BGH 20. September 2023
XII ZB 177/22
BGB § 1610; FamFG § 113; ZPO § 307

Bemessung des Kindesunterhalts bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen; Widerruf eines Anerkenntnisses

letzte Aktualisierung: 15.1.2024
BGH, Beschl. v. 20.9.2023 – XII ZB 177/22

BGB § 1610; FamFG § 113; ZPO § 307
Bemessung des Kindesunterhalts bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen
Verhältnissen; Widerruf eines Anerkenntnisses

a) Ein in einem Unterhaltsverfahren abgegebenes Anerkenntnis kann widerrufen werden, wenn ein
nachträglich entstandener Abänderungsgrund i. S. d. § 323 Abs. 1 ZPO, § 238 FamFG gegeben ist.
Ein Widerruf des Anerkenntnisses kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Abänderungsgrund
nach Abgabe des Anerkenntnisses eingetreten ist (im Anschluss an Senatsurteil vom 31. Oktober
2001 – XII ZR 292/99, FamRZ 2002, 88).
b) Zur Bemessung von Kindesunterhalt bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen
des Barunterhaltspflichtigen.
c) Zur Berechnung des konkreten Wohnbedarfs beim Kindesunterhalt in einem Zweipersonenhaushalt.

Gründe:

A.
Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt.

Die am 21. Juni 2011 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners
und dessen geschiedener Ehefrau. Die im Jahr 2010 geschlossene Ehe
des Antragsgegners mit der Kindesmutter wurde im Februar 2014 rechtskräftig
geschieden. Die Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt. Die Antragstellerin ist
Schülerin und lebt in der Obhut der Kindesmutter, die für die gemeinsame Wohnung
monatliche Ausgaben in Höhe von ca. 2.100 Der Antragsgegner hat
.
Eine im Juni 2013 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung
enthielt unter anderem eine bis zum 30. Juni 2019 befristete Regelung
zum - mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten - Kindesunterhalt. Für
die Zeit ab Juli 2019 verpflichtete sich der Antragsgegner durch notarielle Urkunde
vom 8. November 2018 zur Zahlung von 160 % des Mindestunterhalts der
jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe und
abzüglich des hälftigen Kindergelds.

Die Antragstellerin hat - nach Abschluss der Auskunftsstufe eines Stufenverfahrens
- erstinstanzlich beantragt, den Antragsgegner unter Abänderung der
notariellen Unterhaltsverpflichtung zu verpflichten, zu Händen ihres gesetzlichen
Vertreters ab dem 1. Juli 2019 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von
4.500 zu zahlen.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 19. April 2021 zunächst beantragt,
den Leistungsantrag der Antragstellerin insoweit abzuweisen, als er verpflichtet
werden sollte, an die Antragstellerin einen monatlichen Kindesunterhalt
zu zahlen, der über 272 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle hinausgeht,
und ausgeführt, dass der Bedarf der Antragstellerin grundsätzlich mit
dem Tabellenunterhalt von 272 % der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt und ein
etwaiger berechtigter Mehrbedarf für das Hobby Reiten nicht schlüssig dargelegt
worden sei. Weiter hat der Antragsgegner, der für die Zeit von Juli 2019 bis März
2022 einen Kindesunterhaltsbetrag in Höhe von 87.253,99 bezahlt hatte, mit
einem Widerantrag beantragt, die Antragstellerin zu verpflichten, den seit 1. Juli
2019 von ihm bezahlten, über 272 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe
der Düsseldorfer Tabelle hinausgehenden Betrag, hilfsweise den über den
in diesem Verfahren rechtskräftig festgestellten Unterhalt hinausgehenden Betrag,
an ihn zurückzuzahlen. Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2021 hat er diese Anträge
dahin abgeändert, dass Kindesunterhalt nur in Höhe eines Betrages von
200 % des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle geschuldet werde
und dieser Prozentsatz auch auf das Rückzahlungsbegehren zu beziehen sei.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin
ab dem 1. Juli 2019 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 2.259,49 zu zahlen.
Auf den Widerantrag des Antragsgegners hat das Amtsgericht die Antragstellerin
verpflichtet, an ihn 6.095,94 zu zahlen.

Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Antragstellerin als auch der
Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner
für die Zeit von Juli 2019 bis August 2021 zu monatlichen Unterhaltszahlungen
in Höhe von 2.900,27 und für die Zeit ab dem 1. September 2021
zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 3.134,42 zu verpflichten, abzüglich
der vom Antragsgegner für die Monate Juli 2019 bis Dezember 2021 geleisteten
Zahlungen. Außerdem hat sie die Abweisung des Widerantrags beantragt.
Der Antragsgegner hat die in der ersten Instanz zuletzt gestellten Anträge
weiterverfolgt.

Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin in vollem
Umfang zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat es den
Beschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert und den Antragsgegner dazu
verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1. April 2022 einen monatlichen Unterhalt
in Höhe von 1.808,37 zu bezahlen. Auf den Widerantrag des Antragsgeg-
ners hat es die Antragstellerin verpflichtet, an den Antragsgegner einen im Zeitraum
vom 1. Juli 2019 bis einschließlich März 2022 überzahlten Kindesunterhalt
in Höhe von insgesamt 18.076,54 zurückzuzahlen. Im Übrigen hat es die Beschwerde
des Antragsgegners zurückgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts haben die Antragstellerin
die zugelassene Rechtsbeschwerde und der Antragsgegner Anschlussrechtsbeschwerde
eingelegt, mit der sie jeweils ihre Schlussanträge aus der Beschwerdeinstanz
weiterverfolgen.

B.
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und die zulässige Anschlussrechtsbeschwerde
des Antragsgegners sind begründet.

