Zum zulässigen Inhalt einer Grunddienstbarkeit
die Beteiligte zu 1) in den Vorinstanzen eingeräumt. Die von
ihr angesprochene Beheizung mit Fernwärme (die nach dem
Inhalt der schuldrechtlichen Verpflichtung in Abschnitt X
der notariellen Urkunde vom 25. 9. 1980 nicht zulässig ist) ist
nach dem Vortrag der Beteiligten in dem fraglichen Gebiet
jedenfalls in absehbarer Zeit keine Alternative. Dies gilt
auch für die von der Beteiligten zu 1) aufgezeigten weiteren
Alternativen des Einsatzes von Erdwärme, Solarenergie oder
Wärmepumpen; die weiter angeführte Verwendung von Flüssiggas scheidet jedenfalls aus wirtschaftlichen Gründen
unter den hier gegebenen Verhältnissen aus.
Die Grundstückseigentümer sind also nach dem Inhalt der
Dienstbarkeiten praktisch gezwungen, zum Zwecke der Beheizung ihrer Anwesen elektrischen Strom oder (Erd-)Gas
von der Beteiligten zu 1), die diese Energiequellen in M. ausschließlich anbietet, zu beziehen. Damit kann der. Eigentümer nur noch ausschließlich in einer (möglichen) Richtung
tätig werden. Dies kann nicht Gegenstand einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sein (BayObLG MittBayNot
1980, 70/71 =
1980, 159]).
Richtig ist, daß nach dem Wortlaut der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten die Beschränkung der Grundstückseigentümer dem „Interesse der Luftreinhaltung auf
dem Grundstück" dienen soll. Auch wenn dies der Fall ist,
kann hierdurch aber der Kreis der nach dem Gesetz zulässigen Dienstbarkeiten nicht erweitert werden. Auch billigenswerte Ziele des Umweltschutzes vermögen den Kreis der
nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zulässigen dinglichen
Rechte nicht zu erweitern. Die beschränkten persönlichen
Dienstbarkeiten nach Abschnitt X Nr. 1 der Urkunde vom
25.9.1980 können daher mit dem vorgesehenen Inhalt nicht
in das Grundbuch eingetragen werden.
5.
Auch für die Benutzung eines nur mit Garagen bebauten
Grundstücks kann eine Grunddienstbarkeit des Inhalts, daß
auf dem dienenden Hausgrundstück kein Gewerbe ausgeübt und die einheitliche Gestaltung der umliegenden Wohnsiedlung nicht durch bauliche Maßnahmen verändert werden darf, von Vorteil sein.
BGH, Urteil vom 24. 9. 1982 — V ZR 96/81 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Die Kläger sind Eigentümer eines in der Wohnsiedlung „Gartenstadt
R;" gelegenen Grundstücks. Es umfaßt fünf — über das Siedlungsgebiet verteilte — Flurstücke. Diese sind mit Garagen bebaut, welche
die Kläger vermietet haben. Die Wohnsiedlung hatte der Kläger zu 1
in den Jahren 1959/1960 auf ursprünglich ihm gehörendem Grundbesitz in einem architektonisch einheitlichen Baustil angelegt. Die zur
Bebauung mit Wohnhäusern vorgesehenen Grundstücke wurden veräußert. Zwei davon gehören dem Beklagten. Auf diesen beiden
Grundstücken sind - wie auf allen anderen Hausgrundstücken der
Siedlung — in Abt. II der Grundbücher Grunddienstbarkeiten für den
jeweiligen Eigentümer des Garagengrundstücks eingetragen, und
zwar unter Nr. 2 als „Einschränkung der Ausübung eines Gewerbes"
und unter Nr. 3 als „Bebauungs- und Benutzungsbeschränkung". Die
dazu in Bezug genommenen Eintragungsbewilligungen lauten wie
folgt:
„Folgende Maßnahmen des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks oder einer Teilfläche des Grundstücks unterliegen der Zustimmung des jeweiligen Eigentümers des im Grundbuch von L. Band .. .
