Notargebühren der Beglaubigung eines Löschungsantrags mit mehreren Grundpfandrechten
letzte Aktualisierung: 23.8.2019
OLG Celle, Beschl. v. 10.4.2019 – 2 W 88/19
FamFG §§ 63, 64, 81; GBO §§ 13, 27; GNotKG §§ 3 Abs. 2, 121, 127, 130 Abs. 3
Notargebühren der Beglaubigung eines Löschungsantrags mit mehreren
Grundpfandrechten
Für die Beglaubigung der Unterschriften der Eigentümer betreffend die Zustimmung nach § 27
GBO und einen damit verbundenen Löschungsantrag gemäß § 13 GBO für mehrere
Grundpfandrechte in einem einzigen Vermerk fällt die Gebühr nach Nr. 25101 des
Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 GNotKG nur einmal an.
Gründe:
I.
Der Notar beglaubigte am 18. Juni 2018 die Unterschriften unter eine von den
Antragstellern selbst gefertigte Zustimmungserklärung nach § 27 GBO nebst Löschungsantrag
zur Löschung von insgesamt drei auf in ihrem Eigentum stehenden
Grundbesitz lastenden Grundpfandrechten im Nennwert von 322.000 €, 120.000 €
und 230.000 €.
Für diese Tätigkeit rechnete der Notar mit Kostenberechnung vom 22. Juni 2018
insbesondere eine Gebühr nach KV 25100 in Höhe von 70 € nach einem Gegenstandswert
von 369.152,82 € ab. Auf den gerichtlichen Antrag der Antragsteller
nach § 127 GNotKG, mit dem sie geltend gemacht haben, dass entgegen der
Rechnung KV 25101 einschlägig sei, teilte der Präsident des Landgerichts in
seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2018 die Auffassung der Antragsteller. Ergänzend
führte er aus, dass für jedes betreffende Recht eine Festgebühr von 20 €,
mithin insgesamt 60 € zu erheben seien. Daraufhin hat der Notar unter dem
14. August 2018 eine neue Notarkostenberechnung über einen Gesamtbetrag
in Höhe von insgesamt 71,76 € erstellt, mit der er dreimal eine Gebühr nach
KV 25101 in Höhe von jeweils 20 € abgerechnet hat.
Die Antragsteller wenden sich im Verfahren gegen diese Berechnung und machen
geltend, dass die Gebühr nach KV 25101 nur einmal abgerechnet werden könne.
Das Landgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.
Es hat angenommen, die Gebühr nach KV 25101 falle für jede in der beglaubigten
Urkunde enthaltene Erklärung zu jedem Grundpfandrecht gesondert an. Dies ergebe
sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung.
Gegen diese ihnen am 16. März 2019 zugestellte Entscheidung wenden sich die
Antragsteller mit ihrer am 27. März 2019 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde
vom 23. März 2019.
II.
1. Die Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 129 Abs. 1 GNotKG in Verbindung
mit §§ 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässig. Insbesondere
ist sie form- und fristgerecht bei dem Landgericht eingegangen.
2. Der Senat ist an einer Sachentscheidung nicht gehindert.
Eine nochmalige Anhörung der vorgesetzten Dienstbehörde des Notars war
entbehrlich, weil diese bereits in ihrer Stellungnahme vom 23. Juli 2018
(Bl. 10 ff. d. A.) gegenüber dem Landgericht ihre Rechtsansicht insbesondere
zu den streiterheblichen Rechtsfragen ausführlich dargestellt hatte. Weitere entscheidungserhebliche
Erkenntnisse waren daher im Beschwerdeverfahren von
einer weiteren Stellungnahme nicht zu erwarten, zumal das Landgericht die dort
vertretene Auffassung geteilt hatte.
Der Notar hat auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters am 9. April 2019
erklärt, zur Beschwerde keine Stellungnahme mehr abgeben zu wollen.
-
III.
Die Beschwerde der Antragsteller hat in vollem Umfang Erfolg. Das Landgericht
hätte die Kostenberechnung des Notars vom 14. August antragsgemäß abändern
müssen. Der Notar kann für die Beglaubigung der Unterschriften der Antragsteller
die Gebühr nach KV 25101 lediglich einmal geltend machen.
