(Keine) Aufklärungspflicht des Verkäufers bzgl. des Nichtbestehens einer Gebäudeversicherung
letzte Aktualisierung: 22.05.2020
BGH, Urt. v. 20.3.2020 – V ZR 61/19
BGB §§ 241 Abs. 1, 280 Abs. 1;
(Keine) Aufklärungspflicht des Verkäufers bzgl. des Nichtbestehens einer
Gebäudeversicherung
a) Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks muss den Käufer grundsätzlich nicht ungefragt
darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht;
ebenso wenig muss er ihn über eine nach Vertragsschluss erfolgte Beendigung einer solchen
Versicherung informieren. Dies gilt auch dann, wenn eine Gebäudeversicherung nach der
Verkehrsanschauung üblich ist.
b) Erklärt der Verkäufer dagegen vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages, dass eine
Gebäudeversicherung besteht, und wird das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des
Eigentums beendet, trifft ihn in aller Regel die vertragliche Nebenpflicht, den Käufer hierüber
unverzüglich zu unterrichten.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheidet ein Schadensersatzanspruch
der Klägerin mangels Pflichtverletzung der Beklagten aus. Diese seien
nicht gemäß § 4 des Vertrages verpflichtet gewesen, über den Zeitpunkt der
Übergabe der Immobilie hinaus für Versicherungsschutz zu sorgen. Mit der
Übergabe seien nämlich Gefahr und Lasten der Immobilie auf die Klägerin
übergegangen. Die Beklagten hätten der Klägerin auch den Eintritt in von ihnen
unterhaltene Versicherungsverhältnisse nicht ermöglichen müssen. Eine solche
Pflicht ergebe sich weder aus § 4 des Kaufvertrages noch aus den §§ 95 ff.
VVG. Eine allgemeine Pflicht, den Versicherungsschutz im Interesse des Erwerbers
aufrechtzuerhalten, bestehe nicht. Es könne deshalb offen bleiben, ob
das Bestehen einer Gebäudeversicherung nach der Verkehrsanschauung üb-
lich und zu erwarten sei. Schließlich habe die Beklagten auch keine Pflicht getroffen,
die Klägerin darüber zu informieren, dass nach der Übergabe der Immobilie
kein Gebäudeversicherungsschutz mehr bestanden habe. Aus der Sicht
eines verständigen Käufers sei nicht zu erwarten gewesen, dass die Beklagten
ab dem Zeitpunkt der Übergabe weiterhin für Versicherungsschutz sorgen würden.
Eine allgemeine Erwartungshaltung eines durchschnittlichen Immobilienkäufers,
bestehende Versicherungsverhältnisse des Verkäufers ohne Absprache
übernehmen zu können, sei nicht ersichtlich. Vielmehr bestehe für den
Käufer Anlass, sein Sacherhaltungsinteresse in der Zeit zwischen Übergabe
und Eintragung in das Grundbuch durch eine Vereinbarung mit dem Versicherer
des Verkäufers oder einen Vertrag mit einem anderen Versicherer zu sichern.
Denn er müsse stets damit rechnen, dass der Versicherungsschutz durch ein
Verhalten des Verkäufers vor Eintritt des Versicherungsfalles oder aus anderen
Gründen verloren gehe.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Im Ergebnis zu Recht legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung
unausgesprochen die Annahme zugrunde, dass der Klägerin keine Schadensersatz-
oder Minderungsansprüche nach §§ 437 ff. BGB wegen eines Sachmangels
zustehen. Der nach dem Vorbringen der Klägerin am 22. Juni 2017
eingetretene Unwetterschaden begründete einen Sachmangel des Grundstücks,
wenn zu diesem Zeitpunkt die Gefahr noch nicht auf die Klägerin übergegangen
war (vgl. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der vereinbarte Ausschluss der
Sachmängelhaftung stünde in diesem Fall Mängelansprüchen der Klägerin
nicht entgegen, weil sich ein solcher Haftungsausschluss mangels besonderer
Abrede nicht auf Mängel erstreckt, die erst nach Vertragsschluss, aber noch vor
Gefahrübergang aufgetreten sind (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 2003
- V ZR 248/02,
stattgefunden. Insoweit kommt es zwar entgegen der zumindest missverständlichen
Formulierung des Berufungsgerichts nicht auf die Übergabe des Grundstücks
an; vielmehr sollte nach § 4 Nr. 1 des Kaufvertrages der Gefahrübergang
mit dem Tag der Kaufpreiszahlung, frühestens jedoch am 2. Mai 2017, erfolgen.