Blatt ... eingetragenen Grundbesitzes:
a) die Ausübung eines Gewerbes auf dem Grundstück unbeschadet
etwaiger gesetzlicher Bestimmungen,
b) die Vornahme des Außenanstrichs zur Wahrung der Einheitlichkeit der Gesamtanlage,
c) die Vornahme von Um-, An- oder Einbauten, die Errichtuhg von
Neubauten insbesondere von Ställen, Lauben oder Einfriedungen
sowie die wesentliche Änderung der Außenanlagen,
d) jede Art Vieh- und Kleinzuchthaltung."
Im Jahre 1978 baute der Beklagte die Dachgauben an der Südseite
seiner beiden Häuser aus.
Mit der Klage haben die Kläger Wiederherstellung des ursprünglichen Bauzustandes verlangt. Demgegenüber hat der Beklagte den
Standpunkt vertreten, die Grunddienstbarkeiten seien unwirksam. Er
hat demgemäß Widerklage mit dem Antrag erhoben, die Kläger zu
verurteilen, die Grunddienstbarkeiten löschen zu lassen.
Das Landgericht hat durch Teilurteile die Klage abgewiesen und der
Widerklage nur hinsichtlich der unter Nr. 3 eingetragenen Grunddienstbarkeit (Bebauungs- und Benutzungsbeschränkung) stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat dem vom Landgericht abgewiesenen Teil
der Widerklage (Grunddienstbarkeit Nr. 2) stattgegeben und auf die
weitergehende Widerklage die Kläger verurteilt, einer Einschränkung
der Grunddienstbarkeit Nr. 3 auf das Verbot der Errichtung von Garagen zuzustimmen.
Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht hält die auf den Grundstücken des
Beklagten unter Nrn. 2 und 3 eingetragenen Grunddienstbarkeiten — ausgenommen das von der Eintragung in Nr. 3 miterfaßte Verbot zum Bau von Garagen — für inhaltlich unzulässig und mithin für nichtig, weil diese Belastungen für die
Benutzung des Garagengrundstücks der Kläger keine Vorteile böten (
1. Die als Grunddienstbarkeiten eingetragenen Belastungen
haben einen gemäß
Grundstücks in der Weise belastet werden, als auf dem belasteten — dem dienenden —_Grundstück „gewisse Handlungen" nicht vorgenommen werden dürfen. Diese dingliche
Unterlassungspflicht muß sich auf Handlungen beziehen,
die einer dem Grundstückseigentümer gerade aus dem
Eigentum zustehenden Befugnis entsprächen (BGHZ 29,
244, 249 [=
43]). In diesen Rahmen fallen die hier eingetragenen Beschränkungen:
a) Da sich aus dem Eigentum das Recht ergibt, die Art der
Grundstücksnutzung nach Belieben zu bestimmen (§ 903
BGB), ist als Inhalt einer Grunddienstbarkeit eine Beschränkung zulässig, wonach auf dem Grundstück überhaupt kein
Gewerbebetrieb eingerichtet oder nur ein bestimmtes Gewerbe nicht ausgeführt werden darf (
BGH Urteile von 22. Januar 1.975, VIII ZR 243/73, WM 1975,
307, 308 [=
17/79,
b) Auch die unter Nr. 3 eingetragene „Bebauungs- und Benutzungsbeschränkung" ist nach
in der Eintragungsbewilligung enthaltene Bestimmung über
die Vornahme eines einheitlichen Außenanstrichs abgedeckt ist; denn die Eintragung muß gemäß
244 MittBayNot 1982 Heft 5/6
barkeit aussagt (Senatsurteil vom 29. Oktober 1965, V ZR
77/63,
Wacke § 874 Rdnr. 3). Das indessen ist hier der Fall. Die Regelung hat den Sinn, jeden von der bisher einheitlichen
Farbgestaltung der Siedlung abweichenden Außenanstrich
zu verhindern. Zwar ist es üblich, eine solche Unterlassungspflicht als „Farbgebungsbeschränkung" oder dergleichen
im Grundbuch zu bezeichnen (vgl. Haegele/Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht 6. Aufl. Rdnr. 1497); sie läßt sich jedoch
auch als Teil der eingetragenen Bebauungsbeschränkung
verstehen, da der Außenanstrich eine Maßnahme der baulichen Gestaltung oder Umgestaltung eines Hauses darstellt und somit als bloße Einzelheit der Beschränkung bezugnahmefähig ist.