Die Frage, wie es zu bewerten ist, wenn wie im Streitfall der Beglaubigungstext
nicht nur eine privilegierte Erklärung i.S.d. KV 25101 enthält, sondern eine Mehrheit
davon, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Festgebühr in Höhe von 20 € könne
auch in diesem Fall nur einmal angesetzt werden (vgl. etwa LG Oldenburg, Beschl.
v. 22.07.2014 - 9 OH 59/14 -; Sikora in Korintenberg, a.a.O. Rdnr. 10 m.w.N.;
Tiedke/Sikora: Kostenrechtsprechung 2017,
Kostenrechtsprechung 2014,
5. Aufl. Rdnr. 863; ders. Notarkosten Rdnr. 1633).
Nach anderer Auffassung soll die Festgebühr nach der Anzahl der Erklärungen
anzusetzen sein, und zwar unbeschadet der Anzahl der Erklärungen (vgl. etwa
LG Potsdam
(GNotKG), 2. Aufl., Nr. 25101 KV Rdnr. 19);
Eine dritte Auffassung nimmt an, dass die Gebühr nach KV 25101 zwar mehrfach
anfallen kann, aber stets eine Günstigerprüfung nach KV 25100 vorzunehmen sei,
so dass etwa die Höchstgebühr von 70 € nicht überschritten werden dürfe (vgl.
Leipziger Kostenspiegel, Teil 11 Rdnr. 34; Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG,
121. Aktualisierung September 2018, Anl. 1 KV/Teil 2 25101 Rdnr. 41).
Die erstgenannte Ansicht trifft zu.
Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der im Wortlaut der Gebührenvorschrift zum
Ausdruck kommenden Gesetzessystematik und dem Gesetzeszweck. Das Landgericht
hat nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Gebührenregelung nach
KV 25101 nicht um eine vollkommen selbständige Gebührenregelung handelt,
die isoliert betrachtet ausgelegt werden könnte. Das genaue Gegenteil hat der
Gesetzgeber geregelt, indem er den letzten Satz der Gebührenvorschrift wie folgt
formuliert hat:
„Die Gebühr 25100 beträgt ……… 20 €“
Daraus folgt, dass die Gebührenvorschrift KV 25101 lediglich eine besondere Ausprägung
der Gebührenvorschrift KV 25101 darstellt. Der Gesetzgeber wollte lediglich
für bestimmte enumerativ aufgeführte Fallgruppen, in denen eigentlich eine
Beglaubigungsgebühr nach KV 25100 anfallen würde, eine gegenüber dieser Gebührennorm
geringere Kostenlast vorsehen. Denn die eigentlich nach KV 25100
anfallende wertabhängige Gebühr erschien dem Gesetzgeber, wenn diese Gebühr
auch nach oben und unten gedeckelt war, nicht angemessen für bestimmte Beglaubigungen.
So heißt es in der Gesetzesbegründung auch lediglich (BT-Drs. 17/11471 S. 231):
„Bestimmte Sachverhalte stoßen bei der derzeitigen Rechtslage regelmäßig
auf Akzeptanzprobleme. Für einige häufig kritisierte Sachverhalte
sowie für den Fall des derzeitigen § 45 Absatz 1 Satz 2 KostO soll daher
eine Festgebühr von 20 € eingeführt werden.“
Der Sinn und Zweck der Regelung KV 25101 besteht mithin lediglich darin, dass
der Notar bei bestimmten Beglaubigungen nur noch einer Festgebühr in Höhe von
20 € vergütet verlangen können sollte. Alle anderen Grundsätze zu KV 25100
sollten für KV 25101 gleichermaßen gelten (vgl. Sikora in Korintenberg, GNotKB,
20. Aufl., Nr. 25101 Rdnr. 1 f.). Es sollte lediglich zu einer Privilegierung der Kostenschuldner
insoweit kommen, als diese bei bestimmten Beglaubigungen ihrer
Unterschriften nur noch geringere Gebühren zu zahlen haben sollten. Diese Gebühren
sollten unabhängig davon sein, um welche Werte es in der Erklärung
selbst geht. Die Gebühr für die Zustimmung nach § 27 GBO nebst Löschungsantrag
nach § 13 GBO sollte etwa bei einem Grundpfandrecht über 10.000 € genauso
hoch sein wie bei einem solchen über 10.000.000 €. Auf Werte sollte es
bei einem dieser geregelten Fallgruppen nicht mehr ankommen.
Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberischen Intention ist für die Annahme kein
Raum, es komme für den Anfall der Gebühr auf den Inhalt der Urkunde an, mehrere
Zustimmungen nach § 27 GBO nebst Löschungsantrag nach § 13 GBO in
einer Erklärung könnten den Gebührentatbestand mehrmals auslösen. Denn
auch für die Regelung nach KV 25100 kommt es insoweit nicht auf den Inhalt der
Urkunde an, als dass die Gebühr mehrmals anfallen könnte. Dort ist lediglich vorgesehen,
dass bei mehreren betroffenen Rechten deren Werte addiert werden.
