Gründung einer Einheits-UG & Co. KG; gleichzeitige Gründung von KG und Komplementärin
letzte Aktualisierung: 17.11.2022
OLG Celle, Beschl. v. 10.10.2022 – 9 W 81/22
Gründung einer Einheits-UG & Co. KG; gleichzeitige Gründung von KG und Komplementärin
Eine Unternehmergesellschaft kann nicht von einer Kommanditgesellschaft als Alleingesellschafterin
gegründet werden, die ihrerseits erst zeitgleich mit der Unternehmergesellschaft als
einziger Komplementärin gegründet wird.
Gründe
I.
Mit notarieller Anmeldung vom 16. August 2022 (Bl. 15 ff. d.A.) meldeten deren designierte
Geschäftsführer die am selben Tag mit einem Stammkapital von € 2.000,- als Unternehmergesellschaft
(haftungsbeschränkt) vermeintlich gegründete Beschwerdeführerin zur Eintragung in das Handelsregister
an.
Ausweislich des der Anmeldung beigefügten Gründungsprotokolls nebst Satzung (Bl. 23 ff., 29 ff. d.A.) soll
die – ebenfalls erst am 16. August 2022 vermeintlich gegründete – S. UG & Co. KG (im Folgenden: S. KG)
alleinige Gesellschafterin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft sein. Die alleinige Komplementärin der S. KG
wiederum soll die betroffene (Vor-) Gesellschaft sein, so dass insgesamt eine Einheitsgesellschaft zur
Entstehung gebracht werden soll.
Im Gründungsprotokoll der betroffenen (Vor-) Gesellschaft (Bl. 23 ff. d.A.) heißt es dementsprechend
auszugsweise wörtlich:
Vor mir, dem unterzeichneten Notar (…), erschienen heute:
1) Die S. UG und Co. KG (…), die heute gegründet wird und die in dem Handelsregister A (…)
angemeldet wird,
- nachfolgend Gesellschafterin genannt -
vertreten durch ihre Komplementärin:
2) die W. UG (haftungsbeschränkt) (…), die heute gegründet wird und die in dem Handelsregister B
(…) angemeldet wird,
- nachfolgend Komplementärin der Gesellschafterin genannt -
vertreten durch ihre Geschäftsführer (…).
Auf Ansuchen der Erschienenen beurkunde ich ihren Erklärungen gemäß, was folgt:
I. Errichtung der Gesellschaft
Die Gründerin errichtet hiermit eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach
Namen W. UG (haftungsbeschränkt) (…). (…)
Das Registergericht hat die Anmeldung unter Aufhebung einer am 22. August 2022 zunächst ergangenen
Zwischenverfügung (Bl. 2 f. d.A.) mit Beschluss vom 2. September 2022 (Bl. 8 d.A.) zurückgewiesen. Die
Gesellschaft sei nicht wirksam gegründet worden, weil die gründende Alleingesellschafterin ohne wirksam
gegründete persönlich haftende Gesellschafterin noch nicht existiere. Es liege daher ein nicht behebbares
Eintragungshindernis vor.
Dagegen wendet sich die betroffene (Vor-) Gesellschaft mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen
Beschwerde vom 15. September 2022 (Bl. 10 f. d.A.). Sie meint, die Gleichzeitigkeit ihrer eigenen
Gründung und der Gründung der sie gründenden KG sei unschädlich; die Auffassung des Registergerichts
erweise sich als reine Förmelei. Zudem habe eine unterstellte Unwirksamkeit ihrer eigenen Gründung (also
der Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft selbst) zur Folge, dass dann ihre Gründerin, die S. KG,
zunächst in der Rechtsform einer OHG entstanden sei. Zumindest diese sei dann als Gründerin der
betroffenen (Vor-) Gesellschaft anzusehen, so dass diese wirksam gegründet worden und in das
Handelsregister einzutragen sei.
Das Registergericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 20. September 2022 (Bl. 14 d.A.) nicht
abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet.
1.) Das Registergericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gründung der betroffenen (Vor-)
Gesellschaft mangels Existenz der Gründerin unwirksam war.
Die Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft, die S. KG, existierte zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die
betroffene (Vor-) Gesellschaft vermeintlich gegründet hat, noch nicht, weil es ihr an einer existenten
Komplementärin fehlte. Diese Komplementärin sollte gerade erst die betroffene (Vor-) Gesellschaft werden.
In dieser Betrachtungsweise liegt entgegen der Auffassung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft keine bloße
Förmelei. Sie ist vielmehr Ausdruck zwingender Logik. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft kann nicht vor
ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und Vertreterin ihrer eigenen Gründerin auftreten; eine
mangels Komplementärin noch nicht existente KG aber kann ihrerseits keine andere Gesellschaft gründen.