Da aber auch der Besitz (erst) mit der Kaufpreiszahlung auf die Klägerin übergehen
sollte und die Besitzübertragung (schon) am 11. April 2017 erfolgte, ist
das Berufungsgericht erkennbar davon ausgegangen, dass bereits vor der
Besitzübergabe der Kaufpreis gezahlt worden war. Dann ist die Gefahr am
2. Mai 2017 und damit vor dem Schadensereignis auf die Klägerin übergegangen.
Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht unterstellt werden, dass der
Kaufpreis erst nach dem 22. Juni 2017 gezahlt worden ist. Hierzu verweist die
Klägerin nämlich nicht auf entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen.
Demgegenüber zeigt die Revisionserwiderung auf, dass die Beklagten erstinstanzlich
unwidersprochen vorgetragen haben, die Kaufpreiszahlung sei am
10. April 2017 erfolgt.
2. Die Beklagten haften der Klägerin auch nicht auf Schadensersatz gemäß
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagten
nicht verpflichtet waren, das Gebäude nach der Kündigung im Interesse der
Klägerin gegen Unwetterschäden über den Zeitpunkt der Beendigung der Gebäudeversicherung
(10. Mai 2017) hinaus neu zu versichern.
aa) Eine vertragliche Verpflichtung des Grundstücksverkäufers gegenüber
dem Käufer zu einer Versicherung der Kaufsache besteht grundsätzlich
nicht (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1991 - V ZR 351/89,
Versicherung gegen Brandschaden). Der Verkäufer ist - vorbehaltlich abweichender
Vereinbarungen - auch nicht gehalten, eine im Zeitpunkt des Abschlusses
des Kaufvertrages bestehende Gebäudeversicherung aufrechtzuerhalten
bzw. nach Kündigung einer solchen Versicherung durch den Versicherer
eine neue Versicherung abzuschließen. Aus der Vorschrift des § 95 Abs. 1 VVG
ergibt sich nichts Anderes.
(1) Wird die versicherte Sache von dem Versicherungsnehmer veräußert,
tritt gemäß § 95 Abs. 1 VVG an dessen Stelle der Erwerber in die während der
Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden
Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein. Gemeint ist mit der Veräußerung
nicht das schuldrechtliche Verpflichtungs-, sondern das dingliche Verfügungsgeschäft.
Bei Grundstücken erfordert die Veräußerung deshalb neben
der Einigung die Grundbucheintragung (vgl. Senat, Urteil vom 16. September
2016 - V ZR 29/16,
Vertragspartner des Versicherers und selbst Versicherungsnehmer. Versicherungsschutz
genießt er aber auch bereits vor diesem Zeitpunkt. Da dem Käufer
eines Grundstücks in der Zeit zwischen Gefahrübergang und dem Eigentumserwerb
durch Eintragung in das Grundbuch ein versicherbares - nach Zahlung
des Kaufpreises sogar das alleinige - Sacherhaltungsinteresse zukommt, ist
nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der mit dem Verkäufer
bestehende Gebäudeversicherungsvertrag auch ohne ausdrückliche
Regelung grundsätzlich dahingehend auszulegen, dass dieses (fremde) Interesse
des Käufers darin mitversichert ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2009
- IV ZR 43/07,
(2) Daraus, dass der Käufer vor diesem Hintergrund ein Interesse daran
hat, dass eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bestehende
Gebäudeversicherung aufrechterhalten bleibt, folgt jedoch keine entsprechende
Pflicht des Verkäufers. Durch
bewahrt werden (vgl. Motive zum Versicherungsvertragsgesetz,
S. 143 sowie BGH, Urteil vom 30. Mai 1990 - IV ZR 266/89, BGHZ 111,
295, 298). Die gesetzliche Anordnung des Übergangs soll aber lediglich verhindern,
dass eine bestehende Versicherung infolge des Eigentumsübergangs und
Wegfalls des Versicherungsinteresses des bisherigen Versicherungsnehmers
verloren geht (vgl. auch Motive zum Versicherungsvertragsgesetz, S. 142).
