Beschwerdebefugnis des GmbH-Gesellschafters gegen Ablehnung einer Löschung im Handelsregister; Ablehnung der Löschung einer nichtigen Geschäftsführerbestellung
letzte Aktualisierung: 5.6.2023
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.3.2023 – 3 Wx 55/22
FamFG §§ 59 Abs. 1 u. 2, 395 Abs. 1 S. 1, 398
Beschwerdebefugnis des GmbH-Gesellschafters gegen Ablehnung einer Löschung im
Handelsregister; Ablehnung der Löschung einer nichtigen Geschäftsführerbestellung
1. Der Gesellschafter einer GmbH ist weder nach
FamFG befugt, Beschwerde gegen die Entscheidung des Registergerichts einzulegen, die Eintragung
einer Person als Geschäftsführer der GmbH nicht nach
löschen.
2. Dasselbe gilt, wenn das Registergericht die Löschung einer im Handelsregister eingetragenen
nichtigen Geschäftsführerbestellung nach § 398 FamFG ablehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 2. ist die Ehefrau des am 23. November 2020 verstorbenen bulgarischen
Staatsbürgers M…… (nachfolgend: Erblasser). Dieser war bis zu seinem Tod der alleinige
Gesellschafter und Geschäftsführer der …… GmbH. Der Beteiligte zu 1. ist der Sohn des
Erblassers aus erster Ehe. Aus der Ehe mit der Beteiligten zu 2. stammen zwei Kinder.
Der Erblasser ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge von den Beteiligten zu 1. und zu 2. sowie
von seinen beiden Kindern aus zweiter Ehe mit einem Anteil von jeweils einem Viertel
beerbt worden. Die Erbengemeinschaft besteht ungeteilt.
Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 2. am 15. September 2021 als neue
Geschäftsführerin der ……. GmbH eingetragen.
Mit dem Argument, er habe an der Beschlussfassung über die Geschäftsführerbestellung
der Beteiligten zu 2. nicht mitgewirkt, hat der Beteiligte zu 1. unter dem 24. September
2021 die Löschung dieser Eintragung angeregt.
Das Amtsgericht hat daraufhin ein Löschungsverfahren eingeleitet, die Löschung der
streitbefangenen Handelsregistereintragung nach § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG jedoch
abgelehnt. Es hat angenommen, dass die Beteiligte zu 2. am 26. August 2021 mit einer
Dreiviertel-Mehrheit – nämlich mit der eigenen Stimme und mit den Stimmen ihrer beiden
Kinder – rechtswirksam zum gemeinsamen Vertreter der ungeteilten Erbengemeinschaft
im Sinne von § 6 des Gesellschaftsvertrages bestellt worden sei und in dieser Eigenschaft
sodann für die Erbengemeinschaft rechtsgültig den Beschluss über ihre Berufung als neue
Geschäftsführerin der …….. GmbH gefasst habe. Beide Maßnahmen seien von dem
Ergänzungspfleger, der für den seinerzeit noch minderjährigen Sohn A.M……. bestellt
worden sei, genehmigt worden.
Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, die
Beteiligte zu 2. sei rechtswirksam weder zur Vertreterin der Erbengemeinschaft noch zur
Geschäftsführerin der …… GmbH bestellt worden. Nach dem maßgeblichen bulgarischen
Erbstatut sei ein einstimmiger Beschluss aller Miterben notwendig gewesen, an dem es
fehle.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur
Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen
in dem amtsgerichtlichen Beschluss sowie auf den Inhalt der Handelsregisterakte und der
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß
formgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG eingelegt. Sie ist aber unzulässig, weil dem
Beteiligten zu 1. kein Beschwerderecht nach § 59 FamFG zusteht. Darauf hat die
Beteiligte zu 2. in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen.
1. Die Löschung einer unzulässigen Eintragung im Handelsregister erfolgt gemäß
§ 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständigen Organe.
Das gleiche gilt für die Löschung von im Handelsregister eingetragenen nichtigen
Gesellschafterbeschlüsse nach § 398 FamFG. Der einzelne Gesellschafter einer GmbH
hat weder in dem einen noch in dem anderen Fall ein Antragsrecht. Ihm steht daher auch
keine Beschwerdebefugnis nach
15.7.2014 – II ZB 18/13).
2. Eine Beschwerdebefugnis ergibt sich für den Beteiligten zu 1. auch nicht aus § 59 Abs.
1 FamFG.
a) Nach dieser Vorschrift steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den
angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein
unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives
Recht. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des
Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder
gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche
Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Ein bloß rechtliches
oder wirtschaftliches Interesse an der Beseitigung der angefochtenen registergerichtlichen
Entscheidung genügt nicht (BGH, Beschl. v. 15.7.2014 – II ZB 18/13).
b) Eine rechtliche Betroffenheit des Beteiligten zu 1. in diesem Sinne besteht nicht. Die
Entscheidung des Registergerichts, die Eintragung der Beteiligten zu 2. als neue
Geschäftsführerin der ………….. GmbH nicht zu löschen, greift nicht nachteilig in eine
vorhandene Rechtsposition des Beteiligten zu 1. ein.
aa) Gem. § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer
sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in
das Handelsregister anzumelden. Dabei handelt es sich allerdings um eine bloß
deklaratorische Eintragung, die der Bekanntgabe von Tatsachen oder Rechtsverhältnissen
dient, die unabhängig von der Eintragung bestehen; die Eintragung im Handelsregister hat
keine konstitutive Wirkung (vgl. nur: Stephan/Tieves in Münchener Kommentar GmbHG, 4.
