OLG Düsseldorf 15. März 2021
3 Wx 51/21
GBO §§ 84, 87; BGB § 133; FamFG § 68 Abs. 1 S. 1

Aufhebung von Nichtabhilfebeschluss und Vorlageverfügung des Amtsgerichts, wenn Grundbuchamt das Eintragungsbegehren des Antragsstellers verkennt

letzte Aktualisierung: 6.10.2021
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.3.2021 – 3 Wx 51/21

GBO §§ 84, 87; BGB § 133; FamFG § 68 Abs. 1 S. 1
Aufhebung von Nichtabhilfebeschluss und Vorlageverfügung des Amtsgerichts, wenn Grundbuchamt das
Eintragungsbegehren des Antragsstellers verkennt

Verkennt das Grundbuchamt das Eintragungsbegehren, indem es annimmt, es gehe dem
Antragsteller um die Eintragung eines Amtswiderspruches gegen die Löschung des Wegerechts und
nicht, wie zutreffend, um die (Berichtigung der) Löschung des auf dem herrschenden Grundstück
eingetragenen Herrschvermerks, weist das Grundbuchamt deshalb ein Gesuch um Eintragung eines
Amtswiderspruchs zurück, beanstandet der Antragsteller dies mit seiner Beschwerde und lässt die
Begründung der Nichtabhilfeentscheidung nicht erkennen, dass es sich mit dem
Beschwerdevorbringen, namentlich mit dem ausdrücklichen Hinweis des Beschwerdeführers auf den
Inhalt seines Begehrens, befasst hat, so unterliegen der Nichtabhilfebeschluss und die
Vorlageverfügung des Amtsgerichts der Aufhebung und ist die Sache zur ordnungsgemäßen
Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Ausgangsgericht zurückzugeben.

Gründe

I.
Der Beteiligte ist zusammen mit seinem Bruder zu je ½ Anteil Miteigentümer des im
Eingang des Beschlusses genannten Grundstücks …. Er begehrt Grundbuchberichtigung
im Zusammenhang mit der Eintragung eines Wegerechtes zugunsten dieses Grundstücks.
Die Stadt … hatte den Eigentümern des vorgenannten Grundstücks (und den Eigentümern
der Nachbargrundstücke) als Eigentümerin des dienenden Grundstücks
mit notarieller Urkunde vom 3. Sept. 1975, URNr. 40/1975 des Notars Dr. Friedrich
Striepen aus … auf ihrem Grundstück … eingetragen im Grundbuch von …, Flurstücke 84
und 129 ein Gehrecht eingeräumt „entlang der östlichen Grenze des Flurstücks 129, von
1,50 m Breite, und in Verlängerung davon bis zu der bebauungsplanmäßig vorgesehenen
Einfahrt auf Flurstück 84 von der …straße her sowie durch diese Einfahrt“, § 1 (4).
Weiter hatte die Stadt Duis…burg die Eintragung einer Grunddienstbarkeit auf den
Grundstücken der Gemarkung … Flurstücke Nr. 84 und 129 bewilligt und beantragt des
Inhalts, „den begünstigten Grundstückseigentümern wird ein Gehrecht von der …straße
her durch die im Bebauungsplan Nr. 539 vorgesehene Einfahrt und entlang der östlichen
Grenz des Flurstücks der Gemarkung … Flurstück 129, sowie der Verlängerung davon bis
zu der bebauungsplanmäßig vorgesehenen Einfahrt jeweils in einer Breite von 1,50 m,
eingeräumt“, § 1 (5).

Der dienende Grundbesitz war damals eingetragen im Grundbuch von …, Blatt 0545. Er
wurde am 11. Febr. 1976 übertragen nach Blatt 0005 und schließlich am 21. Aug. 1981
von dort übertragen nach Blatt 119B, lfd. Nr. 4 als Flur 15, Flurstück 143. Die Flurstücke 84
und 129 (und ein Teil des Flurstücks 132) wurden fortgeschrieben als Flurstück 143. Ein
(weiterer) Teil des Flurstücks 132 wurde zunächst fortgeschrieben als Flurstück 144,
sodann teilweise als Flur 1, Flurstück 6370.

