Voraussetzungen der Löschung eines für mehrere Gesamtberechtigte eingetragenen dinglichen Vorkaufsrechts
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 8.9.2015
OLG Brandenburg, 16.6.2015 - 5 W 45/15
GBO §§ 19, 29, 78; BGB §§ 397, 428, 875
Voraussetzungen der Löschung eines für mehrere Gesamtberechtigte
eingetragenen dinglichen Vorkaufsrechts
Zur Löschung eines dinglichen Vorkaufsrechts, das mehreren Berechtigten gem.
(Gesamtgläubiger) zusteht, ist die Bewilligung sämtlicher Gesamtgläubiger erforderlich, sofern
die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht gem.
dem Hintergrund, dass das erkennende Gericht mit dieser Rechtsauffassung von der
Entscheidung des OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4. September 2013, 3 W 52/13, abweicht,
wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Abs. 2
Nr. 2 GBO zugelassen. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Im Grundbuch von B… Blatt 390 ist in Abteilung II lfd. Nr. 14 für verschiedene Grundstücke
ein Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall eingetragen. Als Gesamtberechtigte gemäß § 428
BGB sind eingetragen eine aus der Beteiligten selbst, M… G…, C… R…, S… R… und T…
R… bestehende Erbengemeinschaft sowie die Beteiligte selbst. Zur Urkundenrolle Nr. 224/2015
des Notars … in P… bewilligte die Beteiligte am 3. Februar 2015 die Löschung des
Vorkaufsrechts für das Grundstück Flur 9, Flurstück 167 (laufende Nr. 10 des
Bestandsverzeichnisses). Zugleich erteilte sie ihrem Verfahrensbevollmächtigten Vollmacht, sie
bei dem Vollzug der Urkunde zu vertreten. Am 26. Februar 2015 beantragte die Beteiligte unter
Vorlage der Löschungsbewilligung die Löschung des Vorkaufsrechts für das o. g. Grundstück.
Sie verwies zugleich darauf, dass sich ihre Bewilligungsberechtigung für alle
Gesamtberechtigten aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 4. September
2013 (Az. 3 W 52/13) ergebe.
Mit Zwischenverfügung vom 17. März 2015 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass zur
Löschung des Vorkaufsrechts die Löschungsbewilligungen der weiteren Vorkaufsberechtigten
vorzulegen seien. Alternativ könne auch der Nachweis des Erlöschens des Vorkaufsrechts nach
beziehe sich auf eine Hypothek, für die die Akzessorietät zwischen Forderung und dinglichem
Recht eine Rolle spiele. Es sei nicht ersichtlich, dass die Forderung durch Leistung an einen
einzelnen Gesamtberechtigten erloschen sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerde vom 8. April 2015.
Sie macht ergänzend geltend, die Entscheidung ignoriere die Kommentarliteratur, die allgemein
und ohne Differenzierung ausführe, dass im Fall der Gesamtgläubigerschaft gemäß
die Bewilligung eines einzelnen Gläubigers ohne Mitwirkung der anderen genüge.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch weiteren Beschluss vom 14. April 2015 der
Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die nach
macht in der angefochtenen Zwischenverfügung die Löschung des dinglichen Vorkaufsrechts zu
Recht davon abhängig, dass die Löschungsbewilligungen der übrigen Gesamtberechtigten
vorgelegt werden oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs insoweit in der Form des
nachgewiesen wird.
Nach
die beantragte Löschung eines eingetragenen Rechts – dann, wenn derjenige sie bewilligt, dessen
Recht von ihr betroffen wird. Es kommt nicht auf die Bewilligung dessen an, dem das Recht
materiell zusteht, sondern auf die Bewilligung dessen, der zu materiell-rechtlichen Verfügungen
über das Recht befugt ist (m. w. Nachw. Demharter, GBO, 29. Aufl. 2014,
Das Kammergericht hat mit Beschluss vom 21. Oktober 1937 (JW 1937, 3158) entschieden, dass
im Falle der Eintragung einer Gesamtgläubigerhypothek die Bewilligung der Löschung durch
einen Gesamtgläubiger genügt. Die der Hypothek zugrunde liegende Forderung, so die
Begründung des Kammergerichts, könne von jedem der Gläubiger in voller Höhe mit der
Wirkung geltend gemacht werden, dass mit der Erfüllung gegenüber einem der Gläubiger der
Schuldner befreit werde. Jeder der Gläubiger habe ein Verfügungsrecht über die gesamte
Forderung und das damit verbundene Pfandrecht, als er zur Entgegennahme der Zahlung und
zum Abschluss eines Erlassvertrages mit dem Schuldner gemäß §§ 429 Abs. 3 S. 1, 422, 423
BGB berechtigt sei. Hieraus folge, dass die zur Aufhebung der Hypothek nach
erforderliche Erklärung des Berechtigten, dass er das Recht aufgebe, allein von einem Gläubiger
ohne Mitwirkung des oder der anderen wirksam abgegeben werden könne. Dieser Auffassung
hat sich das Oberlandesgericht Zweibrücken für den Fall einer solchen Gesamtberechtigung
hinsichtlich einer Sicherungshypothek angeschlossen (
Rpfleger 1996 21, allerdings in einem Fall, in dem gerade keine Gesamtgläubigerschaft nach §
428 BGB vorlag als obiter dictum; die ebenfalls in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung
des Oberlandesgerichts Bremen,
eines einzelnen Gesamtgläubigers nicht genügte, weil er lediglich das Recht des anderen zum
Erlöschen bringen wollte). In der Kommentarliteratur wird bezugnehmend auf diese
Entscheidung die Auffassung vertreten, dass für den Fall, dass eine
Gesamtgläubigergemeinschaft gemäß
einzelnen Gläubigers ohne Mitwirkung der anderen genüge (Demharter, a. a. O., Rdnr. 57;
Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl. 2015,
Sowohl die zitierte Rechtsprechung, als auch die hierauf bezugnehmende Kommentarliteratur
begründen ihre Auffassung damit, dass ein Gesamtgläubiger allein ohne Mitwirkung der übrigen
über die gemeinsame Forderung verfügen dürfe, insbesondere berechtigt sei, diese auch zu
erlassen bzw. ein unter die Gesamtberechtigung fallendes eingetragenes dingliches Recht alleine
nach
Dies trifft indes nicht zu. Aus
Erfüllung der gemeinsamen Forderung gegenüber einem Gläubiger, dass der Schuldner auch
gegenüber den übrigen Gläubigern frei wird (§ 428 Abs. 3 S. 1 i. V. m.
