BGH 07. Februar 2023
3 StR 274/22
StGB §§ 267, 271

Mittelbare Falschbeurkundung bei Angabe eines falschen Namens ggü. dem Notar

letzte Aktualisierung: 6.11.2023
BGH, Beschl. v. 7.2.2023 – 3 StR 274/22

StGB §§ 267, 271
Mittelbare Falschbeurkundung bei Angabe eines falschen Namens ggü. dem Notar

Erwirbt der Täter eine GmbH unter Nutzung eines falschen Namens und eines gefälschten
Ausweises gegenüber dem Notar und teilt der Notar die Übertragung dem Handelsregister mit, so
macht sich der Täter wegen einer Urkundenfälschung sowie einer schweren mittelbaren
Falschbeurkundung strafbar.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Anstiftung zur Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen gewerbsmäßigen
Bandenbetruges in acht Fällen unter Freispruch im Übrigen, Auflösung einer anderweitigen
Gesamtstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Angeklagten
I. hat es wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen
und Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer Falschbeurkundung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen
getroffen. Die Angeklagten erheben mit ihren Revisionen
die Sachrüge, der Angeklagte I. beanstandet zudem die Verletzung
formellen Rechts. Die Rechtsmittel führen zu einer Teileinstellung des Verfahrens
in Bezug auf eine Tat und einer entsprechenden Änderung der Schuldsprüche,
haben darüber hinaus aber keinen Erfolg.

1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts
gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen ein, soweit die
Angeklagten im Fall II. 1. 6.) Fallakte 5 - jeweils wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges
- verurteilt worden sind.

2. Der Wegfall der Tat führt zu einer entsprechenden Änderung der
Schuldsprüche und entzieht den insofern verhängten Einzelstrafen von jeweils
einem Jahr und drei Monaten die Grundlage. Diese entfallen. Die Gesamtfreiheitsstrafen
bleiben davon unberührt, weil angesichts der jeweils verbleibenden
acht Einzelstrafen auszuschließen ist, dass das Landgericht ohne die fortfallenden
Strafen geringere Gesamtstrafen festgesetzt hätte.

3. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigungen, wie vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften
dargelegt, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht.
Näherer Ausführungen bedarf allein der den Angeklagten I. betreffende
Schuldspruch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer
Falschbeurkundung.

a) Nach den vom Landgericht hierzu getroffenen Feststellungen erwarb
der Angeklagte I. eine GmbH, nutzte dabei gegenüber dem Notar einen
fiktiven Namen und legte einen entsprechend gefälschten kroatischen Personalausweis
vor. Nach dem Vertragsschluss teilte der Notar die Übertragung dem
Handelsregister mit, in dem die Änderung erfasst wurde. Das Vorgehen diente
dazu, die nachfolgenden Betrugstaten vorzubereiten.

b) Danach liegt eine Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB vor,
weil der Angeklagte zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte oder verfälschte
Urkunde, nämlich den gefälschten Ausweis, gebrauchte. Hinzu tritt eine
schwere mittelbare Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1 und 3 StGB.

aa) Der notarielle Vertrag stellt eine öffentliche Urkunde dar (vgl. BGH,
Beschluss vom 14. August 1986 - 4 StR 400/86, BGHR StGB § 348 Abs. 1
Notar 1; Urteil vom 10. Juni 2016 - V ZR 295/14, WM 2018, 475 Rn. 6). Der darin
genannte Name des Angeklagten war unrichtig. Auf ihn bezog sich auch der öffentliche
Glaube der Urkunde, also die volle Beweiskraft für und gegen jedermann
(vgl. BGH, Beschluss vom 6. August 2004 - 2 StR 241/04, BGHR StGB
§ 348 Abs. 1 Notar 6; Urteile vom 8. Januar 1992 - 3 StR 391/91, wistra 1992,
181; vom 13. September 1989 - 3 StR 150/89, juris Rn. 1, 28 f.; RG, Urteil vom
5. Dezember 1927 - III 658/27, RGSt 61, 410, 413; offen gelassen von BGH, Beschluss
vom 7. Juni 2021 - 1 StR 314/20, juris Rn. 26 mwN; Urteil vom 29. September
2010 - XII ZR 41/09, NJW 2011, 778 Rn. 18 mwN).

bb) Das Qualifikationsmerkmal der Bereicherungsabsicht (§ 271 Abs. 3
StGB) ist gegeben. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter sich oder einen
Dritten unmittelbar durch die mittelbare Falschbeurkundung bereichern will. Vielmehr
genügt, dass es zu der bei Tatbegehung bezweckten Vermögensmehrung
mittels der falschen Urkunde durch folgende Taten kommen soll (im Ergebnis
ebenso BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - 3 StR 521/18, NJW 2020, 1080
Rn. 15; demgegenüber MüKoStGB/Erb, 4. Aufl., § 271 Rn. 71; LK/Zieschang,
StGB, 12. Aufl., § 271 Rn. 94). Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es darauf an, dass der Täter in der
Absicht handelt, sich oder einen Dritten zu bereichern. Eine Beschränkung auf
eine unmittelbar durch das Urkundsdelikt herbeigeführte Bereicherung ergibt sich
daraus nicht. Vielmehr kommen auch mittelbare Vorteile in Betracht (vgl. - zur
- bereits RG, Urteil vom 5. Juli 1928
- III 430/28, RGSt 62, 218, 220 f.; SSW-StGB/Wittig, 5. Aufl., § 271 Rn. 32; aA
SK-StGB/Hoyer, 9. Aufl., § 271 Rn. 33). Somit reicht es aus, dass die Tat als Mittel
zur Erlangung des Vermögensvorteils dienen soll. Dies ist der Fall, wenn sie
im Bewusstsein des Täters mit einem erstrebten Vermögensvorteil im Zusammenhang
steht (s. BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 698/86, BGHSt 34,
299, 303; vgl. auch NK-StGB/Puppe/Schumann, 5. Aufl., § 271 Rn. 62). Motiv für
die an § 203 Abs. 6 StGB angelehnte Qualifikation ist die höhere Verwerflichkeit
der mittelbaren Falschbeurkundung zu wirtschaftlichen Zwecken (vgl. BGH, Beschluss
vom 7. Juli 1993 - 5 StR 303/93, NStZ 1993, 538, 539; BT-Drucks.
13/8587 S. 39). Für diese ist nicht entscheidend, ob dazu nach Vorstellung des
Täters noch weitere Zwischenschritte - wie etwa der Einsatz der Urkunde bei
einer anderen Straftat - erforderlich sind. Es stellt sogar gewissermaßen den Regelfall
des Qualifikationsmerkmals dar, dass die Vermögenslage gerade mit Hilfe
und unter Benutzung der falschen Beurkundung günstiger gestaltet werden soll
(s. BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 698/86, BGHSt 34, 299, 302 f.).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

07.02.2023

Aktenzeichen:

3 StR 274/22

Rechtsgebiete:

Sonstiges Öffentliches Recht

Normen in Titel:

StGB §§ 267, 271