I.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes
ausgeführt:

Der Antragsgegner habe mit Schriftsatz vom 19. April 2021 eine Unterhaltsverpflichtung
gegenüber der Antragstellerin in Höhe von 272 % des Mindestunterhalts
der jeweiligen Altersstufe der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle
anerkannt. Da er in diesem Schriftsatz eine Abweisung des Unterhaltsantrags
der Antragstellerin lediglich insoweit beantragt habe, als ein über den Betrag von
272 % der Düsseldorfer Tabelle hinausgehender Kindesunterhalt gefordert
werde, habe er ein (Teil-)Anerkenntnis abgegeben. Dieses Anerkenntnis sei unabhängig
davon, ob ein (Teil-)Anerkenntnisbeschluss ergangen sei, wirksam erklärt
worden.

Der Antragsgegner sei an dieses Anerkenntnis gebunden. Zwar könne bei
Dauerschuldverhältnissen ein Anerkenntnis widerrufen werden, wenn ein nachträglich
entstandener Abänderungsgrund im Sinne des § 323 ZPO bzw. § 238
FamFG eingetreten sei. Diese Voraussetzung sei hier aber nicht erfüllt, weil
eine tatsächlich oder rechtlich wesentliche Veränderung der maßgebend gewesenen
Verhältnisse der notariellen Unterhaltsverpflichtung vom 8. November
2018 nicht vorliege. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung
vom 16. September 2020 ausgeführt, dass keine Bedenken dagegen bestünden,
die Düsseldorfer Tabelle bis zum doppelten des in der bis dahin geltenden
Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Höchstbetrages fortzuschreiben. Der
Bundesgerichtshof habe aber keine Ausführungen dazu gemacht, bis zu welchem
Prozentsatz der Düsseldorfer Tabelle die Fortschreibung vorgenommen
werden solle. Das Anerkenntnis des Antragsgegners habe allein auf der Erwartung
beruht, dass die Fortschreibung bis zur Höhe von 272 % des Mindestunterhalts
erfolgen werde. Fehlgeschlagene einseitige Erwartungen genügten als Abänderungsgrund
nicht.

Der Wohnbedarf der Antragstellerin könne nicht mit einem Drittel der
Wohnkosten angesetzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
sei der Wohnbedarf eines Kindes mit 20 % des aus dem zusammengerechneten
Einkommen beider Elternteile ermittelten Unterhaltsbedarfs anzusetzen.
Dieser Ansatz sei allerdings kein taugliches Kriterium für die Bemessung des
Wohnbedarfs der Antragstellerin, weil das zusammengerechnete Einkommen
beider Eltern hier deutlich über den nunmehr fortgeschriebenen Höchstsatz der
Düsseldorfer Tabelle hinausgehe. Der Wohnbedarf der Antragstellerin sei vielmehr
wie folgt zu berechnen: Nach dem 12. und 13. Existenzminimumbericht der
Bundesregierung für die Jahre 2019 bis 2022, dort jeweils unter 5.1.3, werde der
Wohnflächenbedarf eines Kindes auf 12 m² festgesetzt. Da dieser Bedarf als Mindestbedarf
gelte, beziehe er sich auf den Mindestunterhalt von 100 %. Nachdem
der Antragsgegner vorliegend jedoch 272 % des Mindestunterhalts anerkannt
habe, erhöhe sich der Wohnflächenbedarf der Antragstellerin auf 32,64 m². Bei
einer Monatsmiete von 23 pro Quadratmeter errechne sich somit ein konkreter
Wohnbedarf der Antragstellerin von 750,72 .

Da in dem anerkannten Tabellenbetrag von 272 % des Mindestunterhalts
bereits ein Wohnkostenanteil von 20 % enthalten sei, habe der Antragsgegner
für den ungedeckten Wohnbedarf der Antragstellerin 529,72 Jahr 2019,
519,92 Jahr 2020, 505,32 2021 und 503,12 ür das Jahr
2022 an monatlichen Zahlungen zu leisten.

Die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten für Urlaube seien
teilweise bereits von Positionen abgedeckt, die in die Düsseldorfer Tabelle eingeflossen
seien. Da diese Positionen jedoch nicht ausschließlich für Urlaube gedacht
seien, könne nur ein Teil der hierauf entfallenden Beträge für die Bildung
von Urlaubsrücklagen angesetzt werden. Bei einer Unterhaltszahlung von 272 %
des Mindestunterhalts könnten jährlich etwa 550 angespart werden.
Bringe man diesen Betrag von dem vom Amtsgericht zu Recht festgesetzten jährlichen
Urlaubsbedarf der Antragstellerin von insgesamt 1.153,56 verbleibe
ein Betrag von rund 600 monatsdurchschnittlich 50
zusätzlich als konkreter Bedarf geschuldet sei. Ein erhöhter Bedarf für Bekleidung
sei nicht anzuerkennen.

