Keine Prüfungskompetenz des Grundbuchamts bzgl. des Kausalgeschäfts
letzte Aktualisierung: 13.4.2022
OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.10.2021 – 20 W 191/21
GBO §§ 19, 20
Keine Prüfungskompetenz des Grundbuchamts bzgl. des Kausalgeschäfts
Das Grundbuchamt hat im Rahmen des
schuldrechtliche Grundgeschäft nicht zu überprüfen. Von daher darf das Grundbuchamt im
Regelfall die Eigentumsumschreibung nicht deshalb ablehnen, weil die Auflassung nicht mit dem
schuldrechtlichen Grundgeschäft übereinstimmt. Das Grundbuchamt hat mithin bei dem Vollzug
einer Auflassung im Grundbuch auch eine im Rahmen des Kaufvertrags etwa zugesicherte
Lastenfreiheit nicht zu prüfen.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 21.06.2021 hat der Verfahrensbevollmächtigte unter anderem eine Ausfertigung
seiner notariellen Kaufvertragsurkunde vom 22.02.2021, UR-Nr. …, wegen deren
Einzelheiten auf die Grundakte verwiesen wird, beim Grundbuchamt eingereicht und die Löschung
des Insolvenzvermerks, die Eintragung des Eigentumswechsels und die Löschung der
bereits für den Käufer - die Beschwerdeführerin zu 2.) - eingetragenen Vormerkung beantragt.
In Ziffer V. 2. der Urkunde heißt es, dass der Grundbesitz dem Käufer frei von allen
nicht übernommenen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen
oder Beschränkungen zu verschaffen sei. Unter Ziffer IX. 1. haben die Vertragsbeteiligten -
die hiesigen Beschwerdeführer - die Auflassung erklärt. Unter Ziffer IX. 2. haben sie unter
anderem bewilligt und beantragt, die Eigentumsübertragung im Grundbuch einzutragen.
Durch Verfügung vom 24.06.2021 hat das Grundbuchamt unter Bezugnahme auf
und unter Fristsetzung darauf hingewiesen, dass die Erklärung, ob das Recht Abt. II Nr. 1, -
eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Kanalleitung) - übernommen werde, nicht vorliege
und hat den Verfahrensbevollmächtigten aufgefordert, Entsprechendes in der Form des
unter Hinweis auf eine erfolgte Berichtigung gemäß
weitere Ausfertigung der vorgenannten Kaufvertragsurkunde eingereicht. Dort heißt es nun
unter Ziffer I. 2. - abweichend zur zuvor eingereichten Ausfertigung -: „Das Recht II/1 bleibt
bestehen und wird vom Käufer übernommen.“
Durch die angefochtene Verfügung vom 08.07.2021, auf deren Einzelheiten verwiesen wird,
hat das Grundbuchamt ausgeführt, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe,
zu dessen formgerechter Behebung es gemäß
hat ausgeführt, dass und warum es sich bei der im Schreiben vom 29.06.2021 eingereichten
Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde nicht um einen Schreibfehlerberichtigung nach § 44a
BeurkG handele. Dass mit der Zwischenverfügung vom 24.05.2021 mitgeteilte Eintragungshindernis
sei - so das Grundbuchamt weiter - auch nicht durch Schreibfehlerberichtigung zu
beheben, sondern durch entsprechende Ergänzungserklärung in der Form des
Grundbuchamt hat nochmals um Vorlage einer entsprechenden Ergänzungserklärung gebeten.
Nach weiterem Schriftwechsel, wegen dessen Einzelheiten auf die Grundakte verwiesen
wird, hat der Verfahrensbevollmächtigte mit seinem Schriftsatz vom 10.09.2021, auf dessen
Begründung ebenfalls verwiesen wird, Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom
24.06.2021 in der Gestalt eingelegt, die sie durch das letzte Schreiben des Grundbuchamts
vom 23.07.2021 erlangt habe.
