OLG Düsseldorf 22. November 2019
7 U 161/18
BGB § 2314 Abs. 1 S. 2

Umfang des Wertermittlungsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten

letzte Aktualisierung: 07.08.2020
OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2019 – 7 U 161/18

BGB § 2314 Abs. 1 S. 2
Umfang des Wertermittlungsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten

1. Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten aus § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB ist von dessen
Wertermittlungsanspruch aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB streng zu trennen.
2. Im Rahmen der Wertermittlung sind Unterlagen, die der Bewertung dienen,
herauszugeben. Hierzu zählen regelmäßig die Belege zu den Bilanzen der letzten fünf Jahre.
3. Einem Pflichtteilsberechtigten können nebeneinander Ansprüche auf Wertermittlung sowohl bzgl. eines
Grundstücks als auch bzgl. eines auf diesem Grundstück betriebenen
Unternehmens zustehen. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ihre Verurteilung zur Wertermittlung. Die Parteien sind die
einzigen noch lebenden Kinder der am 13.09.2016 verstorbenen Erblasserin Frau A., die mit notariellem
Testament vom 18.03.2015 die Beklagte zu ihrer Alleinerbin eingesetzt hatte. Zum Nachlass der Erblasserin
gehört der Grundbesitz B., auf dem der Gewerbebetrieb „C. Hotel“ betrieben wird. Das Hotel wurde von der
Erblasserin zu Lebzeiten an den Hotelbetreiber verpachtet. Die Beklagte legte der Klägerin zu der Immobilie bzw.
zum Hotelbetrieb zunächst einen Grundbuchauszug, eine zusammenfassende Bewertung nach dem
Bewertungsgesetz, eine gutachterliche Stellungnahme zum Unternehmenswert des Hotels vom 06.11.2017 der
D., eine weitere Stellungnahme zur latenten Ertragssteuerlast vom 19.02.2018 sowie ein „Update“ zur
Unternehmensbewertung vom 15.02.2018 vor. Darüber hinaus übermittelte sie der Klägerin ein
Verkehrswertgutachten über die Immobilie, erstellt vom Sachverständigen Dipl.-Ing. E. vom 15.10.2007. Im Lauf
des Berufungsverfahrens legte sie der Klägerin ein Gutachten über den Verkehrswert am 13.09.2016 vor.
Das Landgericht, auf dessen Feststellungen auch wegen der Anträge gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird,
hat die Beklagte, die den Auskunftsanspruch der Klägerin auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses
anerkannt hat, durch Teil-Anerkenntnis und Teilurteil u.a. verurteilt,
….zu dem Nachlassgegenstand B. in …., eingetragen im Grundbuch von …, Amtsgericht ….., Bl. …..,
(1) zur Wertermittlung erforderliche Unterlagen Information in Kopie vorzulegen, so aktuelle Flurkarte,
Grundrisszeichnungen, Schnittzeichnung, Berechnungen (Wohn-/Nutzflächen, umbauter Raum oder Rauminhalt
oder Bruttogrundfläche), Pachtvertrag, gegebenenfalls Baubeschreibung und sämtliche Geschäftsunterlagen, die
erforderlich sind, den Wert eines Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen zu ermitteln, so etwa
Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, zugrundeliegende Geschäftsbücher und Belege für den Zeitraum
01.01.2012 bis zum 13.09.2016 sowie die Planungsrechnung und
(2) ein Verkehrswertgutachten zum Todestag, dem 13.09.2016, von einem unparteiischen, qualifizierten
Sachverständigen einzuholen und der Klägerin vorzulegen.