Der Wert selbst ändert aber letztlich nichts daran, dass Gebühren nach dieser
Vorschrift nur aus dem Gebührenrahmen zwischen 20 und 70 € berechnet werden
dürfen. Nach der Gebührennorm KV 25100 knüpft die Gebühr somit allein an den
Umstand einer Beglaubigung an und nicht an die Anzahl der Rechte, um die es in
dem Dokument geht. Das kann im Fall von KV 25101 nicht anders sein. Der Gesetzgeber
hat lediglich in den dort geregelten besonders gelagerten Fällen den
Gebührenrahmen durch eine Festgebühr in Höhe von 20 € ersetzt.
Andernfalls könnten, was das Landgericht nicht berücksichtigt hat, Kostenschuldner
sogar benachteiligt werden. Beglaubigt der Notar etwa eine Unterschrift unter
einer Erklärung, durch die vier Grundschulden über einen Nennwert von insgesamt
1.000.000 € bestellt werden sollen, sind nach KV 25100 nur 70 € zu zahlen,
weil bei mehreren Erklärungen in einem Dokument zwar eine Werterhöhung nach
§ 121 GNotKG eintritt, die Höhe der zu zahlenden Gebühr aber 70 € nicht übersteigen
darf. Soll indes eine Unterschrift unter einer Erklärung beglaubigt werden,
durch die die Zustimmung nach § 27 GBO nebst Löschungsantrag nach § 13 GBO
für dieselben vier Grundschulden erteilt wird, müssten nunmehr nach dem Verständnis
des Landgerichts insgesamt 80 € gezahlt werden (4 x 20 €). Das würde
aber dem gesetzgeberischen Willen zur Privilegierung zuwider laufen.
Insofern ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts auch ohne Belang, dass für
die Grundnorm KV 25101 gilt, dass bei einer Erklärungsmehrheit über die Wertvorschrift
des § 121 GNotKG bei verschiedenen Beurkundungsgegenständen eine
Wertaddition stattfindet, die bei der Gebühr nach KV 25101 als wertunabhängige
Festgebühr ausgeschlossen ist. Es war gerade der gesetzgeberische Wille, in den
in KV 25101 geregelten Fallgruppen die zu zahlende Gebühr vollkommen unab-
hängig davon zu bemessen, welche Werte in welcher Höhe Gegenstand der Erklärung
sind. Dann kann es aber keinen Unterschied machen, ob dem Wert ein
einzelnes Recht zugrunde liegt oder mehrere Rechte.
Entgegen der Annahme des Landgerichts lässt sich etwas anderes auch dem
Wortlaut der Gebührenvorschrift KV 25101 nicht entnehmen. Soweit dort von
„eine Zustimmung“ sowie „einen Löschungsantrag“ spricht nichts dafür, dass der
Gesetzgeber die Angabe als numerische Bezeichnung verstanden wissen wollte.
Den Gesetzesmaterialien lässt sich dies jedenfalls nicht entnehmen.
Demgegenüber überzeugt die Auffassung nicht, dass ein Günstigervergleich mit
der Regelung in KV 25100 vorzunehmen sei. Zunächst müsste anzunehmen sein,
dass die Gebühr nach KV 25101 mehrfach anfallen kann, wenn der Beglaubigungstext
nicht nur eine privilegierte Erklärung i.S.d. KV 25101 enthält, sondern
eine Mehrheit davon, wofür, wie dargelegt, nichts spricht. Im Übrigen lässt sich der
Wille des Gesetzgebers, eine solche Günstigerprüfung vornehmen zu müssen, der
gesetzlichen Regelung nicht entnehmen. Der Versuch dieser Auffassung, ein ungewünschtes
Ergebnis zu korrigieren findet in der gesetzlichen Regelung keine
Stütze.
IV.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 81 FamFG, Nr. 19110 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3
Abs. 2 GNotKG.
Da für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr nach Nr. 19110 KV anfällt,
bedarf es keiner Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren.
2. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat. Die Frage, welche Gebühren anfallen, wenn der Beglaubigungstext
nicht nur eine privilegierte Erklärung i.S.d. KV 25101 enthält, sondern
mehrere, ist - wie dargelegt - in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Insoweit
kommt dem Verfahren grundsätzliche Bedeutung zu.
… … …
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Celle
Erscheinungsdatum:10.04.2019
Aktenzeichen:2 W 88/19
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamFG §§ 63, 64, 81; GBO §§ 13, 27; GNotKG §§ 3 Abs. 2, 121, 127, 130 Abs. 3