Bildung von Untergemeinschaften; Tiefgarage als Fundament des Wohngebäudes; Auslegung einer Kostentragungsregel
letzte Aktualisierung: 20.1.2022
BGH, Urt. v. 12.11.2021 – V ZR 204/20
Bildung von Untergemeinschaften; Tiefgarage als Fundament des Wohngebäudes;
Auslegung einer Kostentragungsregel
a) In der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage können für die Tiefgarage und die
Wohngebäude auch dann weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden, wenn
die Tiefgarage zugleich als Fundament der Wohngebäude dient.
b) Sieht die Gemeinschaftsordnung einer solchen Anlage vor, dass die Untergemeinschaften sich
selbständig verwalten, dass an den Untergemeinschaften die jeweiligen Eigentümer entsprechend
ihren Miteigentumsanteilen berechtigt und verpflichtet sind, und dass für die Untergemeinschaften
jeweils eigene Rücklagen gebildet werden sollen, so entspricht es der nächstliegenden Bedeutung
dieser Regelungen, dass allein die Teileigentümer der Tiefgarage die Kosten für
Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Tiefgarage zu tragen haben, und zwar auch im Hinblick auf
tragende Bauteile, die zugleich das Fundament der Wohngebäude bilden.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Hinweisbeschluss u.a. in
veröffentlicht ist, hält den zu TOP 4 gefassten Beschluss für nichtig, weil der für
tenz gefehlt habe. Die Verwaltung stehe den Wohnungseigentümern gemäß § 21
Abs. 1 WEG aF gemeinschaftlich zu. Abweichungen hiervon müssten eindeutig
aus der Gemeinschaftsordnung hervorgehen. Daran fehle es. Zwar würden mit
ergebe sich aber nicht die Kompetenz, unter Ausschluss der anderen Eigentümer
die Durchführung von Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen
auf eigene Kosten zu beschließen. Es sei nicht erkennbar, dass die
Eigentümer der Tiefgaragenstellplätze sämtliche Entscheidungen hinsichtlich der
Tiefgarage treffen sollten. Insbesondere in § 2 Abs. 6 TE werde dies nicht ausdrücklich
geregelt. Auf Sinn und Zweck der genannten Bestimmung komme es
von vornherein nicht an, weil eine eindeutige Regelung fehle; ohnehin diene die
Regelung nur dazu, den jeweiligen Eigentümern ein Verwaltungsrecht im Hinblick
auf ihr Sondernutzungsrecht einzuräumen. Aus der Bildung einer Instandhaltungsrücklage
für die Untergemeinschaft Tiefgarage könne nicht auf eine Verpflichtung
zur Instandsetzung und Instandhaltung der Tiefgarage auf Kosten der
Stellplatzeigentümer geschlossen werden.
Eine eigene Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft scheide aber
noch aus einem anderen Grund aus. Die Tiefgarage stelle nämlich mit ihren tragenden
Bauteilen (wie Stützen, Wänden und Bodenplatten) das Fundament der
darüber befindlichen Wohnhäuser dar, und ihre tragenden Teile stünden zwingend
im Gemeinschaftseigentum. Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze, nach denen selbständige Untergemeinschaften gebildet
werden dürften, könnten nur dann gelten, wenn die Tiefgaragen keine tragenden
Bauteile der Wohngebäude enthielten. Andernfalls könnten die Wohnungseigentümer,
deren Einheiten in den Wohngebäuden lägen, keinerlei Einfluss auf
Sanierungen der Tiefgarage nehmen. Keinesfalls lasse sich der Teilungserklärung
die danach erforderliche Unterscheidung zwischen tragenden und nicht tragenden
Teilen der Tiefgarage entnehmen.
II.
Die Revision hat Erfolg. Die Beschlussmängelklage richtet sich verfahrensrechtlich
nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. November
2020 geltenden Fassung (
diese Fassung als das zur Zeit der Beschlussfassung geltende Recht maßgeblich
(vgl. Senat, Urteil vom 26. Februar 2021 - V ZR 33/20,
1. Im Ausgangspunkt ist Gegenstand des Hauptantrags allein der zu
TOP 4 gefasste Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage seitens der
Stellplatzeigentümer. Der Beschluss zu TOP 3 über die Sanierung der Tiefgarage
mit einem Kostenvolumen von rund 5 Mio.