Das Landgericht ist dabei davon ausgegangen, dass der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter gegen die Beklagte
als Erbin ein Anspruch auf Wertermittlung aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB zustehe. Der Klägerin stünden nach
ihrer Wahl zwei Wege zur Wertermittlung offen, welche bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs nebeneinander
geltend gemacht werden könnten. Der Verpflichtete schulde zum einen die Vorlage all derjenigen Unterlagen, die
für die konkrete Wertberechnung des tatsächlich vorhandenen Nachlasses, ggfs. unter Zuhilfenahme eines
Sachverständigen, erforderlich seien. Befinde sich in dem Nachlass ein Grundstück, so seien dem
Pflichtteilsberechtigten Grundbuchauszüge, Grundrisszeichnungen, Baubeschreibungen sowie ggfs. Miet- und
Pachtverträge vorzulegen. Handele es sich bei dem Nachlassgegenstand um ein Unternehmen, so seien die zur
Ertragswertberechnung notwendigen Unterlagen des Bewertungszeitraums zur Verfügung zu stellen. Hierzu
zählten Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, sowie die zugrundeliegenden Geschäftsbücher und Belege.
Die Klägerin könne sowohl die für die Wertermittlung eines Grundstücks als auch die für die Wertermittlung eines
Unternehmens erforderlichen Unterlagen von der Beklagten verlangen. Auf Grundlage des bisherigen Vortrags
beider Parteien stehe nicht fest, ob der Nachlassgegenstand B. als Immobilie oder aber als Unternehmen
einzusetzen sei. Einerseits werde auf dem Grundstück tatsächlich ein Hotel betrieben. Die unternehmerische
Tätigkeit der Erblasserin, auf die für die Wertermittlung des Nachlasses abzustellen sei, beschränke sich in
diesem Zusammenhang jedoch darauf, diesen Hotelbetrieb zu verpachten. Die bloße Verwaltung eigenen
Vermögens stelle keine gewerbliche Tätigkeit da. Vor diesem Hintergrund sei es denkbar, dass die Immobilie B. in
dem Nachlass nicht als Unternehmen, sondern als Grundstück in Ansatz zu bringen sei. Um dies für die
Berechnung des Pflichtteilsanspruchs feststellen zu können, stehe der Klägerin für die Wertermittlung sowohl ein
Anspruch auf Belegvorlage hinsichtlich des Unternehmens als auch ein Anspruch auf Wertermittlung hinsichtlich
des Grundstücks zu.

Der Wertermittlungsanspruch bezüglich der Unternehmensbewertung sei durch die Beklagte noch nicht erfüllt.
Das Gutachten der Firma D. reiche nicht aus, da der Pflichtteilsberechtigte von dem Erben neben der Vorlage
eines Gutachtens auch die Vorlage der entsprechenden Belege verlangen könne. Hinzukomme, dass die Klägerin
von der Beklagten hinsichtlich der Bewertung des Nachlassgegenstands B. als Immobilie auch die Vorlage eines
Verkehrswertgutachtens eines unparteiischen, qualifizierten Sachverständigen zum Stichtag des Erbfalls
verlangen könne. Das bereits vorgelegte Verkehrswertgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. E. habe diesen
Anspruch nicht erfüllt, da es auf den 15.10.2007 datiere und damit fast 9 Jahre vor dem Erbfall erstellt worden sei.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Die Berufung vertritt die Meinung, dass der Tenor zu (1)
des Urteils des Landgerichts Düsseldorf bereits deshalb rechtsfehlerhaft sei, weil er keinen vollstreckbaren Inhalt
habe. Es lasse sich nicht erkennen, für welche Fälle (ggfs.) die Baubeschreibung und sämtliche
Geschäftsunterlagen, die erforderlich seien, den Wert eines Unternehmens zu ermitteln, vorzulegen seien.
Auch Ziffer (2) des Tenors sei zu unbestimmt. Es sei dem Tenor nicht zu entnehmen, welche Form von
Sachverständigengutachten ausgeurteilt worden sei. Der Tenor lasse sich auch nicht unter Hinzuziehung der
Urteilsgründe zweifelsfrei auslegen. Der fehlerhafte Tenor des Landgerichts resultiere aus einer rechtsfehlerhaften
Beurteilung des Sachverhalts durch das Landgericht. Hier sei nicht die Immobilie, sondern der Wert des
Unternehmens der Berechnung des Pflichtteils zugrunde zu legen. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die
Rechtsfrage offengelassen, ob es sich bei dem Grundstück um einen Teil des Unternehmens oder um eine
vermietete Immobilie im Privatbesitz der Erblasserin handele. Es sei rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis
gekommen, dass sowohl für das Unternehmen als auch für die Einzelgegenstände ein Anspruch bestehe.
Hinsichtlich des Unternehmens habe das Landgericht den Anspruch auf Belegvorlage mit dem Anspruch auf
Wertermittlung vermischt. Der Anspruch auf Belegvorlage sei Bestandteil des Auskunftsanspruches. Das
Landgericht habe der Klägerin einen Anspruch auf Vorlage aller möglichen Belege zugesprochen ohne zu prüfen,
inwieweit der Anspruch bereits erfüllt sei, und ohne zu prüfen, welche Belege geschuldet seien. Die geltend
gemachten Ansprüche könnten nur alternativ und nicht kumulativ bestehen. Hinsichtlich des vorgelegten
Gutachtens des Sachverständigen E. komme es nicht darauf an, dass dieses Gutachten nicht auf den Todestag
als Stichtag erstellt worden sei. Im Übrigen seien solche Belege nicht vorzulegen, die der Pflichtteilsberechtigte
sich selbst leicht beschaffen könne. Dies gelte insbesondere für Unterlagen aus öffentlichen Verzeichnissen wie
Grundbuchamt, Katasteramt etc. Ein Anspruch auf Wertermittlung für die Immobilie bestehe aus Rechtsgründen
nicht. Da sich im Nachlass ein Unternehmen befinde, sei dieses als Sacheinheit zu bewerten. Nahezu alle
Unterlagen seien inzwischen vorgelegt worden.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 09.10.2018 – 1 0 378/17 teilweise „aufzuheben“ und die Klage
hinsichtlich des Antrags Ziffer 1. b) unter Ziffern (1) und (2) abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich der Antrag zu (1) nur
noch auf die Vorlage der Belege zu den Bilanzen für den Zeitraum 01.01.2012 bis 13.09.2016 richtet,
sowie festzustellen, dass der Antrag zu (1) und (2) im Übrigen erledigt ist.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Tenor des angefochtenen Teilurteils hinreichend bestimmt ist. Die
Buchungsbelege zu den Bilanzen seien für den Zeitraum 01.01.2012 bis 13.09.2016 vorzulegen. Die
Berufungsklägerin wisse, dass es nur einen einzigen Pachtvertrag gebe.