Die Antragstellerin könne auch nicht den geltend gemachten Mehrbedarf
für Reitkosten verlangen. Beide Elternteile hätten das gemeinsame Sorgerecht.
Der Antragsgegner habe sich mit der Ausübung des Reitsports durch die Antragstellerin
nicht einverstanden erklärt. Eine Vereinbarung der Kindeseltern darüber,
dass der Antragsgegner über zustimmungspflichtige Angelegenheiten des Kindes
nicht informiert werden wolle und die Kindesmutter insoweit freie Hand habe,
ließe sich der notariellen Trennungs- und Scheidungsvereinbarung vom 24. Juni
2013 nicht entnehmen. Darüber hinausgehende Vereinbarungen seien nicht substantiiert
vorgetragen und belegt. Würden bei gemeinsamer elterlicher Sorge
Mehrkosten dadurch verursacht, dass der betreuende Elternteil in Angelegenheiten
von erheblicher Bedeutung für das Kind ohne Absprache mit dem anderen
Elternteil handele, könne dem barunterhaltspflichtigen Elternteil die Kostenlast
auch nicht teilweise auferlegt werden, es sei denn, die Zustimmungsverweigerung
des mitsorgeberechtigten Elternteils erweise sich als rechtsmissbräuchlich.
Die Ausübung des Reitsports durch die Antragstellerin sei vorliegend eine Angelegenheit
von erheblicher Bedeutung für das Kind und unterliege nach § 1687
Abs. 1 Satz 1 BGB der gemeinsamen elterlichen Sorge und nicht der Alltagssorge
nach § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB. Beim Reiten handele es sich um eine
vergleichsweise gefährliche Sportart. Zudem spreche auch der erhebliche zeitliche
Umfang des von der Antragstellerin ausgeübten Reitsports dafür, eine gemeinsame
Entscheidung der Eltern für erforderlich zu halten. Bei diesem Umfang
der Reittätigkeit werde die Entwicklung des Kindes erheblich beeinflusst, insbesondere
auch unter dem Gesichtspunkt, dass ausreichend Zeit für schulische
Belange des Kindes verbleiben müsse. Die Verweigerung der Zustimmung des
Antragsgegners zum Betreiben des Reitsports sei auch nicht rechtsmissbräuchlich.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach § 1610 Abs. 1 BGB bemisst sich das Maß des zu gewährenden
Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen, die sich bei minderjährigen
Kindern bis zum Abschluss ihrer Ausbildung von den Eltern ableitet. Dabei kommt
es nach der Rechtsprechung des Senats beim Unterhalt minderjähriger Kinder
auf die Lebensstellung beider Eltern an. Die Unterhaltspflicht ist aber auf den
Betrag begrenzt, den der barunterhaltspflichtige Elternteil aufgrund des von ihm
erzielten Einkommens zahlen muss (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 233, 309
= FamRZ 2022, 1366 Rn. 50; BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 Rn. 14 und
BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 Rn. 24 f.). Es entspricht vom Senat gebilligter
Praxis, sich bei der Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts
an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerken zu orientieren
(Senatsurteil vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99 - FamRZ 2001, 1603,
1604 mwN).

Bei höherem Elterneinkommen muss sichergestellt bleiben, dass Kinder
in einer ihrem Alter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die
der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern entspricht, so
dass der Kindesunterhalt auch bei einem den höchsten Einkommensbetrag der
Düsseldorfer Tabelle übersteigenden Elterneinkommen im Hinblick auf die Darlegungs-
und Beweislast des Unterhaltsberechtigten für seinen Unterhaltsbedarf
nicht faktisch auf den für die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle
geltenden Richtsatz festgeschrieben werden darf (Senatsbeschluss BGHZ
227, 41 = FamRZ 2021, 28 Rn. 19 mwN). Dies gilt auch für die im Hinblick auf
den Senatsbeschluss vom 16. September 2020 (BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021,
28) fortgeschriebene Düsseldorfer Tabelle, die seit 1. Januar 2022 15 Einkommensgruppen
und ein Einkommen bis 11.000 umfasst (vgl. PWW/Soyka BGB
18. Aufl. § 1610 Rn. 29). Eine allgemeingültige feste Obergrenze besteht für den
Kindesunterhalt weiterhin nicht; vielmehr bleibt dem unterhaltsberechtigten Kind
die Darlegung eines höheren Bedarfs unbenommen (vgl. Senatsbeschluss
BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 Rn. 22). Allerdings ist insbesondere beim Unterhalt
minderjähriger Kinder zu beachten, dass dieser keine bloße Teilhabe am
Luxus der Eltern beinhaltet und naturgemäß erst recht nicht zur Vermögensbildung
des unterhaltsberechtigten Kindes dient. Schließlich ist das Maß des den
prägt, berechtigt also insbesondere nicht zu einer gleichen Teilhabe am Elterneinkommen
(Senatsbeschluss BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 Rn. 21 mwN).
Neben die Tabellenbeträge, die den Regelbedarf abdecken, kann nach
der Rechtsprechung des Senats ein Mehrbedarf für solche Bedarfspositionen treten,
welche ihrer Art nach nicht in den Tabellenbedarf und mithin auch nicht in
die Steigerungsbeträge einkalkuliert sind. An diesem hat sich der betreuende Elternteil
grundsätzlich zu beteiligen, weil insoweit eine Befreiung vom Barunterhalt
nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht eingreift. Nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB
haften die Eltern hierbei nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren
Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 233, 309
= FamRZ 2022, 1366 Rn. 43 mwN). Davon abzugrenzen ist ein erhöhter Bedarf
für solche Positionen, die ihrer Art nach bereits in der Struktur der Düsseldorfer
Tabelle enthalten sind, wie etwa ein erhöhter Wohnbedarf. Dieser ist kein Mehrbedarf
im eigentlichen Sinne, sondern stellt einen erhöhten Regelbedarf dar, der
- jedenfalls grundsätzlich - nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB allein vom barunterhaltspflichtigen
Elternteil zu tragen ist (Senatsbeschluss BGHZ 227, 41 = FamRZ
2021, 28 Rn. 24 mwN).

Welche Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten danach unterhaltsrechtlich
relevant sind und welche Wünsche des Unterhaltsberechtigten als bloße Teilhabe
am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nur unter Würdigung der besonderen
Verhältnisse der jeweiligen Beteiligten - namentlich auch einer Gewöhnung
des Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des Zusammenlebens
gepflegten aufwändigen Lebensstil - festgestellt werden.

Diese Gesamtumstände und Bedürfnisse müssen deshalb vom Unterhaltsberechtigten
konkret dargelegt werden, wobei an die Darlegungslast keine allzu hohen
Anforderungen gestellt werden dürfen (Senatsurteil vom 13. Oktober 1999
- XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359).

