BGH 14. Dezember 2016
V ZB 88/16
GBO § 29 Abs. 3

Drucktechnisch erzeugtes Behördensiegel nicht ausreichend für Eintragung eines Behördenersuchens im Grundbuch

GBO § 29 Abs. 3
Drucktechnisch erzeugtes Behördensiegel nicht ausreichend für Eintragung eines Behördenersuchens im Grundbuch

Ein lediglich drucktechnisch erzeugtes Behördensiegel genügt den im Grundbuchverfahren geltenden Formanforderungen des § 29 Abs. 3 GBO für ein Behörden-ersuchen nicht. Erforderlich ist vielmehr eine individuelle Siegelung mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel.

BGH, Beschl. v. 14.12.2016 – V ZB 88/16

Problem
Gem. § 29 Abs. 3 GBO sind Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, aufgrund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen.

Ein Insolvenzgericht ersuchte das Grundbuchamt um die Löschung eines Insolvenzvermerks im Grundbuch. Neben dem Unterschriftenfeld war „drucktechnisch“ ein kreisrundes Dienstsiegel im Durchmesser von 35 mm mit großem Staatswappen und der Umschrift „Bayern Amtsgericht“ angebracht.

Das Grundbuchamt beanstandete die Form des Eintragungsersuchens.

Der BGH musste nun die Frage entscheiden, ob auch ein drucktechnisch erzeugtes Siegel den Anforderungen des § 29 Abs. 3 GBO genügt.

Entscheidung
Der BGH verneint die Frage: Er hält das nur drucktechnisch erzeugte Siegel nicht für ausreichend. § 29 Abs. 3 GBO setze eine individuelle Siegelung mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel voraus.

Abweichende landesrechtliche Bestimmungen seien unmaßgeblich. Bei § 29 Abs. 3 GBO handele es sich um eine bundesrechtliche Vorschrift. Diese genieße Vorrang (Art. 31 GG).

Nach bislang einhelliger Auffassung werde § 29 Abs. 3 GBO dahin ausgelegt, dass es sich bei dem in der Vorschrift genannten Siegel oder Stempel entweder um ein Prägesiegel oder um einen Farbdruckstempel handeln müsse und die insoweit erforderliche Beidrückung des Siegels die Vermutung der Ordnungsgemäßheit der Erklärung begründe, d. h. auch der Vertretungsbefugnis des Unterzeichners, sofern die Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt habe. Diese Auffassung sei zutreffend:

Das Verfahrensrecht lasse zwar in einzelnen Normen auch einen amtlichen Ausdruck mit einem Dienstsiegel zu (vgl. § 131 Abs. 1 GBO, § 78 Abs. 2 S. 2 GBV, § 169 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 703b ZPO, § 258 Abs. 2 FamFG). Dieser weite Begriff der Siegelung lasse sich jedoch nicht auf § 29 Abs. 3 GBO übertragen. Im Verfahren nach der GBO sei die maschinelle Bearbeitung bislang lediglich im Zusammenhang mit der Erteilung von amtlichen Ausdrucken aus dem elektronischen Grundbuch eingeführt worden (§ 131 Abs. 1 GBO). Diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers dürfe nicht durch eine erweiterte Auslegung des § 29 Abs. 3 GBO unterlaufen werden.

Das ergebe sich auch aus § 137 Abs. 2 GBO: Werden Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, aufgrund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, als elektronisches Dokument übermittelt, genügt hierfür die qualifizierte elektronische Signatur durch eine einzelne Person. Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/12319, S. 30) besage, dass die „Beidrückung des Siegels oder Stempels“ nach § 29 Abs. 3 für das Grundbuchamt die Vermutung für die Ordnungsgemäßheit der Erklärung begründe. Damit gehe auch der Gesetzgeber von einer individuellen Siegelung aus. Ein elektronisches Dokument komme nur bei einer qualifizierten elektronischen Signatur als Eintragungsgrundlage in Betracht.

Für diese Auslegung spreche weiter die Parallelregelung in § 725 ZPO. Nach dieser Bestimmung ist die Vollstreckungsklausel der Ausfertigung des Urteils am Schluss beizufügen und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Insoweit sei es nahezu allgemeine Auffassung, dass die Verwendung eines vorgedruckten oder eingedruckten Siegels nicht genüge. Die „Beidrückung“ des Dienststempels sei eine besondere Sicherungsmaßnahme und verschaffe dem Vollstreckungsorgan die zuverlässige Gewissheit darüber, dass der zuständige, weil zur Führung des regelmäßig verschlossen zu haltenden Siegels berechtigte Beamte die Bescheinigung erteilt habe. Im Fall des § 725 ZPO ebenso wie im Fall des § 29 Abs. 3 GBO biete die Siegelung – zusammen mit der Unterschrift – eine gesteigerte Gewähr für die Echtheit des Dokuments, da der Gesetzgeber den von den Normen geschützten Rechtsgütern eine besondere Bedeutung beimesse.

Auch werde die von § 29 Abs. 3 GBO bezweckte Authentizitätsfunktion des Siegels nicht durch ein elektronisch erzeugtes Siegel gewährleistet. Der Gesetzgeber verlange entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine individuelle Siegelung mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel. Sei danach die Urkunde der öffentlichen Behörde unterschrieben und mit Siegel oder Stempel der Behörde versehen, so begründe dies für das Grundbuchamt die Vermutung der Ordnungsgemäßheit der Erklärung. Dies diene dem Schutz des Grundbuchamts und der Erleichterung seiner Arbeit.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

14.12.2016

Aktenzeichen:

V ZB 88/16

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 29-30
MittBayNot 2017, 242-245
ZNotP 2017, 56-59

Normen in Titel:

GBO § 29 Abs. 3