Demgegenüber soll der Veräußerer nicht in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt
werden; er darf ein bestehendes Versicherungsverhältnis - vorbehaltlich
anderer Abreden - jederzeit beenden, auch wenn er damit den Übergang
der Versicherung nach
VVG, 30. Aufl., § 95 Rn. 2, § 98 Rn. 4). Er ist auch nicht gehalten, die Beendigung
des Vertragsverhältnisses durch den Versicherer zu verhindern bzw. im
Falle einer Kündigung eine neue Versicherung abzuschließen.
bb) Anders liegt es nur, wenn der Verkäufer sich vertraglich zu der Aufrechterhaltung
einer bestehenden bzw. zu dem Abschluss einer neuen Gebäudeversicherung
verpflichtet hat (vgl. zur notariellen Praxis Hertel in Würzburger
Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kap. 2 Rn. 230). An einer solchen Verpflichtung
der Beklagten fehlt es hier.
b) Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht auch eine Pflicht der
Beklagten, die Klägerin nach Zugang der Kündigungserklärung des Versicherers
über den Wegfall des Gebäudeversicherungsschutzes ab dem 10. Mai
2017 zu unterrichten.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft die
Vertragsparteien gemäß
fortbestehende - vertragliche Nebenpflicht, alles zu unterlassen,
was die Erreichung des Vertragszwecks und den Eintritt des Leistungserfolgs
gefährden und beeinträchtigen könnte (vgl. Senat, Teilurteil vom
15. Oktober 2004 - V ZR 100/04,
und Glauben kann auch eine Pflicht bestehen, den Vertragspartner auf bestimmte
Umstände hinzuweisen, damit diesem nicht unverhältnismäßige, mit
der vorangegangenen Vertragserfüllung zusammenhängende Schäden entstehen
(vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1973 - II ZR 26/72,
ist beispielsweise der Vermieter aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht
(
oder bekannt gewordene Gesundheitsgefahren hinzuweisen (BGH, Urteil vom
2. April 2014 - VIII ZR 19/13,
besteht aber nicht, wenn es sich um Umstände handelt, die in den eigenen
Verantwortungsbereich des Vertragspartners fallen, und dieser unter Berücksichtigung
der Verkehrsanschauung diesbezüglich keine Mitteilung erwarten
durfte.
bb) Danach muss der Verkäufer eines bebauten Grundstücks den Käufer
grundsätzlich nicht ungefragt darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
keine Gebäudeversicherung besteht; ebensowenig muss er ihn
über eine nach Vertragsschluss erfolgte Beendigung einer solchen Versicherung
informieren. Zwar kann der Käufer ein Interesse an dem Bestehen bzw.
Fortbestehen einer solchen Versicherung haben, da sie ihm - wie oben ausgeführt
- schon ab dem Gefahrübergang Versicherungsschutz gewähren würde.
Möchte er aber eine von dem Verkäufer abgeschlossene Versicherung nutzen,
muss er sich bei diesem erkundigen, ob die Versicherung (noch) besteht. Fragt
der Käufer nicht nach, kann der Verkäufer davon ausgehen, dass sich der Käufer
selbst um den erforderlichen Versicherungsschutz kümmert. Wenn nämlich
die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist und er die Nutzungen und Lasten
der Sache zu tragen hat (vgl.