Ob und in welcher Höhe ein vom Unterhaltsberechtigten geltend gemachter
erhöhter Regelbedarf oder ein Mehrbedarf angemessen ist, obliegt der tatrichterlichen
Würdigung. Bei der Bemessung des erhöhten Regelbedarfs ist
das Gericht nicht gehindert, den zur Bedarfsdeckung erforderlichen Betrag unter
Heranziehung des Mehrbetrags zu berechnen, der sich aus der Gegenüberstellung
solcher besonderer Bedürfnisse mit bereits von den Richtwerten der
Düsseldorfer Tabelle erfassten Grundbedürfnissen ergibt, und unter Zuhilfenahme
allgemeinen Erfahrungswissens nach Maßgabe der § 113 Abs. 1 FamFG
iVm § 287 ZPO zu bestimmen (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1999
- XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359). Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist
diese tatrichterliche Entscheidung nur auf Rechtsfehler überprüfbar. Solche liegen
vor, wenn die Entscheidung des Tatrichters auf grundsätzlich falschen oder
offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder wesentliches tatsächliches Vorbringen
außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurteil vom 11. April 2001
- XII ZR 152/99 - FamRZ 2001, 1603, 1604 f. mwN).

2. Gemessen hieran hält die Entscheidung des Beschwerdegerichts den
Angriffen der Rechtsbeschwerde und der Anschlussrechtsbeschwerde nicht in
jeder Hinsicht stand.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht allerdings angenommen,
dass der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19. April 2021 eine Unterhaltsver-
pflichtung gegenüber der Antragstellerin in Höhe von 272 % des Mindestunterhalts
der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle anerkannt hat und er dieses Anerkenntnis
auch nicht wirksam widerrufen konnte.

aa) Von einem Anerkenntnis iSd § 113 Abs. 1 FamFG, § 307 ZPO, das
auch konkludent erklärt werden kann (vgl. Musielak/Voit/Musielak ZPO 20. Aufl.
§ 307 Rn. 3), ist auszugehen, wenn der Antragsgegner sich dem geltend gemachten
Anspruch als einem zu Recht bestehenden Anspruch unterwerfen und
auf die Fortsetzung des Verfahrens in der Sache verzichten will (vgl. BGH Urteil
vom 22. März 2018 - VII ZR 72/17 - NJW-RR 2018, 826 Rn. 12 mwN). Im vorliegenden
Fall hat der Antragsgegner mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten
vom 19. April 2021 eine Abweisung des Leistungsantrags der Antragstellerin
nur insoweit beantragt, als ein über den Betrag von 272 % der Düsseldorfer
Tabelle hinausgehender Kindesunterhalt gefordert wurde. Dass das Beschwerdegericht
diese Beschränkung des Abweisungsantrags dahingehend ausgelegt
hat, dass der Antragsgegner eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin
in Höhe von 272 % des Mindestunterhalts der jeweils gültigen
Düsseldorfer Tabelle anerkannt hat, begegnet rechtsbeschwerderechtlich keinen
Bedenken. Auch die Anschlussrechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

bb) Das Anerkenntnis ist auch wirksam erklärt worden. Da es nach § 113
Abs. 1 FamFG iVm § 307 Satz 2 ZPO einer mündlichen Verhandlung insoweit
nicht bedarf, kann es auch im schriftlichen Vorverfahren gegenüber dem Gericht
abgegeben werden (vgl. Musielak/Voit/Musielak ZPO 20. Aufl. § 307 Rn. 18;
BeckOK ZPO/Elzer [Stand: 1. Juli 2023] § 307 Rn. 20). Das Amtsgericht hatte
hier mit Verfügung vom 1. April 2021 das schriftliche Vorverfahren angeordnet.
Im Rahmen dieses Verfahrens hat der Antragsgegner den Schriftsatz vom
19. April 2021 eingereicht.

Die Wirksamkeit des Anerkenntnisses wird auch nicht dadurch in Frage
gestellt, dass das Beschwerdegericht keinen (Teil-)Anerkenntnisbeschluss erlassen
hat. Grundsätzlich behält ein Anerkenntnis seine Wirkung für das ganze Verfahren,
unabhängig davon, ob streitig verhandelt worden ist. Sie bleibt daher
auch dann bestehen, wenn kein Anerkenntnisbeschluss ergeht (vgl. Senatsurteil
vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 90).

b) Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde konnte der
Antragsgegner das Anerkenntnis nicht wirksam widerrufen.

aa) Ein Anerkenntnis im Sinne von § 307 ZPO ist eine Verfahrenshandlung
und kann deshalb grundsätzlich weder angefochten noch widerrufen werden
(BGH Urteil vom 21. September 2021 - X ZR 33/20 - NJW-RR 2021, 1505 Rn. 22
mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Widerruf ausnahmsweise
nur dann möglich, wenn ein Restitutionsgrund vorliegt, auf Grund
dessen das Anerkenntnisurteil mit der Wiederaufnahmeklage beseitigt werden
könnte. Um zu verhindern, dass bei Dauerschuldverhältnissen eine der zwischenzeitlich
veränderten materiellen Rechtslage widersprechende Entscheidung
ergeht, ist nach der Rechtsprechung des Senats auch bei Dauerschuldverhältnissen
ein Widerruf möglich, wenn ein nachträglich entstandener Abänderungsgrund
iSd § 323 Abs. 1 ZPO, § 238 FamFG gegeben ist (vgl. Senatsurteil
vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 90). Ein Abänderungsgrund
liegt vor, wenn sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung
zugrundeliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergeben hat. Dabei
kann sich eine Änderung der dem abzuändernden Beschluss zugrundeliegenden
rechtlichen Verhältnisse aus einer Änderung der Gesetzeslage, aus einer
dieser gleichkommenden verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes durch
das Bundesverfassungsgericht oder aus einer Änderung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ergeben (Sternal/Weber FamFG 21. Aufl. § 238 Rn. 88 mwN).

Ein Widerruf des Anerkenntnisses kommt aber nur dann in Betracht, wenn der
Abänderungsgrund nach Abgabe des Anerkenntnisses eingetreten ist (vgl. Senatsurteil
vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 90).

bb) Danach liegen hier die Voraussetzungen für den Widerruf eines Anerkenntnisses
nicht vor. Denn nach dem Zeitpunkt der Abgabe der Anerkenntniserklärung
haben sich weder die tatsächlichen noch die rechtlichen Verhältnisse,
die Grundlage des Anerkenntnisses waren, wesentlich verändert.

