10. Juni 2020
50 F 652/19
BGB §§ 1757 Abs. 1 u. 2, 1766a Abs. 1 u. 2, 1767 Abs. 2 S. 1 u. 3; GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1

Zum Namensrecht bei Adoption eines verheirateten Volljährigen

letzte Aktualisierung: 25.11.2020
AG Büdingen, Beschl. v. 10.6.2020 – 50 F 652/19

BGB §§ 1757 Abs. 1 u. 2, 1766a Abs. 1 u. 2, 1767 Abs. 2 S. 1 u. 3; GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1
Zum Namensrecht bei Adoption eines verheirateten Volljährigen

1. Zum Namensrecht bei einer Adoption eines verheirateten Volljährigen durch denjenigen, der mit
der Mutter des Anzunehmenden in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1766a
Abs. 1 BGB lebt. Über den am 31. März 2020 in Kraft getretenen § 1766a BGB gilt in diesen Fällen
auch § 1757 Abs. 2 BGB.
2. Führt der Anzunehmende in seiner Ehe keinen Ehenamen und ist für die nach § 1757 Abs. 1
BGB gesetzlich vorgesehene Änderung des Geburtsnamens die Zustimmung des Ehegatten des
Anzunehmenden nach § 1767 Abs. 2 S. 3 BGB somit nicht erforderlich, können die Mutter des
Anzunehmenden, der Anzunehmende und der Annehmende nach den §§ 1766a Abs. 1, 1757 Abs. 2
BGB den Geburtsnamen des Anzunehmenden abweichend von § 1757 Abs. 1 BGB bestimmen.
3. Soweit Zweifel bestehen, ob es mit dem von Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten
Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vereinbar ist, dass gemäß §§ 1767 Abs. 2 Satz 1, 1757
BGB bei der sog. schwachen Volljährigenadoption für einen Angenommenen, der bis zur Annahme
als Kind seinen Geburtsnamen als Familiennamen, nicht aber als Ehenamen geführt hat, auch bei
Vorliegen besonderer Umstände nicht die Möglichkeit besteht, diesen Geburtsnamen als alleinigen
Familiennamen fortzuführen (vgl. Vorlagebeschluss des BGH vom 13. Mai 2020, AZ: XII ZB
427/19, ECLI:ECLI:DE:BGH:2020:130520BXIIZB427.19.0), muss die Entscheidung des BVerfG
über den Vorlagebeschluss des BGH nicht abgewartet werden, wenn der Geburtsname des
Anzunehmenden über § 1757 Abs. 2 BGB abweichend von § 1757 Abs. 1 BGB bestimmt werden
kann.

Gründe

Die Annahme gründet sich auf die Vorschriften der §§ 1767 bis 1771 BGB.
Der Anzunehmende ist am … geboren. Die Ehe seiner Eltern wurde mit Urteil des Amtsgerichts
Büdingen vom 16. März 1984 rechtskräftig geschieden. Seit 1984 lebt der An-
nehmende mit der Mutter des Anzunehmenden in häuslicher Gemeinschaft zusammen,
nachdem der Vater des Anzunehmenden vorher ausgezogen war. Diese eheähnliche Lebensgemeinschaft
besteht bis heute. Der Anzunehmende lebte daher über mehrere Jahre
als Kind in häuslicher Gemeinschaft mit seiner Mutter und dem Annehmenden. Bis zu
seinem Auszug ist zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden auch ein enges
Eltern-Kind-Verhältnis entstanden. Der Vater des Anzunehmenden ist am 06. Mai
2017 verstorben.

Der Anzunehmende hat am 17. September 2005 die weitere Beteiligte zu 3) geheiratet.
Aus dieser Ehe sind die beiden Kinder …, geboren am …, und …, geboren am …, hervorgegangen.
Die beiden Kinder sehen den Annehmenden als ihren Großvater an.

Der Annehmende hat keine leiblichen Kinder.

Die nach § 1768 Abs. 1 BGB erforderlichen Anträge des Annehmenden und des Anzunehmenden
liegen in der nach den §§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1752 Abs. 2 S. 2 BGB erforderlichen
notariellen Form vor (Urkunde vom 03. September 2019, Urkundenrolle Nr. 255/2019
des Notars …).

Nach § 1767 Abs. 2 BGB ist zur Annahme eines Verheirateten die Einwilligung seines
Ehegatten erforderlich. Die Ehefrau des Anzunehmenden hat der Adoption in der notariellen
Urkunde vom 03. September 2019 zugestimmt. Diese Einwilligung erfolgte daher
auch in der erforderlichen notariellen Form (§ 1750 BGB).

Nach § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die
Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen
dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits
entstanden ist.

Dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis
entstanden ist, steht nach der Anhörung der Beteiligten und dem Inhalt des Antrages zur
Überzeugung des Gerichts fest.