Grundstück und das hierauf errichtete Gebäude verantwortlich. Ihm obliegt
deshalb auch die Entscheidung, ob und wie er die gekaufte Sache versichern
will. Aus diesem Grund steht ihm nach
zu, falls ein bestehendes Versicherungsverhältnis auf ihn übergeht. Unterbleibt
eine entsprechende Nachfrage bei dem Verkäufer, fallen hieraus entstehende
Nachteile in die Risikosphäre des Käufers und nicht in die des Verkäufers.
cc) An dieser Risikoverteilung ändert sich nichts, wenn eine Gebäudeversicherung
nach der Verkehrsanschauung üblich ist. Hiervon ist für das Revisionsverfahren
auszugehen, weil das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen
getroffen hat, diese Frage vielmehr hat dahinstehen lassen. Auch in diesem
Fall gehört das Bestehen einer Gebäudeversicherung ab dem Gefahrübergang
in den Verantwortungsbereich des Käufers. Er darf sich nicht darauf verlassen,
dass der (erwartete) Versicherungsschutz für die erworbene Immobilie
fortbesteht. Es besteht nämlich immer die Gefahr, dass der Versicherungsschutz
durch ein Verhalten des Versicherers oder des Verkäufers, der nach
§ 95 Abs. 1 VVG bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch Versicherungsnehmer
bleibt, vor Eintritt des Versicherungsfalles verloren geht. So ist es
beispielsweise denkbar, dass ein nicht rechtskundiger Verkäufer die Prämie, die
er im Außenverhältnis gegenüber dem Versicherer noch allein schuldet (§ 38
VVG), trotz Mahnung nicht zahlt, weil er aufgrund der Vereinbarung im Innenverhältnis
zu dem Käufer glaubt, dieser sei zur Prämienzahlung verpflichtet (vgl.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - IV ZR 43/07,
dd) Eine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung vertraglicher
Nebenpflichten kommt allerdings in Betracht, wenn der Verkäufer vor oder bei
Abschluss des Kaufvertrages erklärt, dass eine Gebäudeversicherung besteht.
Wird in diesem Fall das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des Eigen-
tums beendet, trifft den Verkäufer in aller Regel die vertragliche Nebenpflicht,
den Käufer hierüber unverzüglich zu unterrichten.
(1) Der Verkäufer, der gegenüber dem (späteren) Käufer erklärt, dass eine
Gebäudeversicherung besteht, setzt einen Vertrauenstatbestand. Der Käufer
hat zwar auch in diesem Fall keinen Anspruch darauf, dass die Versicherung
von dem Verkäufer nach dem Kaufabschluss aufrechterhalten wird oder dass
- im Fall der Beendigung - ein neuer Versicherungsvertrag geschlossen wird.
Eine solche weitgehende Pflicht des Verkäufers setzt - wie oben ausgeführt
(vgl. Rn. 12) - eine entsprechende Vereinbarung der Kaufvertragsparteien voraus,
die sich aus dem bloßen Hinweis auf das Bestehen einer Gebäudeversicherung
nicht herleiten lässt. Der Käufer kann aber davon ausgehen, dass die
Erklärung des Verkäufers der Wahrheit entspricht und er von diesem informiert
wird, wenn der Versicherungsschutz im Nachhinein entfällt. Er darf sich darauf
verlassen, dass mangels abweichender Information des Verkäufers die Sache
auch nach Übergang der Gefahr versichert ist (Fremdversicherung) und der
Versicherungsvertrag gemäß § 95 Abs. 1 VVG mit der Grundbucheintragung
auf ihn übergeht (Eigenversicherung).
(2) Im Hinblick auf sein Sacherhaltungsinteresse besteht für den Käufer
in diesem Fall erst Handlungsbedarf, wenn er Eigentümer geworden ist. Gemäß
§ 97 Abs. 1 VVG ist die Veräußerung dem Versicherer vom Veräußerer oder
Erwerber unverzüglich mitzuteilen. Ist eine solche Anzeige unterblieben, ist der
Versicherer gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 VVG - vorbehaltlich der Ausnahme gemäß
Abs. 2 - nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später
als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer
hätte zugehen müssen, und der Versicherer den mit dem Veräußerer bestehenden
Vertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte. Vor Umschreibung
des Eigentums muss der Käufer nur tätig werden, wenn ihn der Verkäufer von
der Beendigung des Versicherungsschutzes unterrichtet. Demgegenüber ist er
nicht gehalten, sich nach Abschluss des Kaufvertrages bei dem Verkäufer
(ständig) danach zu erkundigen, ob der Versicherungsvertrag noch besteht.
