Anliegerweg als unselbständiger Grundstücksbestandteil
aber die weitere Klausel, daß die Kosten der Beseitigung von
Schäden, die auf unsachgemäßes Verhalten eines Miteigentümers, seiner Familie oder Besucher zurückzuführen sind,
zu dessen (d. h. des Miteigentümers) Lasten gehen. Denn
hier soll nicht ein mit
von ihm abweichender Verteilungsmaßstab für die Lasten
und Kosten des gemeinschaftlichen Grundstücks bestimmt,
hier soll auch nicht die Lasten- und Kostentragung in Beziehung zur Benutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks gesetzt werden. Es soll vielmehr die persönliche Verantwortlichkeit für unsachgemäßes (d. h. schuldhaftes) Verhalten des Miteigentümers selbst oder anderer Personen
festgelegt werden. Eine solche Regelung sprengt den
Rahmen des
eine deliktische Schadensersatzpflicht oder die Schadensersatzpflicht wegen Verletzung gemeinschaftsrechtlicher
Pflichten (vgl. dazu
Rdnr. 3, BGB-RGRK-von Gamm , Rdnr. 12, MünchKomm/
K. Schmidt Rdnr.33, jeweils zu § 741) kann ebensowenig
wie eine andere Schadensersatzpflicht durch. Eintragung in
das Grundbuch „verdinglicht" werden.
10.
1. Ein Grundstück, zu dem ein Anliegerweg gehört, ist auch
dann „übereinstimmend mit dem Grundbuch" bezeichnet, wenn in der Eintragungsbewilligung der Hinweis auf
den Anliegerweg fehlt.
2. Ist bei einem Grundstück im Bestandsverzeichnis
vermerkt „hierzu die zum Weg Flst.... gezogene Teilfläche' so handelt es sich dabei um einen sog. Anliegerweg, der einen unselbständigen .Bestandteil des Grundstücks bildet.
BayObLG, Beschluß vom 30.7.1992 — 2 Z BR 48/92 — mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
Aus dem Tatbestand:
Die Beteiligte zu 1 hatte von ihrem Vater ein Grundstück übereignet
bekommen, das im Grundbuch wie folgt bezeichnet war: „Flst. 1045/6
an der N.straße, Grünland-Acker (Bauplatz) zu 0,0969 ha, hierzu die
zum Weg Flst. 99013 gezogene Teilfläche".
Im Januar 1977 veräußerte die Beteiligte zu 1 das Grundstück an den
Beteiligten zu 2. Der Kaufgegenstand ist im notariellen Vertrag, der
auch die Auflassung und Eintragungsbewilligung enthält, wie folgt
bezeichnet:
„Flst.Nr. 1045/6 An der N.straße, Grünland-Acker (Bauplatz) zu
0,0969 ha, vorgetragen im Grundbuch ..."
Der Beteiligte zu 2 ist seit 10.8.1977 als Eigentümer im Grundbuch
eingetragen. Der Beschrieb lautet jetzt:
„Flst. 1045/6 N.straße 62, Wohnhaus, Nebengebäude, Garten zu
0,0969 ha, hierzu die zum Weg Fist. 990/3 gezogene Teilfläche (Best.
Nr. 93)."
Mit Schreiben vom 26.10.1991 hat die Beteiligte zu 1 beim Grundbuchamt beantragt, gegen die Richtigkeit des Grundbuchs einen
Widerspruch einzutragen, weil der Beteiligte zu 2 zu Unrecht als
Eigentümer der Wegeteilfläche Flst. 990/3 eingetragen worden sei.
Ausweislich des notariellen Kaufvertrags sei diese Teilfläche nicht an
ihn veräußert worden.
Das Grundbuchamt hat die Eintragung eines Widerspruchs abgelehnt. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
Aus den Gründen:
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 ist unbegründet.
Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung stand:
a)Die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1
GBO, die allein Ziel des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens sein kann (§§ 78, 71 Abs.2 GBO), setzt voraus,
daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das
Grundbuch unrichtig geworden ist. Dabei muß die Gesetzesverletzung feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs
glaubhaft sein (Horber/Demharter GBO 19. Aufl. § 53 Anm. 9
m. w. N.).
b)Im vorliegenden Fall steht weder eine Gesetzesverletzung
bei der Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer fest
noch ist erkennbar, daß das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig geworden ist.
(1) Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung des Beteiligten zu 2 als Eigentümer nicht gegen
das betroffene Grundstück entweder „übereinstimmend mit
dem Grundbuch" oder „durch Hinweis auf das Grundbuchblatt" bezeichnet wird. Diesem Erfordernis war im notariellen- Kaufvertrag, der auch die Auflassung und die Eintragungsbewilligung enthält, Rechnung getragen. Da, wie das
Landgericht zutreffend dargelegt hat, die Vorschrift des § 28
GBO nicht formalistisch überspannt werden darf, ist die Eintragungsbewilligung der Beteiligten zu 1 im notariellen Kaufvertrag auszulegen. Diese Auslegung, die das Landgericht
richtig vorgenommen hat, hinterläßt keinerlei Zweifel, daß
die mit Flst. 990/3 bezeichnete Teilfläche an den Beteiligten
zu 2 mitübereignet worden ist.