c) Auf die Wirksamkeit der beiden Grunddienstbarkeiten hat
es keinen Einfluß, daß die Eintragungsbewilligung die Vornahme der untersagten Handlungen von der Zustimmung
des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks
abhängig macht. Ein solcher Erlaubnisvorbehalt stellt den
sachenrechtlichen Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit, also das Bestimmtheitserfordernis, nicht in Zweifel,
sondern läßt lediglich die Möglichkeit offen, auf schuldrechtlicher Grundlage eine abweichende Vereinbarung zu
treffen (vgl. Senatsurteil
43] und Urteil des Kartellsenats vom 25. März 1980 aaO betr.
schuldrechtliche Bindungen von Dienstbarkeiten an Bierbezugsverträge; a.M. Joost,
Falckenberg § 1018 Rdnr. 13). Bei der bloß schuldrechtlichen
Wirkung, des Zustimmungsvorbehalts stellt sich daher auch
nicht das vom Berufungsgericht erörterte Problem, ob als
„Nebenpflicht" einer auf Unterlassung gerichteten Grunddienstbarkeit eine positive Handlung zum dinglichen Inhalt
der Belastung gemacht werden könnte.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgericjits verstoßen die unter Nrn. 2 und 3 eingetragenen Grunddienstbarkeiten nicht gegen
Nach dieser Vorschrift ist als Inhalt der Grunddienstbarkeit
nur eine Belastung zulässig, die für die Benutzung des herrschenden Grundstücks Vorteil bietet. Voraussetzung dafür
ist ein — wenn auch nur mittelbarer — wirtschaftlicher Vorteil für die Benutzung des herrschenden Grundstücks nach
dessen Lage, Beschaffenheit und Zweckbestimmung (Senatsurteil vom 17. März 1967, V ZR 67/64, LM
Nr. 2 =
229; BGB-RGRK/Rothe 12. Aufl. § 1019 Rdnr. 4; Palandt/Bassenge, BGB 41. Aufl. § 1019 Anm. 2b). Ein solcher Vorteil
liegt zwar nicht darin, daß die auf den Grundstücken des Beklagten — wie auf allen anderen Siedlungsgrundstücken —
eingetragenen Bau- und Benutzungsbeschränkungen den
ideellen persönlichen Interessen der Kläger an der Wahrung
einer einheitlichen Baugestaltung des ganzen Siedlungsgebiets dienen; wohl aber kann es auch für die Benutzung des
herrschenden Grundstücks wirtschaftlich vorteilhaft sein,
wenn auf den benachbarten Grundstücken kein Gewerbe
ausgeübt und der Charakter der Wohnsiedlung nicht durch
bauliche Veränderungen beeinträchtigt wird. Dies hat der
Senat für den Fall entschieden, daß es sich bei dem herrschenden Grundstück um ein Wohnungsgrundstück handelt, weil dann nämlich auch in der Annehmlichkeit des
Wohnens ein wirtschaftlicher, den Wohnwert beeinflussender Vorteil für die Benutzung des Grundstücks liegt (Urteile
vom 17. März 1967 aaO und vom 12. Februar 1971, VZR
115/68, LM BGB § 1018 Nr. 19).