(3) Der Verkäufer wird durch eine solche Aufklärungspflicht nicht unzumutbar
belastet. Wenn er erklärt, es bestehe eine Versicherung, muss er in
Rechnung stellen, dass sich der Käufer hierauf verlässt und dieser vor dem Hintergrund
des in
schon in der Zeit nach dem Gefahrübergang bis zu dem Eigentumsübergang
bestehenden Versicherungsschutzes keine zusätzlichen Maßnahmen trifft. Der
Verkäufer ist trotz Abschluss des Kaufvertrags weiter Versicherungsnehmer
und erhält deshalb von dem Versicherer die das Versicherungsverhältnis betreffenden
Informationen, während der Käufer insoweit auf die Unterrichtung durch
den Verkäufer angewiesen ist. Wird das Versicherungsverhältnis nach Kaufabschluss
beendet, muss der Verkäufer deshalb diese Information in aller Regel
an den Käufer unverzüglich weitergeben, um ihn vor möglichen Schäden zu
schützen. Etwas Anderes kann ausnahmsweise beispielsweise dann gelten,
wenn die Vertragsbeteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass sich der
Käufer unabhängig von der bestehenden Gebäudeversicherung selbst um den
Versicherungsschutz kümmert.
(4) Die Nebenpflicht des Verkäufers, den Käufer über die nachträgliche
Beendigung der Versicherung zu informieren, besteht unabhängig davon, ob
die Erklärung über das Bestehen einer Gebäudeversicherung in den notariellen
Kaufvertrag aufgenommen wurde. Maßgeblich ist, dass der Käufer auf die
(Wissens-)Erklärung des Verkäufers, eine Gebäudeversicherung bestehe, vertrauen
und deshalb - für den Verkäufer erkennbar - davon ausgehen durfte,
dass das Gebäude bis zum Eigentumsübergang weiterhin versichert ist.
ee) Unter Anwendung dieser Grundsätze waren die Beklagten nicht verpflichtet,
die Klägerin über das Schreiben des Gebäudeversicherers vom 5. April
2017 zu unterrichten. Die in § 4 Nr. 1 des Vertrages vom 3. Februar 2017
enthaltene Klausel, wonach die „Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden
Versicherungen mit der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen“,
enthält nicht die Erklärung, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine
Gebäudeversicherung bestand.
(1) Die Klausel trifft nach ihrem Wortlaut eine Regelung nur hinsichtlich
der Frage, ab welchem Zeitpunkt der Käufer die Verpflichtungen aus „den Versicherungen“
zu tragen hat. Um welche Versicherungen es hierbei geht, wird
nicht konkretisiert. Weil es sich um „den Grundbesitz betreffende Versicherungen“
handeln muss, wären eine Wohngebäudeversicherung und eine Grundbesitzerhaftpflichtversicherung
zwar erfasst. Die Klausel enthält aber nicht die Erklärung,
dass solche Versicherungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich
bestehen. Vielmehr geht es erkennbar um „etwaige“ Versicherungen,
auch wenn dieser Vorbehalt nicht ausdrücklich in der Klausel enthalten ist.
(2) Dass die Parteien die Regelung in § 4 Nr. 1 des Vertrages abweichend
von deren Wortlaut übereinstimmend anders verstanden haben (vgl. allgemein
zu dem Vorrang des wirklich Gewollten gegenüber dem fehlerhaft
Erklärten - sog. falso demonstratio - auch bei formgebundenen Rechtsgeschäften
Senat, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16,
Rn. 21 mwN), hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Anlass, die Sache insoweit
zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, besteht
deshalb nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:20.03.2020
Aktenzeichen:V ZR 61/19
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 241 Abs. 1, 280 Abs. 1; VVG § 95 Abs. 1