eine solche isolierte Anfechtung eines Beschlusses über die Finanzierung einer
Maßnahme ist zulässig (näher LG München I,
geht es nicht um die von dem Berufungsgericht in den Vordergrund gerückte
Frage, wer über Instandsetzungsmaßnahmen an der Tiefgarage zu befinden
hat. Vielmehr ist (nur) darüber zu entscheiden, ob es nach der Gemeinschaftsordnung
- wie es der Kläger geltend macht - Sache der Gesamtgemeinschaft
gewesen wäre, über die Aufbringung der Sanierungskosten durch alle
Wohnungseigentümer zu beschließen. Das ist nicht der Fall. Entgegen der Annahme
des Berufungsgerichts steht der zu TOP 4 unter Beteiligung (nur) der
Stellplatzeigentümer gefasste Beschluss im Einklang mit den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung.
a) Die Gemeinschaftsordnung ist Bestandteil der Grundbucheintragung.
Ihre Auslegung unterliegt daher vollen Umfangs der Nachprüfung durch das
Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener
Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch
die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb
der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen
Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar
sind. Dabei müssen Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung der Aufgaben,
Kompetenzen und Kosten klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung
hervorgehen (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19,
b) Im Ansatz trifft es zu, dass in der Gemeinschaftsordnung für die Wohngebäude
und die Tiefgarage jeweils Untergemeinschaften gebildet werden; anders
als das Berufungsgericht meint, sind diese jedoch weitgehend verselbständigt,
und ihre Befugnisse beschränken sich nicht auf die Ausübung und Verwaltung
des Sondernutzungsrechts an dem gemeinschaftlichen Eigentum im Bereich
der Tiefgarage.
aa) Zwar steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach
Abs. 1 WEG aF ist hierüber in Versammlungen aller Eigentümer Beschluss zu
fassen. Die Bestimmung in
Satz 2 WEG), nach der die Wohnungseigentümer auch von den Vorschriften des
Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen können, ermöglicht es aber nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, in einer Gemeinschaftsordnung im
Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander Untergemeinschaften mit
eigener Verwaltungszuständigkeit und selbständiger Beschlussfassungskompetenz
ihrer Mitglieder zu errichten (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017
- V ZR 184/16,
angesehen, wenn eine Tiefgarage wie ein selbständiges Gebäude behandelt
wird (vgl. nur BayObLG,
2019, 155, 156; Rüscher,
bb) So liegt es hier. Aus § 2 Abs. 6 Nr. 1 bis 3 TE ergibt sich eindeutig,
dass rechtstechnisch verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden.
Allein
- anders, als das Berufungsgericht offenbar meint - keine Einschränkung
der eingeräumten Befugnisse. Der Begriff soll zum Ausdruck bringen,
dass die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums in dem jeweiligen Baukörper
- wie es bei Untergemeinschaften üblich ist - allein den Mitgliedern dieser
Untergemeinschaft vorbehalten ist. Die in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen
Regelungen beschränken sich aber gerade nicht auf die Einräumung eines
solchen Gruppensondernutzungsrechts (zu diesem Schultzky in Jennißen, WEG,
7. Aufl., § 13 Rn. 128 mwN
ten sich selbständig (§ 2 Abs. 6 Nr. 1 TE), sie dürfen eigene Versammlungen abhalten
(§ 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 2 TE), und es werden jeweils eigene Instandhaltungsrücklagen
gebildet (§ 13 Abs. 1 TE); damit weisen sie typische Merkmale
verselbständigter Untergemeinschaften auf.
c) Die Beschlusskompetenz der danach in § 2 Abs. 5 TE für die Tiefgarage
gebildeten Untergemeinschaft ist hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 4 zweifelsfrei
gegeben. Da Untergemeinschaften mit eigener Verwaltungszuständigkeit
und selbständiger Beschlussfassungskompetenz ihrer Mitglieder errichtet worden
sind, lag es in der Kompetenz der für die Tiefgarage gebildeten Untergemeinschaft,
einen Beschluss über die Erhöhung ihrer Instandhaltungsrücklage
durch Erhebung einer Sonderumlage zu fassen (vgl. zu der auf die Finanzierung
bezogenen Beschlusskompetenz einer Untergemeinschaft Senat, Urteil vom
16. Juli 2021 - V ZR 163/20,
d) Der zu TOP 4 gefasste Beschluss entspricht auch insofern ordnungsmäßiger
Verwaltung, als die Erhebung der Sonderumlage zur Finanzierung der
Tiefgaragensanierung dienen sollte. Dies begegnet keinen Bedenken, weil diese
Sanierungskosten nach den eindeutigen Vorgaben der Gemeinschaftsordnung
allein von den Mitgliedern der Untergemeinschaft Tiefgarage zu tragen sind.