II.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1.
Der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter stehen beziehungsweise standen gegen die Beklagte als Erbin des
Erblassers die vom Landgericht tenorierten Ansprüche auf Wertermittlung aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Da
diese Ansprüche der Klägerin bereits im Wesentlichen von der Beklagten erfüllt worden sind, war auf den einseitig
gebliebenen Antrag der Klägerin die (teilweise) Erledigung festzustellen. Im Übrigen war die Berufung
zurückzuweisen, da der Wertermittlungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der Belege zu den Bilanzen für den
Zeitraum 01.01.2012 bis 13.09.2016 noch nicht erfüllt worden ist. Im Einzelnen:

a.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Wertermittlungsanspruch der Klägerin sowohl
auf ein Hotelverpachtungsunternehmen als auch auf das Grundstück bezieht. Eine unzulässige Vermischung von
Auskunft und Wertermittlung hat das Landgericht dabei nicht vorgenommen. Der Anspruch aus § 2314 Abs. 1
Satz 2 Halbsatz 2 BGB auf Wertermittlung ist auf die Vorlage von Unterlagen und ggf zusätzlich auch auf die
Vorlage eines Bewertungsgutachtens gerichtet (OLG Köln, Urteil vom 05.10.2005 – 2 U 153/04; MüKo BGBLange,
8. Aufl., § 2314 Rn. 19). Der Verpflichtete muss dem Berechtigten diejenigen Informationen zukommen
lassen, die es ihm über die erteilte Auskunft hinaus ermöglichen, seinen Pflichtteilsanspruch zu berechnen (vgl.
Damrau/Tanck/Riedel, Erbrecht, 3. Aufl., § 2314 Rn. 33 ff.).

b.
Der Tenor des landgerichtlichen Urteils zu (1) ist –anders als die Beklagte meint –hinreichend bestimmt und
vollstreckbar. Er ist zutreffend auf eine Belegvorlage gerichtet, und zwar auf die zur Wertermittlung erforderlichen
Unterlagen für den Wert eines Grundstücks und eines Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen
Erkenntnissen, wobei die dazu zählenden Unterlagen und der Zeitraum, für den sie vorzulegen sind, im Tenor im
Einzelnen aufgelistet sind. Dies genügt für die Vollstreckbarkeit.

