Kostenprivilegierung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe; Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zur Sicherung eines Widerrufsrechts
letzte Aktualisierung: 11.1.2024
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.5.2023 – 3 Wx 61/23
Kostenprivilegierung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe; Eintragung einer
Rückauflassungsvormerkung zur Sicherung eines Widerrufsrechts
Voraussetzung der Kostenprivilegierung des
Verfahren oder Geschäft „im Zusammenhang mit einer Übergabe oder Zuwendung eines land- oder
forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle“ steht. Privilegiert wird folglich nicht nur die eigentliche
Übergabe oder Zuwendung, sondern auch sie vorbereitende oder ihrem Vollzug dienende Verfahren
und Geschäfte. Dazu zählt auch die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung in das
Grundbuch, die das in einem Hofübertragungsvertrag enthaltene Widerrufsrechts des Veräußerers
absichert.
Gründe:
I.
Bei dem im Eingang bezeichneten Grundbesitz handelt es sich um einen Hof i.S. der
Höfeordnung. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Vater und Sohn und beide staatlich geprüfte
Landwirte.
Aufgrund des notariellen „Hofübertragungs- und Grundstücksübertragungs- und
Erbteilsübertragungsvertrages“ vom 16.12.2012 übertrug der Beteiligte zu 1 den Hof auf
den Beteiligten zu 2. Unter Ziff. V. des Vertrages ist ein Widerrufsrecht des Veräußerers für
im Einzelnen aufgeführte Situationen, z.B. die Veräußerung oder Belastung des
Grundbesitzes ohne seine Zustimmung, vereinbart, dessen Ausübung zu einem
unentgeltlichen Rückübereignungsanspruch führt. Zur Sicherung dieses Anspruchs auf
Eigentumsübertragung sollte eine auf Lebenszeit des Berechtigten beschränkte
Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde, Bl. 116 ff. GA, Bezug genommen.
Das Amtsgericht Geldern - Landwirtschaftsgericht - genehmigte den Vertrag durch
Beschluss vom 13.05.2022 (Az. 22 Lw 2/22) und setzte den Geschäftswert gemäß § 48
Abs. 1 GNotKG auf 242.762,20 € fest, was dem vierfachen Einheitswert entspricht.
Der hiermit beauftragte Notar stellte am 30.05.2022 beim Amtsgericht – Grundbuchamt –
entsprechende Eintragungsanträge (Bl. 114 f. GA). Die entsprechenden Eintragungen in
das Grundbuch erfolgten am 24.06.2022.
Die Kostenbeamtin legte den Vorgang der Bezirksrevisorin und Beteiligten zu 3 zwecks
Prüfung des Entwurfs der Kostenrechnung vor. Letztere wandte in Bezug auf die
eingetragene Rückauflassungsvormerkung Ziff. 14150 des KV zum GNotKG an und
bezifferte den Geschäftswert mit 3 Mio. €. Sie begründete dies damit, dass sich der Wert
nach dem Verkehrswert der betroffenen Flächen bemesse.
anwendbar. Maßgebend seien gemäß
(2022) maßgebenden Werte. Der Verkehrswert für die Grundstücke nebst Hof betrage
insgesamt rund 5,9 Mio. €. Der Rückauflassungsvormerkung sei die Hälfte dieses Werts,
mithin die Wertstufe bis 3 Mio. € zuzuordnen (
Sodann stellte die Kostenbeamtin dem Beteiligten zu 2 am 30.08.2022 eine
Kostenrechnung über insgesamt 3.586,50 €, wobei die Eintragungskosten hinsichtlich der
Rückauflassungsvormerkung 2.467,50 € betrugen (Nr. 05 der Rechnung). Diesen liegt die
Gebühr Nr. 14150 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG auf Grundlage eines
Geschäftswerts von 3 Mio. € zugrunde (Bl. 189a GA).
Gegen diese Kostenrechnung legte der Beteiligte zu 2, vertreten durch seine
Verfahrensbevollmächtigten, mit Schriftsatz vom 14.10.2022 „Erinnerung“ ein. Er hat
gemeint, die Rückauflassungsvormerkung nehme an der Privilegierung des § 48 Abs. 1
GNotKG teil, weil diese unmittelbar mit der Eigentumsumschreibung auf den neuen
Eigentümer verbunden sei. Zudem sei der Hof im Falle der Rückübertragung auf den
Vater immer noch Hof i.S. der Höfeordnung, weil beide Beteiligte Landwirte seien. Dies
habe zur Folge, dass für die Ermittlung des Geschäftswerts der vierfache Einheitswert, hier
242.762,20 €, zu berücksichtigen sei. Hieraus ergäben sich Kosten für die Eintragung der
Rückauflassungsvormerkung von nur 535 €.