Sieht die Gemeinschaftsordnung einer aus Tiefgarage und Wohnhäusern bestehenden
Wohnungseigentumsanlage - wie hier - vor, dass die Untergemeinschaften
sich selbständig verwalten, dass an den Untergemeinschaften die jeweiligen
Eigentümer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen berechtigt und verpflichtet
sind, und dass für die Untergemeinschaften jeweils eigene Rücklagen gebildet
werden sollen, so entspricht es der nächstliegenden Bedeutung dieser Regelungen,
dass allein die Teileigentümer der Tiefgarage die Kosten für Sanierungsmaßnahmen
im Bereich der Tiefgarage zu tragen haben, und zwar auch im Hinblick
auf Bauteile, die zugleich das Fundament der Wohngebäude bilden.
aa) Das Berufungsgericht vermisst in erster Linie eine ausdrückliche
Regelung zur Kostentragung in der Gemeinschaftsordnung.
(1) Dabei nimmt es, wie die Revision zu Recht rügt, zunächst nicht hinreichend
in den Blick, dass das Verhältnis der Untergemeinschaften zueinander
vorrangig in § 2 Abs. 6 Nr.
Maßgabe dieser Teilungserklärung unter ergänzender Anwendung des Wohsend
gemeint (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19, NZM 2020,
715 Rn. 10). Schon das spricht dafür, dass die Untergemeinschaften die Kosten
denn die vorgeschriebene eigenständige Verwaltung ist nur dann zulässig, wenn
die Mitglieder der Untergemeinschaft für die Kosten der von ihnen beschlossenen
Maßnahmen allein aufkommen (vgl. Senat, Urteil vom 10. November
2017 - V ZR 184/16,
(2) Eindeutig ergibt sich die objektbezogene Kostentrennung aus der anschließenden
Regelung in § 2 Abs. 6 Nr. 3 TE. Danach sind an den Sondernutzungsgemeinschaften
die jeweiligen Eigentümer der von der Sondernutzungsgemeinschaft
erfassten Wohnungs- und Teileigentumsrechte entsprechend ihren
Miteigentumsanteilen berechtigt und verpflichtet.
dort nicht verwendet wird, folgt aus dieser Regelung zweifelsfrei, dass die Kosten
jeder Untergemeinschaft von ihren Mitgliedern getragen werden, wobei sich die
Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile richtet; das gilt
erst recht in der Zusammenschau mit § 2 Abs. 6 Nr. 1 TE. Entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts bleibt nicht offen, wie weit die Berechtigung der einzelnen
Eigentümer gehen soll und wozu sie verpflichtet sein sollen. Vielmehr
schreiben § 2 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 3 TE eine umfassende objektbezogene Trennung
von Verwaltungszuständigkeit und Kosten vor, und in Umsetzung dessen
sind gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 TE für die Untergemeinschaften jeweils separate
Instandhaltungsrücklagen zu bilden. Dies ist zulässig, wenn die Baukörper in der
Weise getrennt sind, dass eine eindeutige Kostenzuordnung möglich ist (vgl.
Senat, Urteil vom 17. April 2015 - V ZR 12/14,
ist bei einer Tiefgarage und darüber errichteten Wohngebäuden auszugehen.
Soweit es zwischen den Baukörpern - wie es häufig der Fall sein wird -
Grenzbereiche gibt, richtet sich die Zuordnung nach der Gemeinschaftsordnung.
Diesem Zweck dienen hier die eingehenden Regelungen in § 2 Abs. 1 bis 5 TE;
so ist in § 2 Abs. 5 TE beispielsweise bestimmt, dass der Erdbelag auf dem nicht
überbauten Tiefgaragendach nicht der Untergemeinschaft Tiefgarage zugeordnet
ist.
bb) Nichts anderes folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 TE. Danach kann für die
rden. Das Berufungsgericht folgert u.a. aus dieser Regelung,
dass für die auf die Baukörper bezogenen Untergemeinschaften weder
eine eigene Verwaltungszuständigkeit noch eine Kostentrennung angeordnet sei.