Im Grundbuch von … Blatt 119B ist zulasten des unter laufender Nr. 4, Flur 15, Flurstück
143 eingetragenen Grundstücks in Abteilung II Nr. 1 die og Grunddienstbarkeit (zugunsten
des hier in Rede stehenden Grundstücks) eingetragen und zwar unter Bezugnahme auf
die Bewilligungen vom 3. Sept. 1975 und vom 15. Jan. 1981. Sie ist zusammen mit dem
Grundstück von Blatt 0005 am 21. Aug. 1981 dorthin übertragen worden.
Im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von Ruhrort, Blatt 431A des hier in Rede
stehenden herrschenden Grundstücks war unter lfd. Nr. 3 eingetragen „Grunddienstbarkeit
(Wegerecht) an den Grundstücken … Flurstücke 129 und 84 eingetragen im Grundbuch
von … Blatt 0005 Nr. 33 und 35 des Bestandsverzeichnisses in Abteilung II Nr. 6“. Dabei
handelte es sich – zutreffend – um Flur 15 und die Flurstücke 84 und 129.

Unter dem 18. Juli 1991 wurde bei dem herrschenden Grundstück vermerkt „Das dienende
Grundstück ist jetzt eingetragen in … Blatt 0004 Abteilung II Nr. 58 – Bestandsverzeichnis
lfd. Nr. 550“. Allerdings war unter dieser Bezeichnung eingetragen Flur 15, Flurstück 144
(!).

Die Stadt … beantragte mit Schreiben vom 17. Febr. 2011 beim Grundbuchamt die
Löschung des / eines im Grundbuch von …, Blatt 0004 zulasten des Grundstücks
Gemarkung … Flurstück 144, Abteilung II Nr. 58 eingetragenen Wegerechts als
gegenstandslos, weil das – lediglich 26 qm große Flurstück zur Verkehrsfläche … gehöre.
Am 15. Juli 2011 löschte das Grundbuchamt diese Eintragung – im Einverständnis mit dem
Beteiligten – antragsgemäß nach §§ 84, 87 GBO sowohl im Grundbuch von …, Blatt 0004
zulasten des Grundstücks Gemarkung …, Flurstück 144, Abteilung II Nr. 58, als auch im
Grundbuch des von …, Flurstück 82, dort mit dem Vermerk „Nach Löschung der
Grunddienstbarkeit in … Blatt 0004 gem. §§ 84, 87 GBO Herrschvermerk gelöscht“.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2020 meldete sich der Beteiligte mit der Befürchtung, allen
Beteiligten sei damals ein Irrtum unterlaufen. Vor Ort habe sich herausgestellt, dass nicht
ein obsolet gewordenes Wegerecht irgendwo an der …straße gelöscht worden sei,
sondern das nach wie vor bestehende und benötigte Wegerecht auf den Flurstücken 84
und 129. Dazu sei es vermutlich gekommen, weil bei der Umbenennung der
Katasterbezeichnungen und Umtragungen im Grundbuch ein oder mehrere Irrtümer
geschehen seien, die dazu geführt hätten, dass aus den Flurstücken 84 und 129
unrichtigerweise irgendwann das Flurstück 144 geworden sei.

Das Grundbuchamt hat darauf hingewiesen, dass einzig denkbare Möglichkeit die
Eintragung eines Amtswiderspruches sei; dieser sei aber nicht angezeigt, weil es sich bei
der Löschung des gegenstandslosen Wegerechts auf Flurstück 144 nicht um eine irrige
Eintragung handele.

