wiederkaufsabrede wird auch hier durch die Rückübertragungsabrede ein
aufschiebend bedingter Vertrag geschlossen (Preuß in Schreiber/Ruge, Handbuch Immobilienrecht, 4. Aufl.
2020, Kapitel 14: Sicherung von Ansprüchen auf künftige Rechtsänderungen Rn. 62 für das Vorkaufsrecht,
Rn. 86 für das Wiederkaufsrecht), der durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten wirksam wird (hier
gemäß vertraglicher Vereinbarung, sonst gemäß
Anspruch auf Übereignung zwischen den Berechtigten und dem Erwerber, der jeweils durch eine
Vormerkung gesichert werden kann. Wie auch bei dem Wiederkaufs- und dem Vorkaufsrecht soll die
Beteiligte zu 3) als Erwerberin davor geschützt werden, bei nur teilweiser Ausübung des Vorkaufsrechts
wider Willen in eine Gemeinschaft gezwungen zu werden (Müller in jurisPK, a.a.O. § 461 Rn. 1;
Staudinger/Schermaier a.a.O. § 472 Rn. 2).
Die Vereinbarung der entsprechenden Anwendbarkeit von § 461 BGB ist auch zulässig. Denn in der
Rechtsprechung ist anerkannt, dass die
Übereignungsansprüche vereinbart werden können, die nicht aus Vor- oder Wiederkauf stammen (OLG
München, Beschluss vom 29.05.2007, 32 Wx 77/07; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom
14.04.1993, 2Z BR 102/92 zu § 502 BGB a.F., jetzt inhaltsgleich § 461 BGB; Staudinger/Schermaier, a.a.O.
§ 472 Rn. 1).
4. Bei der Eintragung der Vormerkung zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs in das Grundbuch ist
daher eine weitere Angabe zur Art der gemeinschaftlichen Berechtigung der Beteiligten zu 1) und 2) nicht
erforderlich (so auch OLG München, Beschluss vom 29.05.2007, 32 Wx 77/07 in einem vergleichbaren Fall;
Keller in Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Auflage 2019, § 47 Rn. 11 „Vorkaufsrecht“).
Es genügt der Hinweis auf die entsprechende Anwendbarkeit von § 461 BGB (Staudinger a.a.O. § 461 Rn. 3).
Vorliegend ist von einem Erwerb von Miteigentum der Beteiligten zu 1) und 2) zu gleichen Teilen
auszugehen. Steht das Rückübertragungsrecht mehreren zu, wird das Gemeinschaftsverhältnis der
Berechtigten hinsichtlich der Frage, zu welchen Anteilen sie bei Ausübung des Rechts Gläubiger des
Übertragungsanspruchs werden, von der zwischen den Berechtigten und dem Verpflichteten getroffenen
Vereinbarung bestimmt (BGH, Beschluss vom 11.09.1997, V ZB 11/97).
Mangels ausdrücklicher Regelung im Überlassungsvertrag und da auch durch Auslegung des Vertrages kein
anderer Wille der Beteiligten zu 1) und 2) festgestellt werden kann, greifen die gesetzlichen Bestimmungen
der §§ 741 ff BGB ein. Der Umstand, dass ein Recht mehreren gemeinschaftlich zusteht, führt gemäß § 741
BGB, wenn sich - wie hier - aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, ohne weiteres zur
Bruchteilsgemeinschaft. Haben die Beteiligten nichts anderes vereinbart, richtet sich der Anspruch der
Berechtigten gemäß § 742 BGB auf den Erwerb von Miteigentum zu gleichen Anteilen (BGH a.a.O.).
III.
Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Erlangen vom 29.09.2020 war daher
aufzuheben. Die Sache wird zum Zweck der erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag an das
Grundbuchamt zurückgegeben. Einer Anweisung des Grundbuchamtes, anderweitig über den Antrag zu
entscheiden, bedarf es nicht (Demharter, GBO, 30. Auflage, § 77 Rn. 24).
IV.
Die Kostenfolge der zulässigen und begründeten Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 22 Abs. 1, 25
Abs. 1 GNotKG). Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der Beschwerdeführer auf der Grundlage
von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht
als Beteiligte in Betracht, der bei erfolgreicher Beschwerde die außergerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführerin auferlegt werden könnten (Demharter a.a.O. Rn. 33).
V.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 78 Abs. 2
GBO) nicht vorliegen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Nürnberg
Erscheinungsdatum:25.11.2020
Aktenzeichen:15 W 3458/20
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FGPrax 2021, 13-14
Normen in Titel:GBO § 47; BGB § 461