Die Beteiligte zu 3 hat daraufhin beantragt, den Geschäftswert für die Eintragung der
Rückauflassungsvormerkung gemäß
Mio. € festzusetzen (Bl. 213 Rü. GA).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - den
Geschäftswert für die Eintragung der Rückauflassungsvormerkung gemäß §§ 45, 46, 48
GNotKG mit der Begründung auf 3 Mio. € festgesetzt, diese sei nicht privilegiert i.S. des §
48 Abs. 1 GNotKG, sondern nur ganz bestimmte Fortführungsgeschäfte.
Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1 und zu 2 – vertreten durch ihre
Verfahrensbevollmächtigten – mit ihrer Beschwerde, in der sie das Vorbringen aus der
Rechtsmittelschrift des Beteiligten zu 2 wiederholen und vertiefen.
Die Beteiligte zu 3 verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - hat der Beschwerde aus den Gründen der
angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht
Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. In der Beschwerdeschrift seien keine Gründe
vorgetragen, die eine Abänderung der Entscheidung rechtfertigten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakten sowie der Akten des
Amtsgerichts Geldern - Landwirtschaftsgericht - Az. 22 Lw 2/22, 3/22 und 50/22 Bezug
genommen.
II.
Über die Beschwerde hatte der Senat zu entscheiden, nachdem die Einzelrichterin das
Verfahren diesem gemäß § 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m.
Entscheidung übertragen hat.
Die Beschwerde ist gemäß
zulässig (
zu 2 folgt aus
Erklärung des Notars in dem Antrag vom 25.05.2022 - nur der Beteiligte zu 2 eine
Kostenrechnung erhalten hat, ist der Beteiligte zu 1 in dem Antrag ausdrücklich als
Antragsteller hinsichtlich der Eintragung der Rückauflassungs-vormerkung zu seinen
Gunsten bezeichnet und kann wegen der Kosten in Anspruch genommen werden (vgl.
Korintenberg/Wilsch, 22. Aufl. 2022, GNotKG § 22 Rn. 6).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg:
Die Bestimmung des Geschäftswerts einer sonstigen (d.h. nicht dem
unterfallenden) Vormerkung richtet sich grundsätzlich nach
ist der Geschäftswert der Vormerkung der Wert des vorgemerkten Rechts. Da es sich
vorliegend um eine Auflassungsvormerkung handelt, die den
(Rück-)Übereignungsanspruch des Veräußerers sichern soll, ist gemäß § 46 Abs. 1, Abs. 3
GNotKG auf den Verkehrswert des Grundbesitzes abzustellen, dessen Übertragung
gesichert werden soll. Diesen hat die Beteiligte zu 3 in ihrer Stellungnahme vom
28.07.2022 anhand der Bodenrichtwerte für Grün- und Ackerland für 2022 (
nachvollziehbar mit rund 5,9 Mio. € ermittelt, was von den Beteiligten nicht in Frage gestellt
worden ist (Bl. 182 ff. GA). Bei Rückauflassungsvormerkungen, die - wie hier - einen unter
einer Bedingung oder mehreren Bedingungen stehenden (ggf. befristeten)
Rückübertragungsanspruch sichern, ist umstritten, ob der volle Wert nach § 51 Abs. 1 S. 1
GNotKG oder der halbe Wert entsprechend
überwiegende Auffassung spricht sich für den hälftigen Grundstückswert aus (OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2021 – I-10 W 26/21; OLG Celle, Beschluss vom
20.07.2018 – 18 W 4/18; OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12.2017 – 8 W 115/17, OLG
München, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 34 Wx 136/15 Kost; OLG Dresden, Beschluss
vom 31. Januar 2017 – 17 W 92/17; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21. September
2016 – 3 W 49/16; OLG Hamm, Beschluss vom 10. März 2016 – I-15 W 98/16; Wudy,
Beschluss vom 09.05.2016 – 2 Wx 74/16, alle juris). Die Rechtspflegerin hat sich - nach
Anhörung der Beteiligten zu 3 - der überwiegenden Auffassung angeschlossen und unter
Zugrundelegung des hälftigen Verkehrswerts des Grundbesitzes den Geschäftswert auf 3
Mio. € festgesetzt.
Diese Entscheidung ist abzuändern. Denn auf die Bewertung der Eintragung der
Rückauflassungsvormerkung ist – wie auch auf die Eigentumsumschreibung des
Grundbesitzes auf den Beteiligten zu 2 gemäß dem notariellen Vertrag vom 16.12.2021 –
die Privilegierung des
Die Vorschrift lautet wie folgt:
Im Zusammenhang mit der Übergabe oder Zuwendung eines land- oder
forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle an eine oder mehrere natürliche Personen
einschließlich der Abfindung weichender Erben beträgt der Wert der land- und
forstwirtschaftlichen Vermögen i.S. des Bewertungsgesetzes höchstens das Vierfache des
letzten Einheitswerts, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, wenn
1. die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt
ist und
2. der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur
unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet.