Auch für ein Garagengrundstück, wie im vorliegenden Falle,
ist die Art der Bebauung und der Nutzung der Nachbargrundstücke nicht schlechthin bedeutungslos. Ist das herrschenMittBayNot 1982 Heft 516
de Grundstück zum Bau von Garagen bestimmt, dann kann
für die Frage, ob sich die Garagen überhaupt oder jedenfalls
gegen ein angemessenes Entgelt vermieten lassen, und damit für die Frage einer dieser Zweckbestimmung entsprechenden Benutzungsmöglichkeit des Grundstücks durchaus die Bauweise der auf den benachbarten Grundstücken
errichteten Häuser und die Art der Grundstücksnutzung von
Bedeutung sein. Diesen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht zwar in Erwägung gezogen; es glaubt aber, den Bedürfnissen des jeweiligen Eigentümers des Garagengrundstücks allein schon dadurch Rechnung ,tragen zu können,
daß die Grunddienstbarkeit auf die Unterlassung der Errichtung von Garagen beschränkt wird. Das ist rechtlich verfehlt, weil damit verkannt ist, daß es nur darauf ankommt, ob
die eingetragenen Grunddienstbarkeiten objektiv geeignet
sind, einen Vorteil für die Benutzung des herrschenden Garagengrundstücks zu bieten. Dies aber ist hier der Fall.
Die Vermietbarkeit und die Höhe des Mietertrages der auf
den fünf Grundstücksparzellen der Kläger errichteten 62 Garagen ist nicht ohne weiteres schon dann gesichert, wenn
auf keinem der bewohnten Siedlungsgrundstücke eine Garage vorhanden ist, wie das Berufungsgericht meint. Die Garagenvermietung kann auch dadurch verhindert oder erschwert werden, daß die belasteten Grundstücke für gewerbliche Zwecke genutzt werden. Denn die Ausübung von
Gewerbebetrieben kann zur Folge haben, daß die bisherige
Nutzung der Hausgrundstücke als Wohnung völlig aufgegeben wird und damit kein Bedarf mehr für die Anmietung
einer Garage besteht. Die gewerbliche Nutzung eines
Grundstücks kann auch — je nach Art des Gewerbebetriebes — dazu führen, daß die anderen Grundstücke im Wohnwert gemindert werden und deswegen dort nur noch ein Personenkreis zu wohnen bereit ist, der Garagen nicht in dem
vorhandenen Umfang benötigt oder nicht die Mittel dafür
hat.
Ebenso kann eine willkürliche bauliche Veränderung der
Siedlungshäuser den Zustand und die Beschaffenheit der
Wohnungen so umgestalten, daß sie nur noch für einen Personenkreis in Betracht kommen, der nicht oder nur in geringer Anzahl auf die Anmietung einer Garage Wert legt oder
dazu wirtschaftlich in der Lage ist: In dieser Hinsicht kann
auch eine äußerlich nachteilige Änderung der Siedlungshäuser - worauf sich die Grunddienstbarkeit Nr. 3 mitbezieht — mitbestimmend sein, weil das Erscheinungsbild
einer geschlossenen Siedlung Einfluß darauf haben kann,
welche Bevölkerungsgruppen sich dort eine Wohnung
suchen.
Die auf den Grundstücken des Beklagten eingetragenen
Grunddienstbarkeiten sind nach ihrem Inhalt objektiv geeignet, dem Garagengrundstück der Kläger die Nutzungsvorteile zu sichern, die ihm durch die Einbindung in eine
reine Wohnsiedlung und durch deren heutige Wohnqualität
zugute kommen. Daß sich diese Vorteile erst aus der gleichartigen Belastung aller Wohnhausgrundstücke des Siedlungsgebiets ergeben, macht die Belastung der beiden Einzelgrundstücke des Beklagten nicht unzulässig. Denn der
Vorteil aus der Einzelbelastung ist für das herrschende
Grundstück auch dann gegeben, wenn er sich erst aus dem
Zusammenwirken der auf mehreren Grundstücken eingetragenen Grunddienstbarkeiten gleichen Inhalts voll entfalten
kann.
3. Bei dieser Rechtslage sind die beiden Grunddienstbarkeiten Nrn. 2 und 3 inhaltlich zulässig und mithin wirksam.
(Es folgen Ausführungen zu der Behauptung des Beklagten,
die Kläger hätten versprochen, einer Löschung der Grunddienstbarkeiten zuzustimmen.)
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:24.09.1982
Aktenzeichen:V ZR 96/81
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 1019