Abgesehen von den Gesichtspunkten, die das Landgericht
für diese Auslegung angeführt hat, ergibt sich dies daraus,
daß die Wegeteilfläche von Flst. 990/3 kein selbständiges
Grundstück im Rechtssinne ist. Bei FISt. 990/3 handelt es
sich um einen sog. Anliegerweg (auch Angrenzerweg
genannt). Bei der Anlegung der Liegenschaftskataster in
Bayern erhielten die vorhandenen Anliegerwege ohne Rücksicht auf die Eigentumsgrenzen eigene Flurstücknummern
(BayObLG
Grundbuch, Grundstück, Grenze 3. Aufl. §§ 3, 4 Rdnrn. 22
und 24). Ein solcher Anliegerweg besteht aus so vielen Teilflächen wie Grundstücke im Rechtssinn daran grenzen, wobei jeder Grundstückseigentümer Alleineigentümer der vor
seinem Grundstück liegenden Wegeteilfläche bis zur Mitte
des Weges ist. Die Wegeteilfläche ist eigentumsrechtlich
ein unselbständiger Bestandteil des angrenzenden Grundstücks (BayObLG
324/329 f. für ein Anliegergewässer; BengeuSimmerding § 22
Rdnr.45; Haegele/Schöner/Stöber Grundbuchrecht 9.Aufl.
Rdnr. 563). Die Wegeteilfläche kann nur dann ein vom Hauptgrundstück verschiedenes rechtliches Schicksal haben,
wenn sie vorher vermessen wurde und eine eigene Flurstücknummer erhält. Für dieses dann verselbständigte
Grundstück muß zudem ein eigenes Grundbuchblatt angelegt werden (BayObLG
Demgemäß ergeben sich aus der Weglassung des Vermerks
„hierzu die zum Weg Flst. 990/3 gezogene Teilfläche" im
MittBayNot 1992 Heft 5 335
notariellen Kaufvertrag keinerlei Zweifel über den Vertragsgegenstand. Auch ohne diesen Zusatz ist das Grundstück
„übereinstimmend mit dem Grundbuch" bezeichnet (Horber/Demharter § 28 Anm. 5 a; Meikel/Lichtenberger Grundbuchrecht 7. Aufl. § 28 Rdnr.40).
Mit Beschluß vom 20.03.1992 wies das Amtsgericht den Antrag
zurück mit dem Hinweis, es fehle für die Eintragung der altrechtlichen Dienstbarkeit an erster Rangstelle die Eintragungsbewilligung
der Betroffenen der Rechte in Abteilung II, ferner sei zur gewünschten Rangänderung die Einigung zwischen den vor- und zurücktretenden Berechtigten erforderlich.
(2) Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, daß das Grundbuch
unrichtig ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Auflassung die Wegeteilfläche nicht mitumfaßt hätte. Das kann
nach dem Wortlaut der Urkunde nicht angenommen werden.
Als unselbständiger Grundstücksbestandteil mußte die
Wegeteilfläche nicht ausdrücklich als Vertragsgegenstand
genannt werden. Eine besondere Erwähnung wäre nur dann
notwendig gewesen, wenn die Wegeteilfläche nicht auf den
Beteiligten zu 2 hätte übertragen werden sollen. Dann wäre
allerdings, wie vorstehend ausgeführt, außerdem eine Vermessung der Wegeteilfläche und die Anlegung eines eigenen Grundbuchblatts erforderlich gewesen. Nichts davon ist
hier geschehen. Für die Entscheidung unerheblich ist die
öffentlich-rechtliche Einstufung des Weges nach dem Bayer.
Straßen- und Wegegesetz, auf die der Beteiligte zu 2 hingewiesen hat.
Hiergegen ließ der Antragsteller am 07.04.1992 Erinnerung einlegen,
auf deren Begründung bei den Akten Bezug genommen wird.
Ob die notarielle Urkunde den erklärten Willen der Beteiligten zu 1 richtig wiedergibt, ist im Grundbuchverfahren ebensowenig zu prüfen wie die Frage einer etwaigen Anfechtung
der damaligen Willenserklärung.
11. GBO § 53, 29 (Eintragung einer altrechtlichen Dienstbarkeit aufgrund Unrichtigkeitsnachweises)
Die rangrichtige Eintragung altrechtlicher Dienstbarkeiten
kann im Wege der Grundbuchberichtigung entweder aufgrund Berichtigungsbewilligungen des Eigentümers des
dienenden Grundstücks sowie der am dienenden Grundstück nachrangig dinglich Berechtigten oder aber aufgrund
Unrichtigkeitsnachweises herbeigeführt werden. Im letzteren Fall sind lediglich Entstehen und Fortbestand des Altrechtes in der Form des
Eigentümer des dienenden Grundstücks sowie den daran
dinglich Berechtigten ist dabei zwar rechtliches Gehör zu
gewähren, es bedarf jedoch keiner Grundbuchbewilligungen
ihrerseits.