Aufl. 2023, § 39 Rdnr. 51 m.w.N.).
Bereits aus diesem Grund ist die verweigerte Löschung der streitgegenständlichen
Handelsregistereintragung nicht geeignet, subjektive Rechte des Beteiligten zu 1. zu
beeinträchtigen. Das gilt ungeachtet der Frage, in welchem Umfang dem Registergericht
im Eintragungsverfahren ein Prüfungsrecht zusteht. Da der Anmeldung die Urkunden über
die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis
beizufügen sind (§ 39 Abs. 2 GmbHG), fällt jedenfalls die Prüfung, ob ein die Eintragung
rechtfertigender Gesellschafterbeschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist, in die
Prüfungskompetenz des Registergerichts. Inwieweit das Registergericht darüber hinaus zu
einer Prüfung der Wirksamkeit des der Anmeldung zugrunde liegenden Organbeschlusses
berechtigt ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (vgl. nur:
Noack/Servatius/Haas, GmbH-Gesetz, 23. Auflage 2022, § 39 Rdnr. 16 m.w.N.;
Stephan/Tieves, a.a.O. § 39 Rdnr. 37 – 47 m.w.N.; Wicke in Münchener Kommentar
GmbHG, 4. Aufl. 2022, § 9 c Rdnr. 31). Trotz dieser Prüfungskompetenz des
Registergerichts kommt der Handelsregistereintragung als solcher eine rechtsschaffende
Wirkung nicht zu. Im Umkehrschluss kann sie ebenso wenig geeignet sein, bestehende
Gesellschafterrechte zu beeinträchtigen (vgl. auch OLG Hamburg, Beschl. v. 12. 4.
2011 −11 W 25/11; Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 59
Rdnr. 100).
bb) Es kommt Folgendes hinzu: Der Geschäftsführer einer GmbH erhält seine
gesellschaftsrechtliche Vertretungsbefugnis nicht durch die Eintragung in das
Handelsregister, sondern durch den der Eintragung zugrunde liegenden
Gesellschafterbeschluss. Alleine dieser – und nicht die Eintragung im Handelsregister –
bindet überdies die Gesellschafter der GmbH, den Gewählten zum Geschäftsführer zu
bestellen. Beseitigt wird diese Bindung im gesetzlichen Normalstatut durch einen unter
Beachtung der
anschließende Löschung der entsprechenden Registereintragung vollzieht die durch den
Aufhebungsbeschluss geschaffene materiell-rechtliche Lage nur deklaratorisch nach. Auch
Fehler bei der Willensbildung – seien es formelle Fehler im Rahmen des
Beschlussverfahrens wie etwa Einladungsmängel oder seien es Umstände, die den
Gesellschafterbeschluss materiell fehlerhaft machen – schlagen auf den
Gesellschafterbeschluss zurück und sind in einem gerichtlichen Streitverfahren über die
Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses zu klären. Prozessual wird die Nichtigkeit des
Gesellschafterbeschlusses durch Feststellungsklage (
Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführung, geltend gemacht und können
rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse im Wege der Anfechtungsklage zur gerichtlichen
Überprüfung gestellt werden. Die Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister
beschränkt diese rechtlichen Möglichkeiten eines Gesellschafters, den der Eintragung
zugrunde liegenden Bestellungsbeschluss anzugreifen, nicht. Gleichermaßen tangiert
auch die abgelehnte Löschung der Geschäftsführereintragung nicht die Möglichkeit einer
gegen die Geschäftsführerbestellung gerichteten Anfechtungs- oder Feststellungsklage.
cc) Der daraus resultierenden Erkenntnis, dass die Registereintragung keinen Eingriff in
die Rechte des Gesellschafters darstellt, können die Rechtsfolgen einer fehlerhaft
eingetragenen Geschäftsführerposition nicht entgegen gehalten werden. Zwar besteht
Einigkeit, dass die Gesellschaft durch die Handlungen des fehlerhaft Bestellten im
Außenverhältnis wirksam verpflichtet wird. Das begründet indes keine rechtliche
Betroffenheit des Beteiligten zu 1. im Sinne von
der vom fehlerhaft bestellten Geschäftsführer getätigten Rechtsgeschäfte berührt
unmittelbar nur den Rechtskreis der Gesellschaft; der Beteiligte zu 1. als ihr Gesellschafter
ist demgegenüber nur mittelbar in seinen Rechten betroffen. Das genügt für eine
Beschwerdeberechtigung nach
Interesse daran, dass der Unternehmenswert – und infolge dessen auch der Wert seines
eigenen Geschäftsanteils – nicht durch die Rechtshandlungen eines anfechtbar bestellten
Geschäftsführers geschmälert wird, vermittelt ihm gleichfalls keine Beschwerdebefugnis.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen Beteiligten auferlegen, der es eingelegt
hat. Für einen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG besteht kein
Anlass.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:16.03.2023
Aktenzeichen:3 Wx 55/22
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamFG §§ 59 Abs. 1 u. 2, 395 Abs. 1 S. 1, 398