(1) Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde ist insbesondere
durch den im vorliegenden Verfahren im Rahmen der Auskunftsstufe
ergangenen Senatsbeschluss vom 16. September 2020 (BGHZ 227, 41 =
FamRZ 2021, 28) keine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eingetreten,
die den Widerruf des Anerkenntnisses rechtfertigen könnte. Zwar hat
der Senat in dieser Entscheidung unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung
(vgl. Senatsurteile vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359
und vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99 - FamRZ 2001, 1603, 1604) eine begrenzte
Fortschreibung der in der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Bedarfsbeträge
bis zur Höhe des Doppelten des höchsten darin (seinerzeit) ausgewiesenen
Einkommensbetrags als sachgerecht angesehen (vgl. BGHZ 227, 41 = FamRZ
2021, 28 Rn. 19 ff.). Ausführungen dazu, wie eine Fortschreibung der Tabellensätze
in diesem Einkommensbereich konkret vorgenommen werden soll, enthält
die Entscheidung jedoch nicht. Deshalb wurden in der Folgezeit im Schrifttum unterschiedliche
Auffassungen vertreten, wie eine Fortschreibung der Düsseldorfer
Tabelle bei höheren Einkommen erfolgen könne (vgl. Borth FamRZ 2021, 339,
340; Rubenbauer/Dose NZFam 2021, 661, 666 f.; Viefhues FF 2021, 5, 7; Menne
NJW 2021, 497, 500). Eine Erweiterung der Einkommensstufen wurde erstmals
in der ab dem 1. Januar 2022 maßgeblichen Fassung der Düsseldorfer Tabelle
(FamRZ 2022, 160) vorgenommen und für die höchste Einkommensstufe (von
9.501 ) ein Unterhaltsbedarf von 200 % des Mindestunterhalts festgesetzt.

(2) Diese Entwicklung erhellt, dass mit der geänderten Senatsrechtsprechung
zur Möglichkeit der begrenzten Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle
für hohe Einkommen und der damit verbundenen Fortschreibung der Düsseldorfer
Tabelle zum 1. Januar 2022 keine wesentliche Veränderung der tatsächlichen
oder rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist, die der Antragsgegner seiner Entscheidung,
den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin teilweise anzuerkennen,
zugrundegelegt hat. Eine Änderung der Düsseldorfer Tabelle stellt für sich genommen
nie eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse
dar, die zur Abänderung eines Unterhaltstitels nach § 238 FamFG berechtigt.
Die Düsseldorfer Tabelle ist keine Rechtsquelle und trotz ihrer erheblichen
praktischen Bedeutung insbesondere kein Gewohnheitsrecht. Sie ist lediglich
ein Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts iSd § 1610
BGB. Die in der Tabelle ausgewiesenen Richtsätze sind Erfahrungswerte, die
den Lebensbedarf des Kindes - ausgerichtet an den Lebensverhältnissen der Eltern
und an seinem Alter - auf der Grundlage durchschnittlicher Lebenshaltungskosten
typisieren, um so eine gleichmäßige Behandlung gleicher Lebenssachverhalte
zu erreichen (vgl. Klinkhammer in Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in
der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 2 Rn. 317). Eine Neufestsetzung der
in der Düsseldorfer Tabelle festgelegten Bedarfssätze stellt für sich genommen
auch keine Änderung der tatsächlichen Umstände dar, die die Abänderung eines
Unterhaltstitels nach § 238 FamFG iVm § 323 ZPO rechtfertigen kann. Die Änderung
der Werte der Düsseldorfer Tabelle trägt regelmäßig dem Umstand Rechnung,
dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl auf Seiten des Bedürftigen
als auch auf Seiten des Verpflichteten infolge Änderung der Lebenshaltungskosten
und der Einkommensverhältnisse seit der letzten Festsetzung dieser
Sätze gewandelt haben, und ist damit zugleich Ausdruck der Veränderung dieser
tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Senatsurteil BGHZ 162, 234 = FamRZ 2005, 608,
609). Fortschreibungen der Düsseldorfer Tabelle bilden daher nur Änderungen
der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ab, stellen aber selbst keine solche
Änderungen dar.

Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde ergibt sich
auch kein Abänderungsgrund daraus, dass das Amtsgericht von einer Fortschreibung
der Düsseldorfer Tabelle ausgegangen ist, die bei einem Einkommen
von über 11.000 272 % des Mindestbedarfs führt.

Etwaige Änderungen in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sind nicht geeignet,
die Voraussetzungen des § 238 FamFG zu erfüllen. Das Beschwerdegericht
hat daher zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner sich bei seiner
Entscheidung, den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin (teilweise) anzuerkennen,
lediglich von der Erwartung hat leiten lassen, dass eine Fortschreibung
der Düsseldorfer Tabelle bis zu einer Höhe von 272 % des Mindestunterhalts erfolgen
wird. Diese Erwartung hat sich jedoch nicht erfüllt. Eine fehlerhafte Beurteilung
der Rechtslage rechtfertigt jedoch nicht den Widerruf eines Anerkenntnisses
(vgl. Musielak/Voit/Borth ZPO 20. Aufl. § 323 Rn. 21).

c) Schließlich kann - unabhängig von der rechtlichen Relevanz - auch
nicht der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde gefolgt werden, das Anerkenntnis
sei jedenfalls in dem Sinne auszulegen, dass mit 272 % des Mindestunterhalts
nach der Düsseldorfer Tabelle der gesamte Bedarf der Antragstellerin
abgedeckt sein sollte und nicht lediglich ein Teilbedarf, dem noch weitere Bedarfspositionen
hinzugerechnet werden könnten. Denn in dem Schriftsatz vom
19. April 2021 führt der Antragsgegner aus, dass der Antragstellerin für ihr Hobby
Reiten ein Mehrbedarf in Höhe von 235 der von ihm zu zahlen sei.
Dies zeigt, dass der Antragsgegner selbst nicht davon ausging, dass sein Anerkenntnis
den gesamten von der Antragstellerin geltend gemachten Unterhaltsanspruch
erfasst.