Durch Beschluss vom 15.09.2021 hat das Grundbuchamt der Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten
vom 10.09.2021 gegen die Zwischenverfügung vom 08.07.2021 nicht abgeholfen
und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, dass der grundbuchliche Bestimmtheitsgrundsatz eindeutige und zweifelsfreie
Erklärungen als Eintragungsgrundlage verlange. Der Verfahrensbevollmächtigte habe
eine Auflassungsurkunde zur Eintragung vorgelegt, in der vereinbart sei, dass der Grundbesitz
frei von allen nicht übernommenen im Grundbuch eingetragenen Rechten übergehe. Eine
Übernahmeerklärung oder Löschungsbewilligung oder ein Löschungsantrag hinsichtlich des
Rechts Abt. II Nr. 1 werde nicht vorgelegt. Wenn die Bestimmung des lastenfreien Übergangs
nur schuldrechtlich Bedeutung haben solle, wäre es Sache des beurkundenden Notars gewesen,
dies zweifelsfrei zum Ausdruck zu bringen. Eine eindeutige Erklärung sei mit Schreiben
vom 29.06.2021 durch den Verfahrensbevollmächtigten eingereicht worden. Das gerügte Eintragungshindernis
könne jedoch nur durch Ergänzungserklärung in Form des
werden, nicht jedoch als Berichtigung eines Schreibfehlers.
Auf Anfrage des Senats hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 07.10.2021
klargestellt, dass die Beschwerde im Namen der oben aufgeführten Beschwerdeführer eingelegt
worden sei. Er hat darauf hingewiesen, dass nicht nachvollziehbar sei, inwieweit der
grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz verletzt sein solle. Die Eintragungsgrundlagen
im Sinne der
II.
Die Beschwerde ist gemäß
Verfahrensbevollmächtigten um eine solche beider Beschwerdeführer. Sie richtet sich der Sache
nach gegen die Zwischenverfügung vom 24.05.2021 in der Fassung der diese konkretisierenden
bzw. wiederholenden Zwischenverfügung vom 08.07.2021. Das von der Beschwerde
noch in Bezug genommene Schreiben des Grundbuchamts vom 23.07.2021 verweist lediglich
auf die letztgenannte Zwischenverfügung.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Senat sieht zwar aus formellen Gründen keinen Anlass zur Beanstandung der Zwischenverfügung
(vgl. dazu auch Demharter, GBO, 32. Aufl., § 18 Rz. 26.2). Sie ist jedoch der Sache
nach nicht gerechtfertigt. Einer Ergänzungserklärung zur Bewilligung oder Auflassungserklärung
- mit welchem Inhalt auch immer - bedarf es nicht.
Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit seinem Schreiben vom 21.06.2021 an das Grundbuchamt
- neben anderen und hier nicht interessierenden Löschungen - die Eintragung des
Eigentumswechsels aufgrund der von ihm vorgelegten notariellen Urkunde beantragt.Im Falle
der Auflassung eines Grundstücks darf die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung
des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist. Diese liegt hier ausweislich Ziffer
IX. 1. der notariellen Urkunde mit eindeutigem Inhalt vor; Gleiches gilt für die diesbezügliche
Eintragungsbewilligung in Ziffer IX. 2. der notariellen Urkunde.
Die vom Grundbuchamt verlangte Ergänzung bezieht sich hingegen auf die in der notariellen
Urkunde unter Ziffer V. 2. übernommene Verpflichtung des Beschwerdeführers zu 1.), der
Beschwerdeführerin zu 2.) als Käuferin den betroffenen Grundbesitz frei von allen nicht übernommenen
Belastungen zu verschaffen. Da die ursprünglich eingereichte Ausfertigung der
notariellen Urkunde eine Erklärung zur Übernahme des im Grundbuch noch eingetragenen
Rechts in Abt. II, lfd. Nr. 1, nicht enthält und eine Löschung dieses Rechts auch nicht bewilligt
und nicht beantragt worden ist, ist es allerdings zutreffend, dass auf dieser Grundlage die
Auflassung nicht dem übrigen notariellen Kaufvertrag entspricht. Das Grundbuchamt hat aber
im Rahmen des
nicht zu überprüfen. Von daher darf das Grundbuchamt im Regelfall die Eigentumsumschreibung
nicht deshalb ablehnen, weil die Auflassung nicht mit dem schuldrechtlichen
Grundgeschäft übereinstimmt. Das Grundbuchamt hat mithin bei dem Vollzug einer Auflassung
im Grundbuch auch eine im Rahmen des Kaufvertrags etwa zugesicherte Lastenfreiheit