(Leitsatz nicht amtlich)
LG Nürnberg-Fürth, Beschluß vom 11.6.1992, — Az. 13 T
3294/92 —, mitgeteilt von Inspektor i. N. Rainer Haußmann,
Nürnberg
Aus dem Tatbestand:
Der Beteiligte zu 1) und Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Flur-Nr.23/4 der Gemarkung G. Mit Anträgen vom 16.01.1992
verlangte er die Eintragung einer altrechtlichen Dienstbarkeit am
Nachbargrundstück, Flur-Nr.23/3 der Gemarkung G. Dazu legte er
einen notariellen Vertrag des königlichen Notars S. vom 21.07.1890
vor, aus dem die seinerzeitige vertragliche Einräumung eines Durchgangsrechts ersichtlich ist.
Mit Zwischenverfügung vom 20.01.1992 verlangte das Grundbuchamt den Antrag in der Form des
eingetragenen Berechtigten, da die altrechtliche Dienstbarkeit im
Wege der Grundbuchberichtigung nur mit dem ihm zustehenden
Rang im Grundbuch eingetragen werden könne.
Am 16.03.1992 ließ der Beteiligte zu 1) den Antrag in der Form des
dem Hinweis, eine Berichtigungsbewilligung dieser Berechtigten sei
zum rangrichtigen Eintrag derzeit nicht erreichbar.
Das Amtsgericht half der Erinnerung nicht ab und legte die Sache
dem Landgericht vor.
Aus den Gründen:
Auf die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des
Antragstellers ist der Beschluß des Amtsgerichts vom
20.03.1992 mitsamt der Zwischenverfügung vom 20.01.1992
in Nr.2 aufzuheben gewesen. Zu Unrecht macht das Grundbuchamt die Eintragung der altrechtlichen Dienstbarkeit
von der Bewilligung der später in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Berechtigten abhängig, denn die Eintragung soll aufgrund Unrichtigkeitsnachweis geführt
werden. Gelingt dieser Nachweis, bedarf es einer Bewilligung der betroffenen Berechtigten nicht.
Hierzu ist im einzelnen auszuführen:
1. Die Eintragung eines altrechtlichen Geh- und Fahrtrechtes
kommt im Wege der Grundbuchberichtigung nach
in Betracht. Voraussetzung ist, daß entweder
a) die Berichtigungsbewilligung des Eigentümers des belasteten Grundstücks sowie Berichtigungsbewilligungen
evtl. weiterer Berechtigter vorliegen, oder
b) der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs erbracht
ist.
Der Antragsteller begehrt vorliegend die Eintragung über
den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Denn für
die Entstehung des Geh- und Fahrtrechts hat er den notariellen Begründungsvertrag aus dem Jahre 1890 vorgelegt.
Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, daß damit der
Nachweis der Entstehung der altrechtlichen Dienstbarkeit
erbracht ist. Dies alleine reicht jedoch noch nicht, um die
Unrichtigkeit des Grundbuchs, wie das Grundbuchamt
meint, annehmen zu können. Auch das Fortbestehen des
Altrechts ist in der Form des
RPfl 1990/351). Dies ist jedoch noch nicht geschehen, denn
der Antragsteller hat bislang einen Nachweis dafür, daß die
altrechtliche Dienstbarkeit seit ihrer Entstehung im Jahre
1890 ununterbrochen ausgeübt worden ist (BayObLGZ
1991/144), nicht erbracht. Die bloße Behauptung, der Durchgang werde auch heute noch genutzt, reicht hierfür nicht
aus. Vielmehr muß der Antragsteller den vollen Beweis für
seine Behauptung erbringen.
Dem Antragsteller wäre durch Zwischenverfügung aufzugeben gewesen, diesen Nachweis zu führen, bevor sein Antrag zurückgewiesen worden wäre. Das Grundbuchamt wird
dies bei der künftigen Behandlung des Antrags nachzuholen
haben.
2. Das Grundbuchamt wird, da Grundbuchberichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises beantragt ist, auch dem
Eigentümer des belasteten Grundstücks und den Berechtigten aus Abteilung II rechtliches Gehör zu gewahren haben
(vgl. Horber/Demharter, Grundbuchordnung, 19.Aufl., §22
Anm. 12 e), denn deren grundbuchmäßigen Rechte können
durch die berichtigende Eintragung beeinträchtigt werden
(Horber/Demharter, a. a. 0., § 1 Anm. 16 a).
MittBayNot 1992 Heft 5
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:30.07.1992
Aktenzeichen:2 Z BR 48/92
Erschienen in: Normen in Titel:GBO §§ 3, 28