Zur Anmeldung der Einzelvertretungsberechtigung bei GmbHGründung nach Musterprotokoll
Erfüllungsgeschäft geben. Dies ist aber, will man nicht
das Abstraktionsprinzip über Bord werfen, nur in den
besonderen Fällen gegeben, in denen Verknüpfungen
ausdrücklich und klar vereinbart sind. Dass ein bloßer
Formmangel des Grundgeschäfts nunmehr auch für die
Durchbrechung des Abstraktionsprinzips ausreichend
sein soll, wäre eine neue Rechtsentwicklung, die sicher
einer eingehenderen Begründung bedurft hätte. Dies ist
hier mit keinem Wort erwähnt.
Natürlich entbehrt die Entscheidung nicht einer gewissen Pragmatik. Da der Übergeber vor dem Landgericht auf Rückabwicklung des Vertrages klagte, konnte
so auf ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
verzichtet werden.
Es sollte aber Klarheit darüber bestehen, dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf nur unter Missachtung
des Abstraktionsprinzips möglich ist. Da die bloße
Formnichtigkeit des Übergabevertrages nicht dazu geeignet ist, eine der wenigen Fallgruppen des Durchschlagens der Nichtigkeit des Grundgeschäfts auf das
Verfügungsgeschäft auszufüllen, hätte der Amtswiderspruch nicht eingetragen werden dürfen.
Notar Dr. Christian Kesseler, Düren
6. Handels-/Gesellschaftsrecht – Zur Anmeldung
der Einzelvertretungsberechtigung bei GmbHGründung nach Musterprotokoll
(OLG Hamm, Beschluss vom 14. 4. 2011 – 15 Wx
499/10)
GmbHG §§ 2; 10
Bei einer nach der Mustersatzung gegründeten
GmbH kann die Anmeldung der konkreten Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers nicht mit
dem Zusatz verbunden werden, dieser sei einzelvertretungsberechtigt.
Zur Einordnung:
Dass das Musterprotokoll (Anlage zu
keine abstrakte Vertretungsregelung enthält, sondern
die gesetzliche Vertretungsregelung des § 35 Abs. 2
S. 1 GmbHG gilt, ist inzwischen durch die obergerichtliche Rechtsprechung und in der Literatur anerkannt (siehe die im nachfolgend abgedruckten Beschluss genannten Nachweise). Mit seinem Beschluss überträgt das OLG Hamm dabei die Grundsätze der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (NJW
1989, 3100) und des BGH (
1975, 213) auf das Musterprotokoll und bekräftigt
ausdrücklich, dass die gesetzliche Vertretungsregelung nicht nur als allgemeine, sondern auch als
konkrete Vertretungsregelung anzumelden ist. Als
konkrete Vertretungsregelung für den ersten Geschäftsführer könne nicht dessen Einzelvertretungsbefugnis angemeldet werden, auch wenn er anfänglich entsprechend der allgemeinen, gesetzlichen Vertretungsregelung einzelvertretungsberechtigt sei. Die
Eintragung einer solchen konkreten Regelung wäre
missverständlich, da sie den Rechtsverkehr glauben
mache, der Geschäftsführer bleibe auch dann einzelvertretungsberechtigt, wenn weitere Geschäftsführer hinzutreten (was herkömmlicherweise als
„stets einzelvertretungsberechtigt“ angemeldet wird;
vgl. Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl. 2010,
Rn. 995, 950; Saenger/Inhester/Pfisterer, GmbHG,
1. Aufl. 2010, § 8 Rn. 21).
Im vorliegenden Fall war schon der Wortlaut der Anmeldung nicht eindeutig. Zur Vermeidung von Beanstandungen empfiehlt es sich in der Praxis, bei Verwendung des Musterprotokolls unmissverständliche
Formulierungen im Einklang mit der nunmehr als gesichert anzusehenden Rechtsprechung und der allgemeinen Ansicht im Schrifttum zu verwenden. Als
allgemeine Vertretungsregelung sollte angemeldet
werden, dass die Gesellschaft, wenn sie nur einen
Geschäftsführer hat, durch diesen allein, und wenn
sie mehrere Geschäftsführer hat, durch diese gemeinschaftlich vertreten wird (vgl. Saenger/Inhester/
Pfisterer, a.a.O.). Die Anmeldung einer konkreten
Vertretungsregelung für einen bestimmten Geschäftsführer ist hingegen nur dann erforderlich, soweit seine Vertretungsregelung von der allgemeinen
abweicht (Krafka/Willer/Kühn, a.a.O., Rn. 949; weitere Nachweise siehe in den Entscheidungsgründen).