Die Annahme ist auch nicht nach § 1769 BGB ausgeschlossen. Danach ist eine Annahme
ausgeschlossen, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder
des Anzunehmenden entgegenstehen. Der Annehmende hat keine Kinder und die Kinder
des Anzunehmenden sehen den Annehmenden als ihren Großvater an.

Eine Zustimmung der Eltern des Anzunehmenden ist nach § 1768 Abs. 1 S. 2 BGB für die
beantragte Volljährigenadoption nicht erforderlich, da nach dieser Vorschrift § 1747 BGB
auf eine Volljährigenadoption nicht anwendbar ist.

Nach den §§ 1766a, 1749 BGB ist jedoch die Einwilligung der Mutter des Anzunehmenden
als Lebenspartnerin des Annehmenden erforderlich. Diese hat die weitere Beteiligte
zu 2) in der notariellen Urkunde vom 25. Mai 2020 (Urkundenrolle Nr. 136/2020 des
Notars …) und somit in der erforderlichen notariellen Form erteilt. Nach dem am 31.
März 2020 in Kraft getretenen § 1766a Abs. 1 BGB gelten für zwei Personen, die in einer
verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, die Vorschriften
der §§ 1741 ff. BGB über die Annahme eines Kindes des anderen Ehegatten
entsprechend. Über § 1767 Abs. 2 BGB gilt dies auch für die Annahme Volljähriger soweit
die §§ 1767 ff. BGB Vorschriften über die Annahme des Kindes eines Ehegatten enthalten
(vgl. BT-Drs. 19/15618, S. 13). Aufgrund des zum 31. März 2020 in Kraft getretenen
§ 1766a BGB ist somit über § 1767 Abs. 2 BGB auch § 1749 Abs. 1 BGB anwendbar, wonach
zur Annahme eines Kindes durch einen Ehegatten allein, die Einwilligung des anderen
Ehegatten erforderlich ist. Nach § 1766a Abs. 2 BGB liegt eine verfestigte Lebensgemeinschaft
im Sinne von § 1766a Abs. 1 BGB in der Regel vor, wenn die Personen seit
mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem eheähnlich
zusammenleben, es sei denn ein Partner ist mit einem Dritten verheiratet ist.
Der Annehmende und die Mutter des Anzunehmenden leben seit 1984 in einer nichtehelichen
und damit in einer verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1766a BGB
zusammen. Der leibliche Vater des Anzunehmenden ist am 06. Mai 2017 verstorben und
die Ehe zwischen den Eltern des Anzunehmenden wurde am 16. März 1984 rechtskräftig
geschieden.

Da die Mutter des Annehmenden sowie der Annehmende und der Anzunehmende in der
notariellen Urkunde vom 25. Mai 2020 bestimmt haben, dass der Anzunehmende als Geburtsnamen
weiter den Namen … führen soll, war dies entsprechend auszusprechen.
Zwar erhält nach § 1757 Abs. 1 BGB der Anzunehmende grundsätzlich als Geburtsnamen
den Familiennamen des Annehmenden, nimmt jedoch ein Ehepaar ein Kind an oder
nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an und führen die Ehegatten keinen
Ehenamen, so bestimmen sie den Geburtsnamen des Kindes vor dem Ausspruch der Annahme
durch Erklärung gegenüber dem Familiengericht. Nach dem am 31. März 2020 in
Kraft getretenen § 1766a BGB gilt § 1757 Abs. 2 BGB auch für zwei Personen, die in einer
verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben. Der Annehmende
und die Mutter des Anzunehmenden leben in einer verfestigten Lebensgemeinschaft
im Sinne des § 1766a BGB, wie bereits ausgeführt, und konnten daher mit Zustimmung
des Annehmenden nach § 1757 Abs. 2 BGB bestimmen, dass der Anzunehmende
seinen bisherigen Geburtsnamen beibehält. Dies entspricht auch dem in der notariellen
Urkunde vom 03. September 2019 geäußerten Willen der Ehefrau des Anzunehmenden.
Da der Anzunehmende und seine Ehefrau jedoch keinen Ehenamen bestimmt haben,
konnte diese Wirkung nicht über § 1767 Abs. 2 S.3 BGB erreicht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

Die Entscheidung ist nach § 197 Abs. 3 S. 1 FamFG nicht anfechtbar.

Art:

Entscheidung, Urteil

Erscheinungsdatum:

10.06.2020

Aktenzeichen:

50 F 652/19

Rechtsgebiete:

Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

NJW-RR 2020, 888-889

Normen in Titel:

BGB §§ 1757 Abs. 1 u. 2, 1766a Abs. 1 u. 2, 1767 Abs. 2 S. 1 u. 3; GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1