Es handelt sich bei dieser Bewertungsvorschrift um einen Ausnahmetatbestand, der als
solcher eng auszulegen ist.
solchen noch dessen Vermögen als solches, sondern ausschließlich die vom Gesetzestext
erfassten Vorgänge, also nur solche, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle
stehen. Dabei ist stets die ratio legis der Regelung zu beachten:
Erhaltung leistungsfähiger land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in Familienhand, wobei
allein das öffentliche Interessensmoment ausschlaggebend ist, nicht etwa das private
Interesse der Erben bzw. Übernehmer (Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, 4. Aufl. 2021,
GNotKG § 48 Rn. 6; NK-GK/Christian Fackelmann, 3. Aufl. 2021, GNotKG § 48 Rn. 1
m.w.N.).
Gegenstand des notariellen Vertrages vom 16.12.2021 ist eine landwirtschaftliche
Betriebsübergabe i.S. des
liegen vor (zu diesen: BeckOK KostR/Soutier, 41. Ed. 1.1.2023, GNotKG § 48 Vorbem.).
Darin wird ein - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte lebensfähiger - landwirtschaftlicher
Betrieb mit Hofstelle i.S. der Höfeordnung übertragen. Das Wohnhaus befindet sich unter
der Anschrift Stellenweg 21 und ist Gegenstand der Übertragung (s. Ziff. I des Vertrages).
Es handelt sich um eine Übertragung durch Zuwendung im Wege der vorweggenommenen
Erbfolge (Ziff. II Nr. 2 des Vertrages). Das Geschäft dient der unmittelbaren Fortführung
des Betriebes durch den Erwerber, den Beteiligten zu 2, der ausgebildeter Landwirt ist.
Ferner ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und angesichts einer landwirtschaftlichen
Fläche von circa 45 ha inclusive Wald- und Verkehrsfläche (laut Vertrag) davon
auszugehen, dass der Betrieb nach dem Vollzug einen nicht nur unwesentlichen Teil der
Existenzgrundlage des Beteiligten zu 2 als Erwerber darstellt.
Damit handelt es sich bei der Hofübertragung um ein begünstigtes Geschäft i.S. von § 48
Abs. 1 GNotKG (Korintenberg/Tiedtke, a.a.O., § 48 Rn. 14).
Voraussetzung der Kostenprivilegierung ist, dass das jeweilige Verfahren oder Geschäft
„im Zusammenhang mit einer Übergabe oder Zuwendung“ steht. Privilegiert wird folglich
nicht nur die eigentliche Übergabe oder Zuwendung, sondern auch sie vorbereitende oder
ihrem Vollzug dienende Verfahren und Geschäfte (NK-GK/Christian Fackelmann, a.a.O., §
48 Rn. 25; siehe auch: OLG Hamm, Beschluss vom 19.5.2021, I-10 W 6/21).
Dies ist hinsichtlich der Eintragung der Rückauflassungsvormerkung in das Grundbuch der
Fall:
Diese sichert den in Ziff. V geregelten Rückübereignungsanspruch des Veräußerers, des
Beteiligten zu 1, der bei Ausübung seines Widerrufsrechts entsteht. Dieses besteht nur in
den abschließend aufgeführten Fällen, insbesondere, wenn der Erwerber in
Vermögensverfall gerät (Zwangsvollstreckung, Insolvenz), der Bestand des Hofes
gefährdet wird (Veräußerung, Belastung ohne Zustimmung) oder der Erwerber seine
Pflichten aus dem Vertrag nach Abmahnung gar nicht oder nur schlecht nachkommt. Damit
sichert das Widerrufsrecht die in Ziff. III des Vertrages geregelten (Gegen-)Leistungen des
Beteiligten zu 2, insbesondere die Einräumung eines lebenslangen Wohnungsrechts auf
der Hofstelle, die Zahlung einer Leibrente sowie die Übernahme der den Grundbesitz
betreffenden Verbindlichkeiten zugunsten des Veräußerers, des Beteiligten zu 1.
Die Rückauflassungsvormerkung steht damit nicht nur durch ihre Regelung innerhalb des
Hofübertragungsvertrages, sondern auch inhaltlich in unmittelbarem Zusammenhang mit
dem privilegierten Geschäft, da deren Eintragung dessen Vollzug und Umsetzung dient.
Damit war - wie im Tenor geschehen - für die Bewertung des Grundbesitzes, dessen
Übertragung durch die Rückauflassungsvormerkung gesichert wird, gemäß § 48 Abs. 1
Satz 1 GNotKG maximal auf den vierfachen Einheitswert des landwirtschaftlichen
Vermögens abzustellen, den das Amtsgericht Geldern - Landwirtschaftsgericht - in seinem
Beschluss vom 13.05.2022 unangefochten mit 242.762,20 € angenommen hat.
Die Anwendung der Bewertungsprivilegierung im konkreten Fall entspricht auch der ratio
legis der Vorschrift, der Erhaltung leistungsfähiger, land- und forstwirtschaftlicher Betriebe
in Familienhand durch eine einheitlich moderate Kostenbelastung bei der Umsetzung
eines umfassenden Hofübertragungsvertrages.
III.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m.
Unterschriften
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:15.05.2023
Aktenzeichen:3 Wx 61/23
Rechtsgebiete:Kostenrecht
Normen in Titel:GNotKG § 48 Abs. 1