BGH 09. November 2021
II ZB 1/21
GmbHG § 74 Abs. 1 S. 2

Schluss der Liquidation; Vermögenslosigkeit einer GmbH bei möglicher Änderung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung

GmbHG § 74 Abs. 1 S. 2
Schluss der Liquidation; Vermögenslosigkeit einer GmbH bei möglicher Änderung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung

Die Möglichkeit einer Änderung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist, gegebenenfalls nach Durchführung einer Außenprüfung, begründet für sich genommen keine Zweifel an der Vermögenslosigkeit der Antragstellerin.

BGH, Beschl. v. 9.11.2021 – II ZB 1/21

Problem
Die Antragstellerin – eine GmbH – wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 28.6.2018 aufgelöst. Die Aufforderung an die Gläubiger, sich bei der Gesellschaft zu melden, wurde am 16.7.2018 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Mit Handelsregisteranmeldung vom 18.2.2020 meldete der Liquidator die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma zur Eintragung im Handelsregister an. Das Finanzamt widersprach der Löschung auf Anfrage des Registergerichts mit dem Argument, dass das Besteuerungsverfahren der Antragstellerin noch nicht abgeschlossen sei. Das Registergericht wies die Anmeldung daraufhin zurück. Eine entsprechende Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos.

Entscheidung
Der BGH gab dagegen der Antragstellerin Recht. Die Löschung der Gesellschaft könne zwar gem. § 74 Abs. 1 S. 2 GmbHG erst nach Beendigung der Liquidation erfolgen, also insb. nicht, wenn noch verteilbares Vermögen vorhanden sei. Das Registergericht habe vor Eintragung der Löschung einer Gesellschaft zwar zu prüfen, ob die Liquidation tatsächlich beendet sei. Die Eintragung verweigern könne das Registergericht aber nur dann, wenn begründete Zweifel an der Vermögenslosigkeit bestünden.

Der Umfang der Ermittlungstätigkeit stehe dabei grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Registerrichters und des Beschwerdegerichts. Das Ermessen sei aber dann überschritten, wenn ohne berechtigten Grund inhaltliche Bedenken gegen die Eintragung geltend gemacht würden. Die lediglich abstrakte Möglichkeit einer Änderung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung gem. § 164 Abs. 2 S. 1 AO ggf. auch nach Durchführung einer Außenprüfung begründe für sich genommen keine Zweifel an der Vermögenslosigkeit der Antragstellerin. Lediglich wenn davon auszugehen sei, dass ein Anspruch auf eine Steuerrückerstattung tatsächlich bestehe, könne dies der Eintragung der Löschung der Gesellschaft entgegenstehen.

Hinweis
Die (streitigen) Fragen, ob Zweifel an der Vermögenslosigkeit schon dann begründet sind, wenn eine Steuererklärung noch aussteht (so das OLG Hamm DB 2021, 1461, 1462), oder ob erforderlich ist, dass ein Erstattungsanspruch tatsächlich in Rede stehen muss (so das OLG Düsseldorf ZIP 2020, 715, 716), hat der BGH ausdrücklich offengelassen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

09.11.2021

Aktenzeichen:

II ZB 1/21

Rechtsgebiete:

GmbH

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 14-15

Normen in Titel:

GmbHG § 74 Abs. 1 S. 2