Dementsprechend ist in der Literatur auch anerkannt, dass die (im Streitfall erstrebte) Entstehung einer
Einheitsgesellschaft auf zwei Wegen erfolgen kann (vgl. Hermanns, in: Beck‘sches Notarhandbuch, 7. Aufl.
2019, § 20 Rn. 158; Gebele/Scholz, Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 14. Aufl. 2022,
VIII.D.12 Anm. 2; Werner,
Zum einen kann eine bestehende KG im Wege der Neugründung oder des Anteilserwerbs alle
Geschäftsanteile an einer GmbH erwerben, worauf hin sodann im zweiten Schritt der Komplementär der
KG ausgewechselt und die GmbH, deren sämtliche Anteile von der KG gehalten werden, an dessen Stelle
tritt.
Zum anderen können die (späteren) Kommanditisten der KG zunächst eine GmbH und sodann im zweiten
Schritt mit dieser als Komplementärin und sich selbst als Kommanditisten eine neue KG begründen,
woraufhin im dritten Schritt sodann die GmbH-Geschäftsanteile von den natürlichen Personen an die KG
übertragen werden.
Der im Streitfall gewählte Weg einer quasi gleichzeitigen Gründung von KG und Komplementärin wird –
den oben dargestellten Gesetzen der Logik entsprechend und soweit ersichtlich – nirgends vertreten; die
betroffene (Vor-) Gesellschaft zeigt Entsprechendes auch nicht auf. Soweit die betroffene (Vor-)
Gesellschaft mit ihrer Beschwerde geltend macht, bei anderen Registergerichten werde der hier
beschrittene Weg anerkannt, vermag der Senat mangels Benennung konkreter Vergleichsfälle dies schon
nicht zu überprüfen. Zum anderen bindet es ihn aber auch ohnehin nicht.
2.) Mit ihrer Auffassung, ihre Gründung sei zumindest deshalb wirksam erfolgt, weil zwischen den übrigen
Gesellschaftern der S. KG jedenfalls eine OHG begründet worden sei, die ihrerseits dann sie – die
betroffene (Vor-) Gesellschaft – habe gründen können, vermag die betroffene (Vor-) Gesellschaft nicht
durchzudringen.
Zum einen sind die übrigen potentiellen Gesellschafter der S. KG, wie sich aus der entsprechenden, dem
Senat aus dem diese Gesellschaft betreffenden Beschwerdeverfahren zu 9 W 82/22 bekannten
Anmeldung ergibt, ausdrücklich übereingekommen, eine Kommanditgesellschaft zu gründen. Der Wille, an
deren Stelle ggf. auch eine OHG zu gründen, kann – abgesehen von dem explizit anderen Wortlaut und
Inhalt der Anmeldung – schon deshalb nicht angenommen werden, weil dies für die dort Beteiligten mit
einem anderen Haftungsregime verbunden wäre.
Zum anderen ist vorliegend ausdrücklich die S. KG als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft
bezeichnet und in der Anmeldung als Alleingesellschafterin angegeben worden. Für die Annahme,
stattdessen sei eine – nicht näher bezeichnete – OHG Gründerin und Gesellschafterin, bleibt daher
schlicht kein Raum.
3.) Nichts der betroffenen (Vor-) Gesellschaft Günstiges folgt schließlich daraus, dass eine Vor-GmbH
grundsätzlich Komplementärin in einer KG sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1981 – II ZR 54/80 –,
Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, Anh. § 177a Rn. 38). Denn im Streitfall geht es nicht um die
Frage, ob die betroffene (Vor-) Gesellschaft vor ihrer Eintragung in das Handelsregister bereits die Stellung
einer Komplementärin in einer KG übernehmen kann. Vielmehr ist hier die vorgelagerte Frage zu
beantworten (und aus den vorgenannten Gründen zu verneinen), ob die als Komplementärin in Aussicht
genommene UG überhaupt wirksam gegründet worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Rechtsgrundlage in
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des
vorliegen. Insbesondere sind (obergerichtliche) Entscheidungen, von denen der Senat abwiche, weder von
der betroffenen (Vor-) Gesellschaft vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch eine grundsätzliche
Bedeutung vermag der Senat nicht zu erkennen, weil der Weg, auf dem eine sogenannte
Einheitsgesellschaft entstehen kann, bereits geklärt ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Celle
Erscheinungsdatum:10.10.2022
Aktenzeichen:9 W 81/22
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Kommanditgesellschaft (KG)
Kostenrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG § 5a; HGB § 161