3. Die vom Beschwerdegericht vorgenommene vereinfachende Schätzung
der auf die Antragstellerin entfallenden Wohnmehrkosten ist hingegen nicht
frei von Rechtsbedenken.

a) Ob und in welchem Umfang aufgrund eines erhöhten Wohnbedarfs höhere
Kosten auftreten, beurteilt sich in der Regel aus einem Vergleich der auf das
Kind entfallenden tatsächlichen mit den in den Tabellenbedarf einkalkulierten
Wohnkosten, die nach der Rechtsprechung des Senats üblicherweise mit jeweils
20 % des Tabellenbetrags pauschaliert werden (vgl. Senatsbeschluss BGHZ
213, 254 = FamRZ 2017, 437 Rn. 35).

Da ein minderjähriges Kind neben seinem Kinderzimmer auch die weiteren
Räume der Wohnung mitbenutzt, kann sein Anteil an den tatsächlichen
Wohnkosten in der Regel regelmäßig nicht konkret beziffert, sondern nur im
Wege der tatrichterlichen Schätzung (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 287 ZPO)
bewertet werden. Diese ist rechtsbeschwerderechtlich nur daraufhin überprüfbar,
ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Beteiligten unberücksichtigt gelassen,
Rechtsgrundsätze der Bemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren
außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde
gelegt hat (Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2020 - XII ZB 201/19 -
FamRZ 2021, 186 Rn. 32 mwN). Dabei wird eine tatrichterliche Schätzung, die
sich bei einem Zweipersonenhaushalt zwischen der nach dem 13. Existenzminimumbericht
der Bundesregierung für das Jahr 2022, dort unter 5.1.3, als angemessen
angesehenen Wohnfläche von 12 m² für ein Kind (BT-Drucks. 19/22800
S. 8) und einer Obergrenze von 50 % der tatsächlichen Wohnfläche bewegt, regelmäßig
keinen rechtsbeschwerderechtlichen Bedenken begegnen. Dabei wird
regelmäßig die Zuweisung eines Drittels der Wohnfläche an das in einem Zweipersonenhaushalt
lebende Kind durch die Tatrichter aus rechtlichen Gründen
nicht zu beanstanden sein. Maßgeblich sind jedoch stets die tatsächlichen Umstände
des Einzelfalls, die gegebenenfalls eine Abweichung hiervon erforderlichen
machen können. Soweit der Senatsentscheidung vom 29. September 2021
(XII ZB 474/20 - FamRZ 2021, 1965 Rn. 30, 33) etwas anderes entnommen werden
könnte, hält der Senat hieran nicht fest.

b) Auch unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs
ist die vom Beschwerdegericht vorgenommene Bemessung des Wohnbedarfs
der Antragstellerin nicht haltbar.

Zwar bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass das Beschwerdegericht
die Größe der Wohnung, die die Antragstellerin gemeinsam mit ihrer
Mutter bewohnt, und den Mietpreis von 21 unter den hier
maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners für angemessen
erachtet hat. Auch die Anschlussrechtsbeschwerde wendet sich hiergegen
nicht. Das Beschwerdegericht durfte seiner Schätzung der auf die Antragstellerin
entfallenden Wohnfläche jedoch nicht den vom Antragsgegner anerkannten Bedarfssatz
von 272 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle zugrunde
legen. Denn zum einen bezieht sich dieses Anerkenntnis nur auf den Unterhaltsanspruch
der Antragstellerin als solchen. Aus dem abgegebenen Anerkenntnis
lässt sich aber nicht schließen, dass der Antragsgegner auch bereit ist, eine
Wohnfläche für die Antragstellerin als angemessen zu akzeptieren, die in ihrer
Größe der vom Beschwerdegericht errechneten Fläche entspricht. Zum anderen
berücksichtigt der vom Beschwerdegericht gewählte Ansatz nicht ausreichend,
dass das Kind neben seinem Kinderzimmer auch anteilig weitere Räume in dem
gemeinsamen Haushalt nutzt, was bei der Wohnbedarfsermittlung ebenfalls zu
berücksichtigen ist.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht auch den von der Antragstellerin
geltend gemachten Mehrbedarf wegen der für die Ausübung des Reitsports
anfallenden Kosten nicht anerkannt.

a) Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht
allerdings angenommen, dass die für die Ausübung des Reitsports anfallenden
monatlichen Kosten unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf darstellen können. Als
Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs (§ 1610 BGB) anzusehen, der regelmäßig
während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt,
dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht erfasst werden
kann, andererseits aber kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden
Unterhalts berücksichtigt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juli
2013 - XII ZB 298/12 - FamRZ 2013, 1563 Rn. 7 mwN).

b) Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde jedoch gegen die Erwägungen,
mit denen das Beschwerdegericht eine Erstreckung der Unterhaltsverpflichtung
des Antragsgegners auf diesen Mehrbedarf abgelehnt hat.

aa) Für die Frage, ob ein unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf vom Barunterhaltspflichtigen
zu übernehmen ist, ist zunächst entscheidend, wer die elterliche
Sorge für das minderjährige Kind innehat. Ist ein Elternteil allein sorgeberechtigt
(oder ist ihm die Entscheidung einer Angelegenheit nach § 1628 BGB vom
Familiengericht übertragen worden), so bestimmt er - vorbehaltlich einer Angemessenheitskontrolle
im Einzelfall - grundsätzlich über die Art und Kosten der
einzelnen Maßnahme allein (vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2022] § 1610
Rn. 284). Sind die Eltern - wie im vorliegenden Fall - gemeinsam sorgeberechtigt,
kommt es nach § 1687 Abs. 1 BGB darauf an, ob es sich bei der betreffenden
(kostenauslösenden) Maßnahme um eine solche mit erheblicher Bedeutung für
das Kind handelt oder um eine Angelegenheit des täglichen Lebens. Im ersten
Fall bedarf es des gegenseitigen Einvernehmens der Eltern (§ 1687 Abs. 1
Satz 1 BGB). Fehlt es hieran, sind die entstehenden Kosten grundsätzlich kein
angemessener Unterhaltsbedarf des Kindes. Etwas anderes kann gelten, wenn
sich die Zustimmungsverweigerung des mitsorgeberechtigten Elternteils als
rechtsmissbräuchlich erweist (vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2022] § 1610
Rn. 283).

bb) Soweit das Beschwerdegericht angenommen hat, bei der Erlaubnis,
den Reitsport auszuüben, handele es sich um eine Angelegenheit von erheblicher
Bedeutung iSv § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB, die des gegenseitigen Einvernehmens
der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern bedarf, ist hiergegen aus
Rechtsgründen nichts zu erinnern.