Die Angabe einer konkreten Vertretungsbefugnis,
etwa dass der erste Geschäftsführer die Gesellschaft
gemäß der allgemeinen Vertretungsregelung vertritt,
ist deshalb auch bei Verwendung des Musterprotokolls entbehrlich, aber auch nicht schädlich (Wachter,
Die Bedeutung der im Musterprotokoll vorgesehenen
Befreiung des ersten Geschäftsführers von den Beschränkungen des
193, genauso – obiter – in der nachfolgend abgedruckten Entscheidung.
Die Schriftleitung (MK)
Zum Sachverhalt:
I. Der Bet. gründete durch notarielle Urkunde vom 11. 2. 2009
(UR-Nr. . . des Notars S.) die im Rubrum bezeichnete Gesellschaft nach dem Musterprotokoll und bestellte sich dabei
selbst zum Geschäftsführer. Mit unterschriftsbeglaubigtem
Schreiben vom 11. 2. 2009 meldete er die Gesellschaft zur
Eintragung in das Handelsregister an. Die Anmeldung enthält
folgende Angaben zur Vertretungsregelung: „Die Gesellschaft
wird durch einen Geschäftsführer allein vertreten, wenn er alleiniger Geschäftsführer ist. Hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, vertreten sie die Gesellschaft gemeinsam. Die
Geschäftsführer können von den Beschränkungen des § 181
BGB befreit werden. Ich bin einzelvertretungsberechtigt und
von den Beschränkungen des
Mit Zwischenverfügung vom 30. 3. 2009 beanstandete das AG
– soweit im Verfahren der weiteren Beschwerde noch von Bedeutung – u. a. die Anmeldung der Einzelvertretungsberechtigung des Geschäftsführers, da sich diese nicht aus dem Musterprotokoll ergebe (Nr. 3. der Zwischenverfügung). Mit Verfügung vom 25. 9. 2009 stellte das AG klar, dass sich diese Beanstandung in der Zwischenverfügung nur auf die konkrete
Vertretungsregelung in der Anmeldung bezogen habe.
Gegen die Zwischenverfügung vom 30. 3. 2009 hat der Bet.
mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 11. 8.
2009 Beschwerde eingelegt. Die KfH des LG Detmold hat die
Rechtsprechung RNotZ 2011, Heft 10 501
RNotZ 2011, Heft 10
Beschwerde durch Beschluss vom 26. 7. 2010 zurückgewiesen, dabei aber in den Entscheidungsgründen sinngemäß
ausgeführt, dass die in den Nr. 1 und 2 der Zwischenverfügung
vom 30. 3. 2009 genannten Eintragungshindernisse beseitigt
sein dürften und dass auch die angemeldete allgemeine Vertretungsregelung nicht zu beanstanden sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Bet. mit seiner weiteren Beschwerde, soweit das LG die amtsgerichtliche Zwischenverfügung zu Nr. 3 – also die Beanstandung der angemeldeten
konkreten Vertretungsregelung – bestätigt hat.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
II. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Erstbeschwerde. Es ist zweifelhaft, ob der Bet.
überhaupt befugt war, die Erstbeschwerde im eigenen
Namen statt im Namen der Gesellschaft einzulegen.
Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da das
LG die Beschwerde gegen die Beanstandung zu Nr. 3
der Zwischenverfügung vom 30. 3. 2009, die allein noch
Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde
ist, auch in der Sache rechtsfehlerfrei zurückgewiesen
hat.
Die angemeldete konkrete Vertretungsregelung ist im
vorliegenden Fall nicht eintragungsfähig, soweit sich der
Bet. als „einzelvertretungsberechtigt“ bezeichnet.
Die weitere Beschwerde unterscheidet insoweit nicht
hinreichend zwischen der allgemeinen/abstrakten und
der besonderen/konkreten Vertretungsbefugnis. Nach
den
und Umfang der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer in der Anmeldung anzugeben und in das Handelsregister einzutragen. Dabei ist die für die Geschäftsführer generell bestehende Vertretungsbefugnis
(allgemeine bzw. abstrakte Vertretungsregelung) anzugeben, soweit die Vertretungsbefugnis für bestimmte
Geschäftsführer abweichend von der allgemeinen Vertretungsregelung bestimmt ist – und nur dann –, muss
diese spezielle Befugnis (besondere bzw. konkrete Vertretungsregelung) zusätzlich angegeben werden (Krafka/Willer/Kühn, RegisterR, 8. Aufl., Rn. 948 f., 987 f.;
Senat
2010, 144; BayObLG
400; OLG Stuttgart,
2010, 542).