ordnet § 429 Abs. 3 S. 1 die Geltung der
Gesamtberechtigung unterfallenden Rechts durch einen Gesamtgläubiger lässt nach § 429 Abs. 3
S. 2 BGB die Rechte der übrigen Gläubiger unberührt.
Nach
Erlass auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragsschließenden das ganze
Schuldverhältnis aufheben wollen. Aus der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf die
Gesamtgläubigerschaft nach
weiteres mit Wirkung gegen die übrigen Gesamtgläubiger mit dem Schuldner einen
Erlassvertrag (
solches Verständnis der Verweisung in
schon nicht hinreichend, dass der Erlass im Falle der Gesamtschuldnerschaft zu Gunsten der
anderen Gesamtschuldner wirkt, aber im Falle der Gesamtgläubigerschaft zu Lasten der anderen
Gesamtgläubiger. Ein Gesamtgläubiger kann aber, wie sich aus der Regelung in § 429 Abs. 3 S.
2 BGB ausdrücklich ergibt, grundsätzlich nicht über die Forderung der anderen Gesamtgläubiger
verfügen. Sofern sich aus dem Schuldverhältnis zwischen den Gesamtgläubigern nichts anderes
ergibt, kann ein Gesamtgläubiger nur auf seine eigene Forderung gegenüber dem Schuldner –
auch teilweise, etwa im Rahmen eines Vergleiches – verzichten (BGH,
Kommentar/Bydlinski, 6. Aufl.,
BGB Rdnr. 1; a. A. OLG Hamburg,
eines dinglichen Rechts an einem Grundstück, das einer Mehrheit von Gläubigern nach § 428
BGB zusteht, allgemein angenommen, dass diese eine entsprechende Erklärung aller
Gesamtgläubiger erfordert. Die Alleinbefugnis eines Gesamtgläubigers zur Aufhebung des
ganzen Rechts kann nicht allein aus der Verweisung in
hergeleitet werden, die Verweisung setzt vielmehr ein solches Verfügungsrecht voraus
(BayObLG,
36; Münchener Kommentar/Kohler, 6. Aufl.,
Grundbuchrecht, 7. Aufl. 2015,
2012, Rdnr.), weil sich aus
Gesamtgläubiger nicht kraft Gesetzes über das den anderen Gesamtgläubigern zustehende
Forderungsrecht verfügen kann. Anderen Tatsachen als einem Erlass kommt nach
ohnehin grundsätzlich auch im Fall der Gesamtgläubigerschaft nur Einzelwirkung zu.
Zur Löschung des eingetragenen Vorkaufsrechts ist daher auch die Bewilligung der übrigen
Gesamtgläubiger erforderlich. In der Form des
die Beteiligte zur Aufhebung auch des Rechts der anderen eingetragenen Gesamtgläubiger
befugt wäre. Es ist auch nicht in der Form des
hinsichtlich des eingetragenen Vorkaufsrechts unrichtig ist oder die zugrundeliegende Forderung
durch Erfüllung erloschen wäre.
Der Senat lässt zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Rechtsbeschwerde gemäß
Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 4. September 2013, Az. 3 W 52/13, hinsichtlich der
Beantwortung der Frage, ob für die Löschung eines einer Mehrheit von Gläubigern nach § 428
zustehenden Rechts die Bewilligung eines Gesamtgläubigers ausreicht, ab.
Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz; eine Entscheidung
über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Brandenburg
Erscheinungsdatum:16.06.2015
Aktenzeichen:5 W 45/15
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
GBO §§ 19, 29, 78; BGB §§ 397, 428, 875