Der BGH hat die Anforderungen, die an die Vollstreckbarkeit eines Titels zu stellen sind, zwar nicht im Einzelnen
für die Wertermittlung, aber für die Auskunft konkretisiert. Diese Ausführungen des BGH können auf die
Wertermittlung übertragen werden. Jedenfalls bei einem Wertermittlungsanspruch, der von einem
Auskunftsanspruch grundsätzlich streng zu trennen ist, sind nicht nur Informationen zu erteilen, sondern auch
Unterlagen beziehungsweise Belege, nämlich solche, die der Bewertung dienen, herauszugeben (Damrau/Tanck
/Riedel, Erbrecht, 3. Aufl., § 2314, Rn. 34 m.w.N). Nach der Rechtsprechung des BGH müssen zur hinreichenden
Vollstreckbarkeit eines Titels all die Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, in dem Titel bezeichnet und
jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden. Ein Beklagter müsse dem Klageantrag und dem
Tenor entnehmen können, welche Risiko für ihn besteht (BGH, Urteil vom 26.01.1983 – IV b ZR 355/81). Aus dem
Titel müsse, damit ein Gerichtsvollzieher die Unterlagen im Falle der Zwangsvollstreckung aussondern könne,
zudem der Zeitraum, auf den sich die vorzulegenden Belege beziehen, hervorgehen (BGH, Beschluss vom
03.07.2019 – XII ZB 116/19 m.w.N.; BGH, Urteil vom 26.01.1983 – IV b ZR 355/81; a.A. Palandt/Weidlich, BGB,
78. Aufl., § 2314, Rn. 10). Dabei könne jedoch im Wege der Auslegung, insbesondere unter Berücksichtigung der
Entscheidungsgründe zu einer Bestimmbarkeit der Leistung gekommen werden (BGH a.a.O.).
Hier bestehen jedenfalls hinsichtlich der konkret benannten und nicht lediglich von den Umschreibungen „so
etwa“ und „gegebenenfalls“ möglicherweise erfassten Unterlagen keinerlei Zweifel, zumal für die Belege zur
Unternehmensbewertung ein konkreter Zeitraum angegeben ist.

c.
Der Wertermittlungsanspruch der Klägerin zu Ziffer (1) hat sich teilweise erledigt. Die Beklagte hat diesen
Anspruch der Klägerin im Laufe des Verfahrens bereits im Wesentlichen erfüllt. Dies ergibt sich aus dem
Schriftsatz der Beklagten vom 28.05.2019. Danach hat die Beklagte dem Vertreter der Klägerin mit Schreiben
vom 09.04.2019 eine Flurkarte/Lageplan, Grundrisszeichnungen, Schnittzeichnungen, Wohn- und
Nutzflächenberechnung, Gewinn- und Verlustrechnungen 2012 bis 2016, Bilanzen 2012 bis 2016, einen
Erstellungsbericht 2012 bis 2016, eine Planungsrechnung Betriebsverpachtung 2017 und den Pachtvertrag C.
Hotel vorgelegt.

Die Klägerin hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die teilweise Erledigung des
Wertermittlungsanspruchs erklärt, die der Senat, nachdem die Erledigungserklärung der Klägerin einseitig
geblieben ist, aufgrund der teilweisen Erfüllung des Anspruchs festgestellt hat und die Berufung mit dieser
Maßgabe zurückgewiesen hat.

2.
Die Berufung der Beklagten ist auch zurückzuweisen, soweit das Landgericht sie zu Ziffer (1) des Tenors zur
Vorlage von Belegen zu den Bilanzen für den Zeitraum 01.01.2012 bis zum 13.09.2016 verurteilt hat.
Auf die Vorlage dieser Belege hat die Klägerin einen Anspruch aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diesen Anspruch
hat die Beklagte noch nicht erfüllt. Der Anspruch der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter auf Wertermittlung erfasst
wie gezeigt sämtliche Unterlagen, die es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, seinen Pflichtteilsanspruch
berechnen zu können.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Erblasserin habe mit der Hotelverpachtung ein eigenständiges
Unternehmen betrieben. Somit stehen der Klägerin sämtliche Unterlagen zu, um bezüglich des
Nachlassgegenstandes Hotelverpachtung ihren Pflichtteilsanspruch berechnen zu können. Dazu gehören die
Belege zu den Bilanzen 01.01.2012 bis 13.09.2016. Der Senat zählt zu den im Rahmen der Wertermittlung
vorzulegenden Unterlagen für ein Unternehmen regelmäßig die Vorlage von Belegen für die zurückliegenden fünf
Jahre zu den Bilanzen (vgl. bereits Senat, Urteil vom 17.05.1996 – 7 U 126/95), deren Überprüfung dem
Pflichtteilsberechtigten zu ermöglichen ist. Deshalb sind die hier im Tenor angegebenen Unterlagen wie auch der
genannte Zeitraum nicht zu beanstanden.