Dieser Umkehrschluss ist unzulässig, weil er der klaren Regelung in § 2 TE
widerspricht. Richtig ist zwar, dass § 13 Abs. 1 Satz 2 TE nicht zu der Bildung
-
hang mit der Instandhaltungsrücklage und gerade nicht in § 2 TE erfolgt. Das
ändert aber nichts daran, dass in § 2 TE für die getrennten Baukörper verselbständigte
Untergemeinschaften gebildet werden. § 13 Abs. 1 Satz 2 TE betrifft
lediglich, dass innerhalb der Untergemeinschaften und durch deren Mitglieder für
Aufzugsanlagen separate Rücklagen gebildet, also Gelder angespart werden
können, die ausschließlich für die Aufzugsanlagen und nicht für allgemeine Instandsetzungsmaßnahmen
vorgesehen sind. Die Bildung von buchungstechnisch
getrennten Rücklagen kann in der Gemeinschaftsordnung ohne weiteres
vorgegeben werden (vgl. Senat, Urteil vom 17. April 2015 - V ZR 12/14, NZM
2015, 544 Rn. 22). Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Reparaturen
von Aufzügen in der Regel keinen Aufschub dulden und nicht wegen fehlender
Geldmittel verzögert werden sollen, schränkt aber nicht die vorangehenden
Regelungen über Untergemeinschaften ein.
2. Schließlich sind auch die von dem Berufungsgericht erhobenen Zweifel
an der Wirksamkeit der Vorgaben der Gemeinschaftsordnung hinsichtlich der
Untergemeinschaften unbegründet. In der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage
können für die Tiefgarage und die Wohngebäude auch dann weitge-
hend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden, wenn die Tiefgarage
zugleich als Fundament der Wohngebäude dient. Der privatautonome Gestaltungsspielraum
der Wohnungseigentümer wird - anders, als das Berufungsgericht
offenbar meint - nicht überschritten.
a) Die von dem Berufungsgericht herangezogene Unterscheidung danach,
ob tragende Bauteile des Gebäudes gemäß
Eigentum stehen oder nicht, ist für die Entscheidung darüber, ob die darauf
bezogenen Kosten Untergemeinschaften zugewiesen werden können, von vornherein
unbehelflich.
aa) Untergemeinschaften werden stets und ausnahmslos (auch) tragende
Teile eines Baukörpers zugeordnet. Das kann nicht anders sein, weil die Bildung
von Untergemeinschaften u.a. dazu dient, die Kosten des (gesamten) gemeinschaftlichen
Eigentums an getrennten Baukörpern im Innenverhältnis insgesamt
denjenigen Wohnungseigentümern zuzuweisen, deren Einheiten in diesen Baukörpern
belegen sind. Dazu gehören notwendigerweise auch die von § 5 Abs. 2
WEG aF erfassten tragenden Teile der jeweiligen Baukörper.
bb) Nichts anderes ergibt sich aus den von dem Berufungsgericht herangezogenen
Entscheidungen des Senats zu sogenannten Balkonklauseln. Solche
in Gemeinschaftsordnungen gebräuchlichen Klauseln erlegen die mit der Instandhaltung
und Instandsetzung von Balkonen oder Dachterrassen verbundenen
Kosten denjenigen Sondereigentümern auf, zu deren Einheiten die Balkone
oder Dachterrassen gehören. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind
sie regelmäßig dahingehend auszulegen, dass sie alle Balkonteile, also auch die
im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden konstruktiven Teile von Balkonen
und Terrassen erfassen; dass eine Sanierung von Balkonen auch dem gesamten
Gebäude zugutekommt, indem etwa der Eintritt von Feuchtigkeit verhindert wird,
steht dem nicht entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 9/12,
Rn. 15 f.). Daraus folgt, dass die Kosten für die Sanierung tragender Bauteile, die
für den Bestand des Gebäudes von Bedeutung sind, in der Gemeinschaftsordnung
einzelnen Sondereigentümern zugewiesen werden können, die besonderen
Nutzen aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ziehen. Die genannten Entscheidungen
belegen also nicht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, sondern
das Gegenteil; zudem geht es hier um Untergemeinschaften, die durch eine
noch weiterreichende Kostentrennung gekennzeichnet sind.
b) Eine weitreichende Verwaltungs- und Kostentrennung bei Untergemeinschaften
ist auch dann zulässig, wenn getrennte Baukörper statisch aufeinander
aufbauen, wie es bei einer Tiefgarage und darauf errichteten Wohngebäuden der
Fall ist (so auch BayObLG,
2021, 521, 522; AG Suhl,
308, 310).
aa) Das Wohnungseigentumsrecht lässt den Wohnungseigentümern weitgehend
freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen (vgl.
Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 163/17,
10. November 2017 - V ZR 184/16,
Kostentrennung ist auch dann rechtlich unbedenklich, wenn eine Tiefgarage
zugleich die Standfestigkeit von oberirdisch errichteten Wohnhäusern gewährleistet;
auf die Verfahrensrüge, mit der die Beklagten geltend machen, dass
lediglich einige der in der Tiefgarage verbauten Stützen die darüber befindlichen
Gebäude tragen, kommt es deshalb nicht an. Ziel der Errichtung von Untergemeinschaften
ist es u.a., dass diejenigen, die den Baukörper nutzen, für dessen
dernfalls müsste sich ein Stellplatzeigentümer ohne Wohnung (wie der Kläger)
auch an den Kosten einer Dachsanierung der Wohngebäude beteiligen; umgekehrt
müsste ein Wohnungseigentümer ohne Stellplatz die Kosten der Tiefgarage
anteilig tragen, obwohl er keinen Vorteil aus ihr zieht und die Kosten bei einer
Bauweise ohne Tiefgarage nicht angefallen wären (vgl. zu diesem Aspekt für Balkonklauseln
Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 163/17,
Rn. 13). Solche Ergebnisse sollen durch die Bildung von Untergemeinschaften
nachvollziehbarerweise vermieden werden. Eine klare Trennung der Verwaltungs-
und Kostenzuständigkeit, wie sie hier in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen
ist, wäre nicht möglich, wenn im Sanierungsfall zunächst jeweils untersucht
werden müsste, ob der zu sanierende Bauteil auch dem anderen Gebäude
nützt (vgl. zum Ganzen auch BayObLG,
ergibt sich nur, wenn und soweit die Gemeinschaftsordnung abgrenzbare
Bauteile ausdrücklich nicht der Untergemeinschaft zuweist.
bb) Die Bedenken des Berufungsgerichts, dass die Mitglieder der anderen
Untergemeinschaften, deren Gebäude statisch auf die Tiefgarage angewiesen
sind, keinen Einfluss auf deren Sanierung nehmen könnten, sind schon deshalb
unbegründet, weil es hier - wie oben ausgeführt (Rn. 10) - nicht um die Sanierungsentscheidung,
sondern ausschließlich um die Kostentragung geht. Selbst
wenn die Gesamtgemeinschaft ausnahmsweise befugt sein sollte, über die
Sanierung zu entscheiden (vgl. hierzu LG München I,
änderte dies aus den oben genannten Gründen nichts an der vorgegebenen Kostentrennung
(insoweit aA LG München I,
III.
1. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben und ist
aufzuheben (
Abs. 3 ZPO).
a) Da weder die geltend gemachten Anfechtungsgründe noch Nichtigkeitsgründe
gegeben sind, ist die Beschlussmängelklage, die Gegenstand des Hauptantrags
ist, abzuweisen. Mit seinem Einwand, die anteiligen Sanierungskosten
überstiegen den Wert seines Stellplatzes, kann der Kläger schon deshalb keinen
Erfolg haben, weil er den zu TOP 3 gefassten Sanierungsbeschluss nicht angefochten
hat und die Kosten nach der Gemeinschaftsordnung von den Stellplatzeibei
dringend erforderlichen Sanierungsarbeiten nicht anzuerkennen (vgl. Senat,
Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14,
b) Auch mit dem Hilfsantrag kann die Klage keinen Erfolg haben. Das Gesetz
erlaubt nicht die Dereliktion von Wohnungseigentumseinheiten (vgl. dazu
Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 18/07,
Urteil vom 15. Oktober 2021 - V ZR 225/20 Rn. 31, z.V.b.), und ebenso wenig
räumt es einem Sondereigentümer das Recht ein, von den übrigen Wohnungseigentümern
den Ankauf seiner Einheit zu verlangen, wenn eine kostspielige Sanierung
ansteht. Im Übrigen treffen die hohen anteiligen Kosten hier nicht nur den
Kläger, sondern alle Stellplatzeigentümer in gleicher Weise.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:12.11.2021
Aktenzeichen:V ZR 204/20
Rechtsgebiete:
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BWNotZ 2022, 51-55
NJW 2022, 1688
WEG § 10 Abs. 1 S. 2