, der eine allgemeingültige
Definition nicht zulässt. Bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter
unbestimmte Rechtsbegriffe hat das Rechtsbeschwerdegericht den tatrichterlichen
Beurteilungsspielraum zu respektieren. Es darf regelmäßig nur überprüfen,
ob der Tatrichter den Rechtsbegriff richtig erfasst hat, ob er den Sachverhalt verfahrensfehlerfrei
festgestellt hat, ob er wesentliche Tatumstände übersehen oder
nicht vollständig gewürdigt hat und ob seine Wertung gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 234, 212 = FamRZ 2022,
1308 Rn. 21 mwN).

Nach diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab halten die Erwägungen,
mit denen das Beschwerdegericht das Vorliegen einer Angelegenheit von erheblicher
Bedeutung iSv § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht hat, der rechtlichen Überprüfung
stand. Das Beschwerdegericht hat sich ausführlich mit den gesundheitlichen
Gefahren befasst, die mit der Ausübung des Reitsports gerade auch bei
Kindern und Jugendlichen verbunden sind. Dass es daraus den Schluss gezogen
hat, die Aufnahme des Reitsports sei eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung
für das Kind, hält sich im Rahmen der tatrichterlichen Verantwortung.
cc) Die Ausführungen des Beschwerdegerichts, mit denen es das Vorliegen
des Einvernehmens mit der Ausübung des Reitsports vollständig ausgeschlossen
hat, beruhen hingegen auf einer nicht tragfähigen Begründung, weil
das Beschwerdegericht den entsprechenden Vortrag der Beteiligten nicht ausreichend
in den Blick genommen hat.

Das im Rahmen des § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche gegenseitige
Einvernehmen der sorgeberechtigten Eltern muss nicht ausdrücklich, sondern
kann auch konkludent erklärt werden (PWW/Ziegler BGB 18. Aufl. § 1687 Rn. 4).
Deshalb kann ein Elternteil durch faktisches Handeln oder bloßes Gewährenlassen
sein Einvernehmen in einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung zum
Ausdruck bringen (BeckOK BGB/Hau/Poseck [Stand: 1. Januar 2023] § 1687
Rn. 18). Ebenso wenig ist erforderlich, dass das Einvernehmen sämtliche Einzelheiten
betrifft. Ausreichend ist, dass sich die Eltern über eine Grundrichtung verständigen
(vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; Grüneberg/Götz
BGB 82. Aufl. § 1687 Rn. 5).

Die Rechtsbeschwerde weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Antragsgegner
in diesem Verfahren selbst mehrfach Vortrag gehalten hat, der auf
sein Einverständnis mit der Ausübung des Reitsports als Hobby der Antragstellerin
schließen lässt. So ließ er insbesondere noch im Schriftsatz vom 4. Februar
2022 vortragen, dass der Antragstellerin nicht abgesprochen werde, das Hobbyreiten
als Ausgleich und auch zu ihrem seelischen und psychischen Wohlbefinden
auszuüben. An anderer Stelle hat der Antragsgegner geltend gemacht, es
bestehe kein Einverständnis damit, dass die Antragstellerin im derzeit betriebenen
Umfang reite; die Antragstellerin solle das Reiten als Hobby ausüben und
nicht als Karriere. Schließlich hat der Antragsgegner auch in dem Schriftsatz vom
19. April 2021 erklärt, dass der Antragstellerin für das Hobby Reiten ein Mehrbedarf
in Höhe von 235 Mit diesem Vorbringen
hätte sich das Beschwerdegericht auseinandersetzen müssen, um zu prüfen, ob
zwischen den Eltern der Antragstellerin nicht zumindest insoweit ein Einvernehmen
iSv § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, als es die Ausübung des Reitsports
als Hobby betrifft.

5. Soweit sich die Antragstellerin dagegen wendet, dass das Beschwerdegericht
den von ihr geltend gemachten Bedarf für Kleidung nicht in vollem Umfang
zugesprochen hat, bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

Die Entscheidung, ob ein geltend gemachter Bedarf als angemessen oder
bereits als Teilhabe am Luxus zu definieren ist, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung,
die im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden
kann. Solche liegen jedoch nicht vor und werden von der Rechtsbeschwerde
auch nicht aufgezeigt.

Das Beschwerdegericht hat sich insoweit der Auffassung des Amtsgerichts
angeschlossen, dass der Bedarf der Antragstellerin an Kleidung bereits
durch den vom Antragsgegner anerkannten Kindesunterhalt in Höhe von 272 %
des Mindestbedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle finanziert werden kann. Hiergegen
ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Das Amtsgericht hat zutreffend
ausgeführt, dass der Antragstellerin aufgrund der vom Antragsgegner anerkannten
Unterhaltsverpflichtung ein Betrag von monatlich 109,18 jährlich
1.310,16
die Instanzgerichte - auch im Hinblick auf den von der Antragstellerin vorgetragenen
jährlichen Bedarf an Kleidung und Schuhen - angenommen haben, dieser
Betrag reiche aus, um auch bei einem gehobenen Lebensstil den entsprechenden
Bedarf der Antragstellerin zu decken, hält sich im Rahmen der tatrichterlichen
Verantwortung und lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