Nach der Mitteilung des Beteiligten vom 21. Aug. 2020, er halte letztlich eine von Amts
wegen durchzuführende Berichtigung des Grundbuchs für angezeigt, hat das
Grundbuchamt diesen Antrag, den es ausgelegt hat als Antrag auf Eintragung eines
Amtswiderspruches, mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. Dez. 2020 kostenpflichtig
zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte und eingehend begründete Beschwerde des Beteiligten hat das
Grundbuchamt mit Nichtabhilfebeschluss vom 3. März 2021 zurückgewiesen, weil keine
Gründe vorgetragen worden seien, die eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung
vom 7. Dez. 2020 (nicht 24. Nov. 2020, denn maßgebend ist das Datum des Erlasses)
rechtfertigten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 1 GBO als unbeschränkte Grundbuchbeschwerde
zulässig.

Der Senat gibt die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das
Amtsgericht zurück, da dessen Verfahrensweise nicht den an diesen Verfahrensabschnitt
zu stellenden Mindestanforderungen genügt.

Die Nichtabhilfe gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 FamFG ist eine regelmäßig in Beschlussform zu
treffende und den Beteiligten bekannt zu gebende Sachentscheidung. Die Anforderungen
an Begründungsumfang und -dichte hängen naturgemäß vom Einzelfall ab. Jedenfalls
muss der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss erkennen
lassen, dass der Erstrichter/Rechtspfleger das wesentliche Beschwerdevorbringen
beachtet und seiner Pflicht zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren
nachgekommen ist (Senat in ständiger Rechtsprechung, zuletzt Beschluss vom 15. Jan.
2021, 3 Wx 253/20, BeckRS 2021, 1331 m.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensweise des Amtsgerichts nicht. Die
Begründung des Amtsgerichts lässt nicht erkennen, dass es das Beschwerdevorbringen
zur Kenntnis genommen und sich damit auseinander gesetzt hat. Insbesondere hat es sich
nicht mit dem ausdrücklichen Hinweis des Beteiligten befasst, der Herrschvermerk auf den
herrschenden Grundstücken sei bei der Umschreibung des Herrschvermerks im Jahr 1991
unzutreffender Weise geändert worden. Dies sei unrichtig gewesen, weshalb der Antrag
dahin gehe, diesen Irrtum zu korrigieren und den ursprünglich richtig eingetragenen
Herrschvermerk nun mit Bezug auf das dienende Grundstück einzutragen. Anders als mit
dem angefochtenen Beschluss unterstellt gehe der Antrag hingegen nicht dahin, einen
unrichtigen Herrschvermerk wiederherzustellen.

Das Nichtabhilfeverfahren weist danach so schwerwiegende Verfahrensmängel auf, dass
von einer Rückgabe der Sache an das Amtsgericht zur erneuten Durchführung des
Abhilfeverfahrens nicht abgesehen werden kann.

Vorsorglich sei in der Sache – ohne Bindungswirkung – bemerkt:
Richtig ist der Hinweis des Beteiligten in der Beschwerdebegründung, das Grundbuchamt
habe den Inhalt seines Begehrens verkannt, denn anders als es das Grundbuchamt
offenbar annimmt, geht es dem Beteiligten nicht um die Eintragung eines
Amtswiderspruches gegen die Löschung des Wegerechts auf dem Flurstück 144, sondern
um die (Berichtigung der) Löschung vom 15. Juli 2011 betreffend den Herrschvermerk
eingetragen auf dem herrschenden Grundstück im Grundbuch von …, Blatt 431A, unter
lfd. Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses. Damit hat sich das Grundbuchamt weder im
angefochtenen Beschluss, noch in der Abhilfeentscheidung befasst.

Dies wird es nachzuholen und eine Entscheidung auch über die Kosten des
Beschwerdeverfahrens zutreffen sowie eine Beteiligung der Stadt … zu erwägen haben,
wobei allerdings nach derzeitiger Aktenlage das Berichtigungsbegehren des Beteiligten
aus den von ihm genannten Gründen gerechtfertigt sein dürfte.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

15.03.2021

Aktenzeichen:

3 Wx 51/21

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GBO §§ 84, 87; BGB § 133; FamFG § 68 Abs. 1 S. 1