Im vorliegenden Fall erfolgte die Gründung der Gesellschaft im vereinfachten Verfahren unter Verwendung
des Musterprotokolls (Anlage zu
Die Regelung in Nr. 4. S. 2 des Musterprotokolls („Der
Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181
des BGB befreit“) stellt eine konkrete Vertretungsregelung für den im Rahmen der Gründung bestellten,
namentlich benannten Geschäftsführer dar; demgegenüber enthält das Musterprotokoll keine allgemeine/
abstrakte Vertretungsregelung, so dass diese sich nach
dem Gesetz (
1431 =
Willer/Kühn, Rn. 941 c). Die allgemeine gesetzliche Vertretungsregelung geht dahin, dass, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, dieser die Gesellschaft allein
vertritt, und dass, wenn mehrere Geschäftsführer beRechtsprechung
stellt sind, diese die Gesellschaft gem. § 35 Abs. II 1
GmbHG gemeinsam vertreten (Krafka/Willer/Kühn,
Rn. 974 a; Roth/Altmeppen, 6. Aufl.,
Rn. 38; Baumbach/Hueck, 19. Aufl.,
Rn. 103). Wenn also nach der Gründung der Gesellschaft unter Verwendung des Musterprotokolls ein weiterer Geschäftsführer bestellt wird, verliert der bei der
Gründung bestellte Geschäftsführer nach der allgemeinen gesetzlichen Regelung die Einzelvertretungsmacht
(Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 103; Roth/Altmeppen,
§ 2 Rn. 56; Lutter/Hommelhoff, 17. Aufl.,
Rn. 47; Michalski, 2. Aufl.,
der Gründung der Gesellschaft im vereinfachten Verfahren keine über das Musterprotokoll hinausgehenden,
vom Gesetz abweichenden Bestimmungen getroffen
werden dürfen (
auch nicht geschehen ist – kann dem im Rahmen der
Gründung bestellten Geschäftsführer nicht von vornherein eine (besondere/konkrete) Einzelvertretungsbefugnis für den Fall der späteren Bestellung weiterer
Geschäftsführer eingeräumt werden (Michalski, § 2
Rn. 111).
Wenn die von dem Bet. angemeldete konkrete Vertretungsregelung („Ich bin einzelvertretungsberechtigt . . .“)
der Anmeldung entsprechend eingetragen würde,
könnte diese Regelung im Rechtsverkehr als nächstliegende Bedeutung dahingehend verstanden werden,
dass der Bet. stets – also auch im Falle der späteren
Bestellung weiterer Geschäftsführer – einzelvertretungsberechtigt ist, was jedoch nach dem oben Gesagten von dem Musterprotokoll und dem Gesetz gerade nicht gedeckt ist. Dieses haben bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt.
Der Bet. beruft sich allerdings mit der weiteren Beschwerde darauf, dass er zur Zeit – also solange er der
einzige Geschäftsführer ist – sehr wohl einzelvertretungsberechtigt ist. Dieses ist aber bereits durch die
einzutragende allgemeine Vertretungsregelung zu verlautbaren; nichts anderes besagen auch die von dem
Bet. mit der weiteren Beschwerde angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf (
darin in Bezug genommene Entscheidung des BGH
(
der Bet. einzelvertretungsbefugt ist, nur weil er derzeit
der einzige Geschäftsführer ist (vgl. Krafka/Willer/Kühn,
Rn. 995).
7. Handels-/Gesellschaftsrecht – Befreiung des Liquidators einer GmbH von den Beschränkungen
von
(OLG Zweibrücken, Beschluss vom 6. 7. 2011 – 3 W
62/11, mitgeteilt von Notar Irle, Diez/Lahn)
BGB § 181
HGB § 66
Enthält die Satzung einer GmbH eine Bestimmung,
die der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:14.04.2011
Aktenzeichen:15 Wx 499/10
Rechtsgebiete:GmbH
Erschienen in:
RNotZ 2011, 501-502
FGPrax 2011, 246-247
NotBZ 2011, 404-405
Rpfleger 2011, 612-613
GmbHG §§ 2, 10