6. Gleiches gilt für den von der Antragstellerin geltend gemachten erhöhten
Regelbedarf für Urlaubsreisen. Auch insoweit sind die Ausführungen des Beschwerdegerichts
frei von Rechtsfehlern. Soweit die Rechtsbeschwerde hiergegen
einwendet, das Beschwerdegericht sei unzutreffend davon ausgegangen,
dass die Kosten für Urlaube aus Positionen abgedeckt werden könnten, die bereits
in die Düsseldorfer Tabelle eingeflossen seien, kann sie damit nicht durchdringen.
Das Beschwerdegericht hat einerseits berücksichtigt, dass die Kosten
für Urlaube bereits teilweise in den in die Düsseldorfer Tabelle eingeflossenen
Positionen Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2
Abteilung 11 RBEG), Verkehr (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Abteilung 7 RBEG) sowie Freizeit,
Unterhaltung und Kultur (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Abteilung 9 RBEG) enthalten sind. Andererseits
hat es den Gesichtspunkt, dass die Kosten für Urlaube von den Positionen,
die in die Düsseldorfer Tabelle eingeflossen sind, nur teilweise abgedeckt
sind, ausdrücklich in Rechnung gestellt und ausgeführt, dass die Positionen für
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen, Verkehr, Freizeit, Unterhaltung
und Kultur nicht ausschließlich für Urlaube gedacht seien. Wenn das Beschwerdegericht
dann im Rahmen des ihm zukommenden tatrichterlichen Schätzungsermessens
(§ 287 ZPO) zu der Annahme kommt, die Antragstellerin könne
aus dem Tabellenunterhalt jährlich etwa 550 für Urlaub verwenden, kann die
Rechtsbeschwerde dem nicht erfolgreich eigene Berechnungen gegenüberstellen.

7. Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Beschwerdegericht die
Mutter der Antragstellerin aufgrund des erheblichen Unterschieds zwischen ihrem
Einkommen und dem des Antragsgegners für die Kosten des geltend gemachten
Mehrbedarfs nicht in die Pflicht genommen hat.

Zwar hat sich der betreuende Elternteil grundsätzlich anteilig nach den Erwerbs-
und Vermögensverhältnissen der Eltern an den Kosten eines berechtigten
Mehrbedarfs zu beteiligen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 233, 309 = FamRZ
2022, 1366 Rn. 43 mwN). Aber auch in diesem Zusammenhang ist die unterhaltsrechtliche
Belastung der Elternteile im Rahmen einer umfassenden Billigkeitsprüfung
angemessen zu würdigen (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013
- XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 28).

Für den Fall, dass der betreuende Elternteil etwa über das Dreifache der
unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkünfte des an sich barunterhaltspflichtigen
Elternteils verfügt, hat der Senat entschieden, dass sich dann die Einkommensdifferenz
einer Grenze nähert, bei der es unter gewöhnlichen Umständen der Billigkeit
entsprechen kann, den betreuenden Elternteil auch den Barunterhalt für
das Kind in voller Höhe aufbringen zu lassen (Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013
- XII ZB 297/12 - FamRZ 2013, 1558 Rn. 29 mwN). Wenn aber eine erhebliche
Einkommensdifferenz zwischen den Elternteilen es bereits rechtfertigt, dem betreuenden
Elternteil auch die Barunterhaltspflicht aufzuerlegen, bestehen in einem
Fall wie dem vorliegenden, bei dem der barunterhaltspflichtige Elternteil mindestens
über das Zehnfache des Einkommens des anderen Elternteils verfügt,
keine rechtlichen Bedenken dagegen, dem Antragsgegner als dem barunterhaltspflichtigen
Elternteil die Kosten für einen berechtigten Mehrbedarf der Antragstellerin
in vollem Umfang aufzuerlegen.

III.
Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben und ist
aufzuheben. Der Senat kann die Sache auf der Grundlage der bislang getroffenen
Feststellungen nicht selbst entscheiden. Für das weitere Verfahren sind die
folgenden Hinweise veranlasst:
Bei der erneuten Entscheidung wird sich das Beschwerdegericht insbesondere
die Frage vorzulegen haben, ob im Hinblick auf den Inhalt des Anerkenntnisses
des Antragsgegners dessen Unterhaltsverpflichtung nicht (zumindest
teilweise) dynamisch zu titulieren und in der Beschlussformel der für die Abänderung
des bestehenden Unterhaltstitels nach § 238 Abs. 3 Satz 1 FamFG
maßgebliche Zeitpunkt der Abänderung aufzunehmen ist.

Weiter wird sich das Beschwerdegericht damit befassen müssen, ob das
Einverständnis des Antragsgegners mit der Ausübung des Reitsports als Hobby
sich nicht auch auf die weitere Entwicklung der sportlichen Betätigung der Antragstellerin
erstreckt oder ob der derzeitige Umfang tatsächlich signifikant über
den eines als Hobby betriebenen Reitsports oder anderer Sportarten hinausgeht.
Gegebenenfalls wird sich das Beschwerdegericht erneut mit der Frage befassen
müssen, ob die Verweigerung der Zustimmung durch den Antragsgegner rechtsmissbräuchlich
ist. Dabei wird es im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch zu
berücksichtigen haben, ob sich die Ausweitung der reitsportlichen Aktivitäten
möglicherweise positiv auf die persönliche Entwicklung der Antragstellerin auswirkt.
Schließlich weist der Senat darauf hin, dass urteilsersetzende Beschlüsse
in Ehesachen und Familienstreitsachen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm
§ 311 Abs. 2 ZPO durch das Verlesen der Beschlussformel oder durch die Bezugnahme
auf die Beschlussformel zu verkünden sind (vgl. Senatsbeschluss
vom 13. Juni 2012 - XII ZB 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 15 mwN).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

20.09.2023

Aktenzeichen:

XII ZB 177/22

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)
Kindes- und Verwandtenunterhalt

Normen in Titel:

BGB § 1610; FamFG § 113; ZPO § 307