nicht zu prüfen (vgl. OLG Celle
GBO/Holzer, Stand 01.08.2021, § 19 Rz. 17; Demharter, a.a.O., § 19 Rz. 20; Meikel/Böttcher,
GBO, 12. Aufl., Einl D Rz. 97; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rz. 3348;
Eickmann/Böttcher, Grundbuchverfahrensrecht, 4. Aufl., Rz. 274; Staudinger/Diehn, BGB,
Neub. 2020, § 925a Rz. 12). Es kommt damit nicht darauf an, ob und inwieweit sich das
schuldrechtliche Grundgeschäft aufgrund der mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten
vom 29.06.2021 vorgelegten weiteren Ausfertigung der notariellen Kaufvertragsurkunde anders
darstellt. Von daher kann auch dahinstehen, ob und inwieweit diese Änderung der
schuldrechtlichen Vereinbarungen des notariellen Kaufvertrags durch eine Berichtigung nach
Das Grundbuchamt ist ausnahmsweise nur dann zur Prüfung des schuldrechtlichen Grundgeschäfts
berufen, wenn ein Mangel des schuldrechtlichen Grundgeschäfts auch das dingliche
Erfüllungsgeschäft ergreift, wenn das Kausalgeschäft nach dem Willen der Beteiligten für die
Wirksamkeit oder den Inhalt verfahrensrechtlicher Eintragungsvoraussetzungen erforderlich
ist. Dies ist etwa zu bejahen, wenn das Grundgeschäft oder einzelne schuldrechtliche Vereinbarungen
zum Inhalt des einzutragenden Rechts erhoben werden oder nach dem erklärten
Willen der Beteiligten zur Voraussetzung des Entstehens oder Erlöschens eines dinglichen
Rechts gemacht werden, etwa im Sinne einer Bedingung (vgl. dazu Keller in KEHE, Grund-
buchrecht, 8. Aufl., § 1 Rz. 44; Meikel/Böttcher, a.a.O., Einl D Rz. 98 ff.; Schöner/Stöber,
a.a.O., Rz. 3296 ff.). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor; Von Letzterem kann
schon im Hinblick auf die Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung nicht ausgegangen werden
(vgl. dazu auch Meikel/Böttcher, a.a.O., Einl D 101). Unter Zugrundelegung des Inhalts der
notariellen Vereinbarung entsprechend der ursprünglich dem Grundbuchamt vorgelegten
Ausfertigung des Kaufvertrags würde die beantragte Eintragung des Eigentumsübergangs lediglich
dazu führen, dass die Erwerberin - die Beschwerdeführerin zu 2.) - nicht sämtliche
Recht erhalten würde, die ihr nach dem schuldrechtlichen Vertrag zustehen würde (vgl. dazu
auch OLG Celle
Den vom Grundbuchamt zuletzt noch angenommenen Verstoß gegen den grundbuchrechtlichen
Bestimmtheitsgrundsatz vermag der Senat nicht zu erkennen. Zutreffend ist es zwar,
dass der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und eindeutige Rechtsverhältnisse
für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten, klare und eindeutige Eintragungen
erfordert; sie sind nur möglich, wenn auch die Eintragungsgrundlagen eindeutig
und zweifelsfrei sind (vgl. BayObLG
IX. der notariellen Urkunde abgegebenen Grundbucherklärungen - wie gesagt - eindeutig
und lassen insbesondere keinen Zusammenhang mit an anderer Stelle des Vertrags aufgenommenen
schuldrechtlichen Vereinbarungen erkennen. Ein ggf. anders zu beurteilender Fall
dahingehend, dass die notarielle Urkunde schuldrechtliche, sachenrechtliche und grundbuchverfahrensrechtliche
Erklärungen enthält, ohne sie deutlich gegeneinander abzugrenzen (vgl.
dazu BayObLG
zusammen mit der Auflassung in einem eigenen Abschnitt, nämlich Ziffer IX. der Urkunde,
zusammengefasst. Jedenfalls in einem solchen Fall darf der Antrag auf Eintragung der Auflassung
vom Grundbuchamt nicht von der Übernahme von Grundpfandrechten abhängig gemacht
werden (vgl. auch BayObLG
BayObLG
der notariellen Urkunde nichts. Ein diesbezüglicher Löschungsantrag ist ausweislich des
Schreibens vom 21.06.2021 gegenüber dem Grundbuchamt nicht gestellt; der Verfahrensbevollmächtigte
hat dies überdies nochmals ausdrücklich klargestellt.
Ist die Beschwerde mithin im Ergebnis erfolgreich, bedarf es weder einer Kostenentscheidung
noch Ausführungen zur Zulassung einer Rechtsbeschwerde.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:25.10.2021
Aktenzeichen:20 W 191/21
Rechtsgebiete:
Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht
GBO §§ 19, 20