Vollmachtloses Handeln für einen verstorbenen Grundstückseigentümer; Geltung deutschen Erbrechts für ein in Deutschland belegenes Nachlassgrundstück eines britischen Staatsangehörigen
BGB §§ 164, 177, 1922; GBO § 19; EuErbVO Art. 20, 21, 34
Vollmachtloses Handeln für einen verstorbenen Grundstückseigentümer; Geltung deutschen Erbrechts für ein in Deutschland belegenes Nachlassgrundstück eines britischen Staatsangehörigen
1. Handelt ein vollmachtloser Vertreter im Namen eines verstorbenen Grundstückeigentümers, gibt er also eine Willenserklärung oder Verfahrenserklärung im Namen einer nicht mehr existierenden Person ab, so ist das Rechtsgeschäft einer Genehmigung durch die Erben nicht zugänglich.
2. War der Erblasser britischer Staatsangehöriger, so gilt für die Erbfolge in sein in Deutschland belegenes Nachlassgrundstück kraft Rückverweisung das deutsche Recht mit der Folge, dass nicht der in England bestellte „administrator“, sondern die nach BGB zu bestimmenden Erben des Verstorbenen verfügungsbefugt sind. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Bremen, Beschl. v. 16.4.2020 – 3 W 9/20
Problem
Mit notariellem Kaufvertrag erwarben mehrere Beteiligte in Bremerhaven belegenen Grundbesitz. Eine weitere Beteiligte (im Folgenden: „Erblasserin“) wurde beim Kaufvertragsabschluss vollmachtlos vertreten. Wie sich später herausstellte, war sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits verstorben. Sie war britische Staatsangehörige (England und Wales) und hatte dort auch ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt. Für sie war durch den High Court of Justice England and Wales ein administrator des Nachlasses bestellt worden. Dieser hat mit notariell beglaubigter Erklärung den Kaufvertragsschluss durch die Erblasserin genehmigt.
Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung der Vormerkung ab und führte zur Begründung aus, dass angesichts der in England geltenden Nachlassspaltung für das in Deutschland befindliche unbewegliche Vermögen deutsches Recht gelte und der administrator deswegen die Genehmigungserklärung nicht abgeben könne. Erforderlich sei vielmehr die Zustimmung der Erben der Erblasserin unter Vorlage eines gegenständlich beschränkten Erbescheins.
Entscheidung
Die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Das OLG Bremen stützt seine ablehnende Entscheidung ausschließlich darauf, dass die bereits verstorbene Erblasserin keine Willenserklärung abgeben könne. Auch ein vollmachtloser Vertreter könne für eine nicht mehr existente Person nicht auftreten.
Anmerkung
Es ist anerkannt ist, dass auch die Genehmigungsbefugnis i. S. d.
Die entscheidende Frage ist jedoch eine andere: Ist der Vertretene zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung bereits verstorben, so muss geprüft werden, ob der Vertreter hilfsweise für die Erben handeln wollte. Das ist eine Tatfrage, die im Einzelfall beleuchtet werden muss. In aller Regel wird man durch Umdeutung gem.
„Ein Vertrag, der von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen eines Vermißten geschlossen wurde, kann durch Genehmigung der Erben des Vermißten wirksam werden, wenn sich später ergibt, daß der Vertretene zur Zeit des Abschlusses des Vertrags nicht mehr lebte.“
Bzgl. der IPR-Fragestellungen ist die Entscheidung des OLG – ebenso wie bereits die Zwischenverfügung des Grundbuchamts – zutreffend. Vom Gericht nicht angesprochen wird zwar die Frage des anwendbaren Rechts bzgl. der Vertretung ohne Vertretungsmach, im Ergebnis aber zutreffend gelöst. Diese richtet sich nach dem Geschäftsstatut (strittig, vgl. ausführlich BeckOGK-BGB/Ulrici, Std.: 1.5.2020, § 177 Rn. 231), also vorliegend nach dem deutschen Recht.
Für die Frage, wer zur Genehmigung befugt ist, ist schließlich das auf die Erbfolge anwendbare Recht zu bestimmen. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO verweist hierzu auf das Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, im konkreten Fall das Vereinigte Königreich. Gem. Art. 34 Abs. 1 EuErbVO ist auch das im Vereinigten Königreich geltende internationale Privatrecht anzuwenden. Insbesondere wäre gem. Art. 34 Abs. 1 EuErbVO eine Rückverweisung auf das deutsche Recht zu beachten. Zwar ist das Zivilrecht, einschließlich des internationalen Privatrechts in den einzelnen britischen Landesteilen unterschiedlich geregelt. Über
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Bremen
Erscheinungsdatum:16.04.2020
Aktenzeichen:3 W 9/20
Rechtsgebiete:
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Gesetzliche Erbfolge
Grundbuchrecht
DNotI-Report 2020, 102-103
BWNotZ 2020, 199-202
BGB §§ 164, 177, 1922; GBO § 19; EuErbVO Art. 20, 21, 34