3.
Der Klägerin stand zudem der vom Landgericht zu Ziffer (2) tenorierte Wertermittlungsanspruch bezüglich des
Verkehrswertes des Grundstücks aus § 2314 BGB zu.

a.
Der landgerichtliche Tenor zu (2) ist auch insoweit nicht zu beanstanden. Er ist– anders als die Berufung meint –
ausreichend bestimmt. Er hat einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Der Bewertungsgegenstand ist mit der Anschrift
und der Grundbuchbezeichnung umschrieben. Aus den Urteilsgründen des Landgerichts, auf die im Wege der
Auslegung zurückgegriffen werden darf (BGH, Beschluss vom 03.07.2019 – XII ZB 116/19; BGH, Urteil vom
26.01.1983 – IV Zb ZR 355/81), folgt unzweifelhaft, dass ein Verkehrswertgutachten für das Grundstück
geschuldet ist. Die Entscheidungsgründe des Landgerichts sind dazu eindeutig. Es geht bei diesem
Bewertungsgegenstand nicht um das (etwaige) Unternehmen Hotelverpachtung, sondern nur um das Grundstück.
Der Rückgriff auf die Entscheidungsgründe reicht aus, um einen vollstreckungsfähigen Inhalt des Tenors
annehmen zu können.

b.
Den Anspruch der Klägerin zu Ziffer (2) hat die Beklagte im Laufe des Verfahrens ebenfalls erfüllt, so dass auch
insoweit die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen war, dass auf den einseitig gebliebenen Antrag der
Klägerin die Erledigung festgestellt wird. Die Beklagte hat der Klägerin ein Gutachten des Sachverständigenbüros
F. vom 18.09.2019 über den Verkehrswert des Gebäudes B. in … zum Wertermittlungsstichtag 13.09.2016
vorgelegt.

Anders als die Beklagte meint, liegt auch insoweit keine unzulässige Vermischung von Auskunft und
Wertermittlung vor. Es steht nämlich fest, dass es sich bei dem zu bewertenden Objekt um einen zum Nachlass
gehörenden Gegenstand handelt. Dies greift die Beklagte hinsichtlich der Immobilie B. zu Unrecht an. Sie meint,
dass das Grundstück betriebsnotwendiger Bestandteil des Unternehmens sei und deshalb nicht selbständig als
Grundstück bewertet werden dürfe. Damit geht die Beklagte jedoch fehl.

Dass der Grundbesitz B., dies unabhängig von der Frage, was dort betrieben wird, zum Nachlass gehört, ergibt
sich aus dem Grundbuch. Dort war ausweislich des in der Akte befindlichen Grundbuchauszugs zunächst die
Erblasserin eingetragen. Nunmehr ist die Beklagte eingetragen. Die Erblasserin beschränkte sich unstreitig auf
die Verpachtung, so dass das Hotelgrundstück nicht für die Schulden des Pächters haftete. Bereits deshalb
besteht ein Anspruch auf ein Verkehrswertgutachten.

Zudem spielt auch bei einer etwaigen Unternehmensbewertung der Verkehrswert des Grundstücks eine Rolle. Bei
der Berechnung des Liquidationswertes eines Unternehmens ist der – nach dem Vortrag der Beklagten erhebliche
- Sachwert eines Grundstückes ein mit zu berücksichtigender Rechnungsposten (vgl. Rösler in Groll/Steiner,
Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 5. Aufl. 2019, Pflichtteil, Rn. 26.121). Dennoch hat die von der Beklagten
beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. dazu keine Feststellungen getroffen.

Das Landgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin nebeneinander Ansprüche sowohl
auf Wertermittlung eines Grundstücks als auch für die Wertermittlung eines Unternehmens gegen die Beklagte
zustehen. Die Grenze des Rechtsmissbrauchs ist hier nicht erreicht, zumal die von der Klägerin bislang allein
begehrte sachverständige Bewertung des Grundstücks die Beklagte weniger belastet als eine aufwändige
Unternehmensbewertung.

4.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Gründe, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 07.11.2019 rechtfertigt eine Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung nicht.

5.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.000 €.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

22.11.2019

Aktenzeichen:

7 U 161/18

Rechtsgebiete:

Pflichtteil
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 2314 Abs. 1 S. 2